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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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C. 3. v. 4-7. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] ihren Nächsten gering und verächtlich halten;
zumal wenn sie vor andern einen natürlichen Witz
haben, und dabey auch reich sind, und zu einigen
Dignitäten gelangen, oder sich davon die leeren
Titel erkaufet haben) die da mehr lieben
Wohllust denn GOtt
(also daß sie durch die
herrschende unreine Wohllust die reine Liebe
GOttes bey sich gantz ersticken, GOtt also gar
nicht recht lieben, und nur ihrem Bauche dienen
Röm. 16, 18. Phil. 2, 19.)

V. 5.

Die da haben den Schein des gottseli-
gen Wesens
(auch der Erkenntniß Röm. 2, 20.
in beybehaltener äusserlicher Religions-Form,
auch Beziehung auf GOttes Wort und gesuchte
göttliche Ehre, auch vertheidigte Reinigkeit der
Lehre, und was sonst der mit dem Sadducaeismo,
oder Epicureismo, auf gewisse Art verknüpfte
Pharisaismus mit sich bringet,) aber die Kraft
(den rechten Erweis sowol innerlich in Ertödtung
der herrschenden Lüste, als auch äusserlich in einem
aus einem guten innern Grunde hergeleiteten äus-
serlichen unsträflichen und erbaulichen Wandel)
verleugnen sie (davon haben sie dergestalt nichts,
daß sie auch nichts davon haben wollen, und was
sie davon bey andern finden, für verdächtig hal-
ten und machen, ja aufs ärgste beschuldigen, und
aufs gehäßigste verwerfen) und solche (sofern
sie sich bereits itzo finden) meide (als einen Un-
flat und warne andere davor; und erweise dich
damit also, als einer der die Bösen nicht tragen
kan Offenb. 2, 2.)

Anmerckungen.

1. Daß diese von Paulo beschriebene greu-
liche Zeiten schon vorlängst gewesen und noch
sind, erweiset die Kirchen-Historie, und die bis-
herige Erfahrung. Daher gottselige Seelen
sich disfals in Geduld zu fassen, und sich nur vor
der Theilnehmung an den bemeldeten Greueln zu
hüten haben.

2. Wenn man auf den Zweck Pauli, wie
auch auf den Context der Worte, und sonderlich
auf die folgenden Verse, nicht weniger auch auf
die Parallel-Oerter 1 Tim. 4, 1. u. f. 2 Pet. 2.
Jud. v. 18. und andere mehr siehet; so erkennet
man daraus deutlich genug, daß der Apostel nebst
den Unchristen unter den Zuhörern sonderlich auf
verführische und gottlose Lehrer gesehen
habe.

3. Und da es sonst nicht wol mit einander
zu conciliiren zu seyn scheinet, wie doch bey so
mancherley Sünden, als namhaftig gemachet
worden, dennoch ein Schein des gottseligen
Wesens
könne statt finden; so läßt sich in der
Application auf verkehrte Lehrer die Concilia-
tion
am leichtesten treffen. Denn gleichwie es
eines theils bey ihnen an solchen herrschenden La-
stern nicht fehlet, ob sie wol weder alle bey einem
ieden, noch auch im gleichen Grad äusserlich aus-
brechen: so mangelt es auch andern theils nicht
am Schein des gottseligen Wesens. Denn
dieser befindet sich in vielen Stücken, als da son-
derlich sind: a. das geistliche Lehramt selbst,
[Spaltenumbruch] welches an sich selbst venerabel ist und bey an-
dern von dem Lehrer eine gute Meynung erwe-
cket b. der Gebrauch und die öftere Allega-
tion
der heiligen Schrift. Denn obgleich
dieser gemeiniglich nur ein blosser Mißbrauch ist,
so führet er doch einen grossen Schein des Rechten
mit sich. c. Die Beziehung auf das Gewis-
sen vor GOtt,
obgleich dieses von den todten
Wercken gar nicht gereiniget Hebr. 9, 14. son-
dern wol gar gebrandmercket ist. 2 Timoth. 2, 2.
d. Das hochbetheurete Vorgeben des ge-
rechten Eyfers für die
Orthodoxie, oder die zu
rettende und erhaltende Reinigkeit der Lehre.
Diese und dergleichen Dinge mehr sind die
Schafs-Kleider, darunter mancher reissender
Wolf einhergehet Matth. 7, 15. welche reissende
Wolfes-Art sich denn sonderlich darinn äussert,
daß man alle Kraft der wahren Gottseligkeit,
oder die auf das thätige Christenthum gehende
recht Evangelische Kraft-Lehren, so gar in eigner
Praxi verleugnet, daß man sie auch an recht-
schaffnen Knechten und Kindern GOttes, weder
im mündlichen und schriftlichen Vortrage, noch
in der wircklichen Ausübung ertragen kan, son-
dern sie des Jrrthums und wol gar der Ketzerey
und der Schwärmerey beschuldiget und sehr ver-
lästert. Sind denn hingegen auch von denen,
welche ein rechtschaffnes Wesen gesuchet haben,
einige auf allerhand Abwege nach Lehre und Leben
gerathen, also daß bey ihnen auch mehr Schein
des gottseligen Wesens, als Kraft und Erweis
sich gefunden; wie solches auch die Erfahrung
gelehret hat: so sind sie alhier auch mit ge-
meynet.

V. 6. 7.

Aus denselbigen sind (schon itzo zu dieser
Zeit) die hin und her in die Häuser schleichen
(unter solchem Schein sich eindringen, oder auch
insinuiren und daher gantze Häuser, oder Fami-
li
en verkehren Tit. 1, 11.) und führen die Weib-
lein
(gunaikaria, die keine rechtschaffene und
GOtt-ergebne Matronen, sondern leichtsinnige
und leichtgläubige Menschen sind) gefangen
(nehmen dieselbe so ein, daß sie ihnen anhangen und
sich nach ihrem verkehrten Willen regieren lassen)
die mit Sünden beladen sind, und mit man-
cherley Lüsten fahren
(sich davon umtreiben
und forttreiben lassen, wie das Vieh, und also
unbekehret sind und bleiben, doch aber dabey sich
zur Christlichen Religion äusserlich bekennen.
V. 7. Lernen immerdar (nemlich solche
Weiblein nebst ihren verkehrten Lehrern, die ver-
führet mit den Verführern V. 13.) und können
doch nimmermehr zur Erkenntniß der
Wahrheit
(welche zum Grunde und zur Ord-
nung des Heyls und zum rechtschaffnen Wesen
des Christenthums gehöret) kommen (weil sie
nicht lernen, wie sie sollen, noch sich in die Schule
des Heiligen Geistes zur geistlichen Salbung un-
ter die Anführung rechtschaffner Lehrer begeben,
sondern sich schon für klug genug achten, und
ihre Arglistigkeit nebst ihrem Fürwitz für Klug-
heit halten.)

An-
Y

C. 3. v. 4-7. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] ihren Naͤchſten gering und veraͤchtlich halten;
zumal wenn ſie vor andern einen natuͤrlichen Witz
haben, und dabey auch reich ſind, und zu einigen
Dignitaͤten gelangen, oder ſich davon die leeren
Titel erkaufet haben) die da mehr lieben
Wohlluſt denn GOtt
(alſo daß ſie durch die
herrſchende unreine Wohlluſt die reine Liebe
GOttes bey ſich gantz erſticken, GOtt alſo gar
nicht recht lieben, und nur ihrem Bauche dienen
Roͤm. 16, 18. Phil. 2, 19.)

V. 5.

Die da haben den Schein des gottſeli-
gen Weſens
(auch der Erkenntniß Roͤm. 2, 20.
in beybehaltener aͤuſſerlicher Religions-Form,
auch Beziehung auf GOttes Wort und geſuchte
goͤttliche Ehre, auch vertheidigte Reinigkeit der
Lehre, und was ſonſt der mit dem Sadducæiſmo,
oder Epicureiſmo, auf gewiſſe Art verknuͤpfte
Phariſaiſmus mit ſich bringet,) aber die Kraft
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aus einem guten innern Grunde hergeleiteten aͤuſ-
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verleugnen ſie (davon haben ſie dergeſtalt nichts,
daß ſie auch nichts davon haben wollen, und was
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ten und machen, ja aufs aͤrgſte beſchuldigen, und
aufs gehaͤßigſte verwerfen) und ſolche (ſofern
ſie ſich bereits itzo finden) meide (als einen Un-
flat und warne andere davor; und erweiſe dich
damit alſo, als einer der die Boͤſen nicht tragen
kan Offenb. 2, 2.)

Anmerckungen.

1. Daß dieſe von Paulo beſchriebene greu-
liche Zeiten ſchon vorlaͤngſt geweſen und noch
ſind, erweiſet die Kirchen-Hiſtorie, und die bis-
herige Erfahrung. Daher gottſelige Seelen
ſich disfals in Geduld zu faſſen, und ſich nur vor
der Theilnehmung an den bemeldeten Greueln zu
huͤten haben.

2. Wenn man auf den Zweck Pauli, wie
auch auf den Context der Worte, und ſonderlich
auf die folgenden Verſe, nicht weniger auch auf
die Parallel-Oerter 1 Tim. 4, 1. u. f. 2 Pet. 2.
Jud. v. 18. und andere mehr ſiehet; ſo erkennet
man daraus deutlich genug, daß der Apoſtel nebſt
den Unchriſten unter den Zuhoͤrern ſonderlich auf
verfuͤhriſche und gottloſe Lehrer geſehen
habe.

3. Und da es ſonſt nicht wol mit einander
zu conciliiren zu ſeyn ſcheinet, wie doch bey ſo
mancherley Suͤnden, als namhaftig gemachet
worden, dennoch ein Schein des gottſeligen
Weſens
koͤnne ſtatt finden; ſo laͤßt ſich in der
Application auf verkehrte Lehrer die Concilia-
tion
am leichteſten treffen. Denn gleichwie es
eines theils bey ihnen an ſolchen herrſchenden La-
ſtern nicht fehlet, ob ſie wol weder alle bey einem
ieden, noch auch im gleichen Grad aͤuſſerlich aus-
brechen: ſo mangelt es auch andern theils nicht
am Schein des gottſeligen Weſens. Denn
dieſer befindet ſich in vielen Stuͤcken, als da ſon-
derlich ſind: a. das geiſtliche Lehramt ſelbſt,
[Spaltenumbruch] welches an ſich ſelbſt venerabel iſt und bey an-
dern von dem Lehrer eine gute Meynung erwe-
cket b. der Gebrauch und die oͤftere Allega-
tion
der heiligen Schrift. Denn obgleich
dieſer gemeiniglich nur ein bloſſer Mißbrauch iſt,
ſo fuͤhret er doch einen groſſen Schein des Rechten
mit ſich. c. Die Beziehung auf das Gewiſ-
ſen vor GOtt,
obgleich dieſes von den todten
Wercken gar nicht gereiniget Hebr. 9, 14. ſon-
dern wol gar gebrandmercket iſt. 2 Timoth. 2, 2.
d. Das hochbetheurete Vorgeben des ge-
rechten Eyfers fuͤr die
Orthodoxie, oder die zu
rettende und erhaltende Reinigkeit der Lehre.
Dieſe und dergleichen Dinge mehr ſind die
Schafs-Kleider, darunter mancher reiſſender
Wolf einhergehet Matth. 7, 15. welche reiſſende
Wolfes-Art ſich denn ſonderlich darinn aͤuſſert,
daß man alle Kraft der wahren Gottſeligkeit,
oder die auf das thaͤtige Chriſtenthum gehende
recht Evangeliſche Kraft-Lehren, ſo gar in eigner
Praxi verleugnet, daß man ſie auch an recht-
ſchaffnen Knechten und Kindern GOttes, weder
im muͤndlichen und ſchriftlichen Vortrage, noch
in der wircklichen Ausuͤbung ertragen kan, ſon-
dern ſie des Jrrthums und wol gar der Ketzerey
und der Schwaͤrmerey beſchuldiget und ſehr ver-
laͤſtert. Sind denn hingegen auch von denen,
welche ein rechtſchaffnes Weſen geſuchet haben,
einige auf allerhand Abwege nach Lehre und Leben
gerathen, alſo daß bey ihnen auch mehr Schein
des gottſeligen Weſens, als Kraft und Erweis
ſich gefunden; wie ſolches auch die Erfahrung
gelehret hat: ſo ſind ſie alhier auch mit ge-
meynet.

V. 6. 7.

Aus denſelbigen ſind (ſchon itzo zu dieſer
Zeit) die hin und her in die Haͤuſer ſchleichen
(unter ſolchem Schein ſich eindringen, oder auch
inſinuiren und daher gantze Haͤuſer, oder Fami-
li
en verkehren Tit. 1, 11.) und fuͤhren die Weib-
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(γυναικαρια, die keine rechtſchaffene und
GOtt-ergebne Matronen, ſondern leichtſinnige
und leichtglaͤubige Menſchen ſind) gefangen
(nehmen dieſelbe ſo ein, daß ſie ihnen anhangen und
ſich nach ihrem verkehrten Willen regieren laſſen)
die mit Suͤnden beladen ſind, und mit man-
cherley Luͤſten fahren
(ſich davon umtreiben
und forttreiben laſſen, wie das Vieh, und alſo
unbekehret ſind und bleiben, doch aber dabey ſich
zur Chriſtlichen Religion aͤuſſerlich bekennen.
V. 7. Lernen immerdar (nemlich ſolche
Weiblein nebſt ihren verkehrten Lehrern, die ver-
fuͤhret mit den Verfuͤhrern V. 13.) und koͤnnen
doch nimmermehr zur Erkenntniß der
Wahrheit
(welche zum Grunde und zur Ord-
nung des Heyls und zum rechtſchaffnen Weſen
des Chriſtenthums gehoͤret) kommen (weil ſie
nicht lernen, wie ſie ſollen, noch ſich in die Schule
des Heiligen Geiſtes zur geiſtlichen Salbung un-
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ſondern ſich ſchon fuͤr klug genug achten, und
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[169/0171] C. 3. v. 4-7. an den Timotheum. ihren Naͤchſten gering und veraͤchtlich halten; zumal wenn ſie vor andern einen natuͤrlichen Witz haben, und dabey auch reich ſind, und zu einigen Dignitaͤten gelangen, oder ſich davon die leeren Titel erkaufet haben) die da mehr lieben Wohlluſt denn GOtt (alſo daß ſie durch die herrſchende unreine Wohlluſt die reine Liebe GOttes bey ſich gantz erſticken, GOtt alſo gar nicht recht lieben, und nur ihrem Bauche dienen Roͤm. 16, 18. Phil. 2, 19.) V. 5. Die da haben den Schein des gottſeli- gen Weſens (auch der Erkenntniß Roͤm. 2, 20. in beybehaltener aͤuſſerlicher Religions-Form, auch Beziehung auf GOttes Wort und geſuchte goͤttliche Ehre, auch vertheidigte Reinigkeit der Lehre, und was ſonſt der mit dem Sadducæiſmo, oder Epicureiſmo, auf gewiſſe Art verknuͤpfte Phariſaiſmus mit ſich bringet,) aber die Kraft (den rechten Erweis ſowol innerlich in Ertoͤdtung der herrſchenden Luͤſte, als auch aͤuſſerlich in einem aus einem guten innern Grunde hergeleiteten aͤuſ- ſerlichen unſtraͤflichen und erbaulichen Wandel) verleugnen ſie (davon haben ſie dergeſtalt nichts, daß ſie auch nichts davon haben wollen, und was ſie davon bey andern finden, fuͤr verdaͤchtig hal- ten und machen, ja aufs aͤrgſte beſchuldigen, und aufs gehaͤßigſte verwerfen) und ſolche (ſofern ſie ſich bereits itzo finden) meide (als einen Un- flat und warne andere davor; und erweiſe dich damit alſo, als einer der die Boͤſen nicht tragen kan Offenb. 2, 2.) Anmerckungen. 1. Daß dieſe von Paulo beſchriebene greu- liche Zeiten ſchon vorlaͤngſt geweſen und noch ſind, erweiſet die Kirchen-Hiſtorie, und die bis- herige Erfahrung. Daher gottſelige Seelen ſich disfals in Geduld zu faſſen, und ſich nur vor der Theilnehmung an den bemeldeten Greueln zu huͤten haben. 2. Wenn man auf den Zweck Pauli, wie auch auf den Context der Worte, und ſonderlich auf die folgenden Verſe, nicht weniger auch auf die Parallel-Oerter 1 Tim. 4, 1. u. f. 2 Pet. 2. Jud. v. 18. und andere mehr ſiehet; ſo erkennet man daraus deutlich genug, daß der Apoſtel nebſt den Unchriſten unter den Zuhoͤrern ſonderlich auf verfuͤhriſche und gottloſe Lehrer geſehen habe. 3. Und da es ſonſt nicht wol mit einander zu conciliiren zu ſeyn ſcheinet, wie doch bey ſo mancherley Suͤnden, als namhaftig gemachet worden, dennoch ein Schein des gottſeligen Weſens koͤnne ſtatt finden; ſo laͤßt ſich in der Application auf verkehrte Lehrer die Concilia- tion am leichteſten treffen. Denn gleichwie es eines theils bey ihnen an ſolchen herrſchenden La- ſtern nicht fehlet, ob ſie wol weder alle bey einem ieden, noch auch im gleichen Grad aͤuſſerlich aus- brechen: ſo mangelt es auch andern theils nicht am Schein des gottſeligen Weſens. Denn dieſer befindet ſich in vielen Stuͤcken, als da ſon- derlich ſind: a. das geiſtliche Lehramt ſelbſt, welches an ſich ſelbſt venerabel iſt und bey an- dern von dem Lehrer eine gute Meynung erwe- cket b. der Gebrauch und die oͤftere Allega- tion der heiligen Schrift. Denn obgleich dieſer gemeiniglich nur ein bloſſer Mißbrauch iſt, ſo fuͤhret er doch einen groſſen Schein des Rechten mit ſich. c. Die Beziehung auf das Gewiſ- ſen vor GOtt, obgleich dieſes von den todten Wercken gar nicht gereiniget Hebr. 9, 14. ſon- dern wol gar gebrandmercket iſt. 2 Timoth. 2, 2. d. Das hochbetheurete Vorgeben des ge- rechten Eyfers fuͤr die Orthodoxie, oder die zu rettende und erhaltende Reinigkeit der Lehre. Dieſe und dergleichen Dinge mehr ſind die Schafs-Kleider, darunter mancher reiſſender Wolf einhergehet Matth. 7, 15. welche reiſſende Wolfes-Art ſich denn ſonderlich darinn aͤuſſert, daß man alle Kraft der wahren Gottſeligkeit, oder die auf das thaͤtige Chriſtenthum gehende recht Evangeliſche Kraft-Lehren, ſo gar in eigner Praxi verleugnet, daß man ſie auch an recht- ſchaffnen Knechten und Kindern GOttes, weder im muͤndlichen und ſchriftlichen Vortrage, noch in der wircklichen Ausuͤbung ertragen kan, ſon- dern ſie des Jrrthums und wol gar der Ketzerey und der Schwaͤrmerey beſchuldiget und ſehr ver- laͤſtert. Sind denn hingegen auch von denen, welche ein rechtſchaffnes Weſen geſuchet haben, einige auf allerhand Abwege nach Lehre und Leben gerathen, alſo daß bey ihnen auch mehr Schein des gottſeligen Weſens, als Kraft und Erweis ſich gefunden; wie ſolches auch die Erfahrung gelehret hat: ſo ſind ſie alhier auch mit ge- meynet. V. 6. 7. Aus denſelbigen ſind (ſchon itzo zu dieſer Zeit) die hin und her in die Haͤuſer ſchleichen (unter ſolchem Schein ſich eindringen, oder auch inſinuiren und daher gantze Haͤuſer, oder Fami- lien verkehren Tit. 1, 11.) und fuͤhren die Weib- lein (γυναικαρια, die keine rechtſchaffene und GOtt-ergebne Matronen, ſondern leichtſinnige und leichtglaͤubige Menſchen ſind) gefangen (nehmen dieſelbe ſo ein, daß ſie ihnen anhangen und ſich nach ihrem verkehrten Willen regieren laſſen) die mit Suͤnden beladen ſind, und mit man- cherley Luͤſten fahren (ſich davon umtreiben und forttreiben laſſen, wie das Vieh, und alſo unbekehret ſind und bleiben, doch aber dabey ſich zur Chriſtlichen Religion aͤuſſerlich bekennen. V. 7. Lernen immerdar (nemlich ſolche Weiblein nebſt ihren verkehrten Lehrern, die ver- fuͤhret mit den Verfuͤhrern V. 13.) und koͤnnen doch nimmermehr zur Erkenntniß der Wahrheit (welche zum Grunde und zur Ord- nung des Heyls und zum rechtſchaffnen Weſen des Chriſtenthums gehoͤret) kommen (weil ſie nicht lernen, wie ſie ſollen, noch ſich in die Schule des Heiligen Geiſtes zur geiſtlichen Salbung un- ter die Anfuͤhrung rechtſchaffner Lehrer begeben, ſondern ſich ſchon fuͤr klug genug achten, und ihre Argliſtigkeit nebſt ihrem Fuͤrwitz fuͤr Klug- heit halten.) An- Y

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/171>, abgerufen am 23.11.2024.