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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 19. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] GOttes: und denn was da sey des Grundes ge-
doppeltes Siegel. Mit den Worten Grund
GOttes
wird wol ohne Zweifel auf Christum
gesehen, als welcher der Grund unsers Heyls
ist, Jes. 28, 16. Matth. 16, 18. 1 Cor. 3, 11. Eph.
2, 20. da aber Christus der Grund unsers Heyls
eigentlich ist seinem Amte nach, und also nach
der gnädigen Verordnung GOttes; so wird in
diesen Worten zugleich gesehen auf den Rath
GOttes, welchen GOtt zu unserer Seligkeit in
Christo gemachet hat; welcher sonst prothesis,
der Vorsatz GOttes, und auch das Wohl-
gefallen des Willens,
desgleichen der Rath
des Willens GOttes,
genennet wird, Röm.
8, 21. Eph. 1, 5. 11. 1 Tim. 1, 9. welcher Vor-
satz uns am allerdeutlichsten ausgedrucket wird in
den folgenden drey Oertern: Joh. 3, 16. Also
hat GOTT die Welt geliebet, daß er seinen
eingebohrnen Sohn gab, aufdaß alle, die
an ihn glauben, nicht verloren werden,
sondern das ewige Leben haben,
u. s. w. cap.
6, 40. Das ist der Wille des, der mich ge-
sandt hat, daß wer den Sohn siehet, und
gläubet an ihn, habe das ewige Leben.

Marc. 16, 16. Wer da gläubet, der soll selig
werden.

2. Dieser in Christo gemachter Rathschluß
und diese Verordnung zu unserer Seligkeit wird
nun billig ein Grund genennet, dieweil das gan-
tze Gebäude der Kirche GOttes und unsere Se-
ligkeit, nicht anders, als ein Haus auf seinen
guten Grund, darauf gebauet ist, und immer-
mehr zum Tempel GOttes aufgeführet wird.

3. Und dieser Grund heißt stereos, veste,
sowol in Ansehung Christi selbst, der nicht allein
wahrer Mensch, sondern auch wahrer GOTT
ist, und sich auch als wahren GOtt zur Grün-
dung unsers Heyls in seinem Mittler-Amte er-
wiesen hat, und also das gantze Gebäude über
und auf sich gar wohl ertragen kan; daher es auch
ewig veste stehet: als auch in Ansehung des
göttlichen Rathschlusses, welcher ist, uns nicht
anders, als durch die Erlösung Christi, selig zu
machen; denn dieser Rathschluß stehet so veste,
daß GOtt davon nicht im allergeringsten abge-
het, noch abgehen kan: denn wolte er gleich einige
Menschen ausser Christo selig machen, so findet
er bey dem allgemeinen Verderben des gantzen
menschlichen Geschlechts nicht einen eintzigen, der
ausser Christo vor seinem Gerichte eine eigene
Gerechtigkeit und eine gute Sache, auch solche
Verdienste vor sich habe, daß er ihn daher selig
machen könte. Röm. 3, 10-19. 23. Darum, als
die, in vermeynter eigener Gerechtigkeit, werck-
heiligen Juden einen solchen Meßiam, der ein
geistlicher Erlöser wäre, und ihnen seine erwor-
bene Gerechtigkeit aus Gnaden schenckte, nicht
annehmen, und GOtt gleichsam vorschreiben
wolten, wie er die Menschen, insonderheit die
Jüdische Nation, solte selig machen, nemlich
in der Ordnung ihres eigenen, dem geoffenbare-
ten Willen GOttes entgegen gesetzten Willens,
und ihres eignen Laufens, nicht aber aus lauter
Erbarmung um des Meßiä willen: so gehet ih-
nen Paulus in dem 9ten Capitel des Briefes an
[Spaltenumbruch] die Römer, wie wir oben gesehen haben, also ent-
gegen, daß er mit Nachdruck zeiget, es stehe der
Rath GOttes, niemand anders, als aus blosser
Erbarmung in CHristo selig zu machen, als
ein unbeweglicher Grund veste: da er v. 16.
spricht: So lieget es nun nicht an ieman-
des
(eigenwilligen) wollen und (verdienstli-
chen) laufen, sondern an GOttes erbar-
men.

4. Das Siegel dieses also vest-stehenden
Grundes, ist gleichsam die Aufschrift, oder die
Bezeichnung derjenigen Ordnung, in welcher
der Grund seine Vestigkeit hat, und an allen
denen, welche darauf gebauet sind, erweiset.
Das ist nun auf seiten GOttes: die gnädige
Beschirmung und Bewahrung GOttes;

auf seiten der Menschen: das Abtreten von
der Ungerechtigkeit,
oder der Bund eines gu-
ten Gewissens mit GOtt. Jenes wird ausge-
drucket mit den Worten: der HErr kennet die
Seinen;
da denn die Seinen sind die Gläubi-
gen; sintemal wir durch den Glauben GOttes
Eigenthum sind. Das Kennen aber gehet nicht
allein auf den Verstand und darinnen auf die
Allwissenheit, und auf die prognosin, Vorher-
sehung GOttes, daß er schon von Ewigkeit wohl
vorhergesehen, welche sich zum Glauben an
Christum würden bringen lassen, und in ihm ver-
harren; sondern auch auf den gnädigen Willen
GOttes, da kennen, nach Art der verborum
notitiae,
gehet auf ein sorgfältiges, lieb-trost-
kraft- und schutzreiches Erkenntniß; nach welchem
Nachdruck der HErr den Weg der Gerechten
kennet,
da er hingegen den Weg der Gottlosen
nicht kennet: welcher auch daher vergehet. Ps.
1, 6. Und Christus, als der Hirte, kennet seine
Schafe,
also, daß er sie liebet, schützet, weidet,
und ihnen Leben und volles Genüge giebet; Joh.
10, 10. 14. da es hingegen von den Gottlosen
Matth. 7, 23. heißt: Jch habe euch noch nie
erkannt! weichet alle von mir, ihr Ubel-
thäter!

5. Auf Seiten der Menschen ist die
gleichsam durch ein aufgedrucktes Siegel gesche-
hene Bezeichnung des vest-stehenden Grundes in
der Application diese: Es trete ab von der
Ungerechtigkeit, wer den Namen Christi
nennet:
damit wir auf die Heyls-Ordnung ge-
wiesen werden, die da bestehet in der wahren Be-
kehrung und Erneurung. Und wird damit an-
gezeiget, daß man sich darinn müsse finden lassen,
wofern man unter die, welche der HErr auf eine
so gnädige Art für die Seinigen erkennet, wolle
gezehlet, und auf den vesten Grund erbauet seyn
und bleiben.

6. Da nun dieses der gantz ungezwungene
wahre Verstand dieser Worte ist; so siehet man
auch leichtlich, in welcher Verbindung dieser
Vers mit den vorhergehenden stehe; denn nach-
dem der Apostel vorher gesaget hatte von solchen
Verführern und Verführten, die vom Glau-
ben abgetreten, und sich davon abwendig machen
lassen: so setzet er darauf diese Worte theils zur
Lehre, theils zum Trost und zur Aufmunterung,
wie man seiner Bewahrung versichert seyn kön-

ne;
X 2

Cap. 2. v. 19. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] GOttes: und denn was da ſey des Grundes ge-
doppeltes Siegel. Mit den Worten Grund
GOttes
wird wol ohne Zweifel auf Chriſtum
geſehen, als welcher der Grund unſers Heyls
iſt, Jeſ. 28, 16. Matth. 16, 18. 1 Cor. 3, 11. Eph.
2, 20. da aber Chriſtus der Grund unſers Heyls
eigentlich iſt ſeinem Amte nach, und alſo nach
der gnaͤdigen Verordnung GOttes; ſo wird in
dieſen Worten zugleich geſehen auf den Rath
GOttes, welchen GOtt zu unſerer Seligkeit in
Chriſto gemachet hat; welcher ſonſt πρόϑεσις,
der Vorſatz GOttes, und auch das Wohl-
gefallen des Willens,
desgleichen der Rath
des Willens GOttes,
genennet wird, Roͤm.
8, 21. Eph. 1, 5. 11. 1 Tim. 1, 9. welcher Vor-
ſatz uns am allerdeutlichſten ausgedrucket wird in
den folgenden drey Oertern: Joh. 3, 16. Alſo
hat GOTT die Welt geliebet, daß er ſeinen
eingebohrnen Sohn gab, aufdaß alle, die
an ihn glauben, nicht verloren werden,
ſondern das ewige Leben haben,
u. ſ. w. cap.
6, 40. Das iſt der Wille des, der mich ge-
ſandt hat, daß wer den Sohn ſiehet, und
glaͤubet an ihn, habe das ewige Leben.

Marc. 16, 16. Wer da glaͤubet, der ſoll ſelig
werden.

2. Dieſer in Chriſto gemachter Rathſchluß
und dieſe Verordnung zu unſerer Seligkeit wird
nun billig ein Grund genennet, dieweil das gan-
tze Gebaͤude der Kirche GOttes und unſere Se-
ligkeit, nicht anders, als ein Haus auf ſeinen
guten Grund, darauf gebauet iſt, und immer-
mehr zum Tempel GOttes aufgefuͤhret wird.

3. Und dieſer Grund heißt στερεὸς, veſte,
ſowol in Anſehung Chriſti ſelbſt, der nicht allein
wahrer Menſch, ſondern auch wahrer GOTT
iſt, und ſich auch als wahren GOtt zur Gruͤn-
dung unſers Heyls in ſeinem Mittler-Amte er-
wieſen hat, und alſo das gantze Gebaͤude uͤber
und auf ſich gar wohl ertragen kan; daher es auch
ewig veſte ſtehet: als auch in Anſehung des
goͤttlichen Rathſchluſſes, welcher iſt, uns nicht
anders, als durch die Erloͤſung Chriſti, ſelig zu
machen; denn dieſer Rathſchluß ſtehet ſo veſte,
daß GOtt davon nicht im allergeringſten abge-
het, noch abgehen kan: denn wolte er gleich einige
Menſchen auſſer Chriſto ſelig machen, ſo findet
er bey dem allgemeinen Verderben des gantzen
menſchlichen Geſchlechts nicht einen eintzigen, der
auſſer Chriſto vor ſeinem Gerichte eine eigene
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Verdienſte vor ſich habe, daß er ihn daher ſelig
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die, in vermeynter eigener Gerechtigkeit, werck-
heiligen Juden einen ſolchen Meßiam, der ein
geiſtlicher Erloͤſer waͤre, und ihnen ſeine erwor-
bene Gerechtigkeit aus Gnaden ſchenckte, nicht
annehmen, und GOtt gleichſam vorſchreiben
wolten, wie er die Menſchen, inſonderheit die
Juͤdiſche Nation, ſolte ſelig machen, nemlich
in der Ordnung ihres eigenen, dem geoffenbare-
ten Willen GOttes entgegen geſetzten Willens,
und ihres eignen Laufens, nicht aber aus lauter
Erbarmung um des Meßiaͤ willen: ſo gehet ih-
nen Paulus in dem 9ten Capitel des Briefes an
[Spaltenumbruch] die Roͤmer, wie wir oben geſehen haben, alſo ent-
gegen, daß er mit Nachdruck zeiget, es ſtehe der
Rath GOttes, niemand anders, als aus bloſſer
Erbarmung in CHriſto ſelig zu machen, als
ein unbeweglicher Grund veſte: da er v. 16.
ſpricht: So lieget es nun nicht an ieman-
des
(eigenwilligen) wollen und (verdienſtli-
chen) laufen, ſondern an GOttes erbar-
men.

4. Das Siegel dieſes alſo veſt-ſtehenden
Grundes, iſt gleichſam die Aufſchrift, oder die
Bezeichnung derjenigen Ordnung, in welcher
der Grund ſeine Veſtigkeit hat, und an allen
denen, welche darauf gebauet ſind, erweiſet.
Das iſt nun auf ſeiten GOttes: die gnaͤdige
Beſchirmung und Bewahrung GOttes;

auf ſeiten der Menſchen: das Abtreten von
der Ungerechtigkeit,
oder der Bund eines gu-
ten Gewiſſens mit GOtt. Jenes wird ausge-
drucket mit den Worten: der HErr kennet die
Seinen;
da denn die Seinen ſind die Glaͤubi-
gen; ſintemal wir durch den Glauben GOttes
Eigenthum ſind. Das Kennen aber gehet nicht
allein auf den Verſtand und darinnen auf die
Allwiſſenheit, und auf die ϖρόγνωσιν, Vorher-
ſehung GOttes, daß er ſchon von Ewigkeit wohl
vorhergeſehen, welche ſich zum Glauben an
Chriſtum wuͤrden bringen laſſen, und in ihm ver-
harren; ſondern auch auf den gnaͤdigen Willen
GOttes, da kennen, nach Art der verborum
notitiæ,
gehet auf ein ſorgfaͤltiges, lieb-troſt-
kraft- und ſchutzreiches Erkenntniß; nach welchem
Nachdruck der HErr den Weg der Gerechten
kennet,
da er hingegen den Weg der Gottloſen
nicht kennet: welcher auch daher vergehet. Pſ.
1, 6. Und Chriſtus, als der Hirte, kennet ſeine
Schafe,
alſo, daß er ſie liebet, ſchuͤtzet, weidet,
und ihnen Leben und volles Genuͤge giebet; Joh.
10, 10. 14. da es hingegen von den Gottloſen
Matth. 7, 23. heißt: Jch habe euch noch nie
erkannt! weichet alle von mir, ihr Ubel-
thaͤter!

5. Auf Seiten der Menſchen iſt die
gleichſam durch ein aufgedrucktes Siegel geſche-
hene Bezeichnung des veſt-ſtehenden Grundes in
der Application dieſe: Es trete ab von der
Ungerechtigkeit, wer den Namen Chriſti
nennet:
damit wir auf die Heyls-Ordnung ge-
wieſen werden, die da beſtehet in der wahren Be-
kehrung und Erneurung. Und wird damit an-
gezeiget, daß man ſich darinn muͤſſe finden laſſen,
wofern man unter die, welche der HErr auf eine
ſo gnaͤdige Art fuͤr die Seinigen erkennet, wolle
gezehlet, und auf den veſten Grund erbauet ſeyn
und bleiben.

6. Da nun dieſes der gantz ungezwungene
wahre Verſtand dieſer Worte iſt; ſo ſiehet man
auch leichtlich, in welcher Verbindung dieſer
Vers mit den vorhergehenden ſtehe; denn nach-
dem der Apoſtel vorher geſaget hatte von ſolchen
Verfuͤhrern und Verfuͤhrten, die vom Glau-
ben abgetreten, und ſich davon abwendig machen
laſſen: ſo ſetzet er darauf dieſe Worte theils zur
Lehre, theils zum Troſt und zur Aufmunterung,
wie man ſeiner Bewahrung verſichert ſeyn koͤn-

ne;
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[163/0165] Cap. 2. v. 19. an den Timotheum. GOttes: und denn was da ſey des Grundes ge- doppeltes Siegel. Mit den Worten Grund GOttes wird wol ohne Zweifel auf Chriſtum geſehen, als welcher der Grund unſers Heyls iſt, Jeſ. 28, 16. Matth. 16, 18. 1 Cor. 3, 11. Eph. 2, 20. da aber Chriſtus der Grund unſers Heyls eigentlich iſt ſeinem Amte nach, und alſo nach der gnaͤdigen Verordnung GOttes; ſo wird in dieſen Worten zugleich geſehen auf den Rath GOttes, welchen GOtt zu unſerer Seligkeit in Chriſto gemachet hat; welcher ſonſt πρόϑεσις, der Vorſatz GOttes, und auch das Wohl- gefallen des Willens, desgleichen der Rath des Willens GOttes, genennet wird, Roͤm. 8, 21. Eph. 1, 5. 11. 1 Tim. 1, 9. welcher Vor- ſatz uns am allerdeutlichſten ausgedrucket wird in den folgenden drey Oertern: Joh. 3, 16. Alſo hat GOTT die Welt geliebet, daß er ſeinen eingebohrnen Sohn gab, aufdaß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, ſondern das ewige Leben haben, u. ſ. w. cap. 6, 40. Das iſt der Wille des, der mich ge- ſandt hat, daß wer den Sohn ſiehet, und glaͤubet an ihn, habe das ewige Leben. Marc. 16, 16. Wer da glaͤubet, der ſoll ſelig werden. 2. Dieſer in Chriſto gemachter Rathſchluß und dieſe Verordnung zu unſerer Seligkeit wird nun billig ein Grund genennet, dieweil das gan- tze Gebaͤude der Kirche GOttes und unſere Se- ligkeit, nicht anders, als ein Haus auf ſeinen guten Grund, darauf gebauet iſt, und immer- mehr zum Tempel GOttes aufgefuͤhret wird. 3. Und dieſer Grund heißt στερεὸς, veſte, ſowol in Anſehung Chriſti ſelbſt, der nicht allein wahrer Menſch, ſondern auch wahrer GOTT iſt, und ſich auch als wahren GOtt zur Gruͤn- dung unſers Heyls in ſeinem Mittler-Amte er- wieſen hat, und alſo das gantze Gebaͤude uͤber und auf ſich gar wohl ertragen kan; daher es auch ewig veſte ſtehet: als auch in Anſehung des goͤttlichen Rathſchluſſes, welcher iſt, uns nicht anders, als durch die Erloͤſung Chriſti, ſelig zu machen; denn dieſer Rathſchluß ſtehet ſo veſte, daß GOtt davon nicht im allergeringſten abge- het, noch abgehen kan: denn wolte er gleich einige Menſchen auſſer Chriſto ſelig machen, ſo findet er bey dem allgemeinen Verderben des gantzen menſchlichen Geſchlechts nicht einen eintzigen, der auſſer Chriſto vor ſeinem Gerichte eine eigene Gerechtigkeit und eine gute Sache, auch ſolche Verdienſte vor ſich habe, daß er ihn daher ſelig machen koͤnte. Roͤm. 3, 10-19. 23. Darum, als die, in vermeynter eigener Gerechtigkeit, werck- heiligen Juden einen ſolchen Meßiam, der ein geiſtlicher Erloͤſer waͤre, und ihnen ſeine erwor- bene Gerechtigkeit aus Gnaden ſchenckte, nicht annehmen, und GOtt gleichſam vorſchreiben wolten, wie er die Menſchen, inſonderheit die Juͤdiſche Nation, ſolte ſelig machen, nemlich in der Ordnung ihres eigenen, dem geoffenbare- ten Willen GOttes entgegen geſetzten Willens, und ihres eignen Laufens, nicht aber aus lauter Erbarmung um des Meßiaͤ willen: ſo gehet ih- nen Paulus in dem 9ten Capitel des Briefes an die Roͤmer, wie wir oben geſehen haben, alſo ent- gegen, daß er mit Nachdruck zeiget, es ſtehe der Rath GOttes, niemand anders, als aus bloſſer Erbarmung in CHriſto ſelig zu machen, als ein unbeweglicher Grund veſte: da er v. 16. ſpricht: So lieget es nun nicht an ieman- des (eigenwilligen) wollen und (verdienſtli- chen) laufen, ſondern an GOttes erbar- men. 4. Das Siegel dieſes alſo veſt-ſtehenden Grundes, iſt gleichſam die Aufſchrift, oder die Bezeichnung derjenigen Ordnung, in welcher der Grund ſeine Veſtigkeit hat, und an allen denen, welche darauf gebauet ſind, erweiſet. Das iſt nun auf ſeiten GOttes: die gnaͤdige Beſchirmung und Bewahrung GOttes; auf ſeiten der Menſchen: das Abtreten von der Ungerechtigkeit, oder der Bund eines gu- ten Gewiſſens mit GOtt. Jenes wird ausge- drucket mit den Worten: der HErr kennet die Seinen; da denn die Seinen ſind die Glaͤubi- gen; ſintemal wir durch den Glauben GOttes Eigenthum ſind. Das Kennen aber gehet nicht allein auf den Verſtand und darinnen auf die Allwiſſenheit, und auf die ϖρόγνωσιν, Vorher- ſehung GOttes, daß er ſchon von Ewigkeit wohl vorhergeſehen, welche ſich zum Glauben an Chriſtum wuͤrden bringen laſſen, und in ihm ver- harren; ſondern auch auf den gnaͤdigen Willen GOttes, da kennen, nach Art der verborum notitiæ, gehet auf ein ſorgfaͤltiges, lieb-troſt- kraft- und ſchutzreiches Erkenntniß; nach welchem Nachdruck der HErr den Weg der Gerechten kennet, da er hingegen den Weg der Gottloſen nicht kennet: welcher auch daher vergehet. Pſ. 1, 6. Und Chriſtus, als der Hirte, kennet ſeine Schafe, alſo, daß er ſie liebet, ſchuͤtzet, weidet, und ihnen Leben und volles Genuͤge giebet; Joh. 10, 10. 14. da es hingegen von den Gottloſen Matth. 7, 23. heißt: Jch habe euch noch nie erkannt! weichet alle von mir, ihr Ubel- thaͤter! 5. Auf Seiten der Menſchen iſt die gleichſam durch ein aufgedrucktes Siegel geſche- hene Bezeichnung des veſt-ſtehenden Grundes in der Application dieſe: Es trete ab von der Ungerechtigkeit, wer den Namen Chriſti nennet: damit wir auf die Heyls-Ordnung ge- wieſen werden, die da beſtehet in der wahren Be- kehrung und Erneurung. Und wird damit an- gezeiget, daß man ſich darinn muͤſſe finden laſſen, wofern man unter die, welche der HErr auf eine ſo gnaͤdige Art fuͤr die Seinigen erkennet, wolle gezehlet, und auf den veſten Grund erbauet ſeyn und bleiben. 6. Da nun dieſes der gantz ungezwungene wahre Verſtand dieſer Worte iſt; ſo ſiehet man auch leichtlich, in welcher Verbindung dieſer Vers mit den vorhergehenden ſtehe; denn nach- dem der Apoſtel vorher geſaget hatte von ſolchen Verfuͤhrern und Verfuͤhrten, die vom Glau- ben abgetreten, und ſich davon abwendig machen laſſen: ſo ſetzet er darauf dieſe Worte theils zur Lehre, theils zum Troſt und zur Aufmunterung, wie man ſeiner Bewahrung verſichert ſeyn koͤn- ne; X 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/165>, abgerufen am 22.11.2024.