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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 5. v. 5-10. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch]
Anmerckung.

Gleichwie der Mensch durch die Sünde so
weit verfallen kan, daß er auch gleichsam die
menschliche Natur ausziehet: also haben hingegen
rechtschaffene Kinder, sonderlich solche, bey wel-
chem die innerliche Liebe gegen ihre Eltern aus
dem Grunde der Gnade geheiliget ist, nächst
GOtt, kein grössers Vergnügen in dieser Welt, als
wenn sie ihrer dürftigen und unvermögenden El-
tern und Groß-Eltern in Liebe pflegen können.

V. 5.

Das ist aber eine rechte Wittwe (die
zum Dienste der Kirche kan genommen und da-
von unterhalten werden) die einsam ist (wie
von eigenen Mitteln, also auch von Kindern und
Kindes-Kindern und andern Bluts-Freunden
verlassen ist,) die ihre Hoffnung (daher so
vielmehr allein) auf GOtt stellet, und bleibet
am Gebet und Flehen Tag, und Nacht,

(wie man von der gottseligen Hanna lieset Luc. 2,
36, 37. Da denn nach der Hebräischen Mund-
Art, auch die Abend- und Morgen-Stunden zur
Nacht gehören. Siehe auch 1 Cor. 7, 32.)

Anmerckung.

Wer solche Wittwen weiß, und das Ver-
mögen hat sich ihrer anzunehmen, der ist dazu so
vielmehr verbunden, so viel weniger sich zu ihrer
Versorgung öffentliche Anstalt findet.

V. 6.

Welche aber (noch jung ist, und dazu im
Mißbrauch ihrer noch jüngeren Jahre, ja auch
wol bey schon zunehmenden Alter noch) in Wol-
lust lebt,
(frech, leichtsinnig, und geil ist, und
solchen ihren fleischlichen Sinn durch allerhand
Merckmale, sonderlich durch gesuchte und unge-
ziemende Anhänglichkeit an Personen männlichen
Geschlechts zu erkennen giebet, auch wol dabey
nur ihren eitelen Putz abwartet) die ist lebendig
todt,
(geistlich todt an ihrer Seelen, da solche
Dinge mit dem Leben, das aus GOtt ist, nicht
bestehen können; und leiblich ist sie lebendig, und
also gleichsam ein äusserlich geschmücktes Todten-
Grab Matth. 23, 27.)

Anmerckung.

Wo man nach dem fleische lebet, so stirbet
man dadurch GOtt ab. Röm. 8, 13. Und von
solchen heißt es denn Matth. 8, 22. lasset die
(geistlich) todten ihre (leibliche) todten be-
graben,
deßgleichen Offen. 3, 1. du hast den
Namen, daß du lebest, und bist todt.

V. 7.

Solches (kai tauta, auch solches, oder
dieses, über das vorige c. 4, 11.) gebeut (stelle
mit Ernst und Nachdruck vor) daß sie (die
Wittwen) untadelich seyn (werden der Gemei-
ne, noch denen, die draussen sind, ein Aergerniß ge-
ben.)

V. 8.

So aber iemand (von den erwachsenen
Kindern und Kindes-Kindern, der das Vermö-
gen dazu hat) die Seinen (seine nächste Anver-
[Spaltenumbruch] wandten, als die vor andern sind die Mutter und
Groß-Mutter) sonderlich seine Hausgenos-
sen
(die er noch dazu im Hause bey sich hat) nicht
versorget
(mit leiblicher Nothdurft versiehet)
der hat den Glauben (an GOtt und damit
auch das gantze Christenthum, weil der Glaube
durch die Liebe thätig ist, in der That selbst) ver-
leugnet
(ob er jenes gleich mit dem Munde be-
kennet: Siehe 2 Tim. 3, 5. Tit. 1, 61. Jes. 48,
6. 7.) und ist ärger, als ein Heyde (apisou,
der seinen Namen hat vom Unglauben, gleichwie
Christen ihren Namen als gläubige, von ihrer
Haupt-Eigenschaft, dem Glauben, führen. Er
ist ärger, weil es ein sonst natürlich aufrichtiger
Heyde, da er solche Pflichten aus dem Licht der Na-
tur erkennet, nicht leichtlich unterläßt. Und sol-
len wir an iederman gutes thun, am allermeisten
aber an den Glaubens-Genossen. Gal. 6, 10.
und Christliche Mütter und Groß-Mütter, als
Wittwen, solche vor andern sind; so hat man sich
ihrer auch so vielmehr anzunehmen.)

Anmerckung.

Aus dieser dem Sinne Pauli gemässen
Auslegung siehet man, wie sehr dieser Spruch ge-
mißbrauchet werde, wenn er von irdisch gesin-
neten Eltern zur Vertheidigung ihres Geitzes für
ihre Kinder angeführet wird.

V. 9.

Laß keine Wittwe erwehlet werden
(nemlich zu einer Diaconißin, oder Dienerin
der Kirche bey den Krancken, Armen und Frem-
den, auch bey denen vom Weiblichen Geschlechte
in gewissen Fällen, z. E. da sie als schon erwachse-
ne sich erst zum Christenthum bekenneten und ge-
taufet werden musten, auch zu unterrichten waren)
unter sechtzig Jahren (ohngefehr da sie mit Ar-
beit Alters halben nicht wol ihr eigen Brodt mehr
verdienen kan auch aller verdacht der Geilheit
wegfället (und die da gewesen sey eines
Mannes-Weib
(daß sie weder ihren ersten Ehe-
mann selbst verlassen und einen anderen Geheyra-
thet, noch, da sie von dem ersten Mann geschieden
worden, einen andern genommen. 5 B. Mos. 24.
3. 4. Matth. 5, 32. noch viel weniger, die vorher,
ehe sie eine Christin geworden mit mehrern Ehe-
männern zugehalten und deßwegen berüchtiget
gewesen.)

Anmerckung.

Daß der Apostel dem weiblichen Geschlecht
so wenig, als dem männlichen, es verboten, im
Wittwen-Stande zur andern Ehe zu schreiten, ist
offenbar aus dem Zweck des Ehestandes und aus
den ausdrücklichen Worten Röm. 7, 1. 2. 1 Cor.
7, 39. Wie auch daraus, daß er auch in gegenwär-
tigem Contexte v. 14. den jungen Wittwen das
freyen verstattet. Welches ob es gleich von
einigen nur im fleischlichen Sinn geschähe, nach
v. 11. doch auch im HErrn und in heiliger Furcht
von GOtt geschehen könte und solte.

V. 10.

Und die ein Zeugniß habe guter Wer-
cke
(und eines unsträflichen Wandels, auch bey
denen, die draussen sind Cap. 3, 7.) so sie Kin-

der
Cap. 5. v. 5-10. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch]
Anmerckung.

Gleichwie der Menſch durch die Suͤnde ſo
weit verfallen kan, daß er auch gleichſam die
menſchliche Natur ausziehet: alſo haben hingegen
rechtſchaffene Kinder, ſonderlich ſolche, bey wel-
chem die innerliche Liebe gegen ihre Eltern aus
dem Grunde der Gnade geheiliget iſt, naͤchſt
GOtt, kein groͤſſers Vergnuͤgen in dieſer Welt, als
wenn ſie ihrer duͤrftigen und unvermoͤgenden El-
tern und Groß-Eltern in Liebe pflegen koͤnnen.

V. 5.

Das iſt aber eine rechte Wittwe (die
zum Dienſte der Kirche kan genommen und da-
von unterhalten werden) die einſam iſt (wie
von eigenen Mitteln, alſo auch von Kindern und
Kindes-Kindern und andern Bluts-Freunden
verlaſſen iſt,) die ihre Hoffnung (daher ſo
vielmehr allein) auf GOtt ſtellet, und bleibet
am Gebet und Flehen Tag, und Nacht,

(wie man von der gottſeligen Hanna lieſet Luc. 2,
36, 37. Da denn nach der Hebraͤiſchen Mund-
Art, auch die Abend- und Morgen-Stunden zur
Nacht gehoͤren. Siehe auch 1 Cor. 7, 32.)

Anmerckung.

Wer ſolche Wittwen weiß, und das Ver-
moͤgen hat ſich ihrer anzunehmen, der iſt dazu ſo
vielmehr verbunden, ſo viel weniger ſich zu ihrer
Verſorgung oͤffentliche Anſtalt findet.

V. 6.

Welche aber (noch jung iſt, und dazu im
Mißbrauch ihrer noch juͤngeren Jahre, ja auch
wol bey ſchon zunehmenden Alter noch) in Wol-
luſt lebt,
(frech, leichtſinnig, und geil iſt, und
ſolchen ihren fleiſchlichen Sinn durch allerhand
Merckmale, ſonderlich durch geſuchte und unge-
ziemende Anhaͤnglichkeit an Perſonen maͤnnlichen
Geſchlechts zu erkennen giebet, auch wol dabey
nur ihren eitelen Putz abwartet) die iſt lebendig
todt,
(geiſtlich todt an ihrer Seelen, da ſolche
Dinge mit dem Leben, das aus GOtt iſt, nicht
beſtehen koͤnnen; und leiblich iſt ſie lebendig, und
alſo gleichſam ein aͤuſſerlich geſchmuͤcktes Todten-
Grab Matth. 23, 27.)

Anmerckung.

Wo man nach dem fleiſche lebet, ſo ſtirbet
man dadurch GOtt ab. Roͤm. 8, 13. Und von
ſolchen heißt es denn Matth. 8, 22. laſſet die
(geiſtlich) todten ihre (leibliche) todten be-
graben,
deßgleichen Offen. 3, 1. du haſt den
Namen, daß du lebeſt, und biſt todt.

V. 7.

Solches (καὶ τᾶυτα, auch ſolches, oder
dieſes, uͤber das vorige c. 4, 11.) gebeut (ſtelle
mit Ernſt und Nachdruck vor) daß ſie (die
Wittwen) untadelich ſeyn (werden der Gemei-
ne, noch denen, die drauſſen ſind, ein Aergerniß ge-
ben.)

V. 8.

So aber iemand (von den erwachſenen
Kindern und Kindes-Kindern, der das Vermoͤ-
gen dazu hat) die Seinen (ſeine naͤchſte Anver-
[Spaltenumbruch] wandten, als die vor andern ſind die Mutter und
Groß-Mutter) ſonderlich ſeine Hausgenoſ-
ſen
(die er noch dazu im Hauſe bey ſich hat) nicht
verſorget
(mit leiblicher Nothdurft verſiehet)
der hat den Glauben (an GOtt und damit
auch das gantze Chriſtenthum, weil der Glaube
durch die Liebe thaͤtig iſt, in der That ſelbſt) ver-
leugnet
(ob er jenes gleich mit dem Munde be-
kennet: Siehe 2 Tim. 3, 5. Tit. 1, 61. Jeſ. 48,
6. 7.) und iſt aͤrger, als ein Heyde (ἀϖίςου,
der ſeinen Namen hat vom Unglauben, gleichwie
Chriſten ihren Namen als glaͤubige, von ihrer
Haupt-Eigenſchaft, dem Glauben, fuͤhren. Er
iſt aͤrger, weil es ein ſonſt natuͤrlich aufrichtiger
Heyde, da er ſolche Pflichten aus dem Licht der Na-
tur erkennet, nicht leichtlich unterlaͤßt. Und ſol-
len wir an iederman gutes thun, am allermeiſten
aber an den Glaubens-Genoſſen. Gal. 6, 10.
und Chriſtliche Muͤtter und Groß-Muͤtter, als
Wittwen, ſolche vor andern ſind; ſo hat man ſich
ihrer auch ſo vielmehr anzunehmen.)

Anmerckung.

Aus dieſer dem Sinne Pauli gemaͤſſen
Auslegung ſiehet man, wie ſehr dieſer Spruch ge-
mißbrauchet werde, wenn er von irdiſch geſin-
neten Eltern zur Vertheidigung ihres Geitzes fuͤr
ihre Kinder angefuͤhret wird.

V. 9.

Laß keine Wittwe erwehlet werden
(nemlich zu einer Diaconißin, oder Dienerin
der Kirche bey den Krancken, Armen und Frem-
den, auch bey denen vom Weiblichen Geſchlechte
in gewiſſen Faͤllen, z. E. da ſie als ſchon erwachſe-
ne ſich erſt zum Chriſtenthum bekenneten und ge-
taufet werden muſten, auch zu unterrichten waren)
unter ſechtzig Jahren (ohngefehr da ſie mit Ar-
beit Alters halben nicht wol ihr eigen Brodt mehr
verdienen kan auch aller verdacht der Geilheit
wegfaͤllet (und die da geweſen ſey eines
Mannes-Weib
(daß ſie weder ihren erſten Ehe-
mann ſelbſt verlaſſen und einen anderen Geheyra-
thet, noch, da ſie von dem erſten Mann geſchieden
worden, einen andern genommen. 5 B. Moſ. 24.
3. 4. Matth. 5, 32. noch viel weniger, die vorher,
ehe ſie eine Chriſtin geworden mit mehrern Ehe-
maͤnnern zugehalten und deßwegen beruͤchtiget
geweſen.)

Anmerckung.

Daß der Apoſtel dem weiblichen Geſchlecht
ſo wenig, als dem maͤnnlichen, es verboten, im
Wittwen-Stande zur andern Ehe zu ſchreiten, iſt
offenbar aus dem Zweck des Eheſtandes und aus
den ausdruͤcklichen Worten Roͤm. 7, 1. 2. 1 Cor.
7, 39. Wie auch daraus, daß er auch in gegenwaͤr-
tigem Contexte v. 14. den jungen Wittwen das
freyen verſtattet. Welches ob es gleich von
einigen nur im fleiſchlichen Sinn geſchaͤhe, nach
v. 11. doch auch im HErrn und in heiliger Furcht
von GOtt geſchehen koͤnte und ſolte.

V. 10.

Und die ein Zeugniß habe guter Wer-
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(und eines unſtraͤflichen Wandels, auch bey
denen, die drauſſen ſind Cap. 3, 7.) ſo ſie Kin-

der
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[127/0129] Cap. 5. v. 5-10. an den Timotheum. Anmerckung. Gleichwie der Menſch durch die Suͤnde ſo weit verfallen kan, daß er auch gleichſam die menſchliche Natur ausziehet: alſo haben hingegen rechtſchaffene Kinder, ſonderlich ſolche, bey wel- chem die innerliche Liebe gegen ihre Eltern aus dem Grunde der Gnade geheiliget iſt, naͤchſt GOtt, kein groͤſſers Vergnuͤgen in dieſer Welt, als wenn ſie ihrer duͤrftigen und unvermoͤgenden El- tern und Groß-Eltern in Liebe pflegen koͤnnen. V. 5. Das iſt aber eine rechte Wittwe (die zum Dienſte der Kirche kan genommen und da- von unterhalten werden) die einſam iſt (wie von eigenen Mitteln, alſo auch von Kindern und Kindes-Kindern und andern Bluts-Freunden verlaſſen iſt,) die ihre Hoffnung (daher ſo vielmehr allein) auf GOtt ſtellet, und bleibet am Gebet und Flehen Tag, und Nacht, (wie man von der gottſeligen Hanna lieſet Luc. 2, 36, 37. Da denn nach der Hebraͤiſchen Mund- Art, auch die Abend- und Morgen-Stunden zur Nacht gehoͤren. Siehe auch 1 Cor. 7, 32.) Anmerckung. Wer ſolche Wittwen weiß, und das Ver- moͤgen hat ſich ihrer anzunehmen, der iſt dazu ſo vielmehr verbunden, ſo viel weniger ſich zu ihrer Verſorgung oͤffentliche Anſtalt findet. V. 6. Welche aber (noch jung iſt, und dazu im Mißbrauch ihrer noch juͤngeren Jahre, ja auch wol bey ſchon zunehmenden Alter noch) in Wol- luſt lebt, (frech, leichtſinnig, und geil iſt, und ſolchen ihren fleiſchlichen Sinn durch allerhand Merckmale, ſonderlich durch geſuchte und unge- ziemende Anhaͤnglichkeit an Perſonen maͤnnlichen Geſchlechts zu erkennen giebet, auch wol dabey nur ihren eitelen Putz abwartet) die iſt lebendig todt, (geiſtlich todt an ihrer Seelen, da ſolche Dinge mit dem Leben, das aus GOtt iſt, nicht beſtehen koͤnnen; und leiblich iſt ſie lebendig, und alſo gleichſam ein aͤuſſerlich geſchmuͤcktes Todten- Grab Matth. 23, 27.) Anmerckung. Wo man nach dem fleiſche lebet, ſo ſtirbet man dadurch GOtt ab. Roͤm. 8, 13. Und von ſolchen heißt es denn Matth. 8, 22. laſſet die (geiſtlich) todten ihre (leibliche) todten be- graben, deßgleichen Offen. 3, 1. du haſt den Namen, daß du lebeſt, und biſt todt. V. 7. Solches (καὶ τᾶυτα, auch ſolches, oder dieſes, uͤber das vorige c. 4, 11.) gebeut (ſtelle mit Ernſt und Nachdruck vor) daß ſie (die Wittwen) untadelich ſeyn (werden der Gemei- ne, noch denen, die drauſſen ſind, ein Aergerniß ge- ben.) V. 8. So aber iemand (von den erwachſenen Kindern und Kindes-Kindern, der das Vermoͤ- gen dazu hat) die Seinen (ſeine naͤchſte Anver- wandten, als die vor andern ſind die Mutter und Groß-Mutter) ſonderlich ſeine Hausgenoſ- ſen (die er noch dazu im Hauſe bey ſich hat) nicht verſorget (mit leiblicher Nothdurft verſiehet) der hat den Glauben (an GOtt und damit auch das gantze Chriſtenthum, weil der Glaube durch die Liebe thaͤtig iſt, in der That ſelbſt) ver- leugnet (ob er jenes gleich mit dem Munde be- kennet: Siehe 2 Tim. 3, 5. Tit. 1, 61. Jeſ. 48, 6. 7.) und iſt aͤrger, als ein Heyde (ἀϖίςου, der ſeinen Namen hat vom Unglauben, gleichwie Chriſten ihren Namen als glaͤubige, von ihrer Haupt-Eigenſchaft, dem Glauben, fuͤhren. Er iſt aͤrger, weil es ein ſonſt natuͤrlich aufrichtiger Heyde, da er ſolche Pflichten aus dem Licht der Na- tur erkennet, nicht leichtlich unterlaͤßt. Und ſol- len wir an iederman gutes thun, am allermeiſten aber an den Glaubens-Genoſſen. Gal. 6, 10. und Chriſtliche Muͤtter und Groß-Muͤtter, als Wittwen, ſolche vor andern ſind; ſo hat man ſich ihrer auch ſo vielmehr anzunehmen.) Anmerckung. Aus dieſer dem Sinne Pauli gemaͤſſen Auslegung ſiehet man, wie ſehr dieſer Spruch ge- mißbrauchet werde, wenn er von irdiſch geſin- neten Eltern zur Vertheidigung ihres Geitzes fuͤr ihre Kinder angefuͤhret wird. V. 9. Laß keine Wittwe erwehlet werden (nemlich zu einer Diaconißin, oder Dienerin der Kirche bey den Krancken, Armen und Frem- den, auch bey denen vom Weiblichen Geſchlechte in gewiſſen Faͤllen, z. E. da ſie als ſchon erwachſe- ne ſich erſt zum Chriſtenthum bekenneten und ge- taufet werden muſten, auch zu unterrichten waren) unter ſechtzig Jahren (ohngefehr da ſie mit Ar- beit Alters halben nicht wol ihr eigen Brodt mehr verdienen kan auch aller verdacht der Geilheit wegfaͤllet (und die da geweſen ſey eines Mannes-Weib (daß ſie weder ihren erſten Ehe- mann ſelbſt verlaſſen und einen anderen Geheyra- thet, noch, da ſie von dem erſten Mann geſchieden worden, einen andern genommen. 5 B. Moſ. 24. 3. 4. Matth. 5, 32. noch viel weniger, die vorher, ehe ſie eine Chriſtin geworden mit mehrern Ehe- maͤnnern zugehalten und deßwegen beruͤchtiget geweſen.) Anmerckung. Daß der Apoſtel dem weiblichen Geſchlecht ſo wenig, als dem maͤnnlichen, es verboten, im Wittwen-Stande zur andern Ehe zu ſchreiten, iſt offenbar aus dem Zweck des Eheſtandes und aus den ausdruͤcklichen Worten Roͤm. 7, 1. 2. 1 Cor. 7, 39. Wie auch daraus, daß er auch in gegenwaͤr- tigem Contexte v. 14. den jungen Wittwen das freyen verſtattet. Welches ob es gleich von einigen nur im fleiſchlichen Sinn geſchaͤhe, nach v. 11. doch auch im HErrn und in heiliger Furcht von GOtt geſchehen koͤnte und ſolte. V. 10. Und die ein Zeugniß habe guter Wer- cke (und eines unſtraͤflichen Wandels, auch bey denen, die drauſſen ſind Cap. 3, 7.) ſo ſie Kin- der

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/129>, abgerufen am 13.05.2024.