Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Erklärung des ersten Briefes Pauli C. 4. v. 8-11.
[Spaltenumbruch] Kindschaft GOttes: als welche bereits ein
Stand, zwar noch sehr unvollkommner, aber
doch wahrhaftiger und würcklicher Seligkeit ist:
darinnen man auch des zeitlichen Lebens schon
froh wird, auch mitten unter allerley Creutz und
Leiden: sintemal einem dieses dadurch gar leicht
und erträglich, ja wol gar zur Materie der
Freude wird. So hat man auch diesen grossen
Vortheil von der die wahre Weisheit mit in sich
haltenden Gottseligkeit, daß man sich in allem
dem, was einem sonst begegnet, es sey was
widriges, oder angenehmes, wohl zu finden,
und alles in rechter Ordnung zum rechten Zweck
zu gebrauchen weiß. Auf welche Art denn ei-
nes gottseligen Menschen Leben eines theils schon
in der Schwachheit richtig und weise, und an-
dern theils frölich und freudig ist: wie es die
rechte Application des Gesetzes und des Evan-
gelii mit sich bringet. Und also wird es einem
Gottseligen leichter selig, als einem Gottlosen
verdammet zu werden. Und was führet nicht
bey uns Teutschen das liebliche Wort, gottse-
lig, Gottseligkeit
für einen Nachdruck mit
sich; nemlich der auf lauter Seligkeit gehet!

V. 10.

Denn dazu (um der Verheissung, welche
die Gottseligen vom ewigen Leben vor sich ha-
ben) arbeiten wir auch (lassen wir uns billig
unser Amt und Wahrnehmung unsers eigenen
Heyls mit allem Ernst angelegen seyn, Ap. Ges.
20, 35. 1 Cor. 16, 16. Col. 1, 29.) und werden
geschmähet,
(nehmen in dieser Welt gern und
geduldig allerley Schmach und Leiden über uns)
daß wir auf dem lebendigen GOtt gehof-
fet haben,
(und noch hoffen. c. 3, 15. Welche
Hoffnung der Grund ist unserer Arbeit und Ge-
duld; dazu denn die Verheissung von der künf-
tigen so herrlichen Gnaden-Belohnung einen
kräftigen Antrieb nach dem andern giebet:)
Welcher ist ein Heyland aller Menschen,
(als der da will, daß alle selig werden, und zur
Erkenntniß der Wahrheit kommen. c. 2, 4. der
nicht will, daß jemand verlohren werde, son-
dern daß sich iederman zur Busse bekehre 2 Pet.
3, 19. der nicht will den Tod des Sünders, son-
dern daß er sich bekehre und lebe, Ezech. 18, 23.
32. c. 33, 11.) sonderlich aber der Gläubigen,
(als bey welchen der gnädige und allgemeine
Wille GOttes in der Ordnung der wahren Be-
kehrung und des Glaubens zur rechten Zuei-
gnung kömmt.)

Anmerckungen.

1. Das geduldige und freudige Leiden der
Christen ist ein gewisser Character von der gött-
lichen Wahrheit der Christlichen Religion.
Denn wo sie davon, und von der ewigen Selig-
keit, darauf sie führet, nicht gewiß wären, war-
um solten sie denn so viele Leiden mit solcher Ge-
duld und Freudigkeit über sich nehmen: welche
Art des Leidens, nemlich in aller Glaubens-
Freudigkeit, schon an sich selbst einen Vorschmack
von der künftigen Herrlichkeit mit sich führet,
und das, was der Natur schwer, ja unmöglich
[Spaltenumbruch] ist, nicht allein möglich, sondern auch leichte ma-
chet und versüsset.

2. Das Wort Heyland stehet alhier von
dem Dreyeinigen GOTT unsers Heils, wie
1 Tim. 1, 1. c. 2, 3. 4. Tit. 2, 3. 10. c. 3. 4.
Jud. v. 25. iedoch mit einer sonderbaren Ab-
sicht, wie auf das durch den Sohn GOttes von
dem Vater und heiligen Geiste gewirckte Heyl,
also auch auf ihn, unsern HErrn JEsum Chri-
stum selbst; der auch daher diesen Namen mit
besonderer Zueignung führet. Matth. 1, 21. Luc. 1,
31. Ap. Ges. 4, 12.

3. Das Wort Heyland stehet alhier auch
in Ansehung aller Menschen in seinem eigent-
lichen Verstande, der auf das geistliche und e-
wige Heyl gehet; wie es der Text und Context,
darinnen von der ewigen Seligkeit, und der da-
hin gehenden lebendigen Hoffnung die Rede ist,
mit sich bringet, und es auch der eigentliche
Nachdruck erfordert: nach welchem Paulus c.
2, 4. spricht: GOtt wolle, daß allen Men-
schen geholffen werde,
sothenai, daß sie se-
lig werden. Gleich wie GOtt die gantze Welt,
oder das menschliche Geschlecht geliebet hat, und
ihr seinen Sohn zum Heylande gesand Joh. 3,
16. 1 Joh. 4, 16. der auch als der Heyland al-
ler Völcker Luc. 2, 31. die Versöhnung wor-
den ist für aller Welt Sünde. 1 Joh. 2, 2. so ist
er mit allem Ernste ein Heyland aller Menschen.
Da er nun aber den Menschen zur Seligkeit die
Ordnung des Glaubens gesetzet hat, und die
wenigsten diese Ordnung eingehen, so ist er denn
freylich mit einer besondern Zuneignung ein Hey-
land der Gläubigen. Jndessen ist es doch ge-
wiß, daß er nicht allein selig machen will, die da
glauben; sondern er will auch, daß alle gläu-
ben; die doch aber dabey zum Unglauben und
Verwerfung der Heyls-Mittel ihren freyen
Willen behalten.

4. Man nennet das, daß GOtt ist ein Hey-
land aller Menschen, nicht unfüglich volunta-
tem antecedentem; consequentem
aber,
daß er ein Heyland der Gläubigen ist. Denn
ob gleich von GOTT nicht gesaget werden kan,
daß der Zeit nach etwas in ihm vorhergehe, o-
der nachfolge: so bringet doch die höchste Voll-
kommenheit GOttes, und insonderheit die Weis-
heit und Gerechtigkeit, auch die freye Natur der
Menschen es also mit sich, daß er nach einer ge-
wissen Ordnung mit ihnen handele. Denn nach
dieser spricht er gleichsam antecedenter: Wer
glaubet, der soll selig werden.
Da nun in
GOtt ist die Allwissenheit, und diese zeiget, wel-
che glauben werden, oder nicht; so entstehet da-
her consequenter der Schluß von wircklicher
Mittheilung der Seligkeit.

V. 11.

Solches (alles, was bisher vorgestellet
ist) gebeut (verkündige mit rechtem Ernst und
Nachdruck) und lehre, (trage es vor öffentlich
und besonders, und schärfe es ein mit gehöriger
Application; welches auch nebst dir die Pflicht
der übrigen Lehrer ist: dabey auch die Zuhörer
ihrer Pflicht wahrzunehmen haben, welche ist,

daß

Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 4. v. 8-11.
[Spaltenumbruch] Kindſchaft GOttes: als welche bereits ein
Stand, zwar noch ſehr unvollkommner, aber
doch wahrhaftiger und wuͤrcklicher Seligkeit iſt:
darinnen man auch des zeitlichen Lebens ſchon
froh wird, auch mitten unter allerley Creutz und
Leiden: ſintemal einem dieſes dadurch gar leicht
und ertraͤglich, ja wol gar zur Materie der
Freude wird. So hat man auch dieſen groſſen
Vortheil von der die wahre Weisheit mit in ſich
haltenden Gottſeligkeit, daß man ſich in allem
dem, was einem ſonſt begegnet, es ſey was
widriges, oder angenehmes, wohl zu finden,
und alles in rechter Ordnung zum rechten Zweck
zu gebrauchen weiß. Auf welche Art denn ei-
nes gottſeligen Menſchen Leben eines theils ſchon
in der Schwachheit richtig und weiſe, und an-
dern theils froͤlich und freudig iſt: wie es die
rechte Application des Geſetzes und des Evan-
gelii mit ſich bringet. Und alſo wird es einem
Gottſeligen leichter ſelig, als einem Gottloſen
verdammet zu werden. Und was fuͤhret nicht
bey uns Teutſchen das liebliche Wort, gottſe-
lig, Gottſeligkeit
fuͤr einen Nachdruck mit
ſich; nemlich der auf lauter Seligkeit gehet!

V. 10.

Denn dazu (um der Verheiſſung, welche
die Gottſeligen vom ewigen Leben vor ſich ha-
ben) arbeiten wir auch (laſſen wir uns billig
unſer Amt und Wahrnehmung unſers eigenen
Heyls mit allem Ernſt angelegen ſeyn, Ap. Geſ.
20, 35. 1 Cor. 16, 16. Col. 1, 29.) und werden
geſchmaͤhet,
(nehmen in dieſer Welt gern und
geduldig allerley Schmach und Leiden uͤber uns)
daß wir auf dem lebendigen GOtt gehof-
fet haben,
(und noch hoffen. c. 3, 15. Welche
Hoffnung der Grund iſt unſerer Arbeit und Ge-
duld; dazu denn die Verheiſſung von der kuͤnf-
tigen ſo herrlichen Gnaden-Belohnung einen
kraͤftigen Antrieb nach dem andern giebet:)
Welcher iſt ein Heyland aller Menſchen,
(als der da will, daß alle ſelig werden, und zur
Erkenntniß der Wahrheit kommen. c. 2, 4. der
nicht will, daß jemand verlohren werde, ſon-
dern daß ſich iederman zur Buſſe bekehre 2 Pet.
3, 19. der nicht will den Tod des Suͤnders, ſon-
dern daß er ſich bekehre und lebe, Ezech. 18, 23.
32. c. 33, 11.) ſonderlich aber der Glaͤubigen,
(als bey welchen der gnaͤdige und allgemeine
Wille GOttes in der Ordnung der wahren Be-
kehrung und des Glaubens zur rechten Zuei-
gnung koͤmmt.)

Anmerckungen.

1. Das geduldige und freudige Leiden der
Chriſten iſt ein gewiſſer Character von der goͤtt-
lichen Wahrheit der Chriſtlichen Religion.
Denn wo ſie davon, und von der ewigen Selig-
keit, darauf ſie fuͤhret, nicht gewiß waͤren, war-
um ſolten ſie denn ſo viele Leiden mit ſolcher Ge-
duld und Freudigkeit uͤber ſich nehmen: welche
Art des Leidens, nemlich in aller Glaubens-
Freudigkeit, ſchon an ſich ſelbſt einen Vorſchmack
von der kuͤnftigen Herrlichkeit mit ſich fuͤhret,
und das, was der Natur ſchwer, ja unmoͤglich
[Spaltenumbruch] iſt, nicht allein moͤglich, ſondern auch leichte ma-
chet und verſuͤſſet.

2. Das Wort Heyland ſtehet alhier von
dem Dreyeinigen GOTT unſers Heils, wie
1 Tim. 1, 1. c. 2, 3. 4. Tit. 2, 3. 10. c. 3. 4.
Jud. v. 25. iedoch mit einer ſonderbaren Ab-
ſicht, wie auf das durch den Sohn GOttes von
dem Vater und heiligen Geiſte gewirckte Heyl,
alſo auch auf ihn, unſern HErrn JEſum Chri-
ſtum ſelbſt; der auch daher dieſen Namen mit
beſonderer Zueignung fuͤhret. Matth. 1, 21. Luc. 1,
31. Ap. Geſ. 4, 12.

3. Das Wort Heyland ſtehet alhier auch
in Anſehung aller Menſchen in ſeinem eigent-
lichen Verſtande, der auf das geiſtliche und e-
wige Heyl gehet; wie es der Text und Context,
darinnen von der ewigen Seligkeit, und der da-
hin gehenden lebendigen Hoffnung die Rede iſt,
mit ſich bringet, und es auch der eigentliche
Nachdruck erfordert: nach welchem Paulus c.
2, 4. ſpricht: GOtt wolle, daß allen Men-
ſchen geholffen werde,
σωϑῆναι, daß ſie ſe-
lig werden. Gleich wie GOtt die gantze Welt,
oder das menſchliche Geſchlecht geliebet hat, und
ihr ſeinen Sohn zum Heylande geſand Joh. 3,
16. 1 Joh. 4, 16. der auch als der Heyland al-
ler Voͤlcker Luc. 2, 31. die Verſoͤhnung wor-
den iſt fuͤr aller Welt Suͤnde. 1 Joh. 2, 2. ſo iſt
er mit allem Ernſte ein Heyland aller Menſchen.
Da er nun aber den Menſchen zur Seligkeit die
Ordnung des Glaubens geſetzet hat, und die
wenigſten dieſe Ordnung eingehen, ſo iſt er denn
freylich mit einer beſondern Zuneignung ein Hey-
land der Glaͤubigen. Jndeſſen iſt es doch ge-
wiß, daß er nicht allein ſelig machen will, die da
glauben; ſondern er will auch, daß alle glaͤu-
ben; die doch aber dabey zum Unglauben und
Verwerfung der Heyls-Mittel ihren freyen
Willen behalten.

4. Man nennet das, daß GOtt iſt ein Hey-
land aller Menſchen, nicht unfuͤglich volunta-
tem antecedentem; conſequentem
aber,
daß er ein Heyland der Glaͤubigen iſt. Denn
ob gleich von GOTT nicht geſaget werden kan,
daß der Zeit nach etwas in ihm vorhergehe, o-
der nachfolge: ſo bringet doch die hoͤchſte Voll-
kommenheit GOttes, und inſonderheit die Weis-
heit und Gerechtigkeit, auch die freye Natur der
Menſchen es alſo mit ſich, daß er nach einer ge-
wiſſen Ordnung mit ihnen handele. Denn nach
dieſer ſpricht er gleichſam antecedenter: Wer
glaubet, der ſoll ſelig werden.
Da nun in
GOtt iſt die Allwiſſenheit, und dieſe zeiget, wel-
che glauben werden, oder nicht; ſo entſtehet da-
her conſequenter der Schluß von wircklicher
Mittheilung der Seligkeit.

V. 11.

Solches (alles, was bisher vorgeſtellet
iſt) gebeut (verkuͤndige mit rechtem Ernſt und
Nachdruck) und lehre, (trage es vor oͤffentlich
und beſonders, und ſchaͤrfe es ein mit gehoͤriger
Application; welches auch nebſt dir die Pflicht
der uͤbrigen Lehrer iſt: dabey auch die Zuhoͤrer
ihrer Pflicht wahrzunehmen haben, welche iſt,

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0124" n="122"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erkla&#x0364;rung des er&#x017F;ten Briefes Pauli C. 4. v. 8-11.</hi></fw><lb/><cb/>
Kind&#x017F;chaft GOttes: als welche bereits ein<lb/>
Stand, zwar noch &#x017F;ehr unvollkommner, aber<lb/>
doch wahrhaftiger und wu&#x0364;rcklicher Seligkeit i&#x017F;t:<lb/>
darinnen man auch des zeitlichen Lebens &#x017F;chon<lb/>
froh wird, auch mitten unter allerley Creutz und<lb/>
Leiden: &#x017F;intemal einem die&#x017F;es dadurch gar leicht<lb/>
und ertra&#x0364;glich, ja wol gar zur Materie der<lb/>
Freude wird. So hat man auch die&#x017F;en gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Vortheil von der die wahre Weisheit mit in &#x017F;ich<lb/>
haltenden Gott&#x017F;eligkeit, daß man &#x017F;ich in allem<lb/>
dem, was einem &#x017F;on&#x017F;t begegnet, es &#x017F;ey was<lb/>
widriges, oder angenehmes, wohl zu finden,<lb/>
und alles in rechter Ordnung zum rechten Zweck<lb/>
zu gebrauchen weiß. Auf welche Art denn ei-<lb/>
nes gott&#x017F;eligen Men&#x017F;chen Leben eines theils &#x017F;chon<lb/>
in der Schwachheit richtig und wei&#x017F;e, und an-<lb/>
dern theils fro&#x0364;lich und freudig i&#x017F;t: wie es die<lb/>
rechte <hi rendition="#aq">Application</hi> des Ge&#x017F;etzes und des Evan-<lb/>
gelii mit &#x017F;ich bringet. Und al&#x017F;o wird es einem<lb/>
Gott&#x017F;eligen leichter &#x017F;elig, als einem Gottlo&#x017F;en<lb/>
verdammet zu werden. Und was fu&#x0364;hret nicht<lb/>
bey uns Teut&#x017F;chen das liebliche Wort, <hi rendition="#fr">gott&#x017F;e-<lb/>
lig, Gott&#x017F;eligkeit</hi> fu&#x0364;r einen Nachdruck mit<lb/>
&#x017F;ich; nemlich der auf lauter Seligkeit gehet!</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 10.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Denn dazu</hi> (um der Verhei&#x017F;&#x017F;ung, welche<lb/>
die Gott&#x017F;eligen vom ewigen Leben vor &#x017F;ich ha-<lb/>
ben) <hi rendition="#fr">arbeiten wir auch</hi> (la&#x017F;&#x017F;en wir uns billig<lb/>
un&#x017F;er Amt und Wahrnehmung un&#x017F;ers eigenen<lb/>
Heyls mit allem Ern&#x017F;t angelegen &#x017F;eyn, Ap. Ge&#x017F;.<lb/>
20, 35. 1 Cor. 16, 16. Col. 1, 29.) <hi rendition="#fr">und werden<lb/>
ge&#x017F;chma&#x0364;het,</hi> (nehmen in die&#x017F;er Welt gern und<lb/>
geduldig allerley Schmach und Leiden u&#x0364;ber uns)<lb/><hi rendition="#fr">daß wir auf dem lebendigen GOtt gehof-<lb/>
fet haben,</hi> (und noch hoffen. c. 3, 15. Welche<lb/>
Hoffnung der Grund i&#x017F;t un&#x017F;erer Arbeit und Ge-<lb/>
duld; dazu denn die Verhei&#x017F;&#x017F;ung von der ku&#x0364;nf-<lb/>
tigen &#x017F;o herrlichen Gnaden-Belohnung einen<lb/>
kra&#x0364;ftigen Antrieb nach dem andern giebet:)<lb/><hi rendition="#fr">Welcher i&#x017F;t ein Heyland aller Men&#x017F;chen,</hi><lb/>
(als der da will, daß alle &#x017F;elig werden, und zur<lb/>
Erkenntniß der Wahrheit kommen. c. 2, 4. der<lb/>
nicht will, daß jemand verlohren werde, &#x017F;on-<lb/>
dern daß &#x017F;ich iederman zur Bu&#x017F;&#x017F;e bekehre 2 Pet.<lb/>
3, 19. der nicht will den Tod des Su&#x0364;nders, &#x017F;on-<lb/>
dern daß er &#x017F;ich bekehre und lebe, Ezech. 18, 23.<lb/>
32. c. 33, 11.) <hi rendition="#fr">&#x017F;onderlich aber der Gla&#x0364;ubigen,</hi><lb/>
(als bey welchen der gna&#x0364;dige und allgemeine<lb/>
Wille GOttes in der Ordnung der wahren Be-<lb/>
kehrung und des Glaubens zur rechten Zuei-<lb/>
gnung ko&#x0364;mmt.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Das geduldige und freudige Leiden der<lb/>
Chri&#x017F;ten i&#x017F;t ein gewi&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Character</hi> von der go&#x0364;tt-<lb/>
lichen Wahrheit der Chri&#x017F;tlichen Religion.<lb/>
Denn wo &#x017F;ie davon, und von der ewigen Selig-<lb/>
keit, darauf &#x017F;ie fu&#x0364;hret, nicht gewiß wa&#x0364;ren, war-<lb/>
um &#x017F;olten &#x017F;ie denn &#x017F;o viele Leiden mit &#x017F;olcher Ge-<lb/>
duld und Freudigkeit u&#x0364;ber &#x017F;ich nehmen: welche<lb/>
Art des Leidens, nemlich in aller Glaubens-<lb/>
Freudigkeit, &#x017F;chon an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t einen Vor&#x017F;chmack<lb/>
von der ku&#x0364;nftigen Herrlichkeit mit &#x017F;ich fu&#x0364;hret,<lb/>
und das, was der Natur &#x017F;chwer, ja unmo&#x0364;glich<lb/><cb/>
i&#x017F;t, nicht allein mo&#x0364;glich, &#x017F;ondern auch leichte ma-<lb/>
chet und ver&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;et.</p><lb/>
              <p>2. Das Wort <hi rendition="#fr">Heyland</hi> &#x017F;tehet alhier von<lb/>
dem Dreyeinigen GOTT un&#x017F;ers Heils, wie<lb/>
1 Tim. 1, 1. c. 2, 3. 4. Tit. 2, 3. 10. c. 3. 4.<lb/>
Jud. v. 25. iedoch mit einer &#x017F;onderbaren Ab-<lb/>
&#x017F;icht, wie auf das durch den Sohn GOttes von<lb/>
dem Vater und heiligen Gei&#x017F;te gewirckte Heyl,<lb/>
al&#x017F;o auch auf ihn, un&#x017F;ern HErrn JE&#x017F;um Chri-<lb/>
&#x017F;tum &#x017F;elb&#x017F;t; der auch daher die&#x017F;en Namen mit<lb/>
be&#x017F;onderer Zueignung fu&#x0364;hret. Matth. 1, 21. Luc. 1,<lb/>
31. Ap. Ge&#x017F;. 4, 12.</p><lb/>
              <p>3. Das Wort <hi rendition="#fr">Heyland</hi> &#x017F;tehet alhier auch<lb/>
in An&#x017F;ehung <hi rendition="#fr">aller Men&#x017F;chen</hi> in &#x017F;einem eigent-<lb/>
lichen Ver&#x017F;tande, der auf das gei&#x017F;tliche und e-<lb/>
wige Heyl gehet; wie es der Text und Context,<lb/>
darinnen von der ewigen Seligkeit, und der da-<lb/>
hin gehenden lebendigen Hoffnung die Rede i&#x017F;t,<lb/>
mit &#x017F;ich bringet, und es auch der eigentliche<lb/>
Nachdruck erfordert: nach welchem Paulus c.<lb/>
2, 4. &#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">GOtt wolle, daß allen Men-<lb/>
&#x017F;chen geholffen werde,</hi> &#x03C3;&#x03C9;&#x03D1;&#x1FC6;&#x03BD;&#x03B1;&#x03B9;, daß &#x017F;ie &#x017F;e-<lb/>
lig werden. Gleich wie GOtt die gantze Welt,<lb/>
oder das men&#x017F;chliche Ge&#x017F;chlecht geliebet hat, und<lb/>
ihr &#x017F;einen Sohn zum Heylande ge&#x017F;and Joh. 3,<lb/>
16. 1 Joh. 4, 16. der auch als der Heyland al-<lb/>
ler Vo&#x0364;lcker Luc. 2, 31. die Ver&#x017F;o&#x0364;hnung wor-<lb/>
den i&#x017F;t fu&#x0364;r aller Welt Su&#x0364;nde. 1 Joh. 2, 2. &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
er mit allem Ern&#x017F;te ein Heyland aller Men&#x017F;chen.<lb/>
Da er nun aber den Men&#x017F;chen zur Seligkeit die<lb/>
Ordnung des Glaubens ge&#x017F;etzet hat, und die<lb/>
wenig&#x017F;ten die&#x017F;e Ordnung eingehen, &#x017F;o i&#x017F;t er denn<lb/>
freylich mit einer be&#x017F;ondern Zuneignung ein Hey-<lb/>
land der Gla&#x0364;ubigen. Jnde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t es doch ge-<lb/>
wiß, daß er nicht allein &#x017F;elig machen will, die da<lb/>
glauben; &#x017F;ondern er will auch, daß alle gla&#x0364;u-<lb/>
ben; die doch aber dabey zum Unglauben und<lb/>
Verwerfung der Heyls-Mittel ihren freyen<lb/>
Willen behalten.</p><lb/>
              <p>4. Man nennet das, daß GOtt i&#x017F;t ein Hey-<lb/>
land aller Men&#x017F;chen, nicht unfu&#x0364;glich <hi rendition="#aq">volunta-<lb/>
tem antecedentem; con&#x017F;equentem</hi> aber,<lb/>
daß er ein Heyland der Gla&#x0364;ubigen i&#x017F;t. Denn<lb/>
ob gleich von GOTT nicht ge&#x017F;aget werden kan,<lb/>
daß der Zeit nach etwas in ihm vorhergehe, o-<lb/>
der nachfolge: &#x017F;o bringet doch die ho&#x0364;ch&#x017F;te Voll-<lb/>
kommenheit GOttes, und in&#x017F;onderheit die Weis-<lb/>
heit und Gerechtigkeit, auch die freye Natur der<lb/>
Men&#x017F;chen es al&#x017F;o mit &#x017F;ich, daß er nach einer ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Ordnung mit ihnen handele. Denn nach<lb/>
die&#x017F;er &#x017F;pricht er gleich&#x017F;am <hi rendition="#aq">antecedenter:</hi> <hi rendition="#fr">Wer<lb/>
glaubet, der &#x017F;oll &#x017F;elig werden.</hi> Da nun in<lb/>
GOtt i&#x017F;t die Allwi&#x017F;&#x017F;enheit, und die&#x017F;e zeiget, wel-<lb/>
che glauben werden, oder nicht; &#x017F;o ent&#x017F;tehet da-<lb/>
her <hi rendition="#aq">con&#x017F;equenter</hi> der Schluß von wircklicher<lb/>
Mittheilung der Seligkeit.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 11.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Solches</hi> (alles, was bisher vorge&#x017F;tellet<lb/>
i&#x017F;t) <hi rendition="#fr">gebeut</hi> (verku&#x0364;ndige mit rechtem Ern&#x017F;t und<lb/>
Nachdruck) <hi rendition="#fr">und lehre,</hi> (trage es vor o&#x0364;ffentlich<lb/>
und be&#x017F;onders, und &#x017F;cha&#x0364;rfe es ein mit geho&#x0364;riger<lb/><hi rendition="#aq">Application;</hi> welches auch neb&#x017F;t dir die Pflicht<lb/>
der u&#x0364;brigen Lehrer i&#x017F;t: dabey auch die Zuho&#x0364;rer<lb/>
ihrer Pflicht wahrzunehmen haben, welche i&#x017F;t,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0124] Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 4. v. 8-11. Kindſchaft GOttes: als welche bereits ein Stand, zwar noch ſehr unvollkommner, aber doch wahrhaftiger und wuͤrcklicher Seligkeit iſt: darinnen man auch des zeitlichen Lebens ſchon froh wird, auch mitten unter allerley Creutz und Leiden: ſintemal einem dieſes dadurch gar leicht und ertraͤglich, ja wol gar zur Materie der Freude wird. So hat man auch dieſen groſſen Vortheil von der die wahre Weisheit mit in ſich haltenden Gottſeligkeit, daß man ſich in allem dem, was einem ſonſt begegnet, es ſey was widriges, oder angenehmes, wohl zu finden, und alles in rechter Ordnung zum rechten Zweck zu gebrauchen weiß. Auf welche Art denn ei- nes gottſeligen Menſchen Leben eines theils ſchon in der Schwachheit richtig und weiſe, und an- dern theils froͤlich und freudig iſt: wie es die rechte Application des Geſetzes und des Evan- gelii mit ſich bringet. Und alſo wird es einem Gottſeligen leichter ſelig, als einem Gottloſen verdammet zu werden. Und was fuͤhret nicht bey uns Teutſchen das liebliche Wort, gottſe- lig, Gottſeligkeit fuͤr einen Nachdruck mit ſich; nemlich der auf lauter Seligkeit gehet! V. 10. Denn dazu (um der Verheiſſung, welche die Gottſeligen vom ewigen Leben vor ſich ha- ben) arbeiten wir auch (laſſen wir uns billig unſer Amt und Wahrnehmung unſers eigenen Heyls mit allem Ernſt angelegen ſeyn, Ap. Geſ. 20, 35. 1 Cor. 16, 16. Col. 1, 29.) und werden geſchmaͤhet, (nehmen in dieſer Welt gern und geduldig allerley Schmach und Leiden uͤber uns) daß wir auf dem lebendigen GOtt gehof- fet haben, (und noch hoffen. c. 3, 15. Welche Hoffnung der Grund iſt unſerer Arbeit und Ge- duld; dazu denn die Verheiſſung von der kuͤnf- tigen ſo herrlichen Gnaden-Belohnung einen kraͤftigen Antrieb nach dem andern giebet:) Welcher iſt ein Heyland aller Menſchen, (als der da will, daß alle ſelig werden, und zur Erkenntniß der Wahrheit kommen. c. 2, 4. der nicht will, daß jemand verlohren werde, ſon- dern daß ſich iederman zur Buſſe bekehre 2 Pet. 3, 19. der nicht will den Tod des Suͤnders, ſon- dern daß er ſich bekehre und lebe, Ezech. 18, 23. 32. c. 33, 11.) ſonderlich aber der Glaͤubigen, (als bey welchen der gnaͤdige und allgemeine Wille GOttes in der Ordnung der wahren Be- kehrung und des Glaubens zur rechten Zuei- gnung koͤmmt.) Anmerckungen. 1. Das geduldige und freudige Leiden der Chriſten iſt ein gewiſſer Character von der goͤtt- lichen Wahrheit der Chriſtlichen Religion. Denn wo ſie davon, und von der ewigen Selig- keit, darauf ſie fuͤhret, nicht gewiß waͤren, war- um ſolten ſie denn ſo viele Leiden mit ſolcher Ge- duld und Freudigkeit uͤber ſich nehmen: welche Art des Leidens, nemlich in aller Glaubens- Freudigkeit, ſchon an ſich ſelbſt einen Vorſchmack von der kuͤnftigen Herrlichkeit mit ſich fuͤhret, und das, was der Natur ſchwer, ja unmoͤglich iſt, nicht allein moͤglich, ſondern auch leichte ma- chet und verſuͤſſet. 2. Das Wort Heyland ſtehet alhier von dem Dreyeinigen GOTT unſers Heils, wie 1 Tim. 1, 1. c. 2, 3. 4. Tit. 2, 3. 10. c. 3. 4. Jud. v. 25. iedoch mit einer ſonderbaren Ab- ſicht, wie auf das durch den Sohn GOttes von dem Vater und heiligen Geiſte gewirckte Heyl, alſo auch auf ihn, unſern HErrn JEſum Chri- ſtum ſelbſt; der auch daher dieſen Namen mit beſonderer Zueignung fuͤhret. Matth. 1, 21. Luc. 1, 31. Ap. Geſ. 4, 12. 3. Das Wort Heyland ſtehet alhier auch in Anſehung aller Menſchen in ſeinem eigent- lichen Verſtande, der auf das geiſtliche und e- wige Heyl gehet; wie es der Text und Context, darinnen von der ewigen Seligkeit, und der da- hin gehenden lebendigen Hoffnung die Rede iſt, mit ſich bringet, und es auch der eigentliche Nachdruck erfordert: nach welchem Paulus c. 2, 4. ſpricht: GOtt wolle, daß allen Men- ſchen geholffen werde, σωϑῆναι, daß ſie ſe- lig werden. Gleich wie GOtt die gantze Welt, oder das menſchliche Geſchlecht geliebet hat, und ihr ſeinen Sohn zum Heylande geſand Joh. 3, 16. 1 Joh. 4, 16. der auch als der Heyland al- ler Voͤlcker Luc. 2, 31. die Verſoͤhnung wor- den iſt fuͤr aller Welt Suͤnde. 1 Joh. 2, 2. ſo iſt er mit allem Ernſte ein Heyland aller Menſchen. Da er nun aber den Menſchen zur Seligkeit die Ordnung des Glaubens geſetzet hat, und die wenigſten dieſe Ordnung eingehen, ſo iſt er denn freylich mit einer beſondern Zuneignung ein Hey- land der Glaͤubigen. Jndeſſen iſt es doch ge- wiß, daß er nicht allein ſelig machen will, die da glauben; ſondern er will auch, daß alle glaͤu- ben; die doch aber dabey zum Unglauben und Verwerfung der Heyls-Mittel ihren freyen Willen behalten. 4. Man nennet das, daß GOtt iſt ein Hey- land aller Menſchen, nicht unfuͤglich volunta- tem antecedentem; conſequentem aber, daß er ein Heyland der Glaͤubigen iſt. Denn ob gleich von GOTT nicht geſaget werden kan, daß der Zeit nach etwas in ihm vorhergehe, o- der nachfolge: ſo bringet doch die hoͤchſte Voll- kommenheit GOttes, und inſonderheit die Weis- heit und Gerechtigkeit, auch die freye Natur der Menſchen es alſo mit ſich, daß er nach einer ge- wiſſen Ordnung mit ihnen handele. Denn nach dieſer ſpricht er gleichſam antecedenter: Wer glaubet, der ſoll ſelig werden. Da nun in GOtt iſt die Allwiſſenheit, und dieſe zeiget, wel- che glauben werden, oder nicht; ſo entſtehet da- her conſequenter der Schluß von wircklicher Mittheilung der Seligkeit. V. 11. Solches (alles, was bisher vorgeſtellet iſt) gebeut (verkuͤndige mit rechtem Ernſt und Nachdruck) und lehre, (trage es vor oͤffentlich und beſonders, und ſchaͤrfe es ein mit gehoͤriger Application; welches auch nebſt dir die Pflicht der uͤbrigen Lehrer iſt: dabey auch die Zuhoͤrer ihrer Pflicht wahrzunehmen haben, welche iſt, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/124
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/124>, abgerufen am 23.11.2024.