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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 1, 22. 23.
[Spaltenumbruch] ben Zeit (eures Heidenthums) ohne CHri-
sto, fremde und ausser der Bürgerschaft
Jsrael, und fremde von den Testamen-
ten der Verheissung; daher ihr keine
Hoffnung hattet, und waret ohne GOtt
in der Welt.
Darauf denn der Gegen-
satz folget: Nun aber, da ihr in CHristo
JEsu seyd, und weiland ferne gewesen,
seyd ihr nahe worden durch das Blut
CHristi.
Denn er ist unser Friede, der aus
beyden eins gemachet hat, u. f.
b. Sie waren nicht allein fremde von GOtt ge-
wesen, sondern auch Feinde GOttes. Denn
der Mensch ist durch die Sünde also verder-
bet, daß er nicht allein stehet in einer Ge-
müths-Abkehr
und Entfernung von GOtt,
sondern auch in einer Feindschaft wider
GOtt. Wie denn der Sinn des Fleisches
eine Feindschaft wider GOtt ist,
damit
sich ein Mensch so gröblich wider GOTT
versündiget, daß er die Sünde der Rebellion
und der beleidigten göttlichen Majestät bege-
het. Rom. 8, 7. Siehe auch c. 5, 10. Da
es heißt: Wir sind GOTT versohnet
durch den Tod seines Sohnes, da wir
noch Feinde waren.
c. Paulus setzet beydes die Entfernung von
GOtt und die Feindschaft wider GOtt in der
dianoia, welches Lutherus gegeben durch
Vernunft. Und darin, so ferne sie verder-
bet ist, findet sich auch dieses gedoppelte Ubel
in so vielen irrigen und höchst verkehrten Ge-
dancken, Meinungen, Vorurtheilen und
Rathschlägen. Man verstehet dieses Wort
alhier doch aber, wie sonst öfter, gar füglich
vom gantzen Gemüthe, also, daß es auch auf
den Willen gehet. Und in solchem Verstan-
de dieses Worts will der Apostel anzeigen,
daß das bemeldete gedoppelte Ubel sonderlich
innerlich und in der Seele liege, und darinnen
seinen rechten Sitz habe.
d. Weil nun aber ein solcher böser Grund, der
da sonderlich in der Erb-Sünde lieget (als
deren rechte Form in der Ermangelung des
guten, und in der Zuneigung zum bösen, oder
in der Feindschaft wider GOtt bestehet) sich
durch allerley würckliche Sünden äussert, so
wird auch der bösen Wercke dabey gedacht:
welche denn die Früchte eines so argen Bau-
mes sind, und sich zuvorderst innerlich mit ei-
ner rechten Herrschaft regen, und denn auch
bey mancherley Gelegenheit äusserlich aus-
brechen.
V. 22.

Nun aber hat er euch versöhnet mit
dem Leibe seines Fleisches
(mit seinem eige-
nen den typischen Leibern der Opfer-Thiere
entgegen stehenden Leibe) durch den Tod, auf
daß er euch darstellete heilig und unsträf-
lich und ohne Tadel vor ihm selbst.

Anmerckungen.
1. Das nun aber ist dem weiland ent-
gegen gesetzet. Denn der Apostel zeiget an, wie
[Spaltenumbruch] daß die Colosser in einen gantz andern Zustand
durch die Versöhnung Christi wären gesetzet wor-
den. Und da redet er also von der Versöhnung,
daß er zugleich auf die Application siehet, welche
die gläubige Colosser davon in der Ordnung der
Bekehrung zur Rechtfertigung empfangen
hatten.
2. Da in den vorhergehen Versen von
dem Wercke der Versöhnung also ist gehandelt
worden, daß es ist dem Vater zugeschrieben, wie
er es durch den Sohn, oder in dem Sohn, ver-
richtet habe; so läßt sich auch alhier die auf
die Colosser gemachte Zueignung füglich von
dem Vater sagen: Da denn nicht das prono-
men
autou, sondern autou muß gelesen werden,
wie es auch einige Codices haben. Dieweil
doch aber die vom Vater durch den Sohn ge-
machte Versöhnung des Sohnes eignes Werck
ist, so kan das Wort, er hat versohnet, auch
gar wohl von dem Sohne verstanden werden, da
man denn lesen muß sarkos autou.
3. Der Leib seines Fleisches ist so viel als
sein eigner Leib, nicht aber der Leib eines
Opfer-Viehes. Daß aber der Leib nicht ohne
Seele, und diese nicht ohne die einwohnende
Gottheit
verstanden werde, ist an sich und aus
dem Texte bekannt.
4. Weil alhier von der Versöhnung in
Ansehung der bey den gläubigen Colossern be-
reits geschehenen Zueignung die Rede ist, so ver-
stehet man davon billig die Rechtfertigung,
als welche, da sie die eigentliche Application der
Versöhnung ist, mit solchem Namen auch gar
wohl kan benennet werden. Und auf diese Ap-
plication
gehen am eigentlichsten die letztern
Worte: auf daß er euch darstellete heilig
und unsträflich und ohne Tadel vor ihm.
5. Die drey Worte heilig, unsträflich,
ohne Tadel,
gehen auf eines, und wird mit
ihrer Zusammenfügung die Vollkommenheit
der erworbenen und geschenckten Gerechtigkeit
Christi, womit wir vor GOtt bestehen, be-
zeichnet.
6. Und also überkömmt man durch die
Versöhnung Christi eine vollkommene Verge-
bung der Sünden mit einer völligen Erlassung
aller Strafen. Und ob denn in den Gerechtfer-
tigten noch Sünden übrig sind; so werden sie ih-
nen doch vor GOtt, so lange sie in Christo blei-
ben, nicht zugerechnet.
7. Der beste Parallel Ort, welcher diesen
erläutert, ist Eph. 5, 25-27. Christus hat
sich selbst für seine Gemeine gegeben, auf
daß er sie heiligte: uud er hat sie gereini-
get durchs Wasser-Bad im Wort, auf
daß er sie ihm selbst darstellete eine Ge-
meine, die herrlich sey, die nicht habe einen
Flecken, oder Runtzel, oder deß etwas,
sondern daß sie heilig sey und unsträflich.
V. 23.

So ihr anders bleibet im Glauben ge-
gründet und vest, und unbeweglich von der
Hoffnung des Evangelii, welches ihr ge-
höret habet, welches geprediget ist unter

alle
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, 22. 23.
[Spaltenumbruch] ben Zeit (eures Heidenthums) ohne CHri-
ſto, fremde und auſſer der Buͤrgerſchaft
Jſrael, und fremde von den Teſtamen-
ten der Verheiſſung; daher ihr keine
Hoffnung hattet, und waret ohne GOtt
in der Welt.
Darauf denn der Gegen-
ſatz folget: Nun aber, da ihr in CHriſto
JEſu ſeyd, und weiland ferne geweſen,
ſeyd ihr nahe worden durch das Blut
CHriſti.
Denn er iſt unſer Friede, der aus
beyden eins gemachet hat, u. f.
b. Sie waren nicht allein fremde von GOtt ge-
weſen, ſondern auch Feinde GOttes. Denn
der Menſch iſt durch die Suͤnde alſo verder-
bet, daß er nicht allein ſtehet in einer Ge-
muͤths-Abkehr
und Entfernung von GOtt,
ſondern auch in einer Feindſchaft wider
GOtt. Wie denn der Sinn des Fleiſches
eine Feindſchaft wider GOtt iſt,
damit
ſich ein Menſch ſo groͤblich wider GOTT
verſuͤndiget, daß er die Suͤnde der Rebellion
und der beleidigten goͤttlichen Majeſtaͤt bege-
het. Rom. 8, 7. Siehe auch c. 5, 10. Da
es heißt: Wir ſind GOTT verſohnet
durch den Tod ſeines Sohnes, da wir
noch Feinde waren.
c. Paulus ſetzet beydes die Entfernung von
GOtt und die Feindſchaft wider GOtt in der
διανοίᾳ, welches Lutherus gegeben durch
Vernunft. Und darin, ſo ferne ſie verder-
bet iſt, findet ſich auch dieſes gedoppelte Ubel
in ſo vielen irrigen und hoͤchſt verkehrten Ge-
dancken, Meinungen, Vorurtheilen und
Rathſchlaͤgen. Man verſtehet dieſes Wort
alhier doch aber, wie ſonſt oͤfter, gar fuͤglich
vom gantzen Gemuͤthe, alſo, daß es auch auf
den Willen gehet. Und in ſolchem Verſtan-
de dieſes Worts will der Apoſtel anzeigen,
daß das bemeldete gedoppelte Ubel ſonderlich
innerlich und in der Seele liege, und darinnen
ſeinen rechten Sitz habe.
d. Weil nun aber ein ſolcher boͤſer Grund, der
da ſonderlich in der Erb-Suͤnde lieget (als
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guten, und in der Zuneigung zum boͤſen, oder
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wird auch der boͤſen Wercke dabey gedacht:
welche denn die Fruͤchte eines ſo argen Bau-
mes ſind, und ſich zuvorderſt innerlich mit ei-
ner rechten Herrſchaft regen, und denn auch
bey mancherley Gelegenheit aͤuſſerlich aus-
brechen.
V. 22.

Nun aber hat er euch verſoͤhnet mit
dem Leibe ſeines Fleiſches
(mit ſeinem eige-
nen den typiſchen Leibern der Opfer-Thiere
entgegen ſtehenden Leibe) durch den Tod, auf
daß er euch darſtellete heilig und unſtraͤf-
lich und ohne Tadel vor ihm ſelbſt.

Anmerckungen.
1. Das nun aber iſt dem weiland ent-
gegen geſetzet. Denn der Apoſtel zeiget an, wie
[Spaltenumbruch] daß die Coloſſer in einen gantz andern Zuſtand
durch die Verſoͤhnung Chriſti waͤren geſetzet wor-
den. Und da redet er alſo von der Verſoͤhnung,
daß er zugleich auf die Application ſiehet, welche
die glaͤubige Coloſſer davon in der Ordnung der
Bekehrung zur Rechtfertigung empfangen
hatten.
2. Da in den vorhergehen Verſen von
dem Wercke der Verſoͤhnung alſo iſt gehandelt
worden, daß es iſt dem Vater zugeſchrieben, wie
er es durch den Sohn, oder in dem Sohn, ver-
richtet habe; ſo laͤßt ſich auch alhier die auf
die Coloſſer gemachte Zueignung fuͤglich von
dem Vater ſagen: Da denn nicht das prono-
men
ἁυτοῦ, ſondern ἀυτοῦ muß geleſen werden,
wie es auch einige Codices haben. Dieweil
doch aber die vom Vater durch den Sohn ge-
machte Verſoͤhnung des Sohnes eignes Werck
iſt, ſo kan das Wort, er hat verſohnet, auch
gar wohl von dem Sohne verſtanden werden, da
man denn leſen muß σαρκὸς ἁυτοῦ.
3. Der Leib ſeines Fleiſches iſt ſo viel als
ſein eigner Leib, nicht aber der Leib eines
Opfer-Viehes. Daß aber der Leib nicht ohne
Seele, und dieſe nicht ohne die einwohnende
Gottheit
verſtanden werde, iſt an ſich und aus
dem Texte bekannt.
4. Weil alhier von der Verſoͤhnung in
Anſehung der bey den glaͤubigen Coloſſern be-
reits geſchehenen Zueignung die Rede iſt, ſo ver-
ſtehet man davon billig die Rechtfertigung,
als welche, da ſie die eigentliche Application der
Verſoͤhnung iſt, mit ſolchem Namen auch gar
wohl kan benennet werden. Und auf dieſe Ap-
plication
gehen am eigentlichſten die letztern
Worte: auf daß er euch darſtellete heilig
und unſtraͤflich und ohne Tadel vor ihm.
5. Die drey Worte heilig, unſtraͤflich,
ohne Tadel,
gehen auf eines, und wird mit
ihrer Zuſammenfuͤgung die Vollkommenheit
der erworbenen und geſchenckten Gerechtigkeit
Chriſti, womit wir vor GOtt beſtehen, be-
zeichnet.
6. Und alſo uͤberkoͤmmt man durch die
Verſoͤhnung Chriſti eine vollkommene Verge-
bung der Suͤnden mit einer voͤlligen Erlaſſung
aller Strafen. Und ob denn in den Gerechtfer-
tigten noch Suͤnden uͤbrig ſind; ſo werden ſie ih-
nen doch vor GOtt, ſo lange ſie in Chriſto blei-
ben, nicht zugerechnet.
7. Der beſte Parallel Ort, welcher dieſen
erlaͤutert, iſt Eph. 5, 25-27. Chriſtus hat
ſich ſelbſt fuͤr ſeine Gemeine gegeben, auf
daß er ſie heiligte: uud er hat ſie gereini-
get durchs Waſſer-Bad im Wort, auf
daß er ſie ihm ſelbſt darſtellete eine Ge-
meine, die herrlich ſey, die nicht habe einen
Flecken, oder Runtzel, oder deß etwas,
ſondern daß ſie heilig ſey und unſtraͤflich.
V. 23.

So ihr anders bleibet im Glauben ge-
gruͤndet und veſt, und unbeweglich von der
Hoffnung des Evangelii, welches ihr ge-
hoͤret habet, welches geprediget iſt unter

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[764/0792] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, 22. 23. ben Zeit (eures Heidenthums) ohne CHri- ſto, fremde und auſſer der Buͤrgerſchaft Jſrael, und fremde von den Teſtamen- ten der Verheiſſung; daher ihr keine Hoffnung hattet, und waret ohne GOtt in der Welt. Darauf denn der Gegen- ſatz folget: Nun aber, da ihr in CHriſto JEſu ſeyd, und weiland ferne geweſen, ſeyd ihr nahe worden durch das Blut CHriſti. Denn er iſt unſer Friede, der aus beyden eins gemachet hat, u. f. b. Sie waren nicht allein fremde von GOtt ge- weſen, ſondern auch Feinde GOttes. Denn der Menſch iſt durch die Suͤnde alſo verder- bet, daß er nicht allein ſtehet in einer Ge- muͤths-Abkehr und Entfernung von GOtt, ſondern auch in einer Feindſchaft wider GOtt. Wie denn der Sinn des Fleiſches eine Feindſchaft wider GOtt iſt, damit ſich ein Menſch ſo groͤblich wider GOTT verſuͤndiget, daß er die Suͤnde der Rebellion und der beleidigten goͤttlichen Majeſtaͤt bege- het. Rom. 8, 7. Siehe auch c. 5, 10. Da es heißt: Wir ſind GOTT verſohnet durch den Tod ſeines Sohnes, da wir noch Feinde waren. c. Paulus ſetzet beydes die Entfernung von GOtt und die Feindſchaft wider GOtt in der διανοίᾳ, welches Lutherus gegeben durch Vernunft. Und darin, ſo ferne ſie verder- bet iſt, findet ſich auch dieſes gedoppelte Ubel in ſo vielen irrigen und hoͤchſt verkehrten Ge- dancken, Meinungen, Vorurtheilen und Rathſchlaͤgen. Man verſtehet dieſes Wort alhier doch aber, wie ſonſt oͤfter, gar fuͤglich vom gantzen Gemuͤthe, alſo, daß es auch auf den Willen gehet. Und in ſolchem Verſtan- de dieſes Worts will der Apoſtel anzeigen, daß das bemeldete gedoppelte Ubel ſonderlich innerlich und in der Seele liege, und darinnen ſeinen rechten Sitz habe. d. Weil nun aber ein ſolcher boͤſer Grund, der da ſonderlich in der Erb-Suͤnde lieget (als deren rechte Form in der Ermangelung des guten, und in der Zuneigung zum boͤſen, oder in der Feindſchaft wider GOtt beſtehet) ſich durch allerley wuͤrckliche Suͤnden aͤuſſert, ſo wird auch der boͤſen Wercke dabey gedacht: welche denn die Fruͤchte eines ſo argen Bau- mes ſind, und ſich zuvorderſt innerlich mit ei- ner rechten Herrſchaft regen, und denn auch bey mancherley Gelegenheit aͤuſſerlich aus- brechen. V. 22. Nun aber hat er euch verſoͤhnet mit dem Leibe ſeines Fleiſches (mit ſeinem eige- nen den typiſchen Leibern der Opfer-Thiere entgegen ſtehenden Leibe) durch den Tod, auf daß er euch darſtellete heilig und unſtraͤf- lich und ohne Tadel vor ihm ſelbſt. Anmerckungen. 1. Das nun aber iſt dem weiland ent- gegen geſetzet. Denn der Apoſtel zeiget an, wie daß die Coloſſer in einen gantz andern Zuſtand durch die Verſoͤhnung Chriſti waͤren geſetzet wor- den. Und da redet er alſo von der Verſoͤhnung, daß er zugleich auf die Application ſiehet, welche die glaͤubige Coloſſer davon in der Ordnung der Bekehrung zur Rechtfertigung empfangen hatten. 2. Da in den vorhergehen Verſen von dem Wercke der Verſoͤhnung alſo iſt gehandelt worden, daß es iſt dem Vater zugeſchrieben, wie er es durch den Sohn, oder in dem Sohn, ver- richtet habe; ſo laͤßt ſich auch alhier die auf die Coloſſer gemachte Zueignung fuͤglich von dem Vater ſagen: Da denn nicht das prono- men ἁυτοῦ, ſondern ἀυτοῦ muß geleſen werden, wie es auch einige Codices haben. Dieweil doch aber die vom Vater durch den Sohn ge- machte Verſoͤhnung des Sohnes eignes Werck iſt, ſo kan das Wort, er hat verſohnet, auch gar wohl von dem Sohne verſtanden werden, da man denn leſen muß σαρκὸς ἁυτοῦ. 3. Der Leib ſeines Fleiſches iſt ſo viel als ſein eigner Leib, nicht aber der Leib eines Opfer-Viehes. Daß aber der Leib nicht ohne Seele, und dieſe nicht ohne die einwohnende Gottheit verſtanden werde, iſt an ſich und aus dem Texte bekannt. 4. Weil alhier von der Verſoͤhnung in Anſehung der bey den glaͤubigen Coloſſern be- reits geſchehenen Zueignung die Rede iſt, ſo ver- ſtehet man davon billig die Rechtfertigung, als welche, da ſie die eigentliche Application der Verſoͤhnung iſt, mit ſolchem Namen auch gar wohl kan benennet werden. Und auf dieſe Ap- plication gehen am eigentlichſten die letztern Worte: auf daß er euch darſtellete heilig und unſtraͤflich und ohne Tadel vor ihm. 5. Die drey Worte heilig, unſtraͤflich, ohne Tadel, gehen auf eines, und wird mit ihrer Zuſammenfuͤgung die Vollkommenheit der erworbenen und geſchenckten Gerechtigkeit Chriſti, womit wir vor GOtt beſtehen, be- zeichnet. 6. Und alſo uͤberkoͤmmt man durch die Verſoͤhnung Chriſti eine vollkommene Verge- bung der Suͤnden mit einer voͤlligen Erlaſſung aller Strafen. Und ob denn in den Gerechtfer- tigten noch Suͤnden uͤbrig ſind; ſo werden ſie ih- nen doch vor GOtt, ſo lange ſie in Chriſto blei- ben, nicht zugerechnet. 7. Der beſte Parallel Ort, welcher dieſen erlaͤutert, iſt Eph. 5, 25-27. Chriſtus hat ſich ſelbſt fuͤr ſeine Gemeine gegeben, auf daß er ſie heiligte: uud er hat ſie gereini- get durchs Waſſer-Bad im Wort, auf daß er ſie ihm ſelbſt darſtellete eine Ge- meine, die herrlich ſey, die nicht habe einen Flecken, oder Runtzel, oder deß etwas, ſondern daß ſie heilig ſey und unſtraͤflich. V. 23. So ihr anders bleibet im Glauben ge- gruͤndet und veſt, und unbeweglich von der Hoffnung des Evangelii, welches ihr ge- hoͤret habet, welches geprediget iſt unter alle

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 764. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/792>, abgerufen am 16.07.2024.