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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 3, v. 9-15. an die Römer.
[Spaltenumbruch]
V. 9.

Was sagen wir denn nun (von dem
Vortheil der Juden, nach den ersten Versen die-
ses Capitels, daraus hernach Gelegenheit ge-
nommen ist, den Davidischen Spruch vom Miß-
brauch zu retten?) Haben wir (Juden, zu wel-
chen sich Paulus der Nation nach nicht unbillig
noch mit rechnet, ob er gleich bereits ein Christe
geworden war,) einen Vortheil? (einen sol-
chen, wie man zu haben vorgiebet, nemlich damit
man ohne der Erlösung und innern Heiligung zu
bedürfen, und den Meßiam dazu anzunehmen,
könne vor GOTT bestehen?) Gar keinen (in
diesem Verstande.) Denn wir haben droben
(c. 1. und 2.) beweiset, daß beyde Jüden und
Griechen alle unter der Sünde sind;
(der-
gestalt, daß das beherrschende Joch, auch die
Schuld und Strafe derselben von Natur auf
uns lieget, und uns daher auch das Gesetz ver-
dammet, und wir also eines Mittlers höchst be-
nöthiget sind. Siehe auch Rom. 3, 23. 11, 32.
Gal. 3, 22.

Anmerckungen.
1. Der Leser mercke diesen Ausspruch Pau-
li wohl: denn er zeiget damit an, zu welchem
Zweck er eben in den beyden ersten Capiteln
mit mehrern von dem verderbten Zustande der
Heiden und Jüden gehandelt habe; nemlich um
sie von ihrem natürlichen und gefährlichen Stan-
de der Sünde, und von der Nothwendigkeit der
durch CHristum geschehenen Erlösung, davon er
hernach schreibet, zu überzeugen.
2. Diesen seinen bereits vorher erwiesenen
Satz erweiset der Apostel nun noch mit mehrern,
also, daß er vom zehenten Vers an bis auf den
18ten vom allgemeinen Verderben des gantzen
menschlichen Geschlechts unterschiedliche Stel-
len der heiligen Schrift altes Testaments an-
führet. Und damit sich die Jüden davon so viel
weniger ausnehmen möchten, so zeiget er v. 19.
an, daß alles auf sie insonderheit gehe; und also
die aus Jüden und Heiden bestehende gantze
Welt, oder das menschliche Geschlecht, von Na-
tur dem Gerichte GOttes zur Verdammniß un-
terworfen sey.
3. Und auf diese Art leget der Apostel den
Grund zu der evangelischen Haupt-Lehre
von der durch CHristum geschehenen Erlösung
vor dem Gericht GOttes, und von der daher ent-
stehenden Rechtfertigung und wahren Glau-
bens-Gerechtigkeit.
V. 10.

Wie denn geschrieben stehet (sonder-
lich im 14ten Psalm: als aus welchem herge-
nommen ist, was v. 10. 11. 12. stehet, doch al-
so, daß Paulus durchgehends mehr auf den Sinn
der daselbst befindlichen Worte, als auf die Wor-
te selbst gesehen.) Da (im gantzen menschlichen
Geschlechte, auf welches der HERR vom Him-
mel herab schauet Ps. 14, 2.) ist nicht einer,
der
(von Natur) gerecht sey, auch nicht ei-
ner:
(und also kan sich hie kein Mensch aus-
nehmen, so wenig, als sich auch die Mutter unsers
HErrn, die Jungfrau Maria, davon ausgenom-
[Spaltenumbruch] men hat, oder ausnehmen können: sondern es
haben alle bußfertig zu erkennen, daß ihnen bey-
des die wahre Glaubens- und Lebens-Gerechtig-
keit fehle; es mag gleich der Heide sich noch für
so weise und tugenhaft nach dem Lichte der Na-
tur halten; und der Jude, sonderlich der Phari-
säische, mag sich noch so sehr auf seine Vorrechte
in der Religion berufen. Siehe auch 1 B. der
Kön. 8, 46. Job. 4, 18. 15, 14. Ps. 53, 4. Eccles.
7, 21. 1 Joh. 1, 8.)

V. 11.

Da ist nicht der verständig sey, (nem-
lich auf eine geistliche Art, daß er aus eigenen
Kräften vernehmen und begreifen könne, was
des Geistes GOttes ist 1 Cor. 1, 14. und die wah-
re seligmachende Erkäntniß des Heils habe Luc. 1,
77. Eph. 3, 4. 2 Tim. 2, 7.) da ist nicht, der
nach GOTT frage
(ihn von Natur oder bey
dem Lichte der Offenbarung aus eigenen Na-
tur-Kräften also suche und suchen könne, als er
zu finden ist, nemlich in der Ordnung der wah-
ren Hertzens-Bekehrung zu GOTT, durch wel-
che man zur Gemeinschaft GOttes gelanget.
Und also liegen alle Menschen nach dem Ver-
stande
und Willen im Verderben, und können
sich selbst nicht helfen. Siehe auch Jes. 53, 3. 4.

V. 12.

Sie sind alle (die Juden und Heyden, oh-
ne Ausnahm) abgewichen (vom rechten Wege,
von GOTT und ihrem Heil, und sind nach dem
Hebr. gleichsam geworden, als vappa, vinum fu-
giens,
ein verrochener Wein, der alle seine Kraft
und Güte verlohren hat) und allesamt untüch-
tig worden
(zu allem geistlichen Guten: sie sind,
nach verlohrner Kraft, in eine Fäulung, oder sol-
che corruption, gerathen, daß sie sauer, ja stin-
ckend worden: wie es im Grund-Texte des 14ten
Psalms v. 3. eigentlich lautet.) Da ist nicht,
der Gutes
(ein solches wahres gutes Werck,
innerlich oder äusserlich, welches GOTT gefal-
le,) thue: (hingegen sind sie fruchtbar zu bösen
Wercken) auch nicht einer, (also, daß davon,
wie schon gedacht, weder der eingebildete heid-
nische Philosophus, noch der schwülstige Pharisäer
ausgenommen ist.)

V. 13. 14. 15.

Jhr Schlund (und Mund) ist ein offnes
Grab,
(ihr Hertz ist in Sünden geistlich todt; und
aus diesem geistlichen Tode steigen, als aus ei-
nem, mit den in der Verwesung liegenden Lei-
bern angefülleten und offenstehenden Grabe, die
bösen Gedancken, Begierden und Rahtschläge,
durch die Worte mit vielem Gestancke, oder Aer-
gernisse, hervor. Und da im alten Testament
nach den Levitischen Satzungen nichts unreivers
und abscheulichers seyn konte, als ein offenes und
mit todten Cörpern erfülletes Grab; so werden
mit demselben hier die Menschen, wie sie von Na-
tur sind, verglichen: und sind die Worte aus
dem fünften Psalm v. 10. genommen. Siehe
auch Matth. 12, 34. 35. 15, 11. 18. 19. 23, 27.)
mit ihren Zungen handeln sie trüglich (ge-
ben glatte und süsse Worte, die mit vieler

Ver-
G
Cap. 3, v. 9-15. an die Roͤmer.
[Spaltenumbruch]
V. 9.

Was ſagen wir denn nun (von dem
Vortheil der Juden, nach den erſten Verſen die-
ſes Capitels, daraus hernach Gelegenheit ge-
nommen iſt, den Davidiſchen Spruch vom Miß-
brauch zu retten?) Haben wir (Juden, zu wel-
chen ſich Paulus der Nation nach nicht unbillig
noch mit rechnet, ob er gleich bereits ein Chriſte
geworden war,) einen Vortheil? (einen ſol-
chen, wie man zu haben vorgiebet, nemlich damit
man ohne der Erloͤſung und innern Heiligung zu
beduͤrfen, und den Meßiam dazu anzunehmen,
koͤnne vor GOTT beſtehen?) Gar keinen (in
dieſem Verſtande.) Denn wir haben droben
(c. 1. und 2.) beweiſet, daß beyde Juͤden und
Griechen alle unter der Suͤnde ſind;
(der-
geſtalt, daß das beherrſchende Joch, auch die
Schuld und Strafe derſelben von Natur auf
uns lieget, und uns daher auch das Geſetz ver-
dammet, und wir alſo eines Mittlers hoͤchſt be-
noͤthiget ſind. Siehe auch Rom. 3, 23. 11, 32.
Gal. 3, 22.

Anmerckungen.
1. Der Leſer mercke dieſen Ausſpruch Pau-
li wohl: denn er zeiget damit an, zu welchem
Zweck er eben in den beyden erſten Capiteln
mit mehrern von dem verderbten Zuſtande der
Heiden und Juͤden gehandelt habe; nemlich um
ſie von ihrem natuͤrlichen und gefaͤhrlichen Stan-
de der Suͤnde, und von der Nothwendigkeit der
durch CHriſtum geſchehenen Erloͤſung, davon er
hernach ſchreibet, zu uͤberzeugen.
2. Dieſen ſeinen bereits vorher erwieſenen
Satz erweiſet der Apoſtel nun noch mit mehrern,
alſo, daß er vom zehenten Vers an bis auf den
18ten vom allgemeinen Verderben des gantzen
menſchlichen Geſchlechts unterſchiedliche Stel-
len der heiligen Schrift altes Teſtaments an-
fuͤhret. Und damit ſich die Juͤden davon ſo viel
weniger ausnehmen moͤchten, ſo zeiget er v. 19.
an, daß alles auf ſie inſonderheit gehe; und alſo
die aus Juͤden und Heiden beſtehende gantze
Welt, oder das menſchliche Geſchlecht, von Na-
tur dem Gerichte GOttes zur Verdammniß un-
terworfen ſey.
3. Und auf dieſe Art leget der Apoſtel den
Grund zu der evangeliſchen Haupt-Lehre
von der durch CHriſtum geſchehenen Erloͤſung
vor dem Gericht GOttes, und von der daher ent-
ſtehenden Rechtfertigung und wahren Glau-
bens-Gerechtigkeit.
V. 10.

Wie denn geſchrieben ſtehet (ſonder-
lich im 14ten Pſalm: als aus welchem herge-
nommen iſt, was v. 10. 11. 12. ſtehet, doch al-
ſo, daß Paulus durchgehends mehr auf den Sinn
der daſelbſt befindlichen Worte, als auf die Wor-
te ſelbſt geſehen.) Da (im gantzen menſchlichen
Geſchlechte, auf welches der HERR vom Him-
mel herab ſchauet Pſ. 14, 2.) iſt nicht einer,
der
(von Natur) gerecht ſey, auch nicht ei-
ner:
(und alſo kan ſich hie kein Menſch aus-
nehmen, ſo wenig, als ſich auch die Mutter unſers
HErrn, die Jungfrau Maria, davon ausgenom-
[Spaltenumbruch] men hat, oder ausnehmen koͤnnen: ſondern es
haben alle bußfertig zu erkennen, daß ihnen bey-
des die wahre Glaubens- und Lebens-Gerechtig-
keit fehle; es mag gleich der Heide ſich noch fuͤr
ſo weiſe und tugenhaft nach dem Lichte der Na-
tur halten; und der Jude, ſonderlich der Phari-
ſaͤiſche, mag ſich noch ſo ſehr auf ſeine Vorrechte
in der Religion berufen. Siehe auch 1 B. der
Koͤn. 8, 46. Job. 4, 18. 15, 14. Pſ. 53, 4. Eccleſ.
7, 21. 1 Joh. 1, 8.)

V. 11.

Da iſt nicht der verſtaͤndig ſey, (nem-
lich auf eine geiſtliche Art, daß er aus eigenen
Kraͤften vernehmen und begreifen koͤnne, was
des Geiſtes GOttes iſt 1 Cor. 1, 14. und die wah-
re ſeligmachende Erkaͤntniß des Heils habe Luc. 1,
77. Eph. 3, 4. 2 Tim. 2, 7.) da iſt nicht, der
nach GOTT frage
(ihn von Natur oder bey
dem Lichte der Offenbarung aus eigenen Na-
tur-Kraͤften alſo ſuche und ſuchen koͤnne, als er
zu finden iſt, nemlich in der Ordnung der wah-
ren Hertzens-Bekehrung zu GOTT, durch wel-
che man zur Gemeinſchaft GOttes gelanget.
Und alſo liegen alle Menſchen nach dem Ver-
ſtande
und Willen im Verderben, und koͤnnen
ſich ſelbſt nicht helfen. Siehe auch Jeſ. 53, 3. 4.

V. 12.

Sie ſind alle (die Juden und Heyden, oh-
ne Ausnahm) abgewichen (vom rechten Wege,
von GOTT und ihrem Heil, und ſind nach dem
Hebr. gleichſam geworden, als vappa, vinum fu-
giens,
ein verrochener Wein, der alle ſeine Kraft
und Guͤte verlohren hat) und alleſamt untuͤch-
tig worden
(zu allem geiſtlichen Guten: ſie ſind,
nach verlohrner Kraft, in eine Faͤulung, oder ſol-
che corruption, gerathen, daß ſie ſauer, ja ſtin-
ckend worden: wie es im Grund-Texte des 14ten
Pſalms v. 3. eigentlich lautet.) Da iſt nicht,
der Gutes
(ein ſolches wahres gutes Werck,
innerlich oder aͤuſſerlich, welches GOTT gefal-
le,) thue: (hingegen ſind ſie fruchtbar zu boͤſen
Wercken) auch nicht einer, (alſo, daß davon,
wie ſchon gedacht, weder der eingebildete heid-
niſche Philoſophus, noch der ſchwuͤlſtige Phariſaͤer
ausgenommen iſt.)

V. 13. 14. 15.

Jhr Schlund (und Mund) iſt ein offnes
Grab,
(ihr Hertz iſt in Suͤnden geiſtlich todt; und
aus dieſem geiſtlichen Tode ſteigen, als aus ei-
nem, mit den in der Verweſung liegenden Lei-
bern angefuͤlleten und offenſtehenden Grabe, die
boͤſen Gedancken, Begierden und Rahtſchlaͤge,
durch die Worte mit vielem Geſtancke, oder Aer-
gerniſſe, hervor. Und da im alten Teſtament
nach den Levitiſchen Satzungen nichts unreivers
und abſcheulichers ſeyn konte, als ein offenes und
mit todten Coͤrpern erfuͤlletes Grab; ſo werden
mit demſelben hier die Menſchen, wie ſie von Na-
tur ſind, verglichen: und ſind die Worte aus
dem fuͤnften Pſalm v. 10. genommen. Siehe
auch Matth. 12, 34. 35. 15, 11. 18. 19. 23, 27.)
mit ihren Zungen handeln ſie truͤglich (ge-
ben glatte und ſuͤſſe Worte, die mit vieler

Ver-
G
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[49/0077] Cap. 3, v. 9-15. an die Roͤmer. V. 9. Was ſagen wir denn nun (von dem Vortheil der Juden, nach den erſten Verſen die- ſes Capitels, daraus hernach Gelegenheit ge- nommen iſt, den Davidiſchen Spruch vom Miß- brauch zu retten?) Haben wir (Juden, zu wel- chen ſich Paulus der Nation nach nicht unbillig noch mit rechnet, ob er gleich bereits ein Chriſte geworden war,) einen Vortheil? (einen ſol- chen, wie man zu haben vorgiebet, nemlich damit man ohne der Erloͤſung und innern Heiligung zu beduͤrfen, und den Meßiam dazu anzunehmen, koͤnne vor GOTT beſtehen?) Gar keinen (in dieſem Verſtande.) Denn wir haben droben (c. 1. und 2.) beweiſet, daß beyde Juͤden und Griechen alle unter der Suͤnde ſind; (der- geſtalt, daß das beherrſchende Joch, auch die Schuld und Strafe derſelben von Natur auf uns lieget, und uns daher auch das Geſetz ver- dammet, und wir alſo eines Mittlers hoͤchſt be- noͤthiget ſind. Siehe auch Rom. 3, 23. 11, 32. Gal. 3, 22. Anmerckungen. 1. Der Leſer mercke dieſen Ausſpruch Pau- li wohl: denn er zeiget damit an, zu welchem Zweck er eben in den beyden erſten Capiteln mit mehrern von dem verderbten Zuſtande der Heiden und Juͤden gehandelt habe; nemlich um ſie von ihrem natuͤrlichen und gefaͤhrlichen Stan- de der Suͤnde, und von der Nothwendigkeit der durch CHriſtum geſchehenen Erloͤſung, davon er hernach ſchreibet, zu uͤberzeugen. 2. Dieſen ſeinen bereits vorher erwieſenen Satz erweiſet der Apoſtel nun noch mit mehrern, alſo, daß er vom zehenten Vers an bis auf den 18ten vom allgemeinen Verderben des gantzen menſchlichen Geſchlechts unterſchiedliche Stel- len der heiligen Schrift altes Teſtaments an- fuͤhret. Und damit ſich die Juͤden davon ſo viel weniger ausnehmen moͤchten, ſo zeiget er v. 19. an, daß alles auf ſie inſonderheit gehe; und alſo die aus Juͤden und Heiden beſtehende gantze Welt, oder das menſchliche Geſchlecht, von Na- tur dem Gerichte GOttes zur Verdammniß un- terworfen ſey. 3. Und auf dieſe Art leget der Apoſtel den Grund zu der evangeliſchen Haupt-Lehre von der durch CHriſtum geſchehenen Erloͤſung vor dem Gericht GOttes, und von der daher ent- ſtehenden Rechtfertigung und wahren Glau- bens-Gerechtigkeit. V. 10. Wie denn geſchrieben ſtehet (ſonder- lich im 14ten Pſalm: als aus welchem herge- nommen iſt, was v. 10. 11. 12. ſtehet, doch al- ſo, daß Paulus durchgehends mehr auf den Sinn der daſelbſt befindlichen Worte, als auf die Wor- te ſelbſt geſehen.) Da (im gantzen menſchlichen Geſchlechte, auf welches der HERR vom Him- mel herab ſchauet Pſ. 14, 2.) iſt nicht einer, der (von Natur) gerecht ſey, auch nicht ei- ner: (und alſo kan ſich hie kein Menſch aus- nehmen, ſo wenig, als ſich auch die Mutter unſers HErrn, die Jungfrau Maria, davon ausgenom- men hat, oder ausnehmen koͤnnen: ſondern es haben alle bußfertig zu erkennen, daß ihnen bey- des die wahre Glaubens- und Lebens-Gerechtig- keit fehle; es mag gleich der Heide ſich noch fuͤr ſo weiſe und tugenhaft nach dem Lichte der Na- tur halten; und der Jude, ſonderlich der Phari- ſaͤiſche, mag ſich noch ſo ſehr auf ſeine Vorrechte in der Religion berufen. Siehe auch 1 B. der Koͤn. 8, 46. Job. 4, 18. 15, 14. Pſ. 53, 4. Eccleſ. 7, 21. 1 Joh. 1, 8.) V. 11. Da iſt nicht der verſtaͤndig ſey, (nem- lich auf eine geiſtliche Art, daß er aus eigenen Kraͤften vernehmen und begreifen koͤnne, was des Geiſtes GOttes iſt 1 Cor. 1, 14. und die wah- re ſeligmachende Erkaͤntniß des Heils habe Luc. 1, 77. Eph. 3, 4. 2 Tim. 2, 7.) da iſt nicht, der nach GOTT frage (ihn von Natur oder bey dem Lichte der Offenbarung aus eigenen Na- tur-Kraͤften alſo ſuche und ſuchen koͤnne, als er zu finden iſt, nemlich in der Ordnung der wah- ren Hertzens-Bekehrung zu GOTT, durch wel- che man zur Gemeinſchaft GOttes gelanget. Und alſo liegen alle Menſchen nach dem Ver- ſtande und Willen im Verderben, und koͤnnen ſich ſelbſt nicht helfen. Siehe auch Jeſ. 53, 3. 4. V. 12. Sie ſind alle (die Juden und Heyden, oh- ne Ausnahm) abgewichen (vom rechten Wege, von GOTT und ihrem Heil, und ſind nach dem Hebr. gleichſam geworden, als vappa, vinum fu- giens, ein verrochener Wein, der alle ſeine Kraft und Guͤte verlohren hat) und alleſamt untuͤch- tig worden (zu allem geiſtlichen Guten: ſie ſind, nach verlohrner Kraft, in eine Faͤulung, oder ſol- che corruption, gerathen, daß ſie ſauer, ja ſtin- ckend worden: wie es im Grund-Texte des 14ten Pſalms v. 3. eigentlich lautet.) Da iſt nicht, der Gutes (ein ſolches wahres gutes Werck, innerlich oder aͤuſſerlich, welches GOTT gefal- le,) thue: (hingegen ſind ſie fruchtbar zu boͤſen Wercken) auch nicht einer, (alſo, daß davon, wie ſchon gedacht, weder der eingebildete heid- niſche Philoſophus, noch der ſchwuͤlſtige Phariſaͤer ausgenommen iſt.) V. 13. 14. 15. Jhr Schlund (und Mund) iſt ein offnes Grab, (ihr Hertz iſt in Suͤnden geiſtlich todt; und aus dieſem geiſtlichen Tode ſteigen, als aus ei- nem, mit den in der Verweſung liegenden Lei- bern angefuͤlleten und offenſtehenden Grabe, die boͤſen Gedancken, Begierden und Rahtſchlaͤge, durch die Worte mit vielem Geſtancke, oder Aer- gerniſſe, hervor. Und da im alten Teſtament nach den Levitiſchen Satzungen nichts unreivers und abſcheulichers ſeyn konte, als ein offenes und mit todten Coͤrpern erfuͤlletes Grab; ſo werden mit demſelben hier die Menſchen, wie ſie von Na- tur ſind, verglichen: und ſind die Worte aus dem fuͤnften Pſalm v. 10. genommen. Siehe auch Matth. 12, 34. 35. 15, 11. 18. 19. 23, 27.) mit ihren Zungen handeln ſie truͤglich (ge- ben glatte und ſuͤſſe Worte, die mit vieler Ver- G

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/77>, abgerufen am 22.11.2024.