Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 3, v. 3-8. [Spaltenumbruch]
Man halte dagegen die Lehr-Sätze der Phi-losophorum und der auch noch heute zu Tage übrigen Heiden. Gewiß man findet ei- nen solchen Unterscheid, als zwischen Licht und Finsterniß, zwischen Tag und Nacht ist. Denn was darinnen noch gutes und wahres ist, davon gehöret das allermeiste zu dem Moral-Gesetze, davon wir in der Christlichen Religion die rech- te Aufklärung haben. Das übrige ist grösten theils ein so albernes und verworrenes Zeug, daß mans, ohne mitleidige Verwunderung über solcher Menschen grosse Blindheit, nicht betrach- ten kan. V. 4. Daran ihr, so ihr es leset, (und im Anmerckungen. 1. Dieses Lesen ist auch uns befohlen. Es soll aber alles unser Lesen in der heiligen Schrift sonderlich dahin gerichtet seyn, daß wir CHristum, und in ihm den gantzen Rath Got- tes von unserer Seligkeit wohl erkennen lernen; und zwar also, daß wir ihn auch wircklich an- nehmen, und in dem angenommenen uns immer mehr bey der Ubung bevestigen lassen. 2. Es ist zwar alle heilige Schrift von GOTT eingegeben, und ein iegliches Buch gleichsam wie ein Kleinod an einer güldenen Krone: die Paulinischen Briefe aber haben dar- innen einen sonderbaren Vorzug fast vor allen andern Theilen gedachter heiligen Schrift, daß sie auf eine gar reiche, kräftige und nachdrück- liche Art auf CHristum führen. Daher man sie billig gleichsam wie das tägliche Brodt zur Nahrung seiner Seele zu gebrauchen hat. Wohl dem! bey wem es in Lesung derselben heißt: ie länger, ie lieber! 3. Da die Lehre von CHristo durch und durch Geheimniß-voll ist: so hat man die Ge- heimnisse sonderlich zu unterscheiden, wie sie sich befinden in der Person, nach der Vereinigung der beyden Naturen, in dem Mittler-Amt und denn auch in dem gedoppelten Stande CHri- sti: nicht weniger auch nach der so vortreflichen neuen Oeconomie des Evangelii, und darinnen nach der Gemeinschaft CHristi, als des hoch- gelobten Haupts, mit seinem geistlichen Leibe der Kirche; wie an demselben alles durch den Tod in das Leben, durch das Creutz in die Herr- iichkeit hindurch gehe. V. 5. Welches (Geheimniß überhaupt, und V. 6. Nemlich daß die Heiden Mit-Erben V. 7. Deß ich ein Diener worden bin, nach V. 8. Mir dem Allergeringsten (dem Aller- Anmerckungen. 1. Wir finden zwar von den erworbenen Heils-Schätzen sehr viele und sehr klare Sprü- che: da wir doch aber in diesem Leben nur noch erst den Vorschmack davon haben, und nur die Erstlinge bekommen Rom. 8, 21. so bleibet uns der völlige Begriff davon verborgen. 2. Des Reichthums der geistlichen Gü- ter hat der Apostel schon oben gedacht c. 1, 18. Da er, weil er so unausforschlich ist in seiner rechten Fülle und Tiefe, erleuchtete Augen des Verständnisses zu mehrer Erkäntniß wün- schet. 3. Daß aber Paulus den unaussprechli- chen Reichthum CHristi sonderlich den Heiden solte kund machen, das brachte sein besonderer Beruf also mit sich Ap. Gesch. 9, 15. 13, 2. 15, 12. 22, 21. 26, 16. 17. Daher er sich auch sonst mehrmal darauf beziehet, als Rom. 1, 5. 14. 11, 13. 15, 16. Gal. 1, 16. 2, 8. 1 Tim. 2, 7. 2 Tim. 1, 11. 4. Jm
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, v. 3-8. [Spaltenumbruch]
Man halte dagegen die Lehr-Saͤtze der Phi-loſophorum und der auch noch heute zu Tage uͤbrigen Heiden. Gewiß man findet ei- nen ſolchen Unterſcheid, als zwiſchen Licht und Finſterniß, zwiſchen Tag und Nacht iſt. Denn was darinnen noch gutes und wahres iſt, davon gehoͤret das allermeiſte zu dem Moral-Geſetze, davon wir in der Chriſtlichen Religion die rech- te Aufklaͤrung haben. Das uͤbrige iſt groͤſten theils ein ſo albernes und verworrenes Zeug, daß mans, ohne mitleidige Verwunderung uͤber ſolcher Menſchen groſſe Blindheit, nicht betrach- ten kan. V. 4. Daran ihr, ſo ihr es leſet, (und im Anmerckungen. 1. Dieſes Leſen iſt auch uns befohlen. Es ſoll aber alles unſer Leſen in der heiligen Schrift ſonderlich dahin gerichtet ſeyn, daß wir CHriſtum, und in ihm den gantzen Rath Got- tes von unſerer Seligkeit wohl erkennen lernen; und zwar alſo, daß wir ihn auch wircklich an- nehmen, und in dem angenommenen uns immer mehr bey der Ubung beveſtigen laſſen. 2. Es iſt zwar alle heilige Schrift von GOTT eingegeben, und ein iegliches Buch gleichſam wie ein Kleinod an einer guͤldenen Krone: die Pauliniſchen Briefe aber haben dar- innen einen ſonderbaren Vorzug faſt vor allen andern Theilen gedachter heiligen Schrift, daß ſie auf eine gar reiche, kraͤftige und nachdruͤck- liche Art auf CHriſtum fuͤhren. Daher man ſie billig gleichſam wie das taͤgliche Brodt zur Nahrung ſeiner Seele zu gebrauchen hat. Wohl dem! bey wem es in Leſung derſelben heißt: ie laͤnger, ie lieber! 3. Da die Lehre von CHriſto durch und durch Geheimniß-voll iſt: ſo hat man die Ge- heimniſſe ſonderlich zu unterſcheiden, wie ſie ſich befinden in der Perſon, nach der Vereinigung der beyden Naturen, in dem Mittler-Amt und denn auch in dem gedoppelten Stande CHri- ſti: nicht weniger auch nach der ſo vortreflichen neuen Oeconomie des Evangelii, und darinnen nach der Gemeinſchaft CHriſti, als des hoch- gelobten Haupts, mit ſeinem geiſtlichen Leibe der Kirche; wie an demſelben alles durch den Tod in das Leben, durch das Creutz in die Herr- iichkeit hindurch gehe. V. 5. Welches (Geheimniß uͤberhaupt, und V. 6. Nemlich daß die Heiden Mit-Erben V. 7. Deß ich ein Diener worden bin, nach V. 8. Mir dem Allergeringſten (dem Aller- Anmerckungen. 1. Wir finden zwar von den erworbenen Heils-Schaͤtzen ſehr viele und ſehr klare Spruͤ- che: da wir doch aber in dieſem Leben nur noch erſt den Vorſchmack davon haben, und nur die Erſtlinge bekommen Rom. 8, 21. ſo bleibet uns der voͤllige Begriff davon verborgen. 2. Des Reichthums der geiſtlichen Guͤ- ter hat der Apoſtel ſchon oben gedacht c. 1, 18. Da er, weil er ſo unausforſchlich iſt in ſeiner rechten Fuͤlle und Tiefe, erleuchtete Augen des Verſtaͤndniſſes zu mehrer Erkaͤntniß wuͤn- ſchet. 3. Daß aber Paulus den unausſprechli- chen Reichthum CHriſti ſonderlich den Heiden ſolte kund machen, das brachte ſein beſonderer Beruf alſo mit ſich Ap. Geſch. 9, 15. 13, 2. 15, 12. 22, 21. 26, 16. 17. Daher er ſich auch ſonſt mehrmal darauf beziehet, als Rom. 1, 5. 14. 11, 13. 15, 16. Gal. 1, 16. 2, 8. 1 Tim. 2, 7. 2 Tim. 1, 11. 4. Jm
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, v. 3-8.
Man halte dagegen die Lehr-Saͤtze der Phi-
loſophorum und der auch noch heute zu
Tage uͤbrigen Heiden. Gewiß man findet ei-
nen ſolchen Unterſcheid, als zwiſchen Licht und
Finſterniß, zwiſchen Tag und Nacht iſt. Denn
was darinnen noch gutes und wahres iſt, davon
gehoͤret das allermeiſte zu dem Moral-Geſetze,
davon wir in der Chriſtlichen Religion die rech-
te Aufklaͤrung haben. Das uͤbrige iſt groͤſten
theils ein ſo albernes und verworrenes Zeug, daß
mans, ohne mitleidige Verwunderung uͤber
ſolcher Menſchen groſſe Blindheit, nicht betrach-
ten kan.
V. 4.
Daran ihr, ſo ihr es leſet, (und im
Leſen wohl erweget, und zwar, wie oben c. 1,
18. gewuͤnſchet worden, mit erleuchteten Augen
des Verſtandes,) mercken koͤnnet meinen
Verſtand an dem Geheimniß CHriſti, (ſo
wol, wie daſſelbe an ſich ſelbſt beſchaffen, als
auch wie es ſich verhalte mit deſſelben Oecono-
mie unter Juden und Heiden.)
Anmerckungen.
1. Dieſes Leſen iſt auch uns befohlen.
Es ſoll aber alles unſer Leſen in der heiligen
Schrift ſonderlich dahin gerichtet ſeyn, daß wir
CHriſtum, und in ihm den gantzen Rath Got-
tes von unſerer Seligkeit wohl erkennen lernen;
und zwar alſo, daß wir ihn auch wircklich an-
nehmen, und in dem angenommenen uns immer
mehr bey der Ubung beveſtigen laſſen.
2. Es iſt zwar alle heilige Schrift von
GOTT eingegeben, und ein iegliches Buch
gleichſam wie ein Kleinod an einer guͤldenen
Krone: die Pauliniſchen Briefe aber haben dar-
innen einen ſonderbaren Vorzug faſt vor allen
andern Theilen gedachter heiligen Schrift, daß
ſie auf eine gar reiche, kraͤftige und nachdruͤck-
liche Art auf CHriſtum fuͤhren. Daher man
ſie billig gleichſam wie das taͤgliche Brodt zur
Nahrung ſeiner Seele zu gebrauchen hat. Wohl
dem! bey wem es in Leſung derſelben heißt: ie
laͤnger, ie lieber!
3. Da die Lehre von CHriſto durch und
durch Geheimniß-voll iſt: ſo hat man die Ge-
heimniſſe ſonderlich zu unterſcheiden, wie ſie ſich
befinden in der Perſon, nach der Vereinigung
der beyden Naturen, in dem Mittler-Amt und
denn auch in dem gedoppelten Stande CHri-
ſti: nicht weniger auch nach der ſo vortreflichen
neuen Oeconomie des Evangelii, und darinnen
nach der Gemeinſchaft CHriſti, als des hoch-
gelobten Haupts, mit ſeinem geiſtlichen Leibe
der Kirche; wie an demſelben alles durch den
Tod in das Leben, durch das Creutz in die Herr-
iichkeit hindurch gehe.
V. 5.
Welches (Geheimniß uͤberhaupt, und
inſonderheit dabey dieſes, daß auch die Heiden,
ohne Beſchneidung und ohne Annehmung ande-
rer Juͤdiſchen Satzungen, ſolten zur Gemein-
ſchaft des Reichs CHriſti kommen,) nicht
kund gethan iſt in den vorigen Zeiten den
Menſchen-Kindern, als es nun offenba-
ret iſt ſeinen heiligen Apoſteln und Pro-
pheten, (welche GOTT nebſt den Apoſteln
auch im Anfange des Neuen Teſtaments gege-
ben hat Eph. 4, 11. 1 Cor. 12, 28. Siehe auch
Ap. Geſch. 11, 27. 15, 32.) durch den Geiſt,
(von und mit welchem ſie geſalbet und zu ihrem
Amte tuͤchtig gemachet ſind.)
V. 6.
Nemlich daß die Heiden Mit-Erben
(nemlich der glaubigen Juden) ſeyn, und
(nebſt ihnen unter dem einigen Haupte, CHri-
aͤo,) mit eingeleibet, und Mit-Genoſſen
ſeiner Verheiſſung (von der Seligkeit im
Reiche der Gnade und Herrlichkeit, welche ihren
Grund hat) in CHriſto, durch das Evan-
gelium, (als durch deſſen Predigt ſie dazu ein-
geladen werden und gelangen. Siehe vorhert.
2, 13-16. Gal. 3, 28. 29.)
V. 7.
Deß ich ein Diener worden bin, nach
der Gabe aus der Gnade GOttes, die mir
nach ſeiner maͤchtigen Kraft gegeben iſt:
(nach der maͤchtigen Kraft, welche oben cap. 1,
19. 20. von der Wirckung des Glaubens geruͤh-
met iſt, als durch welche aus einem Wolfe ein
Schaf, ja ein Hirte und Aufſeher der Hirten
gemachet war. Siehe auch 1 Tim. 1, 12. 13,
14.)
V. 8.
Mir dem Allergeringſten (dem Aller-
unwuͤrdigſten) unter allen Heiligen, (in An-
ſehung des vorigen Zuſtandes, da ich CHriſtum
in ſeinen Gliedern alſo verfolget habe. Siehe
auch 1 Cor. 15, 9. 10. und 1 Tim. 1, 13.) iſt ge-
geben dieſe Gnade, unter den Heiden zu
verkuͤndigen den unausſprechlichen Reich-
thum CHriſti, (den dieſer uns durch ſein Mit-
ler-Amt in ſo vielen und groſſen Heils-Guͤtern
erworben hat.)
Anmerckungen.
1. Wir finden zwar von den erworbenen
Heils-Schaͤtzen ſehr viele und ſehr klare Spruͤ-
che: da wir doch aber in dieſem Leben nur noch
erſt den Vorſchmack davon haben, und nur die
Erſtlinge bekommen Rom. 8, 21. ſo bleibet uns
der voͤllige Begriff davon verborgen.
2. Des Reichthums der geiſtlichen Guͤ-
ter hat der Apoſtel ſchon oben gedacht c. 1, 18.
Da er, weil er ſo unausforſchlich iſt in ſeiner
rechten Fuͤlle und Tiefe, erleuchtete Augen des
Verſtaͤndniſſes zu mehrer Erkaͤntniß wuͤn-
ſchet.
3. Daß aber Paulus den unausſprechli-
chen Reichthum CHriſti ſonderlich den Heiden
ſolte kund machen, das brachte ſein beſonderer
Beruf alſo mit ſich Ap. Geſch. 9, 15. 13, 2. 15, 12.
22, 21. 26, 16. 17. Daher er ſich auch ſonſt
mehrmal darauf beziehet, als Rom. 1, 5. 14. 11,
13. 15, 16. Gal. 1, 16. 2, 8. 1 Tim. 2, 7. 2 Tim.
1, 11.
4. Jm
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