Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 1, v. 7. 8. an die Epheser. [Spaltenumbruch]
be seyn. Da nun dieses sonderlich auf die Pflich-ten der Auserwählten gehet, und anzeiget, wie sie die in Ansehung des Glaubens geschehene Er- wählung nicht sollen zur fleischlichen Sicherheit mißbrauchen, und die Gnaden-Wahl, ausser sol- cher schuldigen Pflicht-Leistung, sonderlich die zur Verherrlichung des Namens GOttes ge- reichende ewige Seligkeit zum Zwecke hatte; so bezeuget er dieses in diesen beyden Versen. Daß bey dieser gantzen Materie sonderlich der Ort Rom. 8, 29. 30. und das, was darüber ange- mercket worden, zu conferiren sey, wird ein ie- der wol von sich selbst erkennen. V. 7. 8. Jn welchem (dem geliebten Sohne GOt- Anmerckungen. 1. Jn diesem Verse stellet uns der Apostel vier zu unserm Heil gehörige Stücke vor: erst- lich das Principium, woraus alles geflossen, das ist die Gnade GOttes: hernach das daher ent- standene Werck unserer Wiederbringung, welches ist die Erlösung CHristi; und denn die Frucht derselben, so da bestehet in der Ver- gebung der Sünden. Dazu denn das vierte Stück kömmt, so da bestehet in der Ordnung der Bekehrung und Erleuchtung, in welcher man zur Vergebung der Sünden kömmt. Von wel- chen Stücken noch etwas insonderheit zu erin- nern ist. 2. Dem in der Gnade GOttes gesetzten Principio, oder der Quelle alles Heils, wird ein Reichthum zugeschrieben, so wol in Ansehung der Gnade selbst, oder Liebe; als die sehr groß ist, daß auch der Apostel daher c. 3, 18. von derselben Breite, Länge, Tiefe und Hohe redet: als auch im Gegensatze auf das tiefe, grosse und viel- fache Sünden Elend, woraus sie uns dergestalt hilft, daß sie uns dagegen in eine an vielen Heils- Gütern überfliessende Seligkeit, die der Apostel 2 Cor. 4, 17. eine ewige und über alle Masse wichtige Herrlichkeit nennet, versetzet. Von diesem Reichthum der Gnade sehe man auch Rom. 2, 4. 9, 23. Eph. 2, 4. 7. 3, 8. 16. Col. 1, 27. Phil. 4, 19. 3. Das, nach dem principio der so reichen Gnade GOttes, zu unserm Heil geschehene grosse Werck, ist die Erlösung CHristi, welche dar- innen bestehet, daß der Sohn GOttes in ange- nommener menschlichen Natur, und nach der dar- innen übernommenen Bürgeschaft für das gan- tze menschliche Geschlecht active das Gesetz erfül- [Spaltenumbruch] let, und passive, als ein Versöhn-Opfer sich in den Versöhnungs-Tod dahin gegeben, und die Menschen damit von der Schuld und Strafe der Sünden, und folglich von dem Fluche und Joch des Gesetzes, auch vom Zorne GOttes, von der Gewalt des Satans und vom ewigen Tode er- kaufet und erlöset hat. Daher es eine Erlö- sung durch sein Blut genennet wird. Da denn mit dem Worte Blut der mit vielem Blut- vergiessen geschehene Tod CHristi, mit allem was dazu gehöret, auch vorher gegangen ist, (z. E. insonderheit die Ubernehmung des ewigen Todes, welchen er am Oelberge und bey der Ver- lassung am Creutze gefühlet hat) verstanden und dabey auf das viele zum Vorbilde im alten Testa- ment vergossene Opfer-Blut gesehen wird. Von welcher Erlösung ein mehrers nachgelesen werden kan über Rom. 3, 24. Davon auch zu conferiren Ap. Gesch. 20, 28. Col. 1, 14. Heb. 9, 12. 1 Pet. 1, 18. 19. u. s. w. 4. Die Frucht der Erlösung in der gläu- bigen Zueignung ist die Vergebung der Sün- den, oder Rechtfertigung; da denen, welche Christum nach seinem Mittler-Amte sich im wah- ren Glauben zueignen, die Gerechtigkeit Christi zugerechnet, und damit zugleich ihre Sünde ver- geben wird: und zwar also, daß mit der hinweg- genommenen Schuld auch alle Strafe hinweg fället. Und daß dabey auch der Sünden Herr- schaft nicht könne Platz behalten, ist daraus offen- bar, weil zur Ergreifung CHristi und zur Ver- gebung der Sünden der Glaube nöthig ist, dieser aber dergestalt in der Wiedergeburt angezündet wird, daß mit dem Unglauben auch alle Herrschaft der Sünden aufhöret. 5. Ob nun gleich die Erlösung und Verge- bung der Sünden nicht einerley ist, sondern diese aus jener entstehet: so stehen beyde Wohlthaten alhier doch ohne das Verbindungs-Wörtlein und also zusammen, als wenn beydes einerley wäre, und eines das andere nur erklärete. Wel- ches daher kömmt, daß der Apostel vorher bey dem Worte Erlösung das Wort haben gesetzet hat: als womit zugleich auf die Application derselben gesehen wird: daß also die Erlösung in dem Blu- te CHristi haben so viel ist, als der durch die Erlö- sung erworbenen Gerechtigkeit CHristi zur Ver- gebung der Sünden theilhaftig geworden seyn. 6. Hierauf zeiget der Apostel an, wie die Gläubigen zur Vergebung der Sünden in der Gemeinschaft an der Erlösung CHristi gekom- men, wenn er saget: Der Reichthum der gottlichen Gnade sey ihnen reichlich wie- derfahren durch allerley Weisheit und Klugheit. Da er denn durch Weisheit und Klugheit die seligmachende Erkäntniß JE- SU CHristi, und also vornehmlich den Glau- ben an CHristum verstehet: als welcher in der Seele ein geistliches Leben und auch ein geist- liches Licht ist, dadurch einem bey Erkäntniß seines sündlichen Elendes CHristus zur Erlösung und zum Heil angepriesen wird, also, daß man dadurch in wahrer Erleuchtung zur wahren geist- lichen Weisheit und Klugheit kömmt. Welche seligmachende Erleuchtung des Verstandes denn nie-
Cap. 1, v. 7. 8. an die Epheſer. [Spaltenumbruch]
be ſeyn. Da nun dieſes ſonderlich auf die Pflich-ten der Auserwaͤhlten gehet, und anzeiget, wie ſie die in Anſehung des Glaubens geſchehene Er- waͤhlung nicht ſollen zur fleiſchlichen Sicherheit mißbrauchen, und die Gnaden-Wahl, auſſer ſol- cher ſchuldigen Pflicht-Leiſtung, ſonderlich die zur Verherrlichung des Namens GOttes ge- reichende ewige Seligkeit zum Zwecke hatte; ſo bezeuget er dieſes in dieſen beyden Verſen. Daß bey dieſer gantzen Materie ſonderlich der Ort Rom. 8, 29. 30. und das, was daruͤber ange- mercket worden, zu conferiren ſey, wird ein ie- der wol von ſich ſelbſt erkennen. V. 7. 8. Jn welchem (dem geliebten Sohne GOt- Anmerckungen. 1. Jn dieſem Verſe ſtellet uns der Apoſtel vier zu unſerm Heil gehoͤrige Stuͤcke vor: erſt- lich das Principium, woraus alles gefloſſen, das iſt die Gnade GOttes: hernach das daher ent- ſtandene Werck unſerer Wiederbringung, welches iſt die Erloͤſung CHriſti; und denn die Frucht derſelben, ſo da beſtehet in der Ver- gebung der Suͤnden. Dazu denn das vierte Stuͤck koͤmmt, ſo da beſtehet in der Ordnung der Bekehrung und Erleuchtung, in welcher man zur Vergebung der Suͤnden koͤmmt. Von wel- chen Stuͤcken noch etwas inſonderheit zu erin- nern iſt. 2. Dem in der Gnade GOttes geſetzten Principio, oder der Quelle alles Heils, wird ein Reichthum zugeſchrieben, ſo wol in Anſehung der Gnade ſelbſt, oder Liebe; als die ſehr groß iſt, daß auch der Apoſtel daher c. 3, 18. von derſelben Breite, Laͤnge, Tiefe und Hohe redet: als auch im Gegenſatze auf das tiefe, groſſe und viel- fache Suͤnden Elend, woraus ſie uns dergeſtalt hilft, daß ſie uns dagegen in eine an vielen Heils- Guͤtern uͤberflieſſende Seligkeit, die der Apoſtel 2 Cor. 4, 17. eine ewige und uͤber alle Maſſe wichtige Herrlichkeit nennet, verſetzet. Von dieſem Reichthum der Gnade ſehe man auch Rom. 2, 4. 9, 23. Eph. 2, 4. 7. 3, 8. 16. Col. 1, 27. Phil. 4, 19. 3. Das, nach dem principio der ſo reichen Gnade GOttes, zu unſerm Heil geſchehene groſſe Werck, iſt die Erloͤſung CHriſti, welche dar- innen beſtehet, daß der Sohn GOttes in ange- nommener menſchlichen Natur, und nach der dar- innen uͤbernommenen Buͤrgeſchaft fuͤr das gan- tze menſchliche Geſchlecht active das Geſetz erfuͤl- [Spaltenumbruch] let, und paſſive, als ein Verſoͤhn-Opfer ſich in den Verſoͤhnungs-Tod dahin gegeben, und die Menſchen damit von der Schuld und Strafe der Suͤnden, und folglich von dem Fluche und Joch des Geſetzes, auch vom Zorne GOttes, von der Gewalt des Satans und vom ewigen Tode er- kaufet und erloͤſet hat. Daher es eine Erloͤ- ſung durch ſein Blut genennet wird. Da denn mit dem Worte Blut der mit vielem Blut- vergieſſen geſchehene Tod CHriſti, mit allem was dazu gehoͤret, auch vorher gegangen iſt, (z. E. inſonderheit die Ubernehmung des ewigen Todes, welchen er am Oelberge und bey der Ver- laſſung am Creutze gefuͤhlet hat) verſtanden und dabey auf das viele zum Vorbilde im alten Teſta- ment vergoſſene Opfer-Blut geſehen wird. Von welcher Erloͤſung ein mehrers nachgeleſen werden kan uͤber Rom. 3, 24. Davon auch zu conferiren Ap. Geſch. 20, 28. Col. 1, 14. Heb. 9, 12. 1 Pet. 1, 18. 19. u. ſ. w. 4. Die Frucht der Erloͤſung in der glaͤu- bigen Zueignung iſt die Vergebung der Suͤn- den, oder Rechtfertigung; da denen, welche Chriſtum nach ſeinem Mittler-Amte ſich im wah- ren Glauben zueignen, die Gerechtigkeit Chriſti zugerechnet, und damit zugleich ihre Suͤnde ver- geben wird: und zwar alſo, daß mit der hinweg- genommenen Schuld auch alle Strafe hinweg faͤllet. Und daß dabey auch der Suͤnden Herr- ſchaft nicht koͤnne Platz behalten, iſt daraus offen- bar, weil zur Ergreifung CHriſti und zur Ver- gebung der Suͤnden der Glaube noͤthig iſt, dieſer aber dergeſtalt in der Wiedergeburt angezuͤndet wird, daß mit dem Unglauben auch alle Herrſchaft der Suͤnden aufhoͤret. 5. Ob nun gleich die Erloͤſung und Verge- bung der Suͤnden nicht einerley iſt, ſondern dieſe aus jener entſtehet: ſo ſtehen beyde Wohlthaten alhier doch ohne das Verbindungs-Woͤrtlein und alſo zuſammen, als wenn beydes einerley waͤre, und eines das andere nur erklaͤrete. Wel- ches daher koͤmmt, daß der Apoſtel vorher bey dem Worte Erloͤſung das Wort haben geſetzet hat: als womit zugleich auf die Application derſelben geſehen wird: daß alſo die Erloͤſung in dem Blu- te CHriſti haben ſo viel iſt, als der durch die Erloͤ- ſung erworbenen Gerechtigkeit CHriſti zur Ver- gebung der Suͤnden theilhaftig geworden ſeyn. 6. Hierauf zeiget der Apoſtel an, wie die Glaͤubigen zur Vergebung der Suͤnden in der Gemeinſchaft an der Erloͤſung CHriſti gekom- men, wenn er ſaget: Der Reichthum der gottlichen Gnade ſey ihnen reichlich wie- derfahren durch allerley Weisheit und Klugheit. Da er denn durch Weisheit und Klugheit die ſeligmachende Erkaͤntniß JE- SU CHriſti, und alſo vornehmlich den Glau- ben an CHriſtum verſtehet: als welcher in der Seele ein geiſtliches Leben und auch ein geiſt- liches Licht iſt, dadurch einem bey Erkaͤntniß ſeines ſuͤndlichen Elendes CHriſtus zur Erloͤſung und zum Heil angeprieſen wird, alſo, daß man dadurch in wahrer Erleuchtung zur wahren geiſt- lichen Weisheit und Klugheit koͤmmt. Welche ſeligmachende Erleuchtung des Verſtandes denn nie-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0627" n="599"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 1, v. 7. 8. an die Epheſer.</hi></fw><lb/><cb/><hi rendition="#fr">be ſeyn.</hi> Da nun dieſes ſonderlich auf die Pflich-<lb/> ten der Auserwaͤhlten gehet, und anzeiget, wie<lb/> ſie die in Anſehung des Glaubens geſchehene Er-<lb/> waͤhlung nicht ſollen zur fleiſchlichen Sicherheit<lb/> mißbrauchen, und die Gnaden-Wahl, auſſer ſol-<lb/> cher ſchuldigen Pflicht-Leiſtung, ſonderlich die zur<lb/><hi rendition="#fr">Verherrlichung des Namens GOttes</hi> ge-<lb/> reichende ewige Seligkeit zum Zwecke hatte; ſo<lb/> bezeuget er dieſes in dieſen beyden Verſen. Daß<lb/> bey dieſer gantzen Materie ſonderlich der Ort<lb/> Rom. 8, 29. 30. und das, was daruͤber ange-<lb/> mercket worden, zu <hi rendition="#aq">conferir</hi>en ſey, wird ein ie-<lb/> der wol von ſich ſelbſt erkennen.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 7. 8.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Jn welchem</hi> (dem geliebten Sohne GOt-<lb/> tes) <hi rendition="#fr">wir haben die Erloͤſung durch ſein<lb/> Blut, nemlich die Vergebung der Suͤnden</hi><lb/> (welche die ewige Seligkeit, zu welcher wir er-<lb/> waͤhlet worden, mit ſich fuͤhret) <hi rendition="#fr">nach dem Reich-<lb/> thum ſeiner Gnade:</hi> V. 8. <hi rendition="#fr">Welche uns<lb/> reichlich wiederfahren iſt durch</hi> (ἐν, in) <hi rendition="#fr">al-<lb/> lerley Weisheit und Klugheit</hi> (ſintemal wir<lb/> durch die Schenckung des Glaubens, dadurch<lb/> wir die Erloͤſung zur Vergebung der Suͤnden<lb/> uns zueignen, zugleich erleuchtet, und alſo mit<lb/> goͤttlicher Weisheit und Klugheit beſeliget wer-<lb/> den; da der Glaube in der Seele ein goͤttliches<lb/> Licht iſt.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Jn dieſem Verſe ſtellet uns der Apoſtel<lb/><hi rendition="#fr">vier</hi> zu unſerm Heil gehoͤrige <hi rendition="#fr">Stuͤcke</hi> vor: erſt-<lb/> lich das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Principium,</hi></hi> woraus alles gefloſſen, das<lb/> iſt die <hi rendition="#fr">Gnade GOttes:</hi> hernach das daher ent-<lb/> ſtandene <hi rendition="#fr">Werck unſerer Wiederbringung,</hi><lb/> welches iſt die <hi rendition="#fr">Erloͤſung CHriſti;</hi> und denn<lb/> die <hi rendition="#fr">Frucht</hi> derſelben, ſo da beſtehet in der Ver-<lb/> gebung der Suͤnden. Dazu denn das <hi rendition="#fr">vierte</hi><lb/> Stuͤck koͤmmt, ſo da beſtehet in der <hi rendition="#fr">Ordnung</hi><lb/> der Bekehrung und Erleuchtung, in welcher man<lb/> zur Vergebung der Suͤnden koͤmmt. Von wel-<lb/> chen Stuͤcken noch etwas inſonderheit zu erin-<lb/> nern iſt.</item><lb/> <item>2. Dem in der Gnade GOttes geſetzten<lb/><hi rendition="#aq">Principio,</hi> oder der Quelle alles Heils, wird ein<lb/><hi rendition="#fr">Reichthum</hi> zugeſchrieben, ſo wol in Anſehung<lb/> der Gnade ſelbſt, oder Liebe; als die ſehr groß iſt,<lb/> daß auch der Apoſtel daher c. 3, 18. von derſelben<lb/><hi rendition="#fr">Breite, Laͤnge, Tiefe</hi> und <hi rendition="#fr">Hohe</hi> redet: als<lb/> auch im Gegenſatze auf das tiefe, groſſe und viel-<lb/> fache Suͤnden Elend, woraus ſie uns dergeſtalt<lb/> hilft, daß ſie uns dagegen in eine an vielen Heils-<lb/> Guͤtern uͤberflieſſende Seligkeit, die der Apoſtel<lb/> 2 Cor. 4, 17. eine <hi rendition="#fr">ewige und uͤber alle Maſſe<lb/> wichtige Herrlichkeit</hi> nennet, verſetzet. Von<lb/> dieſem Reichthum der Gnade ſehe man auch<lb/> Rom. 2, 4. 9, 23. Eph. 2, 4. 7. 3, 8. 16. Col.<lb/> 1, 27. Phil. 4, 19.</item><lb/> <item>3. Das, nach dem <hi rendition="#aq">principio</hi> der ſo reichen<lb/> Gnade GOttes, zu unſerm Heil geſchehene <hi rendition="#fr">groſſe<lb/> Werck,</hi> iſt die <hi rendition="#fr">Erloͤſung CHriſti,</hi> welche dar-<lb/> innen beſtehet, daß der Sohn GOttes in ange-<lb/> nommener menſchlichen Natur, und nach der dar-<lb/> innen uͤbernommenen Buͤrgeſchaft fuͤr das gan-<lb/> tze menſchliche Geſchlecht <hi rendition="#aq">active</hi> das Geſetz erfuͤl-<lb/><cb/> let, und <hi rendition="#aq">paſſive,</hi> als ein Verſoͤhn-Opfer ſich in<lb/> den Verſoͤhnungs-Tod dahin gegeben, und die<lb/> Menſchen damit von der Schuld und Strafe der<lb/> Suͤnden, und folglich von dem Fluche und Joch<lb/> des Geſetzes, auch vom Zorne GOttes, von der<lb/> Gewalt des Satans und vom ewigen Tode er-<lb/> kaufet und erloͤſet hat. Daher es eine <hi rendition="#fr">Erloͤ-<lb/> ſung durch ſein Blut</hi> genennet wird. Da<lb/> denn mit dem Worte <hi rendition="#fr">Blut</hi> der mit vielem Blut-<lb/> vergieſſen geſchehene <hi rendition="#fr">Tod</hi> CHriſti, mit allem<lb/> was dazu gehoͤret, auch vorher gegangen iſt, (z.<lb/> E. inſonderheit die Ubernehmung des ewigen<lb/> Todes, welchen er am Oelberge und bey der Ver-<lb/> laſſung am Creutze gefuͤhlet hat) verſtanden und<lb/> dabey auf das viele zum Vorbilde im alten Teſta-<lb/> ment vergoſſene Opfer-Blut geſehen wird. Von<lb/> welcher Erloͤſung ein mehrers nachgeleſen werden<lb/> kan uͤber Rom. 3, 24. Davon auch zu <hi rendition="#aq">conferir</hi>en<lb/> Ap. Geſch. 20, 28. Col. 1, 14. Heb. 9, 12. 1 Pet.<lb/> 1, 18. 19. u. ſ. w.</item><lb/> <item>4. Die <hi rendition="#fr">Frucht</hi> der <hi rendition="#fr">Erloͤſung</hi> in der glaͤu-<lb/> bigen Zueignung iſt die <hi rendition="#fr">Vergebung</hi> der Suͤn-<lb/> den, oder Rechtfertigung; da denen, welche<lb/> Chriſtum nach ſeinem Mittler-Amte ſich im wah-<lb/> ren Glauben zueignen, die Gerechtigkeit Chriſti<lb/> zugerechnet, und damit zugleich ihre Suͤnde ver-<lb/> geben wird: und zwar alſo, daß mit der hinweg-<lb/> genommenen Schuld auch alle Strafe hinweg<lb/> faͤllet. Und daß dabey auch der Suͤnden Herr-<lb/> ſchaft nicht koͤnne Platz behalten, iſt daraus offen-<lb/> bar, weil zur Ergreifung CHriſti und zur Ver-<lb/> gebung der Suͤnden der Glaube noͤthig iſt, dieſer<lb/> aber dergeſtalt in der Wiedergeburt angezuͤndet<lb/> wird, daß mit dem Unglauben auch alle Herrſchaft<lb/> der Suͤnden aufhoͤret.</item><lb/> <item>5. Ob nun gleich die Erloͤſung und Verge-<lb/> bung der Suͤnden nicht einerley iſt, ſondern dieſe<lb/> aus jener entſtehet: ſo ſtehen beyde Wohlthaten<lb/> alhier doch ohne das Verbindungs-Woͤrtlein<lb/><hi rendition="#fr">und</hi> alſo zuſammen, als wenn beydes einerley<lb/> waͤre, und eines das andere nur erklaͤrete. Wel-<lb/> ches daher koͤmmt, daß der Apoſtel vorher bey dem<lb/> Worte Erloͤſung das Wort <hi rendition="#fr">haben</hi> geſetzet hat:<lb/> als womit zugleich auf die <hi rendition="#aq">Application</hi> derſelben<lb/> geſehen wird: daß alſo die Erloͤſung in dem Blu-<lb/> te CHriſti haben ſo viel iſt, als der durch die Erloͤ-<lb/> ſung erworbenen Gerechtigkeit CHriſti zur Ver-<lb/> gebung der Suͤnden theilhaftig geworden<lb/> ſeyn.</item><lb/> <item>6. Hierauf zeiget der Apoſtel an, wie die<lb/> Glaͤubigen zur Vergebung der Suͤnden in der<lb/> Gemeinſchaft an der Erloͤſung CHriſti gekom-<lb/> men, wenn er ſaget: <hi rendition="#fr">Der Reichthum der<lb/> gottlichen Gnade ſey ihnen reichlich wie-<lb/> derfahren durch allerley Weisheit und<lb/> Klugheit.</hi> Da er denn durch <hi rendition="#fr">Weisheit</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Klugheit</hi> die <hi rendition="#fr">ſeligmachende Erkaͤntniß</hi> JE-<lb/> SU CHriſti, und alſo vornehmlich den <hi rendition="#fr">Glau-<lb/> ben</hi> an CHriſtum verſtehet: als welcher in der<lb/> Seele ein geiſtliches <hi rendition="#fr">Leben</hi> und auch ein geiſt-<lb/> liches <hi rendition="#fr">Licht</hi> iſt, dadurch einem bey Erkaͤntniß<lb/> ſeines ſuͤndlichen Elendes CHriſtus zur Erloͤſung<lb/> und zum Heil angeprieſen wird, alſo, daß man<lb/> dadurch in wahrer Erleuchtung zur wahren geiſt-<lb/> lichen Weisheit und Klugheit koͤmmt. Welche<lb/> ſeligmachende Erleuchtung des Verſtandes denn<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nie-</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [599/0627]
Cap. 1, v. 7. 8. an die Epheſer.
be ſeyn. Da nun dieſes ſonderlich auf die Pflich-
ten der Auserwaͤhlten gehet, und anzeiget, wie
ſie die in Anſehung des Glaubens geſchehene Er-
waͤhlung nicht ſollen zur fleiſchlichen Sicherheit
mißbrauchen, und die Gnaden-Wahl, auſſer ſol-
cher ſchuldigen Pflicht-Leiſtung, ſonderlich die zur
Verherrlichung des Namens GOttes ge-
reichende ewige Seligkeit zum Zwecke hatte; ſo
bezeuget er dieſes in dieſen beyden Verſen. Daß
bey dieſer gantzen Materie ſonderlich der Ort
Rom. 8, 29. 30. und das, was daruͤber ange-
mercket worden, zu conferiren ſey, wird ein ie-
der wol von ſich ſelbſt erkennen.
V. 7. 8.
Jn welchem (dem geliebten Sohne GOt-
tes) wir haben die Erloͤſung durch ſein
Blut, nemlich die Vergebung der Suͤnden
(welche die ewige Seligkeit, zu welcher wir er-
waͤhlet worden, mit ſich fuͤhret) nach dem Reich-
thum ſeiner Gnade: V. 8. Welche uns
reichlich wiederfahren iſt durch (ἐν, in) al-
lerley Weisheit und Klugheit (ſintemal wir
durch die Schenckung des Glaubens, dadurch
wir die Erloͤſung zur Vergebung der Suͤnden
uns zueignen, zugleich erleuchtet, und alſo mit
goͤttlicher Weisheit und Klugheit beſeliget wer-
den; da der Glaube in der Seele ein goͤttliches
Licht iſt.)
Anmerckungen.
1. Jn dieſem Verſe ſtellet uns der Apoſtel
vier zu unſerm Heil gehoͤrige Stuͤcke vor: erſt-
lich das Principium, woraus alles gefloſſen, das
iſt die Gnade GOttes: hernach das daher ent-
ſtandene Werck unſerer Wiederbringung,
welches iſt die Erloͤſung CHriſti; und denn
die Frucht derſelben, ſo da beſtehet in der Ver-
gebung der Suͤnden. Dazu denn das vierte
Stuͤck koͤmmt, ſo da beſtehet in der Ordnung
der Bekehrung und Erleuchtung, in welcher man
zur Vergebung der Suͤnden koͤmmt. Von wel-
chen Stuͤcken noch etwas inſonderheit zu erin-
nern iſt.
2. Dem in der Gnade GOttes geſetzten
Principio, oder der Quelle alles Heils, wird ein
Reichthum zugeſchrieben, ſo wol in Anſehung
der Gnade ſelbſt, oder Liebe; als die ſehr groß iſt,
daß auch der Apoſtel daher c. 3, 18. von derſelben
Breite, Laͤnge, Tiefe und Hohe redet: als
auch im Gegenſatze auf das tiefe, groſſe und viel-
fache Suͤnden Elend, woraus ſie uns dergeſtalt
hilft, daß ſie uns dagegen in eine an vielen Heils-
Guͤtern uͤberflieſſende Seligkeit, die der Apoſtel
2 Cor. 4, 17. eine ewige und uͤber alle Maſſe
wichtige Herrlichkeit nennet, verſetzet. Von
dieſem Reichthum der Gnade ſehe man auch
Rom. 2, 4. 9, 23. Eph. 2, 4. 7. 3, 8. 16. Col.
1, 27. Phil. 4, 19.
3. Das, nach dem principio der ſo reichen
Gnade GOttes, zu unſerm Heil geſchehene groſſe
Werck, iſt die Erloͤſung CHriſti, welche dar-
innen beſtehet, daß der Sohn GOttes in ange-
nommener menſchlichen Natur, und nach der dar-
innen uͤbernommenen Buͤrgeſchaft fuͤr das gan-
tze menſchliche Geſchlecht active das Geſetz erfuͤl-
let, und paſſive, als ein Verſoͤhn-Opfer ſich in
den Verſoͤhnungs-Tod dahin gegeben, und die
Menſchen damit von der Schuld und Strafe der
Suͤnden, und folglich von dem Fluche und Joch
des Geſetzes, auch vom Zorne GOttes, von der
Gewalt des Satans und vom ewigen Tode er-
kaufet und erloͤſet hat. Daher es eine Erloͤ-
ſung durch ſein Blut genennet wird. Da
denn mit dem Worte Blut der mit vielem Blut-
vergieſſen geſchehene Tod CHriſti, mit allem
was dazu gehoͤret, auch vorher gegangen iſt, (z.
E. inſonderheit die Ubernehmung des ewigen
Todes, welchen er am Oelberge und bey der Ver-
laſſung am Creutze gefuͤhlet hat) verſtanden und
dabey auf das viele zum Vorbilde im alten Teſta-
ment vergoſſene Opfer-Blut geſehen wird. Von
welcher Erloͤſung ein mehrers nachgeleſen werden
kan uͤber Rom. 3, 24. Davon auch zu conferiren
Ap. Geſch. 20, 28. Col. 1, 14. Heb. 9, 12. 1 Pet.
1, 18. 19. u. ſ. w.
4. Die Frucht der Erloͤſung in der glaͤu-
bigen Zueignung iſt die Vergebung der Suͤn-
den, oder Rechtfertigung; da denen, welche
Chriſtum nach ſeinem Mittler-Amte ſich im wah-
ren Glauben zueignen, die Gerechtigkeit Chriſti
zugerechnet, und damit zugleich ihre Suͤnde ver-
geben wird: und zwar alſo, daß mit der hinweg-
genommenen Schuld auch alle Strafe hinweg
faͤllet. Und daß dabey auch der Suͤnden Herr-
ſchaft nicht koͤnne Platz behalten, iſt daraus offen-
bar, weil zur Ergreifung CHriſti und zur Ver-
gebung der Suͤnden der Glaube noͤthig iſt, dieſer
aber dergeſtalt in der Wiedergeburt angezuͤndet
wird, daß mit dem Unglauben auch alle Herrſchaft
der Suͤnden aufhoͤret.
5. Ob nun gleich die Erloͤſung und Verge-
bung der Suͤnden nicht einerley iſt, ſondern dieſe
aus jener entſtehet: ſo ſtehen beyde Wohlthaten
alhier doch ohne das Verbindungs-Woͤrtlein
und alſo zuſammen, als wenn beydes einerley
waͤre, und eines das andere nur erklaͤrete. Wel-
ches daher koͤmmt, daß der Apoſtel vorher bey dem
Worte Erloͤſung das Wort haben geſetzet hat:
als womit zugleich auf die Application derſelben
geſehen wird: daß alſo die Erloͤſung in dem Blu-
te CHriſti haben ſo viel iſt, als der durch die Erloͤ-
ſung erworbenen Gerechtigkeit CHriſti zur Ver-
gebung der Suͤnden theilhaftig geworden
ſeyn.
6. Hierauf zeiget der Apoſtel an, wie die
Glaͤubigen zur Vergebung der Suͤnden in der
Gemeinſchaft an der Erloͤſung CHriſti gekom-
men, wenn er ſaget: Der Reichthum der
gottlichen Gnade ſey ihnen reichlich wie-
derfahren durch allerley Weisheit und
Klugheit. Da er denn durch Weisheit und
Klugheit die ſeligmachende Erkaͤntniß JE-
SU CHriſti, und alſo vornehmlich den Glau-
ben an CHriſtum verſtehet: als welcher in der
Seele ein geiſtliches Leben und auch ein geiſt-
liches Licht iſt, dadurch einem bey Erkaͤntniß
ſeines ſuͤndlichen Elendes CHriſtus zur Erloͤſung
und zum Heil angeprieſen wird, alſo, daß man
dadurch in wahrer Erleuchtung zur wahren geiſt-
lichen Weisheit und Klugheit koͤmmt. Welche
ſeligmachende Erleuchtung des Verſtandes denn
nie-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |