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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 6, v. 10-12. an die Galater.
[Spaltenumbruch] mal eine Zeit, da man nicht mehr wircken kan;
zum wenigsten nicht ohne mehrere Verhinderung
Joh. 9, 4. 12, 35. 36. Und in jenem Leben ist es
nicht mehr Raum zum Wuchern, sondern da soll
man zeigen, wie man das anvertraute Pfund
angeleget habe Matth. 25, 19. u. f. Wie denn
auch die Wercke den Sterbenden nachfolgen
müssen. Offenb. 14, 13.
2. Die Kirche ist ein Haus GOttes Eph.
2, 22. 1 Tim. 3, 15. 1 Pet. 2, 5. 4, 17. und die
Hausgenossen GOttes sind alle Gläubige Eph.
2, 19. Die einerley theuren Glauben überkom-
men haben, und auf einerley Grund des Glau-
bens erbauet sind 2 Petr. 1, 1. Jud. v. 20.
3. Gleichwie aber die Stifts Hütte und der
Tempel zu Jerusalem, welcher das sichtbare Haus
GOttes war, ausser dem heiligen, oder innern,
und allerheiligsten, oder innersten Theile, auch
den Vorhof hatte: und also das Haus GOttes
selbst in das äusserliche und innerliche getheilet
wurde: also sind auch die Hausgenossen GOttes
von zweyerley Art, theils bloß äusserliche, die nur
zur äusserlichen Gemeinschaft der Kirche CHristi
gehören, aber von dem wahren Dienste GOttes
und der Gemeinschaft mit GOtt entfremdet sind:
theils äusserliche und innerliche zugleich, welche in
der glaubigen Gemeinschaft mit GOTT stehen.
Von welchen eigentlich alhier die Rede ist; doch
sind jene davon auch nicht ausgeschlossen. Denn
da sie von GOTT gleicher Gnaden-Mittel ge-
würdiget werden, ob sie dieselbe gleich nicht ge-
brauchen, wie sie sollen; so hat man ihnen auch so
viel weniger seine Liebe, die man ohne das allen
Menschen schuldig ist, zu versagen.
4. Diese Hausgenossen haben alhier ihre
Benennung vom Glauben, weil es in derjenigen
Oeconomie des Gnaden-Bundes, darinnen sie
stehen, auf den Glauben an CHristum haupt-
sächlich ankömmt; wie der Apostel in dieser gan-
tzen Epistel mit mehrern bezeuget, sonderlich c. 2,
16. 3, 14. 22. 23-26. daraus denn leichtlich ab-
zunehmen ist, daß durch das Wort Glauben
hier zwar eigentlich gesehen werde auf den innern
Glauben des Hertzens an CHristum; aber also,
daß die Geheimnisse des Glaubens nach dem
Evangelio mit eingeschlossen sind; als ohne wel-
che der Glaube des Hertzens nicht statt findet,
sondern darinnen er seine tägliche Nahrung
hat.
5. Man siehet hieraus, daß die Liebe, ob sie
gleich gegen alle Menschen thätig seyn muß, auch
gegen die Feinde selbst Matth. 5, 44. 1 Joh. 3,
18. dennoch in der Ausübung einen Unterscheid
mit manchen Vorzügen zulässet. Denn ie nä-
her die Gemeinschaft ist, in welcher man nach
dem Bande der Gnade und der Natur mit ieman-
den stehet, ie geschäftiger muß sich auch die Liebe
beweisen, also daß, wo ich z. E. hie und damit nur
einem und dem andern dienen kan, nicht aber
mehrern, ich den Liebes-Dienst zuvorderst de-
nen, welche mir nach besagtem Bande am näch-
sten, und zugleich nothdürftig sind, erweise.
Welchen man aber unter den geistlichen und
bloß leiblichen Anverwandten dem andern vor-
ziehen soll, das läßt sich in keine gewisse Regel
fassen, sondern bleibet der Prüfung des Gewis-
[Spaltenumbruch] sens und freyen Willens nach den vorkommen-
den Umständen billig anheim gestellet. Daß
aber diejenigen Wohlthaten, die an den rech-
ten Glaubens-Genossen, welche wahre Glieder
CHristi sind, gewendet werden, die grösseste
Verheissung von der Vergeltung haben, siehet
man Matth. 10, 40-42. 25, 40.
V. 11.

Sehet, (ihr lieben Galater, daß ich zum
Beschluß meines Briefes komme,) mit wie
viel
(auf euren Zustand eigentlich gerichteten)
Worten habe ich euch (zur Bezeugung mei-
ner recht hertzlichen Liebe,) geschrieben mit
eigner Hand,
(da ich sonst meine Briefe zu
dictiren pflege, Rom. 16, 22. und hernach nur
meine eigne Unterschrift mit einem Segens-
Wunsche dazu setze. 1 Cor. 16, 21. u. f. 2 Thess. 3,
17. 18. Col. 4, 17. 18.

Anmerckungen.
1. Weil schon damal sich einige gefunden,
welche fälschlich etwas für Pauli Briefe ausge-
geben, wie aus 2 Thess. 2, 2. zu sehen ist; so
war es nöthig, die wahren Briefe also zu be-
zeichnen.
2. Es kan iemand wol ohne eignen Ruhm
in aller Lauterkeit und Einfalt, um einen an-
dern von seiner Liebe und seinem Vertrauen zu
überzeugen, dieses und jenes, das er seinet we-
gen gethan, anführen: wie wir alhier an Pau-
lo sehen.
3. Es ist ausser der Apostolischen auch eine
gemeine Christen-Pflicht, daß einer, der die
Gabe dazu hat, auch durch Briefe und andere
Schriften andere suche zu erbauen. Und haben
diejenigen, welchen mit solchen Briefen oder
Schriften gedienet wird, es für ein besonders
Werck der Liebe anzusehen; zumal wo man von
solchen Personen durch Briefe erwecket wird,
deren sehr überhäufte Geschäfte einem nicht un-
bekant sind.
V. 12.

Die sich wollen angenehm machen,
(ein sonderliches Ansehen und dabey grossen An-
hang und Beyfall haben,) nach dem Fleische,
(nicht allein auf eine fleischliche Art, sondern
auch nach der äusserlichen Form Jüdischer Sa-
tzungen, welche in diesem Briefe dem Geiste,
als der Oeconomie des Evangelii, entgegen gese-
tzet wird. c. 3, 3. da es heißt: Jm Geist ha-
bet ihr angefangen, im Fleisch wollet ihr
vollenden?
Siehe auch c. 5, 25.) die zwin-
gen euch zu beschneiden,
(dringen euch die
Beschneidung, als eine zur Seligkeit nothwen-
dige Sache, mit einem Gewissens-Zwange
auf,) allein (und haben doch die Absicht nicht
eigentlich auf eure Seligkeit, sondern nur auf
ihre ruhige und gute Tage,) damit sie nicht
mit dem Creutze CHristi verfolget wer-
den,
(zuvorderst von den Juden, welche die
Heiden mit zur Verfolgung aufzubringen pfleg-
ten, weil sie es nicht leiden wolten, daß man
einen solchen Meßiam predigen solte, der die
Beschneidung abgethan, und am Creutze zu der

Men-
D d d d 3
Cap. 6, v. 10-12. an die Galater.
[Spaltenumbruch] mal eine Zeit, da man nicht mehr wircken kan;
zum wenigſten nicht ohne mehrere Verhinderung
Joh. 9, 4. 12, 35. 36. Und in jenem Leben iſt es
nicht mehr Raum zum Wuchern, ſondern da ſoll
man zeigen, wie man das anvertraute Pfund
angeleget habe Matth. 25, 19. u. f. Wie denn
auch die Wercke den Sterbenden nachfolgen
muͤſſen. Offenb. 14, 13.
2. Die Kirche iſt ein Haus GOttes Eph.
2, 22. 1 Tim. 3, 15. 1 Pet. 2, 5. 4, 17. und die
Hausgenoſſen GOttes ſind alle Glaͤubige Eph.
2, 19. Die einerley theuren Glauben uͤberkom-
men haben, und auf einerley Grund des Glau-
bens erbauet ſind 2 Petr. 1, 1. Jud. v. 20.
3. Gleichwie aber die Stifts Huͤtte und der
Tempel zu Jeruſalem, welcher das ſichtbare Haus
GOttes war, auſſer dem heiligen, oder innern,
und allerheiligſten, oder innerſten Theile, auch
den Vorhof hatte: und alſo das Haus GOttes
ſelbſt in das aͤuſſerliche und innerliche getheilet
wurde: alſo ſind auch die Hausgenoſſen GOttes
von zweyerley Art, theils bloß aͤuſſerliche, die nur
zur aͤuſſerlichen Gemeinſchaft der Kirche CHriſti
gehoͤren, aber von dem wahren Dienſte GOttes
und der Gemeinſchaft mit GOtt entfremdet ſind:
theils aͤuſſerliche und innerliche zugleich, welche in
der glaubigen Gemeinſchaft mit GOTT ſtehen.
Von welchen eigentlich alhier die Rede iſt; doch
ſind jene davon auch nicht ausgeſchloſſen. Denn
da ſie von GOTT gleicher Gnaden-Mittel ge-
wuͤrdiget werden, ob ſie dieſelbe gleich nicht ge-
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viel weniger ſeine Liebe, die man ohne das allen
Menſchen ſchuldig iſt, zu verſagen.
4. Dieſe Hausgenoſſen haben alhier ihre
Benennung vom Glauben, weil es in derjenigen
Oeconomie des Gnaden-Bundes, darinnen ſie
ſtehen, auf den Glauben an CHriſtum haupt-
ſaͤchlich ankoͤmmt; wie der Apoſtel in dieſer gan-
tzen Epiſtel mit mehrern bezeuget, ſonderlich c. 2,
16. 3, 14. 22. 23-26. daraus denn leichtlich ab-
zunehmen iſt, daß durch das Wort Glauben
hier zwar eigentlich geſehen werde auf den innern
Glauben des Hertzens an CHriſtum; aber alſo,
daß die Geheimniſſe des Glaubens nach dem
Evangelio mit eingeſchloſſen ſind; als ohne wel-
che der Glaube des Hertzens nicht ſtatt findet,
ſondern darinnen er ſeine taͤgliche Nahrung
hat.
5. Man ſiehet hieraus, daß die Liebe, ob ſie
gleich gegen alle Menſchen thaͤtig ſeyn muß, auch
gegen die Feinde ſelbſt Matth. 5, 44. 1 Joh. 3,
18. dennoch in der Ausuͤbung einen Unterſcheid
mit manchen Vorzuͤgen zulaͤſſet. Denn ie naͤ-
her die Gemeinſchaft iſt, in welcher man nach
dem Bande der Gnade und der Natur mit ieman-
den ſtehet, ie geſchaͤftiger muß ſich auch die Liebe
beweiſen, alſo daß, wo ich z. E. hie und damit nur
einem und dem andern dienen kan, nicht aber
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nen, welche mir nach beſagtem Bande am naͤch-
ſten, und zugleich nothduͤrftig ſind, erweiſe.
Welchen man aber unter den geiſtlichen und
bloß leiblichen Anverwandten dem andern vor-
ziehen ſoll, das laͤßt ſich in keine gewiſſe Regel
faſſen, ſondern bleibet der Pruͤfung des Gewiſ-
[Spaltenumbruch] ſens und freyen Willens nach den vorkommen-
den Umſtaͤnden billig anheim geſtellet. Daß
aber diejenigen Wohlthaten, die an den rech-
ten Glaubens-Genoſſen, welche wahre Glieder
CHriſti ſind, gewendet werden, die groͤſſeſte
Verheiſſung von der Vergeltung haben, ſiehet
man Matth. 10, 40-42. 25, 40.
V. 11.

Sehet, (ihr lieben Galater, daß ich zum
Beſchluß meines Briefes komme,) mit wie
viel
(auf euren Zuſtand eigentlich gerichteten)
Worten habe ich euch (zur Bezeugung mei-
ner recht hertzlichen Liebe,) geſchrieben mit
eigner Hand,
(da ich ſonſt meine Briefe zu
dictiren pflege, Rom. 16, 22. und hernach nur
meine eigne Unterſchrift mit einem Segens-
Wunſche dazu ſetze. 1 Cor. 16, 21. u. f. 2 Theſſ. 3,
17. 18. Col. 4, 17. 18.

Anmerckungen.
1. Weil ſchon damal ſich einige gefunden,
welche faͤlſchlich etwas fuͤr Pauli Briefe ausge-
geben, wie aus 2 Theſſ. 2, 2. zu ſehen iſt; ſo
war es noͤthig, die wahren Briefe alſo zu be-
zeichnen.
2. Es kan iemand wol ohne eignen Ruhm
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uͤberzeugen, dieſes und jenes, das er ſeinet we-
gen gethan, anfuͤhren: wie wir alhier an Pau-
lo ſehen.
3. Es iſt auſſer der Apoſtoliſchen auch eine
gemeine Chriſten-Pflicht, daß einer, der die
Gabe dazu hat, auch durch Briefe und andere
Schriften andere ſuche zu erbauen. Und haben
diejenigen, welchen mit ſolchen Briefen oder
Schriften gedienet wird, es fuͤr ein beſonders
Werck der Liebe anzuſehen; zumal wo man von
ſolchen Perſonen durch Briefe erwecket wird,
deren ſehr uͤberhaͤufte Geſchaͤfte einem nicht un-
bekant ſind.
V. 12.

Die ſich wollen angenehm machen,
(ein ſonderliches Anſehen und dabey groſſen An-
hang und Beyfall haben,) nach dem Fleiſche,
(nicht allein auf eine fleiſchliche Art, ſondern
auch nach der aͤuſſerlichen Form Juͤdiſcher Sa-
tzungen, welche in dieſem Briefe dem Geiſte,
als der Oeconomie des Evangelii, entgegen geſe-
tzet wird. c. 3, 3. da es heißt: Jm Geiſt ha-
bet ihr angefangen, im Fleiſch wollet ihr
vollenden?
Siehe auch c. 5, 25.) die zwin-
gen euch zu beſchneiden,
(dringen euch die
Beſchneidung, als eine zur Seligkeit nothwen-
dige Sache, mit einem Gewiſſens-Zwange
auf,) allein (und haben doch die Abſicht nicht
eigentlich auf eure Seligkeit, ſondern nur auf
ihre ruhige und gute Tage,) damit ſie nicht
mit dem Creutze CHriſti verfolget wer-
den,
(zuvorderſt von den Juden, welche die
Heiden mit zur Verfolgung aufzubringen pfleg-
ten, weil ſie es nicht leiden wolten, daß man
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Men-
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[581/0609] Cap. 6, v. 10-12. an die Galater. mal eine Zeit, da man nicht mehr wircken kan; zum wenigſten nicht ohne mehrere Verhinderung Joh. 9, 4. 12, 35. 36. Und in jenem Leben iſt es nicht mehr Raum zum Wuchern, ſondern da ſoll man zeigen, wie man das anvertraute Pfund angeleget habe Matth. 25, 19. u. f. Wie denn auch die Wercke den Sterbenden nachfolgen muͤſſen. Offenb. 14, 13. 2. Die Kirche iſt ein Haus GOttes Eph. 2, 22. 1 Tim. 3, 15. 1 Pet. 2, 5. 4, 17. und die Hausgenoſſen GOttes ſind alle Glaͤubige Eph. 2, 19. Die einerley theuren Glauben uͤberkom- men haben, und auf einerley Grund des Glau- bens erbauet ſind 2 Petr. 1, 1. Jud. v. 20. 3. Gleichwie aber die Stifts Huͤtte und der Tempel zu Jeruſalem, welcher das ſichtbare Haus GOttes war, auſſer dem heiligen, oder innern, und allerheiligſten, oder innerſten Theile, auch den Vorhof hatte: und alſo das Haus GOttes ſelbſt in das aͤuſſerliche und innerliche getheilet wurde: alſo ſind auch die Hausgenoſſen GOttes von zweyerley Art, theils bloß aͤuſſerliche, die nur zur aͤuſſerlichen Gemeinſchaft der Kirche CHriſti gehoͤren, aber von dem wahren Dienſte GOttes und der Gemeinſchaft mit GOtt entfremdet ſind: theils aͤuſſerliche und innerliche zugleich, welche in der glaubigen Gemeinſchaft mit GOTT ſtehen. Von welchen eigentlich alhier die Rede iſt; doch ſind jene davon auch nicht ausgeſchloſſen. Denn da ſie von GOTT gleicher Gnaden-Mittel ge- wuͤrdiget werden, ob ſie dieſelbe gleich nicht ge- brauchen, wie ſie ſollen; ſo hat man ihnen auch ſo viel weniger ſeine Liebe, die man ohne das allen Menſchen ſchuldig iſt, zu verſagen. 4. Dieſe Hausgenoſſen haben alhier ihre Benennung vom Glauben, weil es in derjenigen Oeconomie des Gnaden-Bundes, darinnen ſie ſtehen, auf den Glauben an CHriſtum haupt- ſaͤchlich ankoͤmmt; wie der Apoſtel in dieſer gan- tzen Epiſtel mit mehrern bezeuget, ſonderlich c. 2, 16. 3, 14. 22. 23-26. daraus denn leichtlich ab- zunehmen iſt, daß durch das Wort Glauben hier zwar eigentlich geſehen werde auf den innern Glauben des Hertzens an CHriſtum; aber alſo, daß die Geheimniſſe des Glaubens nach dem Evangelio mit eingeſchloſſen ſind; als ohne wel- che der Glaube des Hertzens nicht ſtatt findet, ſondern darinnen er ſeine taͤgliche Nahrung hat. 5. Man ſiehet hieraus, daß die Liebe, ob ſie gleich gegen alle Menſchen thaͤtig ſeyn muß, auch gegen die Feinde ſelbſt Matth. 5, 44. 1 Joh. 3, 18. dennoch in der Ausuͤbung einen Unterſcheid mit manchen Vorzuͤgen zulaͤſſet. Denn ie naͤ- her die Gemeinſchaft iſt, in welcher man nach dem Bande der Gnade und der Natur mit ieman- den ſtehet, ie geſchaͤftiger muß ſich auch die Liebe beweiſen, alſo daß, wo ich z. E. hie und damit nur einem und dem andern dienen kan, nicht aber mehrern, ich den Liebes-Dienſt zuvorderſt de- nen, welche mir nach beſagtem Bande am naͤch- ſten, und zugleich nothduͤrftig ſind, erweiſe. Welchen man aber unter den geiſtlichen und bloß leiblichen Anverwandten dem andern vor- ziehen ſoll, das laͤßt ſich in keine gewiſſe Regel faſſen, ſondern bleibet der Pruͤfung des Gewiſ- ſens und freyen Willens nach den vorkommen- den Umſtaͤnden billig anheim geſtellet. Daß aber diejenigen Wohlthaten, die an den rech- ten Glaubens-Genoſſen, welche wahre Glieder CHriſti ſind, gewendet werden, die groͤſſeſte Verheiſſung von der Vergeltung haben, ſiehet man Matth. 10, 40-42. 25, 40. V. 11. Sehet, (ihr lieben Galater, daß ich zum Beſchluß meines Briefes komme,) mit wie viel (auf euren Zuſtand eigentlich gerichteten) Worten habe ich euch (zur Bezeugung mei- ner recht hertzlichen Liebe,) geſchrieben mit eigner Hand, (da ich ſonſt meine Briefe zu dictiren pflege, Rom. 16, 22. und hernach nur meine eigne Unterſchrift mit einem Segens- Wunſche dazu ſetze. 1 Cor. 16, 21. u. f. 2 Theſſ. 3, 17. 18. Col. 4, 17. 18. Anmerckungen. 1. Weil ſchon damal ſich einige gefunden, welche faͤlſchlich etwas fuͤr Pauli Briefe ausge- geben, wie aus 2 Theſſ. 2, 2. zu ſehen iſt; ſo war es noͤthig, die wahren Briefe alſo zu be- zeichnen. 2. Es kan iemand wol ohne eignen Ruhm in aller Lauterkeit und Einfalt, um einen an- dern von ſeiner Liebe und ſeinem Vertrauen zu uͤberzeugen, dieſes und jenes, das er ſeinet we- gen gethan, anfuͤhren: wie wir alhier an Pau- lo ſehen. 3. Es iſt auſſer der Apoſtoliſchen auch eine gemeine Chriſten-Pflicht, daß einer, der die Gabe dazu hat, auch durch Briefe und andere Schriften andere ſuche zu erbauen. Und haben diejenigen, welchen mit ſolchen Briefen oder Schriften gedienet wird, es fuͤr ein beſonders Werck der Liebe anzuſehen; zumal wo man von ſolchen Perſonen durch Briefe erwecket wird, deren ſehr uͤberhaͤufte Geſchaͤfte einem nicht un- bekant ſind. V. 12. Die ſich wollen angenehm machen, (ein ſonderliches Anſehen und dabey groſſen An- hang und Beyfall haben,) nach dem Fleiſche, (nicht allein auf eine fleiſchliche Art, ſondern auch nach der aͤuſſerlichen Form Juͤdiſcher Sa- tzungen, welche in dieſem Briefe dem Geiſte, als der Oeconomie des Evangelii, entgegen geſe- tzet wird. c. 3, 3. da es heißt: Jm Geiſt ha- bet ihr angefangen, im Fleiſch wollet ihr vollenden? Siehe auch c. 5, 25.) die zwin- gen euch zu beſchneiden, (dringen euch die Beſchneidung, als eine zur Seligkeit nothwen- dige Sache, mit einem Gewiſſens-Zwange auf,) allein (und haben doch die Abſicht nicht eigentlich auf eure Seligkeit, ſondern nur auf ihre ruhige und gute Tage,) damit ſie nicht mit dem Creutze CHriſti verfolget wer- den, (zuvorderſt von den Juden, welche die Heiden mit zur Verfolgung aufzubringen pfleg- ten, weil ſie es nicht leiden wolten, daß man einen ſolchen Meßiam predigen ſolte, der die Beſchneidung abgethan, und am Creutze zu der Men- D d d d 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/609>, abgerufen am 24.11.2024.