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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 3, v. 24. 25. an die Galater.
[Spaltenumbruch]
7. Wer aber diese fühlet, also daß er dar-
über recht niedergeschlagen wird, der soll nicht
gedencken, daß er der Gnade in CHristo seiner
Unwürdigkeit halber auch unfähig sey, sondern
erkennen, was Paulus saget, daß das Gesetz
nur die Zuchtmeisterschaft bis auf CHristum
führe: und da ihme CHristus im Evangelio
angetragen wird, soll er in gläubiger Zuversicht
zu ihm gehen, damit er Ruhe finde für seine
Seele. Wie denn dieser Ort Pauli in solchem
Verstande durch den Matth. 11, 28. gar schön
erläutert wird. Denn die Zucht des Gese-
tzes fühlen,
heisset mühselig und beladen
seyn;
und, dieser Last loß werden, heist
zu dem einladenden CHristo kommen: da
man denn in ihm und durch ihn erquicket wird,
und Ruhe findet für seine Seele: welches zu-
vorderst geschiehet durch die Vergebung der be-
unruhigenden Sünde.
8. Und eben diß ists, was Paulus nennet
durch den Glauben gerecht werden. Denn
diß ist so viel, als durch den Glauben, da der-
selbe durch das Evangelium von dem Heiligen
Geist, als ein geistliches Leben und geist-
liches Licht
ist angezündet worden, CHristum
ergreiffen, und durch seine uns zugerechnete Ge-
rechtigkeit vor GOTT auch für gerecht erkant
werden. Denn er ist der HERR, der unse-
re Gerechtigkeit ist
Jer. 23, 16. 33, 5. in dem
wir haben Gerechtigkeit und Stärcke
Jes.
45, 24. als der durch sein Erkäntniß, das
ist, durch den Glauben, dadurch er für einen
Erlöser erkant und angenommen wird, viele
gerecht machet.
Jes. 53, 11. und der uns zur
Gerechtigkeit gemachet ist. 1 Cor. 1, 30.
9. Es behält demnach das Moral-Gesetze
seinen usum paedagogicum auf CHristum be-
ständig: sintemal es durch Erkäntniß der Sün-
de indirecte auf CHristum weiset, also daß,
wenn dieser im Evangelio uns vorgestellet wird,
man ihn so viel begieriger im Glauben ergreife,
so viel mehr man von der Last der Sünden
durch die Anklage des Gesetzes im Gewissen be-
unruhiget wird. Und solcher gestalt hält die
particula eis, auf, auf Christum, zu Chri-
sto,
bey der notione termini, (worauf eigent-
lichder gantze Context gehet, welcher terminus
auch als schon vergangen vorgestellet wird)
wie weit die Oeconomie des Gesetzes gehe, zu-
gleich die notionem eventus & effectus mit in
sich, daß man sich nemlich das Treiben und Ver-
dammen des Gesetzes zum Glauben an CHri-
stum dienen lasse.
V. 25.

Nun aber der Glaube (die im Alten
Testament so lange und so oft verheissene Oeco-
nomi
e des neuen Bundes, welche den Glauben
an den Meßiam im grössern Masse mit sich brin-
get, und davon die Christen mit einem beson-
dern Nachdruck die Glaubigen heissen, also)
kommen ist, (daß wir durch die berufende
Gnade auch zum Glauben gelanget sind,) sind
wir nicht mehr
(unter dem Gesetze, als)
dem Zuchtmeister, (welcher es mit uns, als
[Spaltenumbruch] noch mit unmündigen Kindern zu thun hätte,
zu geschweigen, daß wir dadurch selig werden
müsten und könten.)

Anmerckungen.
1. Es werden hiedurch folgende Sprüche
der heiligen Schrift erläutert, welche auch die-
sem Orte ein grössers Licht geben: Apost. Gesch.
13, 38. 39. So sey es euch nun kund, lieben
Brüder, daß euch verkündiget wird Ver-
gebung der Sünde durch diesen,
(der von
den Todten auferwecket ist, JEsum CHristum,)
und von allem dem, durch welches ihr
nicht kontet im Gesetz Mosis gerecht wer-
den. Wer aber an diesen glaubet, der ist
gerecht.
Siehe auch c. 15, 8-11. Jmgleichen
Rom. 10, 4. CHristus ist des Gesetzes En-
de, wer an den glaubet, der ist gerecht.

Mercke auch v. 3. 9. 10.
2. Wir sind zur Zeit des Neuen Testa-
ments zuvorderst frey von allem Schattenwerck
und beschwerlichen Joche des Levitischen Got-
tes-Diensts; als welcher in CHristo erfüllet
ist. Und also verbindet uns kein Gebot des Al-
ten Testameuts mehr, als in so fern es zu dem
Moral-Gesetze der zehen Gebote, und zu der
Haupt-Summa aller Gebote, zu der Liebe ge-
gen GOTT, uns selbst und den Nächsten ge-
höret.
3. Da nun solcher gestalt das Moral-
Gesetze, als das Recht der Natur, von dem
besondern Rechte des Jüdischen Volckes, so auf
den Levitischen Gottes-Dienst und auf die Po-
licey ging, gäntzlich gesondert, und dazu recht
aufgekläret ist, so haben wir an demselben ein
recht vollkommnes Gesetz der Natur.
4. Es verrichtet das Gesetz bey den Gläu-
bigen nicht mehr das Amt eines solchen Zucht-
meisters, der bey wenigem Masse des Glaubens
an die Verheissung GOttes, wie im Alten Te-
stamente geschahe, die Gewissen schrecke, und
unter der Bedrauung des ewigen Todes zum
Guten treibe, und also veranlasse, daß der
Mensch, der CHristum in den Verheissungen
und in der Erfüllung noch nicht recht erkennet,
seine Gerechtigkeit und Seligkeit mit vieler Be-
ängstigung seines Gemüths durch eigenen Ge-
horsam suche. Denn die Glaubigen erkennen
sich nicht allein von dem Fluche des Gesetzes
durch den Glauben an CHristum befreyet, son-
dern sind auch mit solchen Gnaden-Kräften be-
gabet, daß sie, was das Gesetz fodert, ob zwar
unvollkömmlich, doch willig und aufrichtig
thun, und ihre Lust daran haben. Und also
bleiben sie doch allerdinge an das Gesetz mit ih-
rem Gehorsam verbunden; und zwar um so viel
mehr, ie mehr geistliche Kräfte zur Beweisung
des wahren Gehorsams sie haben, oder doch
haben können. Wie sie denn auch aus der voll-
kommenen Vorschrift des Gesetzes ihre Unvoll-
kommenheit, oder noch übrige Sünden, wohl
zu erkennen haben. Und also bedienen sie sich
der Evangelischen Freyheit also, daß sie nicht zur
Frechheit werde.
5. Da
U u u 2
Cap. 3, v. 24. 25. an die Galater.
[Spaltenumbruch]
7. Wer aber dieſe fuͤhlet, alſo daß er dar-
uͤber recht niedergeſchlagen wird, der ſoll nicht
gedencken, daß er der Gnade in CHriſto ſeiner
Unwuͤrdigkeit halber auch unfaͤhig ſey, ſondern
erkennen, was Paulus ſaget, daß das Geſetz
nur die Zuchtmeiſterſchaft bis auf CHriſtum
fuͤhre: und da ihme CHriſtus im Evangelio
angetragen wird, ſoll er in glaͤubiger Zuverſicht
zu ihm gehen, damit er Ruhe finde fuͤr ſeine
Seele. Wie denn dieſer Ort Pauli in ſolchem
Verſtande durch den Matth. 11, 28. gar ſchoͤn
erlaͤutert wird. Denn die Zucht des Geſe-
tzes fuͤhlen,
heiſſet muͤhſelig und beladen
ſeyn;
und, dieſer Laſt loß werden, heiſt
zu dem einladenden CHriſto kommen: da
man denn in ihm und durch ihn erquicket wird,
und Ruhe findet fuͤr ſeine Seele: welches zu-
vorderſt geſchiehet durch die Vergebung der be-
unruhigenden Suͤnde.
8. Und eben diß iſts, was Paulus nennet
durch den Glauben gerecht werden. Denn
diß iſt ſo viel, als durch den Glauben, da der-
ſelbe durch das Evangelium von dem Heiligen
Geiſt, als ein geiſtliches Leben und geiſt-
liches Licht
iſt angezuͤndet worden, CHriſtum
ergreiffen, und durch ſeine uns zugerechnete Ge-
rechtigkeit vor GOTT auch fuͤr gerecht erkant
werden. Denn er iſt der HERR, der unſe-
re Gerechtigkeit iſt
Jer. 23, 16. 33, 5. in dem
wir haben Gerechtigkeit und Staͤrcke
Jeſ.
45, 24. als der durch ſein Erkaͤntniß, das
iſt, durch den Glauben, dadurch er fuͤr einen
Erloͤſer erkant und angenommen wird, viele
gerecht machet.
Jeſ. 53, 11. und der uns zur
Gerechtigkeit gemachet iſt. 1 Cor. 1, 30.
9. Es behaͤlt demnach das Moral-Geſetze
ſeinen uſum pædagogicum auf CHriſtum be-
ſtaͤndig: ſintemal es durch Erkaͤntniß der Suͤn-
de indirecte auf CHriſtum weiſet, alſo daß,
wenn dieſer im Evangelio uns vorgeſtellet wird,
man ihn ſo viel begieriger im Glauben ergreife,
ſo viel mehr man von der Laſt der Suͤnden
durch die Anklage des Geſetzes im Gewiſſen be-
unruhiget wird. Und ſolcher geſtalt haͤlt die
particula εἰς, auf, auf Chriſtum, zu Chri-
ſto,
bey der notione termini, (worauf eigent-
lichder gantze Context gehet, welcher terminus
auch als ſchon vergangen vorgeſtellet wird)
wie weit die Oeconomie des Geſetzes gehe, zu-
gleich die notionem eventus & effectus mit in
ſich, daß man ſich nemlich das Treiben und Ver-
dammen des Geſetzes zum Glauben an CHri-
ſtum dienen laſſe.
V. 25.

Nun aber der Glaube (die im Alten
Teſtament ſo lange und ſo oft verheiſſene Oeco-
nomi
e des neuen Bundes, welche den Glauben
an den Meßiam im groͤſſern Maſſe mit ſich brin-
get, und davon die Chriſten mit einem beſon-
dern Nachdruck die Glaubigen heiſſen, alſo)
kommen iſt, (daß wir durch die berufende
Gnade auch zum Glauben gelanget ſind,) ſind
wir nicht mehr
(unter dem Geſetze, als)
dem Zuchtmeiſter, (welcher es mit uns, als
[Spaltenumbruch] noch mit unmuͤndigen Kindern zu thun haͤtte,
zu geſchweigen, daß wir dadurch ſelig werden
muͤſten und koͤnten.)

Anmerckungen.
1. Es werden hiedurch folgende Spruͤche
der heiligen Schrift erlaͤutert, welche auch die-
ſem Orte ein groͤſſers Licht geben: Apoſt. Geſch.
13, 38. 39. So ſey es euch nun kund, lieben
Bruͤder, daß euch verkuͤndiget wird Ver-
gebung der Suͤnde durch dieſen,
(der von
den Todten auferwecket iſt, JEſum CHriſtum,)
und von allem dem, durch welches ihr
nicht kontet im Geſetz Moſis gerecht wer-
den. Wer aber an dieſen glaubet, der iſt
gerecht.
Siehe auch c. 15, 8-11. Jmgleichen
Rom. 10, 4. CHriſtus iſt des Geſetzes En-
de, wer an den glaubet, der iſt gerecht.

Mercke auch v. 3. 9. 10.
2. Wir ſind zur Zeit des Neuen Teſta-
ments zuvorderſt frey von allem Schattenwerck
und beſchwerlichen Joche des Levitiſchen Got-
tes-Dienſts; als welcher in CHriſto erfuͤllet
iſt. Und alſo verbindet uns kein Gebot des Al-
ten Teſtameuts mehr, als in ſo fern es zu dem
Moral-Geſetze der zehen Gebote, und zu der
Haupt-Summa aller Gebote, zu der Liebe ge-
gen GOTT, uns ſelbſt und den Naͤchſten ge-
hoͤret.
3. Da nun ſolcher geſtalt das Moral-
Geſetze, als das Recht der Natur, von dem
beſondern Rechte des Juͤdiſchen Volckes, ſo auf
den Levitiſchen Gottes-Dienſt und auf die Po-
licey ging, gaͤntzlich geſondert, und dazu recht
aufgeklaͤret iſt, ſo haben wir an demſelben ein
recht vollkommnes Geſetz der Natur.
4. Es verrichtet das Geſetz bey den Glaͤu-
bigen nicht mehr das Amt eines ſolchen Zucht-
meiſters, der bey wenigem Maſſe des Glaubens
an die Verheiſſung GOttes, wie im Alten Te-
ſtamente geſchahe, die Gewiſſen ſchrecke, und
unter der Bedrauung des ewigen Todes zum
Guten treibe, und alſo veranlaſſe, daß der
Menſch, der CHriſtum in den Verheiſſungen
und in der Erfuͤllung noch nicht recht erkennet,
ſeine Gerechtigkeit und Seligkeit mit vieler Be-
aͤngſtigung ſeines Gemuͤths durch eigenen Ge-
horſam ſuche. Denn die Glaubigen erkennen
ſich nicht allein von dem Fluche des Geſetzes
durch den Glauben an CHriſtum befreyet, ſon-
dern ſind auch mit ſolchen Gnaden-Kraͤften be-
gabet, daß ſie, was das Geſetz fodert, ob zwar
unvollkoͤmmlich, doch willig und aufrichtig
thun, und ihre Luſt daran haben. Und alſo
bleiben ſie doch allerdinge an das Geſetz mit ih-
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des wahren Gehorſams ſie haben, oder doch
haben koͤnnen. Wie ſie denn auch aus der voll-
kommenen Vorſchrift des Geſetzes ihre Unvoll-
kommenheit, oder noch uͤbrige Suͤnden, wohl
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[523/0551] Cap. 3, v. 24. 25. an die Galater. 7. Wer aber dieſe fuͤhlet, alſo daß er dar- uͤber recht niedergeſchlagen wird, der ſoll nicht gedencken, daß er der Gnade in CHriſto ſeiner Unwuͤrdigkeit halber auch unfaͤhig ſey, ſondern erkennen, was Paulus ſaget, daß das Geſetz nur die Zuchtmeiſterſchaft bis auf CHriſtum fuͤhre: und da ihme CHriſtus im Evangelio angetragen wird, ſoll er in glaͤubiger Zuverſicht zu ihm gehen, damit er Ruhe finde fuͤr ſeine Seele. Wie denn dieſer Ort Pauli in ſolchem Verſtande durch den Matth. 11, 28. gar ſchoͤn erlaͤutert wird. Denn die Zucht des Geſe- tzes fuͤhlen, heiſſet muͤhſelig und beladen ſeyn; und, dieſer Laſt loß werden, heiſt zu dem einladenden CHriſto kommen: da man denn in ihm und durch ihn erquicket wird, und Ruhe findet fuͤr ſeine Seele: welches zu- vorderſt geſchiehet durch die Vergebung der be- unruhigenden Suͤnde. 8. Und eben diß iſts, was Paulus nennet durch den Glauben gerecht werden. Denn diß iſt ſo viel, als durch den Glauben, da der- ſelbe durch das Evangelium von dem Heiligen Geiſt, als ein geiſtliches Leben und geiſt- liches Licht iſt angezuͤndet worden, CHriſtum ergreiffen, und durch ſeine uns zugerechnete Ge- rechtigkeit vor GOTT auch fuͤr gerecht erkant werden. Denn er iſt der HERR, der unſe- re Gerechtigkeit iſt Jer. 23, 16. 33, 5. in dem wir haben Gerechtigkeit und Staͤrcke Jeſ. 45, 24. als der durch ſein Erkaͤntniß, das iſt, durch den Glauben, dadurch er fuͤr einen Erloͤſer erkant und angenommen wird, viele gerecht machet. Jeſ. 53, 11. und der uns zur Gerechtigkeit gemachet iſt. 1 Cor. 1, 30. 9. Es behaͤlt demnach das Moral-Geſetze ſeinen uſum pædagogicum auf CHriſtum be- ſtaͤndig: ſintemal es durch Erkaͤntniß der Suͤn- de indirecte auf CHriſtum weiſet, alſo daß, wenn dieſer im Evangelio uns vorgeſtellet wird, man ihn ſo viel begieriger im Glauben ergreife, ſo viel mehr man von der Laſt der Suͤnden durch die Anklage des Geſetzes im Gewiſſen be- unruhiget wird. Und ſolcher geſtalt haͤlt die particula εἰς, auf, auf Chriſtum, zu Chri- ſto, bey der notione termini, (worauf eigent- lichder gantze Context gehet, welcher terminus auch als ſchon vergangen vorgeſtellet wird) wie weit die Oeconomie des Geſetzes gehe, zu- gleich die notionem eventus & effectus mit in ſich, daß man ſich nemlich das Treiben und Ver- dammen des Geſetzes zum Glauben an CHri- ſtum dienen laſſe. V. 25. Nun aber der Glaube (die im Alten Teſtament ſo lange und ſo oft verheiſſene Oeco- nomie des neuen Bundes, welche den Glauben an den Meßiam im groͤſſern Maſſe mit ſich brin- get, und davon die Chriſten mit einem beſon- dern Nachdruck die Glaubigen heiſſen, alſo) kommen iſt, (daß wir durch die berufende Gnade auch zum Glauben gelanget ſind,) ſind wir nicht mehr (unter dem Geſetze, als) dem Zuchtmeiſter, (welcher es mit uns, als noch mit unmuͤndigen Kindern zu thun haͤtte, zu geſchweigen, daß wir dadurch ſelig werden muͤſten und koͤnten.) Anmerckungen. 1. Es werden hiedurch folgende Spruͤche der heiligen Schrift erlaͤutert, welche auch die- ſem Orte ein groͤſſers Licht geben: Apoſt. Geſch. 13, 38. 39. So ſey es euch nun kund, lieben Bruͤder, daß euch verkuͤndiget wird Ver- gebung der Suͤnde durch dieſen, (der von den Todten auferwecket iſt, JEſum CHriſtum,) und von allem dem, durch welches ihr nicht kontet im Geſetz Moſis gerecht wer- den. Wer aber an dieſen glaubet, der iſt gerecht. Siehe auch c. 15, 8-11. Jmgleichen Rom. 10, 4. CHriſtus iſt des Geſetzes En- de, wer an den glaubet, der iſt gerecht. Mercke auch v. 3. 9. 10. 2. Wir ſind zur Zeit des Neuen Teſta- ments zuvorderſt frey von allem Schattenwerck und beſchwerlichen Joche des Levitiſchen Got- tes-Dienſts; als welcher in CHriſto erfuͤllet iſt. Und alſo verbindet uns kein Gebot des Al- ten Teſtameuts mehr, als in ſo fern es zu dem Moral-Geſetze der zehen Gebote, und zu der Haupt-Summa aller Gebote, zu der Liebe ge- gen GOTT, uns ſelbſt und den Naͤchſten ge- hoͤret. 3. Da nun ſolcher geſtalt das Moral- Geſetze, als das Recht der Natur, von dem beſondern Rechte des Juͤdiſchen Volckes, ſo auf den Levitiſchen Gottes-Dienſt und auf die Po- licey ging, gaͤntzlich geſondert, und dazu recht aufgeklaͤret iſt, ſo haben wir an demſelben ein recht vollkommnes Geſetz der Natur. 4. Es verrichtet das Geſetz bey den Glaͤu- bigen nicht mehr das Amt eines ſolchen Zucht- meiſters, der bey wenigem Maſſe des Glaubens an die Verheiſſung GOttes, wie im Alten Te- ſtamente geſchahe, die Gewiſſen ſchrecke, und unter der Bedrauung des ewigen Todes zum Guten treibe, und alſo veranlaſſe, daß der Menſch, der CHriſtum in den Verheiſſungen und in der Erfuͤllung noch nicht recht erkennet, ſeine Gerechtigkeit und Seligkeit mit vieler Be- aͤngſtigung ſeines Gemuͤths durch eigenen Ge- horſam ſuche. Denn die Glaubigen erkennen ſich nicht allein von dem Fluche des Geſetzes durch den Glauben an CHriſtum befreyet, ſon- dern ſind auch mit ſolchen Gnaden-Kraͤften be- gabet, daß ſie, was das Geſetz fodert, ob zwar unvollkoͤmmlich, doch willig und aufrichtig thun, und ihre Luſt daran haben. Und alſo bleiben ſie doch allerdinge an das Geſetz mit ih- rem Gehorſam verbunden; und zwar um ſo viel mehr, ie mehr geiſtliche Kraͤfte zur Beweiſung des wahren Gehorſams ſie haben, oder doch haben koͤnnen. Wie ſie denn auch aus der voll- kommenen Vorſchrift des Geſetzes ihre Unvoll- kommenheit, oder noch uͤbrige Suͤnden, wohl zu erkennen haben. Und alſo bedienen ſie ſich der Evangeliſchen Freyheit alſo, daß ſie nicht zur Frechheit werde. 5. Da U u u 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/551>, abgerufen am 24.11.2024.