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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 18-20.
[Spaltenumbruch] chen habe (habe selbst fahren lassen, auch bey
andern abgethan) wiederum baue (aufrichte,
wo nicht mit ausdrücklicher Lehre, doch mit dem
Exempel, und andere damit zur Nachfolge rei-
tze,) so mache ich mich selbst zu einem Uber-
treter
(als der da mit seiner Wiederaufrichtung
selbst bezeuget, daß er mit der Abbrechung un-
weislich und unrecht gethan habe.)

Anmerckungen.

1. Paulus vergleichet die gantze jüdische
oder alt-testamentische Oeconomie GOttes mit
einem Gebäude, welches alt, überjahret ist, und
mit dem es zu Ende gehet. Hebr. 8, 13. Dieses
hatte CHristus durch sein Mittler-Amt abge-
than. Und da die Apostel CHristum, als den
rechten Mittler, verkündigten, so brachen sie da-
mit das alte Gebäude ab, und richteten ein neues
auf, ein solches, da ein ieglicher durch den Glau-
ben an CHristum solte ein Haus und Tempel des
lebendigen GOttes werden 1 Cor. 3, 16. 17. c. 6,
19. 2 Cor. 6, 16. Eph. 2, 21. 22. 1 Petr. 2, 5.
Hebr- 3, 6. Diß hatte Petrus auch gethan. Al-
lein dadurch, daß er sich bey Ankunft einiger
Werckheiligen Juden des Gebrauchs der Christ-
lichen Freyheit begab, und diesen zu gefallen von
den gläubigen Heiden sich entzog, und wie eines
theils, ob gleich wider seinen Vorsatz, doch in
der That selbst, die Juden in ihrem gesetzlichen
Wesen bestärckte, also auch andern Theils die
Heiden dazu mit anführete, oder doch veranlas-
sete, die evangelische Glaubens-Gerechtigkeit
und Freyheit in Zweifel zu ziehen: so bauete er
damit wieder, was er abgebrochen hatte.

2. Es schicket sich zur Erläuterung dieses
Orts gar fein, was Paulus schreibet Eph. 2, 12.
CHristus ist unser Friede, der aus beyden
(Juden und Heiden) eines gemacht, und hat
abgebrochen den Zaun, der dazwischen
war.
Was CHristus mit der That abgebro-
chen, das brechen die Apostel mit ihrer Lehre ab,
nemlich den durch die jüdische Oeconomie ge-
machten Zaun zwischen Juden und Heiden. Und
Petrus war darinnen auch nicht säumig gewe-
sen: zu gewisser Zeit aber hatte er den Jüden zu
Antiochia darinnen zu viel nachgegeben; wie zu-
vor gedacht.

V. 19.

Jch bin aber (Gr. denn ich bin) durchs
Gesetz
(durch das Dräuen und Verdammen des
Gesetzes (dem Gesetze gestorben (davon loß
worden, davon zu CHristo dem Seligmacher
getrieben) auf daß ich GOTT lebe (das geist-
liche und ewige Leben, welches mir das Gesetz
nicht geben kan, sondern vielmehr den geistlichen
Tod entdecket, und den ewigen andräuet, also
zum Zwecke habe, daß ich es auch erhalte.)

Anmerckungen.
1. Dem Gesetze abgestorben seyn, ist
demnach so viel, als in der Erkäntniß so wol sei-
nes geistlichen Unvermögens, als auch der stren-
gen und vollkommenen Forderung des Gesetzes,
seine Seligkeit dadurch, oder durch die eigene Er-
[Spaltenumbruch] füllung desselben, nicht mehr suchen, sondern
Vermöge des Todes und der Versöhnung
CHristi von des Gesetzes Fluche loß seyn, und sich,
hingegen an statt des schreckenden und fordern-
den Mosis, dem erquickenden und schenckenden
Heilande in wahrer Freyheit des Geistes zum
Eigenthum ergeben.
2. Eine feine Erläuterung über diesen Ort
giebt Paulus Rom. 7, 4. da er spricht: Meine
Brüder, ihr seyd getödtet dem Gesetz durch
den Leib CHristi - - auf daß wir GOTT
Frucht bringen.
Welcher gantze Context mit
denen darüber gestelleten Anmerckungen oben an
seinem Orte nachzulesen ist.
3. Wie man bey dem Evangelio im Glau-
ben GOTT zu leben habe, also, daß man we-
der sich selbst, noch der Welt lebe, sondern sich
und der Welt immer mehr absterbe, davon sehe
man Rom. 14, 7. 8. 2 Cor. 5, 15. 1 Thess. 5, 10.
2 Pet. 4, 2. Hebr. 9, 14.
V. 20.

Jch bin mit CHristo gecreutziget (also,
daß, da ich ihn mir im Glaben zugeeignet habe,
sein Versöhnungs-Tod am Creutze auch meine
Versöhnung mit sich bringet:) Jch lebe aber
(bin durch die heilsame Tödtung zum neuen geist-
lichen Leben gelanget, darinnen ich mich ietzo be-
finde:) doch nun nicht ich (für mich selbst aus
eignen Kräften, und nach meinem eignen Wil-
len) sondern CHristus lebet in mir (also, daß
er mir seine Gerechtigkeit, in welcher ich vor
GOTT bestehe, in der Ordnung der geistlichen
Erweckung zum geistlichen Leben geschencket, und
mich mit den Gnaden-Kräften des Heiligen Gei-
stes dabey ausgerüstet und tüchtig gemachet hat,
das innere geistliche Leben auch im geistlichen
Wandel zu erweisen.) Denn was ich ietzt
lebe im Fleisch
(im sterblichen Leibe) das lebe
ich
(nicht nach dem Fleische, sondern) im Glau-
ben
(der da selbst ein geistliches Leben und geist-
liches Licht in mir ist) des Sohnes GOttes
(auf den mein Glaubens-Auge von Mose in aller
Einfalt und Lauterkeit gerichtet ist,) der mich
(insonderheit, wie überhaupt alle andere Men-
schen ohne alle Ausnahme) geliebet hat, und
sich selbst für mich dargegeben
(zuvorderst
zur Menschwerdung, und darauf zur Erlösung,
und dannenhero im Tode ein Versöhn-Opfer für
mich worden.)

Anmerckungen.
1. Damit man den Nachdruck dieses so gar
angenehmen evangelischen Textes so viel mehr
erkenne, so haben wir dabey auf vier Stücke zu
sehen: 1. auf das, was darinnen von CHristo
gesaget wird: 2. wie sich Paulus solches zuge-
eignet:
3. wie bey solcher Zueignung der Glau-
be
sonderlich geschäftig gewesen: und denn 4tens:
wie dieses noch ietzo bey einem ieglichen Gläubi-
gen zur rechten Application komme und kommen
müsse.
2. Von CHristo saget Paulus viererley:
a. er sey gecreutziget: b. er lebe in ihm:
c. er

Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 18-20.
[Spaltenumbruch] chen habe (habe ſelbſt fahren laſſen, auch bey
andern abgethan) wiederum baue (aufrichte,
wo nicht mit ausdruͤcklicher Lehre, doch mit dem
Exempel, und andere damit zur Nachfolge rei-
tze,) ſo mache ich mich ſelbſt zu einem Uber-
treter
(als der da mit ſeiner Wiederaufrichtung
ſelbſt bezeuget, daß er mit der Abbrechung un-
weislich und unrecht gethan habe.)

Anmerckungen.

1. Paulus vergleichet die gantze juͤdiſche
oder alt-teſtamentiſche Oeconomie GOttes mit
einem Gebaͤude, welches alt, uͤberjahret iſt, und
mit dem es zu Ende gehet. Hebr. 8, 13. Dieſes
hatte CHriſtus durch ſein Mittler-Amt abge-
than. Und da die Apoſtel CHriſtum, als den
rechten Mittler, verkuͤndigten, ſo brachen ſie da-
mit das alte Gebaͤude ab, und richteten ein neues
auf, ein ſolches, da ein ieglicher durch den Glau-
ben an CHriſtum ſolte ein Haus und Tempel des
lebendigen GOttes werden 1 Cor. 3, 16. 17. c. 6,
19. 2 Cor. 6, 16. Eph. 2, 21. 22. 1 Petr. 2, 5.
Hebr- 3, 6. Diß hatte Petrus auch gethan. Al-
lein dadurch, daß er ſich bey Ankunft einiger
Werckheiligen Juden des Gebrauchs der Chriſt-
lichen Freyheit begab, und dieſen zu gefallen von
den glaͤubigen Heiden ſich entzog, und wie eines
theils, ob gleich wider ſeinen Vorſatz, doch in
der That ſelbſt, die Juden in ihrem geſetzlichen
Weſen beſtaͤrckte, alſo auch andern Theils die
Heiden dazu mit anfuͤhrete, oder doch veranlaſ-
ſete, die evangeliſche Glaubens-Gerechtigkeit
und Freyheit in Zweifel zu ziehen: ſo bauete er
damit wieder, was er abgebrochen hatte.

2. Es ſchicket ſich zur Erlaͤuterung dieſes
Orts gar fein, was Paulus ſchreibet Eph. 2, 12.
CHriſtus iſt unſer Friede, der aus beyden
(Juden und Heiden) eines gemacht, und hat
abgebrochen den Zaun, der dazwiſchen
war.
Was CHriſtus mit der That abgebro-
chen, das brechen die Apoſtel mit ihrer Lehre ab,
nemlich den durch die juͤdiſche Oeconomie ge-
machten Zaun zwiſchen Juden und Heiden. Und
Petrus war darinnen auch nicht ſaͤumig gewe-
ſen: zu gewiſſer Zeit aber hatte er den Juͤden zu
Antiochia darinnen zu viel nachgegeben; wie zu-
vor gedacht.

V. 19.

Jch bin aber (Gr. denn ich bin) durchs
Geſetz
(durch das Draͤuen und Verdammen des
Geſetzes (dem Geſetze geſtorben (davon loß
worden, davon zu CHriſto dem Seligmacher
getrieben) auf daß ich GOTT lebe (das geiſt-
liche und ewige Leben, welches mir das Geſetz
nicht geben kan, ſondern vielmehr den geiſtlichen
Tod entdecket, und den ewigen andraͤuet, alſo
zum Zwecke habe, daß ich es auch erhalte.)

Anmerckungen.
1. Dem Geſetze abgeſtorben ſeyn, iſt
demnach ſo viel, als in der Erkaͤntniß ſo wol ſei-
nes geiſtlichen Unvermoͤgens, als auch der ſtren-
gen und vollkommenen Forderung des Geſetzes,
ſeine Seligkeit dadurch, oder durch die eigene Er-
[Spaltenumbruch] fuͤllung deſſelben, nicht mehr ſuchen, ſondern
Vermoͤge des Todes und der Verſoͤhnung
CHriſti von des Geſetzes Fluche loß ſeyn, und ſich,
hingegen an ſtatt des ſchreckenden und fordern-
den Moſis, dem erquickenden und ſchenckenden
Heilande in wahrer Freyheit des Geiſtes zum
Eigenthum ergeben.
2. Eine feine Erlaͤuterung uͤber dieſen Ort
giebt Paulus Rom. 7, 4. da er ſpricht: Meine
Bruͤder, ihr ſeyd getoͤdtet dem Geſetz durch
den Leib CHriſti ‒ ‒ auf daß wir GOTT
Frucht bringen.
Welcher gantze Context mit
denen daruͤber geſtelleten Anmerckungen oben an
ſeinem Orte nachzuleſen iſt.
3. Wie man bey dem Evangelio im Glau-
ben GOTT zu leben habe, alſo, daß man we-
der ſich ſelbſt, noch der Welt lebe, ſondern ſich
und der Welt immer mehr abſterbe, davon ſehe
man Rom. 14, 7. 8. 2 Cor. 5, 15. 1 Theſſ. 5, 10.
2 Pet. 4, 2. Hebr. 9, 14.
V. 20.

Jch bin mit CHriſto gecreutziget (alſo,
daß, da ich ihn mir im Glaben zugeeignet habe,
ſein Verſoͤhnungs-Tod am Creutze auch meine
Verſoͤhnung mit ſich bringet:) Jch lebe aber
(bin durch die heilſame Toͤdtung zum neuen geiſt-
lichen Leben gelanget, darinnen ich mich ietzo be-
finde:) doch nun nicht ich (fuͤr mich ſelbſt aus
eignen Kraͤften, und nach meinem eignen Wil-
len) ſondern CHriſtus lebet in mir (alſo, daß
er mir ſeine Gerechtigkeit, in welcher ich vor
GOTT beſtehe, in der Ordnung der geiſtlichen
Erweckung zum geiſtlichen Leben geſchencket, und
mich mit den Gnaden-Kraͤften des Heiligen Gei-
ſtes dabey ausgeruͤſtet und tuͤchtig gemachet hat,
das innere geiſtliche Leben auch im geiſtlichen
Wandel zu erweiſen.) Denn was ich ietzt
lebe im Fleiſch
(im ſterblichen Leibe) das lebe
ich
(nicht nach dem Fleiſche, ſondern) im Glau-
ben
(der da ſelbſt ein geiſtliches Leben und geiſt-
liches Licht in mir iſt) des Sohnes GOttes
(auf den mein Glaubens-Auge von Moſe in aller
Einfalt und Lauterkeit gerichtet iſt,) der mich
(inſonderheit, wie uͤberhaupt alle andere Men-
ſchen ohne alle Ausnahme) geliebet hat, und
ſich ſelbſt fuͤr mich dargegeben
(zuvorderſt
zur Menſchwerdung, und darauf zur Erloͤſung,
und dannenhero im Tode ein Verſoͤhn-Opfer fuͤr
mich worden.)

Anmerckungen.
1. Damit man den Nachdruck dieſes ſo gar
angenehmen evangeliſchen Textes ſo viel mehr
erkenne, ſo haben wir dabey auf vier Stuͤcke zu
ſehen: 1. auf das, was darinnen von CHriſto
geſaget wird: 2. wie ſich Paulus ſolches zuge-
eignet:
3. wie bey ſolcher Zueignung der Glau-
be
ſonderlich geſchaͤftig geweſen: und denn 4tens:
wie dieſes noch ietzo bey einem ieglichen Glaͤubi-
gen zur rechten Application komme und kommen
muͤſſe.
2. Von CHriſto ſaget Paulus viererley:
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c. er
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[502/0530] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 18-20. chen habe (habe ſelbſt fahren laſſen, auch bey andern abgethan) wiederum baue (aufrichte, wo nicht mit ausdruͤcklicher Lehre, doch mit dem Exempel, und andere damit zur Nachfolge rei- tze,) ſo mache ich mich ſelbſt zu einem Uber- treter (als der da mit ſeiner Wiederaufrichtung ſelbſt bezeuget, daß er mit der Abbrechung un- weislich und unrecht gethan habe.) Anmerckungen. 1. Paulus vergleichet die gantze juͤdiſche oder alt-teſtamentiſche Oeconomie GOttes mit einem Gebaͤude, welches alt, uͤberjahret iſt, und mit dem es zu Ende gehet. Hebr. 8, 13. Dieſes hatte CHriſtus durch ſein Mittler-Amt abge- than. Und da die Apoſtel CHriſtum, als den rechten Mittler, verkuͤndigten, ſo brachen ſie da- mit das alte Gebaͤude ab, und richteten ein neues auf, ein ſolches, da ein ieglicher durch den Glau- ben an CHriſtum ſolte ein Haus und Tempel des lebendigen GOttes werden 1 Cor. 3, 16. 17. c. 6, 19. 2 Cor. 6, 16. Eph. 2, 21. 22. 1 Petr. 2, 5. Hebr- 3, 6. Diß hatte Petrus auch gethan. Al- lein dadurch, daß er ſich bey Ankunft einiger Werckheiligen Juden des Gebrauchs der Chriſt- lichen Freyheit begab, und dieſen zu gefallen von den glaͤubigen Heiden ſich entzog, und wie eines theils, ob gleich wider ſeinen Vorſatz, doch in der That ſelbſt, die Juden in ihrem geſetzlichen Weſen beſtaͤrckte, alſo auch andern Theils die Heiden dazu mit anfuͤhrete, oder doch veranlaſ- ſete, die evangeliſche Glaubens-Gerechtigkeit und Freyheit in Zweifel zu ziehen: ſo bauete er damit wieder, was er abgebrochen hatte. 2. Es ſchicket ſich zur Erlaͤuterung dieſes Orts gar fein, was Paulus ſchreibet Eph. 2, 12. CHriſtus iſt unſer Friede, der aus beyden (Juden und Heiden) eines gemacht, und hat abgebrochen den Zaun, der dazwiſchen war. Was CHriſtus mit der That abgebro- chen, das brechen die Apoſtel mit ihrer Lehre ab, nemlich den durch die juͤdiſche Oeconomie ge- machten Zaun zwiſchen Juden und Heiden. Und Petrus war darinnen auch nicht ſaͤumig gewe- ſen: zu gewiſſer Zeit aber hatte er den Juͤden zu Antiochia darinnen zu viel nachgegeben; wie zu- vor gedacht. V. 19. Jch bin aber (Gr. denn ich bin) durchs Geſetz (durch das Draͤuen und Verdammen des Geſetzes (dem Geſetze geſtorben (davon loß worden, davon zu CHriſto dem Seligmacher getrieben) auf daß ich GOTT lebe (das geiſt- liche und ewige Leben, welches mir das Geſetz nicht geben kan, ſondern vielmehr den geiſtlichen Tod entdecket, und den ewigen andraͤuet, alſo zum Zwecke habe, daß ich es auch erhalte.) Anmerckungen. 1. Dem Geſetze abgeſtorben ſeyn, iſt demnach ſo viel, als in der Erkaͤntniß ſo wol ſei- nes geiſtlichen Unvermoͤgens, als auch der ſtren- gen und vollkommenen Forderung des Geſetzes, ſeine Seligkeit dadurch, oder durch die eigene Er- fuͤllung deſſelben, nicht mehr ſuchen, ſondern Vermoͤge des Todes und der Verſoͤhnung CHriſti von des Geſetzes Fluche loß ſeyn, und ſich, hingegen an ſtatt des ſchreckenden und fordern- den Moſis, dem erquickenden und ſchenckenden Heilande in wahrer Freyheit des Geiſtes zum Eigenthum ergeben. 2. Eine feine Erlaͤuterung uͤber dieſen Ort giebt Paulus Rom. 7, 4. da er ſpricht: Meine Bruͤder, ihr ſeyd getoͤdtet dem Geſetz durch den Leib CHriſti ‒ ‒ auf daß wir GOTT Frucht bringen. Welcher gantze Context mit denen daruͤber geſtelleten Anmerckungen oben an ſeinem Orte nachzuleſen iſt. 3. Wie man bey dem Evangelio im Glau- ben GOTT zu leben habe, alſo, daß man we- der ſich ſelbſt, noch der Welt lebe, ſondern ſich und der Welt immer mehr abſterbe, davon ſehe man Rom. 14, 7. 8. 2 Cor. 5, 15. 1 Theſſ. 5, 10. 2 Pet. 4, 2. Hebr. 9, 14. V. 20. Jch bin mit CHriſto gecreutziget (alſo, daß, da ich ihn mir im Glaben zugeeignet habe, ſein Verſoͤhnungs-Tod am Creutze auch meine Verſoͤhnung mit ſich bringet:) Jch lebe aber (bin durch die heilſame Toͤdtung zum neuen geiſt- lichen Leben gelanget, darinnen ich mich ietzo be- finde:) doch nun nicht ich (fuͤr mich ſelbſt aus eignen Kraͤften, und nach meinem eignen Wil- len) ſondern CHriſtus lebet in mir (alſo, daß er mir ſeine Gerechtigkeit, in welcher ich vor GOTT beſtehe, in der Ordnung der geiſtlichen Erweckung zum geiſtlichen Leben geſchencket, und mich mit den Gnaden-Kraͤften des Heiligen Gei- ſtes dabey ausgeruͤſtet und tuͤchtig gemachet hat, das innere geiſtliche Leben auch im geiſtlichen Wandel zu erweiſen.) Denn was ich ietzt lebe im Fleiſch (im ſterblichen Leibe) das lebe ich (nicht nach dem Fleiſche, ſondern) im Glau- ben (der da ſelbſt ein geiſtliches Leben und geiſt- liches Licht in mir iſt) des Sohnes GOttes (auf den mein Glaubens-Auge von Moſe in aller Einfalt und Lauterkeit gerichtet iſt,) der mich (inſonderheit, wie uͤberhaupt alle andere Men- ſchen ohne alle Ausnahme) geliebet hat, und ſich ſelbſt fuͤr mich dargegeben (zuvorderſt zur Menſchwerdung, und darauf zur Erloͤſung, und dannenhero im Tode ein Verſoͤhn-Opfer fuͤr mich worden.) Anmerckungen. 1. Damit man den Nachdruck dieſes ſo gar angenehmen evangeliſchen Textes ſo viel mehr erkenne, ſo haben wir dabey auf vier Stuͤcke zu ſehen: 1. auf das, was darinnen von CHriſto geſaget wird: 2. wie ſich Paulus ſolches zuge- eignet: 3. wie bey ſolcher Zueignung der Glau- be ſonderlich geſchaͤftig geweſen: und denn 4tens: wie dieſes noch ietzo bey einem ieglichen Glaͤubi- gen zur rechten Application komme und kommen muͤſſe. 2. Von CHriſto ſaget Paulus viererley: a. er ſey gecreutziget: b. er lebe in ihm: c. er

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/530>, abgerufen am 24.11.2024.