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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 12, 19-21. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] möge zu eurer Erbauung, da diese sonst durch
solche Verunglimpfungen gehindert wird.)

Anmerckungen.

1. Wir reden in CHristo vor GOtt!
diß ist aller getreuer Knechte GOttes ihre Re-
gel, und ihre Ubung. Sie reden nicht allein
von CHristo, sondern auch in CHristo, also
daß sie in seiner Gemeinschaft stehen, und aus
der Salbung und Wirckung des Geistes JEsu
CHristi lehren, und was sie bezeugen, in dem
Namen CHristi thun: und also thun sie es auch
alles vor GOtt; da sie durch die heilige Ge-
meinschaft mit CHristo in die glaubige Vorstel-
lung der Allgegenwart GOTTes gesetzet, und
darinnen erhalten werden. Siehe hievon auch
oben c. 2, 17.

2. Wenn ein rechtschaffner Lehrer in seiner
Person angegriffen wird, so betrifft es gemeini-
glich sein Amt mit. Damit nun diesem keine
Hinderung gesetzet werde, hat man, ob man auch
gleich für sich selbst keiner Lästerung achtet, doch,
so viel sich thun läßt, den Vorwurf von seinem
Amte abzulehnen, im übrigen aber mit Paulo
alles in Gelassenheit zu ertragen, und sich seines
guten Gewissens zu getrösten; sich auch vorzuse-
hen, daß man nicht zu frühe, und ohne Noth et-
was zur Apologie in Schriften und auf die Can-
tzel bringe; als wodurch oft Ubel, zur noch meh-
rern Ausbreitung des Anstosses, nur noch ärger
gemachet wird.

V. 20.

Denn ich fürchte, wenn ich komme,
daß ich euch nicht finde wie ich will
(alle
recht gebessert) und ihr mich auch nicht fin-
det, wie ihr wollet
(in lauter Liebe, sondern
dabey in Ernst. 1 Cor. 4, 21. 2 Cor. 10, 2. 6.
c. 13, 2. 3. 10.) daß nicht Hader, Neid, Zorn,
Zanck, Afterreden, Ohrenblasen, Aufble-
hen,
(1 Cor. 4, 6.) Aufruhr (Unordnung) da
sey.

Anmerckungen.
1. Die Connexion mit dem vorhergehen-
den ist diese, als wolte der Apostel sagen: Jch
muß alles, was euch wider mich beygebracht
worden, ehe ich zu euch komme, hinweg räumen.
Denn ich besorge ohne das, ich möchte es noch
nicht in allen Stücken unter euch nach Wunsch
finden. Da ich denn, wofern noch manche un-
ter euch wider mich solten eingenommen blei-
ben, ich so viel weniger bey euch ausrichten
würde.
2. Da der Apostel oben c. 7. die Corin-
thier so sehr gelobet, und doch alhie noch eine so
grosse Beysorge ihrentwegen anzeiget; so lassen
sich diese Oerter gar wohl also mit einander ver-
gleichen, daß der Apostel dort redet von der Ge-
meine überhaupt, und also von den meisten un-
ter ihnen; hie aber von einigen Widersinnigen,
die sich von den falschen Aposteln hatten einneh-
men lassen, oder die auch sonst sich noch nicht in
rechte Ordnung innerlich und äusserlich gegeben
hatten: davon er Nachricht gehabt, und sie un-
ter andern durch Titum wird überkommen ha-
[Spaltenumbruch] ben. Denn dieser, da er ihm von den Corin-
thiern so viel Gutes gesaget. c. 7, 6. 7. 13. 14. 15.
Darüber er daselbst seine besondere Freude be-
zeuget, wird auch das widrige nicht verschwiegen
haben.
3. Man siehet hieraus den Zustand der
Apostolischen Kirchen. Denn ob es wol ander-
wärtig allem Ansehen nach besser gestanden, als
zu Corinthus; so hat es doch auch daselbst an vie-
len Mängeln nicht gefehlet.
4. Die sechs Worte: Hader, Neid,
Zorn, Zanck, Afterreden, Ohrenblasen,

gehen mit einander auf einen solchen Mangel der
Liebe, welcher durch Haß in allerley Gattungen
der Uneinigkeit ausbricht. Denn gleichwie die
Liebe alle Pflichten gegen den Nechsten in sich fas-
set Matth. 22, 38. 39. Rom. 13, 9. 1 Cor. 13.
also fliesset dagegen der Haß in viele besondere
Sünden aus, die doch mit einander in solcher
genauen Verwandschaft stehen, als Kinder einer
Mutter.
5. Das Aufblehen setzet der Apostel de-
nen übrigen Sünden nach, und gehet also von
den Bächlein zu der Quelle: sintemal die Ei-
genliebe,
die sich in der Aufblehung und in der
Erhebung des Gemüths hervor thut, nebst dem
Unglauben, der Grund ist von allen, oder doch den
meisten der zuvor gedachten Vergehungen.
6. Was der Apostel mit dem Worte Auf-
ruhr
übersetzet hat, heißt im Griechischen aka-
tasasia, und ist eigentlich durch Zerrüttun-
gen
zu übersetzen; und wird also damit angezei-
get, was aus den benannten bösen Früchten der
aufblehenden Eigenliebe entstehe. Durch das
Wort Aufruhr hätte es nicht sollen gegeben
werden; als welches die ersten christlichen Ge-
meinen mit einem solchen Verdacht eines so gros-
sen Verbrehens beleget, davon sie gleichwol fer-
ne gewesen, und welches sich zu der Idee, die
man sich billig von ihnen machet, gar nicht
schicket. Ein solches Versehen, (welches dem
sel. Luthero bey seinem sonst so grossen Verdienst
leichtlich zu gute zu halten ist) findet sich auch Ap.
Gesch. 15, 2. alwo ein Aufruhr heißt, was doch
mehr nicht war, als sasis, ein solcher Stand
oder Zustand, da zwo Partheyen in der Kirche
der Lehre nach gegen einander stunden, nemlich
die, so auf die Lauterkeit des Evangelii hiel-
te, und die, so auf die Nothwendigkeit der
Beschneidung ging, und diese nicht weichen
wolte, jene aber nicht konte; und demnach der
Ausspruch darüber in der Gemeine zu Jerusalem
gemachet werden muste. Es hat der sel. Lutherus
das Wort akatasasia 1 Cor. 14, 33. und Jac.
3, 16. besser und gar recht durch Unordnung über-
setzet: gleichwie er Jac. 1, 8. das Wort akata-
satos durch unbeständig giebet.
V. 21.

Daß ich nicht abermal komme und
mich mein GOtt demüthige
(mich nieder-
schlage und voller Kummer mache) bey euch,
und müsse Leid tragen über viele, die zu-
vor gesündiget, und nicht Busse gethan ha-
ben für die Unreinigkeit, und Hurerey und
Unzucht, die sie getrieben haben.

An-
O o o

Cap. 12, 19-21. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] moͤge zu eurer Erbauung, da dieſe ſonſt durch
ſolche Verunglimpfungen gehindert wird.)

Anmerckungen.

1. Wir reden in CHriſto vor GOtt!
diß iſt aller getreuer Knechte GOttes ihre Re-
gel, und ihre Ubung. Sie reden nicht allein
von CHriſto, ſondern auch in CHriſto, alſo
daß ſie in ſeiner Gemeinſchaft ſtehen, und aus
der Salbung und Wirckung des Geiſtes JEſu
CHriſti lehren, und was ſie bezeugen, in dem
Namen CHriſti thun: und alſo thun ſie es auch
alles vor GOtt; da ſie durch die heilige Ge-
meinſchaft mit CHriſto in die glaubige Vorſtel-
lung der Allgegenwart GOTTes geſetzet, und
darinnen erhalten werden. Siehe hievon auch
oben c. 2, 17.

2. Wenn ein rechtſchaffner Lehrer in ſeiner
Perſon angegriffen wird, ſo betrifft es gemeini-
glich ſein Amt mit. Damit nun dieſem keine
Hinderung geſetzet werde, hat man, ob man auch
gleich fuͤr ſich ſelbſt keiner Laͤſterung achtet, doch,
ſo viel ſich thun laͤßt, den Vorwurf von ſeinem
Amte abzulehnen, im uͤbrigen aber mit Paulo
alles in Gelaſſenheit zu ertragen, und ſich ſeines
guten Gewiſſens zu getroͤſten; ſich auch vorzuſe-
hen, daß man nicht zu fruͤhe, und ohne Noth et-
was zur Apologie in Schriften und auf die Can-
tzel bringe; als wodurch oft Ubel, zur noch meh-
rern Ausbreitung des Anſtoſſes, nur noch aͤrger
gemachet wird.

V. 20.

Denn ich fuͤrchte, wenn ich komme,
daß ich euch nicht finde wie ich will
(alle
recht gebeſſert) und ihr mich auch nicht fin-
det, wie ihr wollet
(in lauter Liebe, ſondern
dabey in Ernſt. 1 Cor. 4, 21. 2 Cor. 10, 2. 6.
c. 13, 2. 3. 10.) daß nicht Hader, Neid, Zorn,
Zanck, Afterreden, Ohrenblaſen, Aufble-
hen,
(1 Cor. 4, 6.) Aufruhr (Unordnung) da
ſey.

Anmerckungen.
1. Die Connexion mit dem vorhergehen-
den iſt dieſe, als wolte der Apoſtel ſagen: Jch
muß alles, was euch wider mich beygebracht
worden, ehe ich zu euch komme, hinweg raͤumen.
Denn ich beſorge ohne das, ich moͤchte es noch
nicht in allen Stuͤcken unter euch nach Wunſch
finden. Da ich denn, wofern noch manche un-
ter euch wider mich ſolten eingenommen blei-
ben, ich ſo viel weniger bey euch ausrichten
wuͤrde.
2. Da der Apoſtel oben c. 7. die Corin-
thier ſo ſehr gelobet, und doch alhie noch eine ſo
groſſe Beyſorge ihrentwegen anzeiget; ſo laſſen
ſich dieſe Oerter gar wohl alſo mit einander ver-
gleichen, daß der Apoſtel dort redet von der Ge-
meine uͤberhaupt, und alſo von den meiſten un-
ter ihnen; hie aber von einigen Widerſinnigen,
die ſich von den falſchen Apoſteln hatten einneh-
men laſſen, oder die auch ſonſt ſich noch nicht in
rechte Ordnung innerlich und aͤuſſerlich gegeben
hatten: davon er Nachricht gehabt, und ſie un-
ter andern durch Titum wird uͤberkommen ha-
[Spaltenumbruch] ben. Denn dieſer, da er ihm von den Corin-
thiern ſo viel Gutes geſaget. c. 7, 6. 7. 13. 14. 15.
Daruͤber er daſelbſt ſeine beſondere Freude be-
zeuget, wird auch das widrige nicht verſchwiegen
haben.
3. Man ſiehet hieraus den Zuſtand der
Apoſtoliſchen Kirchen. Denn ob es wol ander-
waͤrtig allem Anſehen nach beſſer geſtanden, als
zu Corinthus; ſo hat es doch auch daſelbſt an vie-
len Maͤngeln nicht gefehlet.
4. Die ſechs Worte: Hader, Neid,
Zorn, Zanck, Afterreden, Ohrenblaſen,

gehen mit einander auf einen ſolchen Mangel der
Liebe, welcher durch Haß in allerley Gattungen
der Uneinigkeit ausbricht. Denn gleichwie die
Liebe alle Pflichten gegen den Nechſten in ſich faſ-
ſet Matth. 22, 38. 39. Rom. 13, 9. 1 Cor. 13.
alſo flieſſet dagegen der Haß in viele beſondere
Suͤnden aus, die doch mit einander in ſolcher
genauen Verwandſchaft ſtehen, als Kinder einer
Mutter.
5. Das Aufblehen ſetzet der Apoſtel de-
nen uͤbrigen Suͤnden nach, und gehet alſo von
den Baͤchlein zu der Quelle: ſintemal die Ei-
genliebe,
die ſich in der Aufblehung und in der
Erhebung des Gemuͤths hervor thut, nebſt dem
Unglauben, der Grund iſt von allen, oder doch den
meiſten der zuvor gedachten Vergehungen.
6. Was der Apoſtel mit dem Worte Auf-
ruhr
uͤberſetzet hat, heißt im Griechiſchen ἀκα-
ταςασία, und iſt eigentlich durch Zerruͤttun-
gen
zu uͤberſetzen; und wird alſo damit angezei-
get, was aus den benannten boͤſen Fruͤchten der
aufblehenden Eigenliebe entſtehe. Durch das
Wort Aufruhr haͤtte es nicht ſollen gegeben
werden; als welches die erſten chriſtlichen Ge-
meinen mit einem ſolchen Verdacht eines ſo groſ-
ſen Verbrehens beleget, davon ſie gleichwol fer-
ne geweſen, und welches ſich zu der Idee, die
man ſich billig von ihnen machet, gar nicht
ſchicket. Ein ſolches Verſehen, (welches dem
ſel. Luthero bey ſeinem ſonſt ſo groſſen Verdienſt
leichtlich zu gute zu halten iſt) findet ſich auch Ap.
Geſch. 15, 2. alwo ein Aufruhr heißt, was doch
mehr nicht war, als ςάσις, ein ſolcher Stand
oder Zuſtand, da zwo Partheyen in der Kirche
der Lehre nach gegen einander ſtunden, nemlich
die, ſo auf die Lauterkeit des Evangelii hiel-
te, und die, ſo auf die Nothwendigkeit der
Beſchneidung ging, und dieſe nicht weichen
wolte, jene aber nicht konte; und demnach der
Ausſpruch daruͤber in der Gemeine zu Jeruſalem
gemachet werden muſte. Es hat der ſel. Lutherus
das Wort ὰκαταςασία 1 Cor. 14, 33. und Jac.
3, 16. beſſer und gar recht durch Unordnung uͤber-
ſetzet: gleichwie er Jac. 1, 8. das Wort ὰκατά-
ςατος durch unbeſtaͤndig giebet.
V. 21.

Daß ich nicht abermal komme und
mich mein GOtt demuͤthige
(mich nieder-
ſchlage und voller Kummer mache) bey euch,
und muͤſſe Leid tragen uͤber viele, die zu-
vor geſuͤndiget, und nicht Buſſe gethan ha-
ben fuͤr die Unreinigkeit, und Hurerey und
Unzucht, die ſie getrieben haben.

An-
O o o
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[473/0501] Cap. 12, 19-21. an die Corinthier. moͤge zu eurer Erbauung, da dieſe ſonſt durch ſolche Verunglimpfungen gehindert wird.) Anmerckungen. 1. Wir reden in CHriſto vor GOtt! diß iſt aller getreuer Knechte GOttes ihre Re- gel, und ihre Ubung. Sie reden nicht allein von CHriſto, ſondern auch in CHriſto, alſo daß ſie in ſeiner Gemeinſchaft ſtehen, und aus der Salbung und Wirckung des Geiſtes JEſu CHriſti lehren, und was ſie bezeugen, in dem Namen CHriſti thun: und alſo thun ſie es auch alles vor GOtt; da ſie durch die heilige Ge- meinſchaft mit CHriſto in die glaubige Vorſtel- lung der Allgegenwart GOTTes geſetzet, und darinnen erhalten werden. Siehe hievon auch oben c. 2, 17. 2. Wenn ein rechtſchaffner Lehrer in ſeiner Perſon angegriffen wird, ſo betrifft es gemeini- glich ſein Amt mit. Damit nun dieſem keine Hinderung geſetzet werde, hat man, ob man auch gleich fuͤr ſich ſelbſt keiner Laͤſterung achtet, doch, ſo viel ſich thun laͤßt, den Vorwurf von ſeinem Amte abzulehnen, im uͤbrigen aber mit Paulo alles in Gelaſſenheit zu ertragen, und ſich ſeines guten Gewiſſens zu getroͤſten; ſich auch vorzuſe- hen, daß man nicht zu fruͤhe, und ohne Noth et- was zur Apologie in Schriften und auf die Can- tzel bringe; als wodurch oft Ubel, zur noch meh- rern Ausbreitung des Anſtoſſes, nur noch aͤrger gemachet wird. V. 20. Denn ich fuͤrchte, wenn ich komme, daß ich euch nicht finde wie ich will (alle recht gebeſſert) und ihr mich auch nicht fin- det, wie ihr wollet (in lauter Liebe, ſondern dabey in Ernſt. 1 Cor. 4, 21. 2 Cor. 10, 2. 6. c. 13, 2. 3. 10.) daß nicht Hader, Neid, Zorn, Zanck, Afterreden, Ohrenblaſen, Aufble- hen, (1 Cor. 4, 6.) Aufruhr (Unordnung) da ſey. Anmerckungen. 1. Die Connexion mit dem vorhergehen- den iſt dieſe, als wolte der Apoſtel ſagen: Jch muß alles, was euch wider mich beygebracht worden, ehe ich zu euch komme, hinweg raͤumen. Denn ich beſorge ohne das, ich moͤchte es noch nicht in allen Stuͤcken unter euch nach Wunſch finden. Da ich denn, wofern noch manche un- ter euch wider mich ſolten eingenommen blei- ben, ich ſo viel weniger bey euch ausrichten wuͤrde. 2. Da der Apoſtel oben c. 7. die Corin- thier ſo ſehr gelobet, und doch alhie noch eine ſo groſſe Beyſorge ihrentwegen anzeiget; ſo laſſen ſich dieſe Oerter gar wohl alſo mit einander ver- gleichen, daß der Apoſtel dort redet von der Ge- meine uͤberhaupt, und alſo von den meiſten un- ter ihnen; hie aber von einigen Widerſinnigen, die ſich von den falſchen Apoſteln hatten einneh- men laſſen, oder die auch ſonſt ſich noch nicht in rechte Ordnung innerlich und aͤuſſerlich gegeben hatten: davon er Nachricht gehabt, und ſie un- ter andern durch Titum wird uͤberkommen ha- ben. Denn dieſer, da er ihm von den Corin- thiern ſo viel Gutes geſaget. c. 7, 6. 7. 13. 14. 15. Daruͤber er daſelbſt ſeine beſondere Freude be- zeuget, wird auch das widrige nicht verſchwiegen haben. 3. Man ſiehet hieraus den Zuſtand der Apoſtoliſchen Kirchen. Denn ob es wol ander- waͤrtig allem Anſehen nach beſſer geſtanden, als zu Corinthus; ſo hat es doch auch daſelbſt an vie- len Maͤngeln nicht gefehlet. 4. Die ſechs Worte: Hader, Neid, Zorn, Zanck, Afterreden, Ohrenblaſen, gehen mit einander auf einen ſolchen Mangel der Liebe, welcher durch Haß in allerley Gattungen der Uneinigkeit ausbricht. Denn gleichwie die Liebe alle Pflichten gegen den Nechſten in ſich faſ- ſet Matth. 22, 38. 39. Rom. 13, 9. 1 Cor. 13. alſo flieſſet dagegen der Haß in viele beſondere Suͤnden aus, die doch mit einander in ſolcher genauen Verwandſchaft ſtehen, als Kinder einer Mutter. 5. Das Aufblehen ſetzet der Apoſtel de- nen uͤbrigen Suͤnden nach, und gehet alſo von den Baͤchlein zu der Quelle: ſintemal die Ei- genliebe, die ſich in der Aufblehung und in der Erhebung des Gemuͤths hervor thut, nebſt dem Unglauben, der Grund iſt von allen, oder doch den meiſten der zuvor gedachten Vergehungen. 6. Was der Apoſtel mit dem Worte Auf- ruhr uͤberſetzet hat, heißt im Griechiſchen ἀκα- ταςασία, und iſt eigentlich durch Zerruͤttun- gen zu uͤberſetzen; und wird alſo damit angezei- get, was aus den benannten boͤſen Fruͤchten der aufblehenden Eigenliebe entſtehe. Durch das Wort Aufruhr haͤtte es nicht ſollen gegeben werden; als welches die erſten chriſtlichen Ge- meinen mit einem ſolchen Verdacht eines ſo groſ- ſen Verbrehens beleget, davon ſie gleichwol fer- ne geweſen, und welches ſich zu der Idee, die man ſich billig von ihnen machet, gar nicht ſchicket. Ein ſolches Verſehen, (welches dem ſel. Luthero bey ſeinem ſonſt ſo groſſen Verdienſt leichtlich zu gute zu halten iſt) findet ſich auch Ap. Geſch. 15, 2. alwo ein Aufruhr heißt, was doch mehr nicht war, als ςάσις, ein ſolcher Stand oder Zuſtand, da zwo Partheyen in der Kirche der Lehre nach gegen einander ſtunden, nemlich die, ſo auf die Lauterkeit des Evangelii hiel- te, und die, ſo auf die Nothwendigkeit der Beſchneidung ging, und dieſe nicht weichen wolte, jene aber nicht konte; und demnach der Ausſpruch daruͤber in der Gemeine zu Jeruſalem gemachet werden muſte. Es hat der ſel. Lutherus das Wort ὰκαταςασία 1 Cor. 14, 33. und Jac. 3, 16. beſſer und gar recht durch Unordnung uͤber- ſetzet: gleichwie er Jac. 1, 8. das Wort ὰκατά- ςατος durch unbeſtaͤndig giebet. V. 21. Daß ich nicht abermal komme und mich mein GOtt demuͤthige (mich nieder- ſchlage und voller Kummer mache) bey euch, und muͤſſe Leid tragen uͤber viele, die zu- vor geſuͤndiget, und nicht Buſſe gethan ha- ben fuͤr die Unreinigkeit, und Hurerey und Unzucht, die ſie getrieben haben. An- O o o

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/501>, abgerufen am 24.11.2024.