Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 11, 3-5. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
weder den Dräuungen, noch Verheissungendesselben von Hertzen glaubet und sich darnach richtet. 5. Die Verführung bestunde in der Er- weckung einer ungöttlichen Begierde, ausser dem schon anerschaffnen Ebenbilde GOttes, GOtt auf eine der Creatur nicht zukommende Art gleich zu werden: welche Begierde den Ver- stand mit Zweifel, den Willen mit einer Ab- kehrung von GOTT, und die Seele in ihren Kräften mit Unglauben und Finsterniß erfüllete, und sie in den geistlichen Tod einführete: da- her denn der gantze Stand der Sünden gekom- men ist. 6. Und wenn der Apostel saget, er besorge, daß der Corinthier ihre Sinne möchten verrü- cket werden von der auf CHristum gerichteten Einfalt, so zeiget er damit an, daß die Sinne der ersten Eltern davon verrücket worden, und vorher vermöge des Ebenbildes GOttes in der wahren Einfalt und Lauterkeit auf GOtt gerich- tet gewesen. 7. Es ist demnach aplotes e eis ton khri- ston, die auf CHristum gehende Einfalt in dem Stande der Gnaden ein solcher Zustand des Ge- müths, da sich der Verstand nach Anweisung der reinen und lautern evangelischen Lehre im Licht, und der Wille im Rechte befindet; und der Mensch vermöge des richtigen und lautern Zwecks, den er dabey hat, ohne falsche und herr- schende Neben-Absichten, die wie lauter Schlan- gen-Krümmen sind, gleichsam in gerader Linie zu GOtt gehet, und dahin, als in den rechten Mittel-Punct, alles sein Vornehmen, Thun und Lassen richtet. Daher man leichtlich siehet, daß die wahre Einfalt des Hertzens das gantze rechtschaffne Wesen des Christenthums in sich halte. 8. Diese Einfalt nennet unser Heyland das einfältige Auge des Menschen, wenn er Matth. 6, 22. 23. spricht: Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein gantzer Leib licht seyn. Wenn aber dein Auge ein Schalck ist, so wird dein gantzer Leib finster seyn. Er will so viel sagen: was das Auge ist dem Leibe, das ist der Zweck des Menschen, (darum es ihm im gantzen Leben eigentlich zu thun ist, und nach dem der gantze Zustand der Seelen eingerichtet wird) allen Handlungen des Menschen. Nun aber ist das Auge des Leibes Licht, also daß es ihn führet, oder ihm den Weg zeiget: und also ist auch der Haupt-Zweck des Menschen, wenn er richtig ist (welches der HErr das einfältige Auge nennet) eine solche Richtschnur, oder ein solcher Meister, der alle Handlungen des Men- schen zur Ehre GOttes, und nach dessen Willen einrichtet: wodurch sie denn geheiliget werden. Jst der Zweck aber nicht richtig, sondern unlau- ter, und auf eigne Ehre und eitle Lust und auf ei- genen Nutzen abgerichtet, so ist er das schielen- de Schalcks-Auge, welches als ein Jrlicht al- le Handelungen des Menschen von der rechten Norm und vom rechten Wege abführet. 9. Man siehet aus diesem Texte gar klär- lich, daß ein Mensch aus dem Stande der Gna- [Spaltenumbruch] den wieder verfallen könne, uud wie sehr man deswegen zu wachen habe; denn haben die er- sten Menschen das Ebenbild GOttes, so sie am an erschaffnen Lichte und Rechte hatten, verlie- ren können; wie solte denn auch noch itzo ein Wiedergebohrner nicht durch Betrug des Sa- tans und der Sünde um seinen Gnaden-Stand kommen können? Und besorget es Paulus bey manchen unter den Corinthiern, wer wolte denn seinet und anderer wegen sicher seyn können? Darum es heißt: Halte, was du hast! V. 4. Denn so der da zu euch kömmt, einen V. 5. Denn (um zu bezeugen, daß ich sowol, als Anmerckungen. 1. Unter dem Namen der hohen Apostel 2. Kömmt nun aber die Benennung der V. 6. K k k 2
Cap. 11, 3-5. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
weder den Draͤuungen, noch Verheiſſungendeſſelben von Hertzen glaubet und ſich darnach richtet. 5. Die Verfuͤhrung beſtunde in der Er- weckung einer ungoͤttlichen Begierde, auſſer dem ſchon anerſchaffnen Ebenbilde GOttes, GOtt auf eine der Creatur nicht zukommende Art gleich zu werden: welche Begierde den Ver- ſtand mit Zweifel, den Willen mit einer Ab- kehrung von GOTT, und die Seele in ihren Kraͤften mit Unglauben und Finſterniß erfuͤllete, und ſie in den geiſtlichen Tod einfuͤhrete: da- her denn der gantze Stand der Suͤnden gekom- men iſt. 6. Und wenn der Apoſtel ſaget, er beſorge, daß der Corinthier ihre Sinne moͤchten verruͤ- cket werden von der auf CHriſtum gerichteten Einfalt, ſo zeiget er damit an, daß die Sinne der erſten Eltern davon verruͤcket worden, und vorher vermoͤge des Ebenbildes GOttes in der wahren Einfalt und Lauterkeit auf GOtt gerich- tet geweſen. 7. Es iſt demnach ἁπλότης ἡ εἰς τὸν χρι- ϛὸν, die auf CHriſtum gehende Einfalt in dem Stande der Gnaden ein ſolcher Zuſtand des Ge- muͤths, da ſich der Verſtand nach Anweiſung der reinen und lautern evangeliſchen Lehre im Licht, und der Wille im Rechte befindet; und der Menſch vermoͤge des richtigen und lautern Zwecks, den er dabey hat, ohne falſche und herr- ſchende Neben-Abſichten, die wie lauter Schlan- gen-Kruͤmmen ſind, gleichſam in gerader Linie zu GOtt gehet, und dahin, als in den rechten Mittel-Punct, alles ſein Vornehmen, Thun und Laſſen richtet. Daher man leichtlich ſiehet, daß die wahre Einfalt des Hertzens das gantze rechtſchaffne Weſen des Chriſtenthums in ſich halte. 8. Dieſe Einfalt nennet unſer Heyland das einfaͤltige Auge des Menſchen, wenn er Matth. 6, 22. 23. ſpricht: Das Auge iſt des Leibes Licht. Wenn dein Auge einfaͤltig iſt, ſo wird dein gantzer Leib licht ſeyn. Wenn aber dein Auge ein Schalck iſt, ſo wird dein gantzer Leib finſter ſeyn. Er will ſo viel ſagen: was das Auge iſt dem Leibe, das iſt der Zweck des Menſchen, (darum es ihm im gantzen Leben eigentlich zu thun iſt, und nach dem der gantze Zuſtand der Seelen eingerichtet wird) allen Handlungen des Menſchen. Nun aber iſt das Auge des Leibes Licht, alſo daß es ihn fuͤhret, oder ihm den Weg zeiget: und alſo iſt auch der Haupt-Zweck des Menſchen, wenn er richtig iſt (welches der HErr das einfaͤltige Auge nennet) eine ſolche Richtſchnur, oder ein ſolcher Meiſter, der alle Handlungen des Men- ſchen zur Ehre GOttes, und nach deſſen Willen einrichtet: wodurch ſie denn geheiliget werden. Jſt der Zweck aber nicht richtig, ſondern unlau- ter, und auf eigne Ehre und eitle Luſt und auf ei- genen Nutzen abgerichtet, ſo iſt er das ſchielen- de Schalcks-Auge, welches als ein Jrlicht al- le Handelungen des Menſchen von der rechten Norm und vom rechten Wege abfuͤhret. 9. Man ſiehet aus dieſem Texte gar klaͤr- lich, daß ein Menſch aus dem Stande der Gna- [Spaltenumbruch] den wieder verfallen koͤnne, uud wie ſehr man deswegen zu wachen habe; denn haben die er- ſten Menſchen das Ebenbild GOttes, ſo ſie am an erſchaffnen Lichte und Rechte hatten, verlie- ren koͤnnen; wie ſolte denn auch noch itzo ein Wiedergebohrner nicht durch Betrug des Sa- tans und der Suͤnde um ſeinen Gnaden-Stand kommen koͤnnen? Und beſorget es Paulus bey manchen unter den Corinthiern, wer wolte denn ſeinet und anderer wegen ſicher ſeyn koͤnnen? Darum es heißt: Halte, was du haſt! V. 4. Denn ſo der da zu euch koͤmmt, einen V. 5. Denn (um zu bezeugen, daß ich ſowol, als Anmerckungen. 1. Unter dem Namen der hohen Apoſtel 2. Koͤmmt nun aber die Benennung der V. 6. K k k 2
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Cap. 11, 3-5. an die Corinthier.
weder den Draͤuungen, noch Verheiſſungen
deſſelben von Hertzen glaubet und ſich darnach
richtet.
5. Die Verfuͤhrung beſtunde in der Er-
weckung einer ungoͤttlichen Begierde, auſſer
dem ſchon anerſchaffnen Ebenbilde GOttes,
GOtt auf eine der Creatur nicht zukommende
Art gleich zu werden: welche Begierde den Ver-
ſtand mit Zweifel, den Willen mit einer Ab-
kehrung von GOTT, und die Seele in ihren
Kraͤften mit Unglauben und Finſterniß erfuͤllete,
und ſie in den geiſtlichen Tod einfuͤhrete: da-
her denn der gantze Stand der Suͤnden gekom-
men iſt.
6. Und wenn der Apoſtel ſaget, er beſorge,
daß der Corinthier ihre Sinne moͤchten verruͤ-
cket werden von der auf CHriſtum gerichteten
Einfalt, ſo zeiget er damit an, daß die Sinne
der erſten Eltern davon verruͤcket worden, und
vorher vermoͤge des Ebenbildes GOttes in der
wahren Einfalt und Lauterkeit auf GOtt gerich-
tet geweſen.
7. Es iſt demnach ἁπλότης ἡ εἰς τὸν χρι-
ϛὸν, die auf CHriſtum gehende Einfalt in dem
Stande der Gnaden ein ſolcher Zuſtand des Ge-
muͤths, da ſich der Verſtand nach Anweiſung
der reinen und lautern evangeliſchen Lehre im
Licht, und der Wille im Rechte befindet; und
der Menſch vermoͤge des richtigen und lautern
Zwecks, den er dabey hat, ohne falſche und herr-
ſchende Neben-Abſichten, die wie lauter Schlan-
gen-Kruͤmmen ſind, gleichſam in gerader Linie
zu GOtt gehet, und dahin, als in den rechten
Mittel-Punct, alles ſein Vornehmen, Thun und
Laſſen richtet. Daher man leichtlich ſiehet, daß
die wahre Einfalt des Hertzens das gantze
rechtſchaffne Weſen des Chriſtenthums in ſich
halte.
8. Dieſe Einfalt nennet unſer Heyland
das einfaͤltige Auge des Menſchen, wenn er
Matth. 6, 22. 23. ſpricht: Das Auge iſt des
Leibes Licht. Wenn dein Auge einfaͤltig
iſt, ſo wird dein gantzer Leib licht ſeyn.
Wenn aber dein Auge ein Schalck iſt, ſo
wird dein gantzer Leib finſter ſeyn. Er
will ſo viel ſagen: was das Auge iſt dem Leibe,
das iſt der Zweck des Menſchen, (darum es ihm
im gantzen Leben eigentlich zu thun iſt, und nach
dem der gantze Zuſtand der Seelen eingerichtet
wird) allen Handlungen des Menſchen. Nun
aber iſt das Auge des Leibes Licht, alſo daß es
ihn fuͤhret, oder ihm den Weg zeiget: und alſo
iſt auch der Haupt-Zweck des Menſchen, wenn
er richtig iſt (welches der HErr das einfaͤltige
Auge nennet) eine ſolche Richtſchnur, oder ein
ſolcher Meiſter, der alle Handlungen des Men-
ſchen zur Ehre GOttes, und nach deſſen Willen
einrichtet: wodurch ſie denn geheiliget werden.
Jſt der Zweck aber nicht richtig, ſondern unlau-
ter, und auf eigne Ehre und eitle Luſt und auf ei-
genen Nutzen abgerichtet, ſo iſt er das ſchielen-
de Schalcks-Auge, welches als ein Jrlicht al-
le Handelungen des Menſchen von der rechten
Norm und vom rechten Wege abfuͤhret.
9. Man ſiehet aus dieſem Texte gar klaͤr-
lich, daß ein Menſch aus dem Stande der Gna-
den wieder verfallen koͤnne, uud wie ſehr man
deswegen zu wachen habe; denn haben die er-
ſten Menſchen das Ebenbild GOttes, ſo ſie am
an erſchaffnen Lichte und Rechte hatten, verlie-
ren koͤnnen; wie ſolte denn auch noch itzo ein
Wiedergebohrner nicht durch Betrug des Sa-
tans und der Suͤnde um ſeinen Gnaden-Stand
kommen koͤnnen? Und beſorget es Paulus bey
manchen unter den Corinthiern, wer wolte denn
ſeinet und anderer wegen ſicher ſeyn koͤnnen?
Darum es heißt: Halte, was du haſt!
V. 4.
Denn ſo der da zu euch koͤmmt, einen
andern JEſum predigte (oder euch JEſum
noch anders und beſſer, als ich gethan, vorſtelle-
te) oder ihr einen andern Geiſt (von hoͤhern
und beſſern Gaben) empfinget, den ihr (bey
meiner angenommenen Predigt) nicht empfan-
gen habet, oder ein ander Evangelium,
das ihr nicht angenommen habet, ſo ver-
truͤget ihrs billig (καλῶς, wohl; und wolte
ichs euch goͤnnen. Nun aber hoͤret und empfan-
get ihr von den falſchen Apoſteln nichts beſſers;
ſondern das, was ihr gutes und wahres gehoͤret
und empfangen habet, darinnen werdet ihr durch
ihr Geſchwaͤtz nur vielmehr irre gemachet, alſo
daß eure Sinne von der auf JEſum CHriſtum
zurichtenden lautern Einfalt der Lehre und des
Lebens verruͤcket werden. Darum habet ihr
nicht Urſach ihnen Gehoͤr zu geben, wohl aber
ſie, als Verfuͤhrer, zu meiden. Siehe Gal. 1,
8. 9. Da Paulus denen, welche ein anderes
Evangelium verkuͤndigten, den Fluch mit groſ-
ſem Nachdruck ankuͤndiget.)
V. 5.
Denn (um zu bezeugen, daß ich ſowol, als
andere Apoſtel, das rechte Evangelium verkuͤn-
dige, ſo ſage ich wider die, welche ſo verkleiner-
lich von mir und meinem Amte reden) ich achte
ich ſey nicht (ja μηδὲν, in keinem Stuͤcke) we-
niger als die hohen Apoſtel ſind (es fehlet
mir und meinem Amte an keiner eintzigen Gabe,
damit jene ausgeruͤſtet ſind. Siehe auch c. 12, 1.
1 Cor. 15, 10.
Anmerckungen.
1. Unter dem Namen der hohen Apoſtel
werden die eigentlichen Apoſtel uͤberhaupt ver-
ſtanden, ſonderlich die drey, Jacobus, Pe-
trus und Johannes, von welchen Paulus Gal.
1, 9. ſaget, daß ſie in der Jeruſalemſchen Kirche
fuͤr Seulen angeſehen worden; da ſie nem-
lich, nach dem die uͤbrigen ſchon zur auswaͤrti-
gen Predigt des Evangelii von dannen ausge-
gangen waren, noch etwas laͤnger derſelben Ge-
meine vorgeſtanden ſind.
2. Koͤmmt nun aber die Benennung der
hohen Apoſtel mehrern zu, als einem, ſo iſt es
falſch, daß Petrus allein einen Vorzug vor al-
len uͤbrigen gehabt hat: gleichwie es falſch iſt,
daß ſich iemals einiger Apoſtel ſo viele Hoheit an-
gemaſſet habe, als in den nachfolgenden Zeiten
alle fleiſchlichgeſinnete Biſchoͤfe gethan.
V. 6.
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