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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Historische und exegetische Einleitung
[Spaltenumbruch] Dinge schwer zu verstehen, welche ver-
wirren die ungelehrigen und leichtferti-
gen, wie auch die andern Schriften, zu
ihrem eigen Verdamniß.
Da wir denn
sehen, daß Petrus etliche Dinge schwer nennet
in Pauli Briefen: aber auch dabey setzet, wie
ungelehrige und leichtfertige Leute damit und
mit andern heiligen Schriften umgehen, wie
sie dieselbe verwirren und verkehren; zu
ihrem Fluche, da sie ihnen zum Segen und zum
Heyl gegeben waren, auch gereichen solten und
konnten. Wovor man sich also wohl zu hüten hat.
Es sind aber ausser etlichen fast in allen Briefen
befindlichen Oertern, die ein mehrers Nachden-
cken erfordern, sonderlich zwo unter den vier
langen Episteln, welche zu ihrer rechten Einsicht
ein mehrers Maaß der Erkäntniß erfordern;
nemlich die an die Römer und an die Hebräer.
Daher ich mich durch die Gnade GOTTes be-
flissen, sie in den dunckelern Stellen in dasje-
nige Licht zu setzen, welches sie an sich selbst ha-
ben, aber von vielen nicht erkannt wird.

§. XIX. Der beste Raht zum rechten
Verstande allenthalben zugelangen, ist, daß
man nicht ohne heilige Furcht und Anrufung
GOttes,
auch nicht ohne Vorsatz, sich im
Glauben und allem rechtschaffenen Wesen des
Christenthums immer mehr gründen und er-
bauen zu lassen, zum Lesen schreite, und unter
demselben mit getreuer Zueignung auf sich
selbst in gehöriger Andacht verharre. Zu wel-
chem Ende denn, wie leichtlich zu erachten,
das Lesen eine Gleichheit mit dem Essen haben
soll: nemlich gleichwie wir, was wir essen,
nicht nur in den Mund stecken, und also auf ein-
mal ohne zerkäuung und ohne Geschmack hin-
unter schlucken, sondern erstlich in gehörige
Stücklein schneiden, und denn im Munde mit
angenehmen Geschmack recht zerkäuen, und da-
mit die desto leichtere Digestion und Verdauung
im Magen befordern: also muß der epistoli-
sche Text, ohne oder mit den Anmerckungen,
nicht in der Geschwindigkeit oben hin gelesen
werden; sondern man hat, nach der zuvorderst
angemerckten richtigen Verbindung und Thei-
lung des Contextes, ein Stück, oder einen
Spruch nach dem andern etwas langsam und
zur rechten Erwegung mit einigem Jnnehal-
ten
andächtig zu betrachten, auch wol diese
und jene besonders wichtige Wahrheit unter ei-
nem kurtzen Hertzens-Gebet, gleichsam als eine
Seelen-Speise recht zu schmecken, und also
auf sich selbst in rechter application sich zu Nutze
zu machen. Wohl dem, welchen die Pauli-
nischen Briefe, ja die gantze heilige Schrift, also
sind wie ein tägliches Brod, dessen man so gar
nicht überdrüßig wird, daß es vielmehr heißt:
je länger, ie lieber.

§. XX. Nun ist noch übrig, daß ich
das Leben Pauli, nach seinen unterschiedlichen
periodis und nach der serie, darinen die Briefe
nach einander geschrieben sind, aufs kürtzeste
in einer chronologischen Tabelle vorstelle: sinte-
mal davon eine rechte Idee zu haben, den von
Luca beschriebenen Geschichten Pauli, wie auch
seinen Episteln in vielen Stücken ein grosses
[Spaltenumbruch] Licht giebet. Und da nebst dem sel. Herrn Joh.
Casp. Sandhagen in der Einleitung
der be-
rühmte Engeländische Bischof, Johannes Pear-
son,
in seinen Annalibus Paulims die Ordnung der
Zeiten am allerbesten getroffen, wie ich in ge-
nauer eigenen Untersuchung gefunden habe; so
habe ich dieselbe mehren theils behalten: in ei-
nem und dem andern Stücke aber bin ich aus
gewissen Gründen von ihnen abgegangen.

[Tabelle]

Zu

Hiſtoriſche und exegetiſche Einleitung
[Spaltenumbruch] Dinge ſchwer zu verſtehen, welche ver-
wirren die ungelehrigen und leichtferti-
gen, wie auch die andern Schriften, zu
ihrem eigen Verdamniß.
Da wir denn
ſehen, daß Petrus etliche Dinge ſchwer nennet
in Pauli Briefen: aber auch dabey ſetzet, wie
ungelehrige und leichtfertige Leute damit und
mit andern heiligen Schriften umgehen, wie
ſie dieſelbe verwirren und verkehren; zu
ihrem Fluche, da ſie ihnen zum Segen und zum
Heyl gegeben waren, auch gereichen ſolten und
konnten. Wovor man ſich alſo wohl zu huͤten hat.
Es ſind aber auſſer etlichen faſt in allen Briefen
befindlichen Oertern, die ein mehrers Nachden-
cken erfordern, ſonderlich zwo unter den vier
langen Epiſteln, welche zu ihrer rechten Einſicht
ein mehrers Maaß der Erkaͤntniß erfordern;
nemlich die an die Roͤmer und an die Hebraͤer.
Daher ich mich durch die Gnade GOTTes be-
fliſſen, ſie in den dunckelern Stellen in dasje-
nige Licht zu ſetzen, welches ſie an ſich ſelbſt ha-
ben, aber von vielen nicht erkannt wird.

§. XIX. Der beſte Raht zum rechten
Verſtande allenthalben zugelangen, iſt, daß
man nicht ohne heilige Furcht und Anrufung
GOttes,
auch nicht ohne Vorſatz, ſich im
Glauben und allem rechtſchaffenen Weſen des
Chriſtenthums immer mehr gruͤnden und er-
bauen zu laſſen, zum Leſen ſchreite, und unter
demſelben mit getreuer Zueignung auf ſich
ſelbſt in gehoͤriger Andacht verharre. Zu wel-
chem Ende denn, wie leichtlich zu erachten,
das Leſen eine Gleichheit mit dem Eſſen haben
ſoll: nemlich gleichwie wir, was wir eſſen,
nicht nur in den Mund ſtecken, und alſo auf ein-
mal ohne zerkaͤuung und ohne Geſchmack hin-
unter ſchlucken, ſondern erſtlich in gehoͤrige
Stuͤcklein ſchneiden, und denn im Munde mit
angenehmen Geſchmack recht zerkaͤuen, und da-
mit die deſto leichtere Digeſtion und Verdauung
im Magen befordern: alſo muß der epiſtoli-
ſche Text, ohne oder mit den Anmerckungen,
nicht in der Geſchwindigkeit oben hin geleſen
werden; ſondern man hat, nach der zuvorderſt
angemerckten richtigen Verbindung und Thei-
lung des Contextes, ein Stuͤck, oder einen
Spruch nach dem andern etwas langſam und
zur rechten Erwegung mit einigem Jnnehal-
ten
andaͤchtig zu betrachten, auch wol dieſe
und jene beſonders wichtige Wahrheit unter ei-
nem kurtzen Hertzens-Gebet, gleichſam als eine
Seelen-Speiſe recht zu ſchmecken, und alſo
auf ſich ſelbſt in rechter application ſich zu Nutze
zu machen. Wohl dem, welchen die Pauli-
niſchen Briefe, ja die gantze heilige Schrift, alſo
ſind wie ein taͤgliches Brod, deſſen man ſo gar
nicht uͤberdruͤßig wird, daß es vielmehr heißt:
je laͤnger, ie lieber.

§. XX. Nun iſt noch uͤbrig, daß ich
das Leben Pauli, nach ſeinen unterſchiedlichen
periodis und nach der ſerie, darinen die Briefe
nach einander geſchrieben ſind, aufs kuͤrtzeſte
in einer chronologiſchen Tabelle vorſtelle: ſinte-
mal davon eine rechte Idee zu haben, den von
Luca beſchriebenen Geſchichten Pauli, wie auch
ſeinen Epiſteln in vielen Stuͤcken ein groſſes
[Spaltenumbruch] Licht giebet. Und da nebſt dem ſel. Herrn Joh.
Caſp. Sandhagen in der Einleitung
der be-
ruͤhmte Engelaͤndiſche Biſchof, Johannes Pear-
ſon,
in ſeinen Annalibus Paulims die Ordnung der
Zeiten am allerbeſten getroffen, wie ich in ge-
nauer eigenen Unterſuchung gefunden habe; ſo
habe ich dieſelbe mehren theils behalten: in ei-
nem und dem andern Stuͤcke aber bin ich aus
gewiſſen Gruͤnden von ihnen abgegangen.

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/42>, abgerufen am 24.11.2024.