Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 4, v. 6-8. [Spaltenumbruch]
dabey ist auch der Heilige Geist zuvorderst zurAnzündung oder Schenckung des geistlichen Le- cens nicht weniger geschäftig, als er bey der er- sten Schöpfung darinnen sich geschäftig erwiese, daß er auf den Wassern, oder auf der wässerich- ten Materie, schwebete, und dieselbe durch Mit- theilung der Samen-Kraft zu allen Fortpflan- tzungen, fruchtbar machete. 2. Da durch das Wort Hertz die See- len-Kräfte gemeiniglich zusammen verstanden werden, damit aber doch am meisten auf den Willen gesehen wird: so ist die Redens-Art gar merckwürdig, wenn es heißt: einen hellen Schein in unser Hertz geben. Denn damit wird angezeiget, daß die wahre Erleuchtung auch allerdinge den Willen angehet und durch und durch ändert, also daß, wo solche Aende- rung des Willens nicht ist, daselbst auch keine wahre Erleuchtung geschehen ist. Und also hieß er vorher v. 15. 16. daß die Decke nicht allein vor den Augen, oder Verstande, sondern auch sonderlich vor dem Hertzen hange, und daß sie alsdenn erst in der Erleuchtung weggenommen werde, wenn sich das Hertz zu GOTT be- kehre. 3. Es ist auch in diesen Worten die Ord- nung wohl zu mercken, daß deme, der andere zur Erleuchtung von der Erkäntniß der Klarheit GOttes führen will, zuvorderst in der wahren Bekehrung ein heller Schein des Glaubens ins Hertz gegeben seyn muß. Denn wo dieses nicht vorher geschehen ist, so ist der Lehrer bey seiner bloß buchstäblichen Wissenschaft, wie am Wil- len geistlich todt, also am Verstande geistlich blind; und daher ungeschickt das Amt des Geistes also zu führen, daß daher bey andern die rechte Frucht wahrer Erleuchtung entstehen kön- ne: ob er wol viel wahres vorträget, und solches auch nicht gar ohne allen Nutzen bey allen ist, und die heiligen Sacramente, seiner geistlichen Un- tüchtigkeit ungeachtet, ihre Integrität und Kraft behalten. Es ist doch aber arg genug, daß er blind ist, und ein Leiter der Blinden, und mit ihnen endlich in die Grube fällt, wie unser Hei- land saget Matth. 15, 14. 13, 16. 24. Rom. 2, 19. 21. sqq. 4. Des Angesichts Christi wird allhier gedacht im Ansehen auf das, was vorher vom Angesichte Mosis gesaget worden; nemlich daß an demselben die Klarheit GOttes zu sehen ge- wesen in solchem Glantze, welchen die Kinder Jsrael nicht ertragen können, also daß er eine Decke davor legen müssen. Da nun aber Mo- ses nur ein Diener am Hause GOttes war, Chri- stus aber der Sohn ist Hebr. 3, 4. 5. und das wesentliche Ebenbild des Vaters 2 Cor. 4, 4. und also der Abglantz seiner Herrlichkeit: so ist leichtlich zu erachten, daß an dem Ange- sichte, ja an der gantzen Person und an dem Mittler-Amte Christi unendlich mehrere Klar- heit sey, als an dem Angesichte Mosis gewe- sen ist. V. 7. Wir haben aber solchen Schatz (der Anmerckungen. 1. Hätte GOtte zum Dienste des Evan- gelii Engel genommen, oder nähme er dazu schon verklärte, oder doch ausser dem Stande der Leiden und Trübsal gesetzte Menschen, wel- che der Satan und die Welt nicht verfol- gen, vielweniger gar tödten könten, und welche bey dem Evangelio, solches über alle Leiden er- habenen Standes wegen, eine grosse Figur machten: so würde man bey dem, was dadurch ausgerichtet würde, in Bekehrung der Menschen, nicht auf GOtt, sondern auf die Menschen fal- len, und es ihrer Würde und Vortreflichkeit zu- schreiben. So aber da GOtt schwache und selbst mit Sünden behaftete Menschen dazu nimmt, und ob er sie zwar der Seele nach salbet, sie dennoch von den übrigen Schwachheiten der menschlichen Natur so gar nicht befreyet, daß er sie läßt vor Menschen in geringer Gestalt daher gehen, und allerhand schweren Leiden, ja endlich dem gewaltsamen Tode selbst unterworfen, und dennoch aber durch sie so viel ausgerichtet wer- den: so kan man gewiß bey ihnen, als blossen Werckzeugen, nicht bestehen bleiben, sondern man muß erkennen, daß GOtt in ihnen und durch sie wircke. Siehe auch 2 Cor. 1, 9. 12, 9. Es ist demnach Gleichniß-weise geredet, und die Redens-Art hergenommen von kostbaren Schätzen, welche man in zerbrechlichen, wie gläsernen, Gevässen aufhebet und gebrauchet. Und ob es denn gleich heißt: Wir haben den Schatz in irdischen Gevässen, so sind sie doch selbst die Gevässe, die sich selbst damit meynen. 2. Welche Christen und sonderlich unter ihnen Lehrer die seligmachende Erkäntniß Chri- sti, als einen grossen Schatz, in sich haben, die geben es damit zu erkennen, daß es ihnen um die Sammlung irdischer Schätze gar nicht zu thun ist: gleichwie hingegen der Geitz in der Bestre- bung nach denselben eine Anzeige, daß es einem an dem rechten verborgenen Schatze fehlet. Matth. 13, 44. 3. Es ist unser Gewissen, darin wir das Geheimniß des Glaubens an Christum haben, 1 Tim. 3, 9. auch einem irdenen und zerbrechli- chen Gevässe gleich. Nehmen wir es nicht wohl in acht, sondern stossen es durch muthwillige Sün- den an, so zerbricht es, und wir leiden am Glau- ben Schiffbruch. 1. Tim. 1, 19. V. 8. Wir haben allenthalben Trübsal gang
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 4, v. 6-8. [Spaltenumbruch]
dabey iſt auch der Heilige Geiſt zuvorderſt zurAnzuͤndung oder Schenckung des geiſtlichen Le- cens nicht weniger geſchaͤftig, als er bey der er- ſten Schoͤpfung darinnen ſich geſchaͤftig erwieſe, daß er auf den Waſſern, oder auf der waͤſſerich- ten Materie, ſchwebete, und dieſelbe durch Mit- theilung der Samen-Kraft zu allen Fortpflan- tzungen, fruchtbar machete. 2. Da durch das Wort Hertz die See- len-Kraͤfte gemeiniglich zuſammen verſtanden werden, damit aber doch am meiſten auf den Willen geſehen wird: ſo iſt die Redens-Art gar merckwuͤrdig, wenn es heißt: einen hellen Schein in unſer Hertz geben. Denn damit wird angezeiget, daß die wahre Erleuchtung auch allerdinge den Willen angehet und durch und durch aͤndert, alſo daß, wo ſolche Aende- rung des Willens nicht iſt, daſelbſt auch keine wahre Erleuchtung geſchehen iſt. Und alſo hieß er vorher v. 15. 16. daß die Decke nicht allein vor den Augen, oder Verſtande, ſondern auch ſonderlich vor dem Hertzen hange, und daß ſie alsdenn erſt in der Erleuchtung weggenommen werde, wenn ſich das Hertz zu GOTT be- kehre. 3. Es iſt auch in dieſen Worten die Ord- nung wohl zu mercken, daß deme, der andere zur Erleuchtung von der Erkaͤntniß der Klarheit GOttes fuͤhren will, zuvorderſt in der wahren Bekehrung ein heller Schein des Glaubens ins Hertz gegeben ſeyn muß. Denn wo dieſes nicht vorher geſchehen iſt, ſo iſt der Lehrer bey ſeiner bloß buchſtaͤblichen Wiſſenſchaft, wie am Wil- len geiſtlich todt, alſo am Verſtande geiſtlich blind; und daher ungeſchickt das Amt des Geiſtes alſo zu fuͤhren, daß daher bey andern die rechte Frucht wahrer Erleuchtung entſtehen koͤn- ne: ob er wol viel wahres vortraͤget, und ſolches auch nicht gar ohne allen Nutzen bey allen iſt, und die heiligen Sacramente, ſeiner geiſtlichen Un- tuͤchtigkeit ungeachtet, ihre Integritaͤt und Kraft behalten. Es iſt doch aber arg genug, daß er blind iſt, und ein Leiter der Blinden, und mit ihnen endlich in die Grube faͤllt, wie unſer Hei- land ſaget Matth. 15, 14. 13, 16. 24. Rom. 2, 19. 21. ſqq. 4. Des Angeſichts Chriſti wird allhier gedacht im Anſehen auf das, was vorher vom Angeſichte Moſis geſaget worden; nemlich daß an demſelben die Klarheit GOttes zu ſehen ge- weſen in ſolchem Glantze, welchen die Kinder Jſrael nicht ertragen koͤnnen, alſo daß er eine Decke davor legen muͤſſen. Da nun aber Mo- ſes nur ein Diener am Hauſe GOttes war, Chri- ſtus aber der Sohn iſt Hebr. 3, 4. 5. und das weſentliche Ebenbild des Vaters 2 Cor. 4, 4. und alſo der Abglantz ſeiner Herrlichkeit: ſo iſt leichtlich zu erachten, daß an dem Ange- ſichte, ja an der gantzen Perſon und an dem Mittler-Amte Chriſti unendlich mehrere Klar- heit ſey, als an dem Angeſichte Moſis gewe- ſen iſt. V. 7. Wir haben aber ſolchen Schatz (der Anmerckungen. 1. Haͤtte GOtte zum Dienſte des Evan- gelii Engel genommen, oder naͤhme er dazu ſchon verklaͤrte, oder doch auſſer dem Stande der Leiden und Truͤbſal geſetzte Menſchen, wel- che der Satan und die Welt nicht verfol- gen, vielweniger gar toͤdten koͤnten, und welche bey dem Evangelio, ſolches uͤber alle Leiden er- habenen Standes wegen, eine groſſe Figur machten: ſo wuͤrde man bey dem, was dadurch ausgerichtet wuͤrde, in Bekehrung der Menſchen, nicht auf GOtt, ſondern auf die Menſchen fal- len, und es ihrer Wuͤrde und Vortreflichkeit zu- ſchreiben. So aber da GOtt ſchwache und ſelbſt mit Suͤnden behaftete Menſchen dazu nimmt, und ob er ſie zwar der Seele nach ſalbet, ſie dennoch von den uͤbrigen Schwachheiten der menſchlichen Natur ſo gar nicht befreyet, daß er ſie laͤßt vor Menſchen in geringer Geſtalt daher gehen, und allerhand ſchweren Leiden, ja endlich dem gewaltſamen Tode ſelbſt unterworfen, und dennoch aber durch ſie ſo viel ausgerichtet wer- den: ſo kan man gewiß bey ihnen, als bloſſen Werckzeugen, nicht beſtehen bleiben, ſondern man muß erkennen, daß GOtt in ihnen und durch ſie wircke. Siehe auch 2 Cor. 1, 9. 12, 9. Es iſt demnach Gleichniß-weiſe geredet, und die Redens-Art hergenommen von koſtbaren Schaͤtzen, welche man in zerbrechlichen, wie glaͤſernen, Gevaͤſſen aufhebet und gebrauchet. Und ob es denn gleich heißt: Wir haben den Schatz in irdiſchen Gevaͤſſen, ſo ſind ſie doch ſelbſt die Gevaͤſſe, die ſich ſelbſt damit meynen. 2. Welche Chriſten und ſonderlich unter ihnen Lehrer die ſeligmachende Erkaͤntniß Chri- ſti, als einen groſſen Schatz, in ſich haben, die geben es damit zu erkennen, daß es ihnen um die Sammlung irdiſcher Schaͤtze gar nicht zu thun iſt: gleichwie hingegen der Geitz in der Beſtre- bung nach denſelben eine Anzeige, daß es einem an dem rechten verborgenen Schatze fehlet. Matth. 13, 44. 3. Es iſt unſer Gewiſſen, darin wir das Geheimniß des Glaubens an Chriſtum haben, 1 Tim. 3, 9. auch einem irdenen und zerbrechli- chen Gevaͤſſe gleich. Nehmen wir es nicht wohl in acht, ſondern ſtoſſen es durch muthwillige Suͤn- den an, ſo zerbricht es, und wir leiden am Glau- ben Schiffbruch. 1. Tim. 1, 19. V. 8. Wir haben allenthalben Truͤbſal gang
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Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 4, v. 6-8.
dabey iſt auch der Heilige Geiſt zuvorderſt zur
Anzuͤndung oder Schenckung des geiſtlichen Le-
cens nicht weniger geſchaͤftig, als er bey der er-
ſten Schoͤpfung darinnen ſich geſchaͤftig erwieſe,
daß er auf den Waſſern, oder auf der waͤſſerich-
ten Materie, ſchwebete, und dieſelbe durch Mit-
theilung der Samen-Kraft zu allen Fortpflan-
tzungen, fruchtbar machete.
2. Da durch das Wort Hertz die See-
len-Kraͤfte gemeiniglich zuſammen verſtanden
werden, damit aber doch am meiſten auf den
Willen geſehen wird: ſo iſt die Redens-Art gar
merckwuͤrdig, wenn es heißt: einen hellen
Schein in unſer Hertz geben. Denn damit
wird angezeiget, daß die wahre Erleuchtung
auch allerdinge den Willen angehet und durch
und durch aͤndert, alſo daß, wo ſolche Aende-
rung des Willens nicht iſt, daſelbſt auch keine
wahre Erleuchtung geſchehen iſt. Und alſo hieß
er vorher v. 15. 16. daß die Decke nicht allein
vor den Augen, oder Verſtande, ſondern auch
ſonderlich vor dem Hertzen hange, und daß ſie
alsdenn erſt in der Erleuchtung weggenommen
werde, wenn ſich das Hertz zu GOTT be-
kehre.
3. Es iſt auch in dieſen Worten die Ord-
nung wohl zu mercken, daß deme, der andere zur
Erleuchtung von der Erkaͤntniß der Klarheit
GOttes fuͤhren will, zuvorderſt in der wahren
Bekehrung ein heller Schein des Glaubens ins
Hertz gegeben ſeyn muß. Denn wo dieſes nicht
vorher geſchehen iſt, ſo iſt der Lehrer bey ſeiner
bloß buchſtaͤblichen Wiſſenſchaft, wie am Wil-
len geiſtlich todt, alſo am Verſtande geiſtlich
blind; und daher ungeſchickt das Amt des
Geiſtes alſo zu fuͤhren, daß daher bey andern die
rechte Frucht wahrer Erleuchtung entſtehen koͤn-
ne: ob er wol viel wahres vortraͤget, und ſolches
auch nicht gar ohne allen Nutzen bey allen iſt, und
die heiligen Sacramente, ſeiner geiſtlichen Un-
tuͤchtigkeit ungeachtet, ihre Integritaͤt und Kraft
behalten. Es iſt doch aber arg genug, daß er
blind iſt, und ein Leiter der Blinden, und mit
ihnen endlich in die Grube faͤllt, wie unſer Hei-
land ſaget Matth. 15, 14. 13, 16. 24. Rom. 2,
19. 21. ſqq.
4. Des Angeſichts Chriſti wird allhier
gedacht im Anſehen auf das, was vorher vom
Angeſichte Moſis geſaget worden; nemlich daß
an demſelben die Klarheit GOttes zu ſehen ge-
weſen in ſolchem Glantze, welchen die Kinder
Jſrael nicht ertragen koͤnnen, alſo daß er eine
Decke davor legen muͤſſen. Da nun aber Mo-
ſes nur ein Diener am Hauſe GOttes war, Chri-
ſtus aber der Sohn iſt Hebr. 3, 4. 5. und das
weſentliche Ebenbild des Vaters 2 Cor. 4,
4. und alſo der Abglantz ſeiner Herrlichkeit:
ſo iſt leichtlich zu erachten, daß an dem Ange-
ſichte, ja an der gantzen Perſon und an dem
Mittler-Amte Chriſti unendlich mehrere Klar-
heit ſey, als an dem Angeſichte Moſis gewe-
ſen iſt.
V. 7.
Wir haben aber ſolchen Schatz (der
ſeligmachenden Erkaͤntniß GOttes und des da-
mit anvertraueten Apoſtel-Amts) in irdiſchen
(zerbrechlichen, geringen, aͤuſſerlichen veraͤchtli-
chen) Gevaͤſſen, auf daß die uͤberſchwengli-
che Kraft (die ſich durch den Vortrag des Ev-
angelii hervorthut) ſey (was ſie iſt, erkant wer-
de, als) GOttes (und nicht von uns.
Anmerckungen.
1. Haͤtte GOtte zum Dienſte des Evan-
gelii Engel genommen, oder naͤhme er dazu
ſchon verklaͤrte, oder doch auſſer dem Stande der
Leiden und Truͤbſal geſetzte Menſchen, wel-
che der Satan und die Welt nicht verfol-
gen, vielweniger gar toͤdten koͤnten, und welche
bey dem Evangelio, ſolches uͤber alle Leiden er-
habenen Standes wegen, eine groſſe Figur
machten: ſo wuͤrde man bey dem, was dadurch
ausgerichtet wuͤrde, in Bekehrung der Menſchen,
nicht auf GOtt, ſondern auf die Menſchen fal-
len, und es ihrer Wuͤrde und Vortreflichkeit zu-
ſchreiben. So aber da GOtt ſchwache und
ſelbſt mit Suͤnden behaftete Menſchen dazu
nimmt, und ob er ſie zwar der Seele nach ſalbet,
ſie dennoch von den uͤbrigen Schwachheiten der
menſchlichen Natur ſo gar nicht befreyet, daß er
ſie laͤßt vor Menſchen in geringer Geſtalt daher
gehen, und allerhand ſchweren Leiden, ja endlich
dem gewaltſamen Tode ſelbſt unterworfen, und
dennoch aber durch ſie ſo viel ausgerichtet wer-
den: ſo kan man gewiß bey ihnen, als bloſſen
Werckzeugen, nicht beſtehen bleiben, ſondern
man muß erkennen, daß GOtt in ihnen und
durch ſie wircke. Siehe auch 2 Cor. 1, 9. 12, 9.
Es iſt demnach Gleichniß-weiſe geredet, und
die Redens-Art hergenommen von koſtbaren
Schaͤtzen, welche man in zerbrechlichen, wie
glaͤſernen, Gevaͤſſen aufhebet und gebrauchet.
Und ob es denn gleich heißt: Wir haben den
Schatz in irdiſchen Gevaͤſſen, ſo ſind ſie
doch ſelbſt die Gevaͤſſe, die ſich ſelbſt damit
meynen.
2. Welche Chriſten und ſonderlich unter
ihnen Lehrer die ſeligmachende Erkaͤntniß Chri-
ſti, als einen groſſen Schatz, in ſich haben, die
geben es damit zu erkennen, daß es ihnen um die
Sammlung irdiſcher Schaͤtze gar nicht zu thun
iſt: gleichwie hingegen der Geitz in der Beſtre-
bung nach denſelben eine Anzeige, daß es einem
an dem rechten verborgenen Schatze fehlet.
Matth. 13, 44.
3. Es iſt unſer Gewiſſen, darin wir das
Geheimniß des Glaubens an Chriſtum haben,
1 Tim. 3, 9. auch einem irdenen und zerbrechli-
chen Gevaͤſſe gleich. Nehmen wir es nicht wohl
in acht, ſondern ſtoſſen es durch muthwillige Suͤn-
den an, ſo zerbricht es, und wir leiden am Glau-
ben Schiffbruch. 1. Tim. 1, 19.
V. 8.
Wir haben allenthalben Truͤbſal
(ϑλι_ όμενοι, werden bedraͤnget, gepreſſet) aber
wir aͤngſten uns nicht (οὐ ϛενοχωρούμεϑα,
ſind deswegen doch nicht ſo enge eingeſperret,
daß wir keinen Ausgang wuͤſten, oder fuͤnden;
da GOtt uns immer aus- und durchhilft.) Uns
iſt bange (άπορούμενοι, ſehen oft keinen Aus-
gang
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