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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 14, v. 31. 32.
[Spaltenumbruch] barung reden, eine besondere Prophetische Gabe
gewesen, siehet man aus v. 6. und 26. ob wol
das Wort Weissagen v. 31. auch hievon und al-
so in einem etwas weitern Verstande genommen
wird; sonderlich wol deßwegen, weil auch der
Vermöge einer besondern Eingebung geschehene
Vortrag es mit einiger Erklärung und Applica-
tion,
welches v. 3. weissagen heißt, es hat zu
thun gehabt.

V. 31.

Jhr könnet wol alle (nemlich so viel
euer die Gabe dazu empfangen haben) weissa-
gen
(eine erbauliche Rede aus und nach der heili-
gen Schrift halten) einer nach dem andern
(aber doch an einem Orte, und zu einer Zeit,
nicht mehr als drey hinter einander nach v. 29.
Da aber noch mehrere zur andern Zeit, und an
mehrern Orten, weil die Christen mehrere Oer-
ter ihrer Versammlung gehabt haben, konten
zur Rede kommen:) auf daß sie alle lernen,
und alle ermahnet werden
(welches geschähe,
wenn auch diejenigen, die da aus der besondern
Gabe andere lehreten, auch wieder andern zu-
höreten, und sich auch ihrer Gabe zur Erbauung
bedieneten: wie denn noch heute zu Tage auch
unter den Lehrern selbst noch gar wohl einer von
dem andern diß und das lernen kan.

V. 32.

Und die Geister der Propheten sind
den Propheten unterthan.

Anmerckungen.
1. Das Wort Geister heisset alhier die
geistliche Gaben, auch der innere Trieb, den man
nebst den Gaben von dem Heiligen Geiste hatte.
Jn welchem Verstande wir nach 1 Joh. 4, 1. die
Geister prüfen sollen, ob sie aus GOtt sind.

Und in eben diesem Verstande stehet oben v. 12.
sintemal ihr euch befleißiget pneumaton, der
geistlichen Gaben:
welche auch v. 1. pneuma-
tika genennet werden.
2. Propheten sind alhier alle diejenigen,
welche die ausserordentlichen Gaben hatten; dar-
unter auch die Gabe der eigentlichen Prophecey-
ung mit war.
3. Die Unterthänigkeit der Geister zei-
get zweyerley an: auf Seiten GOttes, des Ge-
bers, daß er damit niemanden zwinge, oder daß
sie nicht eine solche Nothwendigkeit mit sich füh-
ren, welcher kein Mensch widerstehen könne;
sondern daß der Mensch dabey seine Freyheit zum
ordentlichen Gebrauch behalte. Auf Seiten des
Begabten giebt sie zu erkennen, daß er den freyen
Gebrauch solcher Gaben habe, und denselben in
Christlicher Weisheit nach der Beschaffenheit
der Sache, der Zeit, des Orts und der Personen,
auch anderer Umstände, zum Zweck der Erbau-
ung anzuwenden habe.
4. Und solcher gestalt sind die Propheten,
denen die Geister unterthänig seyn sollen, selbst
die Besitzer der Gaben. Welches man auch aus
dem Contexte siehet. Denn nach v. 31. soll ei-
ner nach dem andern weissagen, und also einer
seine Gabe so lange zurück halten können, bis es
[Spaltenumbruch] an ihn komme. Und nach v. 30. soll einer mit
Schweigen dem andern Platz machen. Ja der
gantze Context gehet darauf, daß man den Ge-
brauch der Gaben, und insonderheit der fremden
Sprachen recht mäßigen; ja auch, nachdem es
die Umstände erfodern, damit gar inne halten,
oder davon abstehen solle; und man sie also in
seiner Potestät habe.
5. Es ist also wohl zu mercken, daß die apo-
stolischen Worte von der Unterthänigkeit der Gei-
ster nach dem Contexte zugleich auch auf diejeni-
gen Propheten gehen, welche von den Besitzern
der Gaben unterschieden sind, daß nemlich das-
jenige, was einer nach seiner Prophetischen Ga-
be vorträget, von andern, welche die Gabe der
Prüfung haben, müsse geprüfet werden, ob
auch alles fein lauter und richtig sey, und sich nicht
etwas menschliches darunter mische. Denn da-
hin gehet die Erinnerung v. 29. Die Weissa-
ger lasset reden, und die andern lasset rich-
ten.
Und die 1 Thess. 5, 20. Die Weissagung
verachtet nicht. Prüfet aber alles, und
das Gute behaltet.
Siehe auch 1 Joh. 4, 1.
6. Man kan hiebey den Unterscheid mer-
cken unter der wahren Inspiration, und unter der-
jenigen falschen, welche zu unsern Zeiten einige so
genannte Inspirirte, deren Ursprung aus Ceven-
nes
in Franckreich herrühret, gehabt haben. Die
wahre Inspiration läßt dem Menschen den freyen
Gebrauch seines Verstandes und Willens; da-
her er sich bey derselben auch nicht ungeberdig
stellet. Die falsche aber, dergleichen sich vor dem
vieles unter den Heiden gefunden hat, auch wol
noch findet, beraubet den vermeinten Propheten
seines Verstandes und freyen Willens, und füh-
ret Zwangs-weise eine so abscheuliche und gres-
liche Verstellung der Geberden mit sich, daß es
recht entsetzlich ist, und unmöglich für eine Eigen-
schaft des guten Geistes gehalten werden kan.
7. Wenn die Geister, und also auch die
Affecten der Propheten den Propheten unter-
than sind; so soll auch ein Prediger seine Gabe
und seinen Affect im Predigen billig in seiner
Macht haben, daß er nicht mit der gar zu grossen
Länge und Uberhäufung des Vortrages die Er-
bauung mehr verhindere, als befordere. Denn
hat man gleich einen gar reichen Zufluß von Ma-
terien und von Worten; so darf doch nicht alles
zu einer Zeit gesaget werden, und bestehet die
Potestät über die Gabe eben darin, daß man rech-
te Masse halte, und, mit Verleugnung seines Zu-
flusses und seiner selbst, in Consideration der Zu-
hörer, hie und da abbreche, und alles zur Er-
bauung richte. Ein anders ist es, was einige
mal ausserordentlicher und gewisser Umstände we-
gen, auch was an gewissen Orten, z. E. in Schle-
sien geschiehet, da man Zuhörer hat, die guten
Theils viele Meilen nach einer Evangelischen
Predigt gereiset sind, und in langer Zeit nicht
wiederkommen.
8. Endlich ist bey dieser gantzen Materie
von dem Gebrauch der geistlichen Gaben in der
öffentlichen Gemeine wohl zu mercken, daß das,
was zu Corinthus geschehen, da ihrer mehrere
in der öffentlichen Versammlung geredet haben,
itzo, und vorlängst schon, nicht mehr angehe.
Denn

Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 14, v. 31. 32.
[Spaltenumbruch] barung reden, eine beſondere Prophetiſche Gabe
geweſen, ſiehet man aus v. 6. und 26. ob wol
das Wort Weiſſagen v. 31. auch hievon und al-
ſo in einem etwas weitern Verſtande genommen
wird; ſonderlich wol deßwegen, weil auch der
Vermoͤge einer beſondern Eingebung geſchehene
Vortrag es mit einiger Erklaͤrung und Applica-
tion,
welches v. 3. weiſſagen heißt, es hat zu
thun gehabt.

V. 31.

Jhr koͤnnet wol alle (nemlich ſo viel
euer die Gabe dazu empfangen haben) weiſſa-
gen
(eine erbauliche Rede aus und nach der heili-
gen Schrift halten) einer nach dem andern
(aber doch an einem Orte, und zu einer Zeit,
nicht mehr als drey hinter einander nach v. 29.
Da aber noch mehrere zur andern Zeit, und an
mehrern Orten, weil die Chriſten mehrere Oer-
ter ihrer Verſammlung gehabt haben, konten
zur Rede kommen:) auf daß ſie alle lernen,
und alle ermahnet werden
(welches geſchaͤhe,
wenn auch diejenigen, die da aus der beſondern
Gabe andere lehreten, auch wieder andern zu-
hoͤreten, und ſich auch ihrer Gabe zur Erbauung
bedieneten: wie denn noch heute zu Tage auch
unter den Lehrern ſelbſt noch gar wohl einer von
dem andern diß und das lernen kan.

V. 32.

Und die Geiſter der Propheten ſind
den Propheten unterthan.

Anmerckungen.
1. Das Wort Geiſter heiſſet alhier die
geiſtliche Gaben, auch der innere Trieb, den man
nebſt den Gaben von dem Heiligen Geiſte hatte.
Jn welchem Verſtande wir nach 1 Joh. 4, 1. die
Geiſter pruͤfen ſollen, ob ſie aus GOtt ſind.

Und in eben dieſem Verſtande ſtehet oben v. 12.
ſintemal ihr euch befleißiget πνευμάτων, der
geiſtlichen Gaben:
welche auch v. 1. πνευμα-
τικὰ genennet werden.
2. Propheten ſind alhier alle diejenigen,
welche die auſſerordentlichen Gaben hatten; dar-
unter auch die Gabe der eigentlichen Prophecey-
ung mit war.
3. Die Unterthaͤnigkeit der Geiſter zei-
get zweyerley an: auf Seiten GOttes, des Ge-
bers, daß er damit niemanden zwinge, oder daß
ſie nicht eine ſolche Nothwendigkeit mit ſich fuͤh-
ren, welcher kein Menſch widerſtehen koͤnne;
ſondern daß der Menſch dabey ſeine Freyheit zum
ordentlichen Gebrauch behalte. Auf Seiten des
Begabten giebt ſie zu erkennen, daß er den freyen
Gebrauch ſolcher Gaben habe, und denſelben in
Chriſtlicher Weisheit nach der Beſchaffenheit
der Sache, der Zeit, des Orts und der Perſonen,
auch anderer Umſtaͤnde, zum Zweck der Erbau-
ung anzuwenden habe.
4. Und ſolcher geſtalt ſind die Propheten,
denen die Geiſter unterthaͤnig ſeyn ſollen, ſelbſt
die Beſitzer der Gaben. Welches man auch aus
dem Contexte ſiehet. Denn nach v. 31. ſoll ei-
ner nach dem andern weiſſagen, und alſo einer
ſeine Gabe ſo lange zuruͤck halten koͤnnen, bis es
[Spaltenumbruch] an ihn komme. Und nach v. 30. ſoll einer mit
Schweigen dem andern Platz machen. Ja der
gantze Context gehet darauf, daß man den Ge-
brauch der Gaben, und inſonderheit der fremden
Sprachen recht maͤßigen; ja auch, nachdem es
die Umſtaͤnde erfodern, damit gar inne halten,
oder davon abſtehen ſolle; und man ſie alſo in
ſeiner Poteſtaͤt habe.
5. Es iſt alſo wohl zu mercken, daß die apo-
ſtoliſchen Worte von der Unterthaͤnigkeit der Gei-
ſter nach dem Contexte zugleich auch auf diejeni-
gen Propheten gehen, welche von den Beſitzern
der Gaben unterſchieden ſind, daß nemlich das-
jenige, was einer nach ſeiner Prophetiſchen Ga-
be vortraͤget, von andern, welche die Gabe der
Pruͤfung haben, muͤſſe gepruͤfet werden, ob
auch alles fein lauter und richtig ſey, und ſich nicht
etwas menſchliches darunter miſche. Denn da-
hin gehet die Erinnerung v. 29. Die Weiſſa-
ger laſſet reden, und die andern laſſet rich-
ten.
Und die 1 Theſſ. 5, 20. Die Weiſſagung
verachtet nicht. Pruͤfet aber alles, und
das Gute behaltet.
Siehe auch 1 Joh. 4, 1.
6. Man kan hiebey den Unterſcheid mer-
cken unter der wahren Inſpiration, und unter der-
jenigen falſchen, welche zu unſern Zeiten einige ſo
genannte Inſpirirte, deren Urſprung aus Ceven-
nes
in Franckreich herruͤhret, gehabt haben. Die
wahre Inſpiration laͤßt dem Menſchen den freyen
Gebrauch ſeines Verſtandes und Willens; da-
her er ſich bey derſelben auch nicht ungeberdig
ſtellet. Die falſche aber, dergleichen ſich vor dem
vieles unter den Heiden gefunden hat, auch wol
noch findet, beraubet den vermeinten Propheten
ſeines Verſtandes und freyen Willens, und fuͤh-
ret Zwangs-weiſe eine ſo abſcheuliche und gres-
liche Verſtellung der Geberden mit ſich, daß es
recht entſetzlich iſt, und unmoͤglich fuͤr eine Eigen-
ſchaft des guten Geiſtes gehalten werden kan.
7. Wenn die Geiſter, und alſo auch die
Affecten der Propheten den Propheten unter-
than ſind; ſo ſoll auch ein Prediger ſeine Gabe
und ſeinen Affect im Predigen billig in ſeiner
Macht haben, daß er nicht mit der gar zu groſſen
Laͤnge und Uberhaͤufung des Vortrages die Er-
bauung mehr verhindere, als befordere. Denn
hat man gleich einen gar reichen Zufluß von Ma-
terien und von Worten; ſo darf doch nicht alles
zu einer Zeit geſaget werden, und beſtehet die
Poteſtaͤt uͤber die Gabe eben darin, daß man rech-
te Maſſe halte, und, mit Verleugnung ſeines Zu-
fluſſes und ſeiner ſelbſt, in Conſideration der Zu-
hoͤrer, hie und da abbreche, und alles zur Er-
bauung richte. Ein anders iſt es, was einige
mal auſſerordentlicher und gewiſſer Umſtaͤnde we-
gen, auch was an gewiſſen Orten, z. E. in Schle-
ſien geſchiehet, da man Zuhoͤrer hat, die guten
Theils viele Meilen nach einer Evangeliſchen
Predigt gereiſet ſind, und in langer Zeit nicht
wiederkommen.
8. Endlich iſt bey dieſer gantzen Materie
von dem Gebrauch der geiſtlichen Gaben in der
oͤffentlichen Gemeine wohl zu mercken, daß das,
was zu Corinthus geſchehen, da ihrer mehrere
in der oͤffentlichen Verſammlung geredet haben,
itzo, und vorlaͤngſt ſchon, nicht mehr angehe.
Denn
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[314/0342] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 14, v. 31. 32. barung reden, eine beſondere Prophetiſche Gabe geweſen, ſiehet man aus v. 6. und 26. ob wol das Wort Weiſſagen v. 31. auch hievon und al- ſo in einem etwas weitern Verſtande genommen wird; ſonderlich wol deßwegen, weil auch der Vermoͤge einer beſondern Eingebung geſchehene Vortrag es mit einiger Erklaͤrung und Applica- tion, welches v. 3. weiſſagen heißt, es hat zu thun gehabt. V. 31. Jhr koͤnnet wol alle (nemlich ſo viel euer die Gabe dazu empfangen haben) weiſſa- gen (eine erbauliche Rede aus und nach der heili- gen Schrift halten) einer nach dem andern (aber doch an einem Orte, und zu einer Zeit, nicht mehr als drey hinter einander nach v. 29. Da aber noch mehrere zur andern Zeit, und an mehrern Orten, weil die Chriſten mehrere Oer- ter ihrer Verſammlung gehabt haben, konten zur Rede kommen:) auf daß ſie alle lernen, und alle ermahnet werden (welches geſchaͤhe, wenn auch diejenigen, die da aus der beſondern Gabe andere lehreten, auch wieder andern zu- hoͤreten, und ſich auch ihrer Gabe zur Erbauung bedieneten: wie denn noch heute zu Tage auch unter den Lehrern ſelbſt noch gar wohl einer von dem andern diß und das lernen kan. V. 32. Und die Geiſter der Propheten ſind den Propheten unterthan. Anmerckungen. 1. Das Wort Geiſter heiſſet alhier die geiſtliche Gaben, auch der innere Trieb, den man nebſt den Gaben von dem Heiligen Geiſte hatte. Jn welchem Verſtande wir nach 1 Joh. 4, 1. die Geiſter pruͤfen ſollen, ob ſie aus GOtt ſind. Und in eben dieſem Verſtande ſtehet oben v. 12. ſintemal ihr euch befleißiget πνευμάτων, der geiſtlichen Gaben: welche auch v. 1. πνευμα- τικὰ genennet werden. 2. Propheten ſind alhier alle diejenigen, welche die auſſerordentlichen Gaben hatten; dar- unter auch die Gabe der eigentlichen Prophecey- ung mit war. 3. Die Unterthaͤnigkeit der Geiſter zei- get zweyerley an: auf Seiten GOttes, des Ge- bers, daß er damit niemanden zwinge, oder daß ſie nicht eine ſolche Nothwendigkeit mit ſich fuͤh- ren, welcher kein Menſch widerſtehen koͤnne; ſondern daß der Menſch dabey ſeine Freyheit zum ordentlichen Gebrauch behalte. Auf Seiten des Begabten giebt ſie zu erkennen, daß er den freyen Gebrauch ſolcher Gaben habe, und denſelben in Chriſtlicher Weisheit nach der Beſchaffenheit der Sache, der Zeit, des Orts und der Perſonen, auch anderer Umſtaͤnde, zum Zweck der Erbau- ung anzuwenden habe. 4. Und ſolcher geſtalt ſind die Propheten, denen die Geiſter unterthaͤnig ſeyn ſollen, ſelbſt die Beſitzer der Gaben. Welches man auch aus dem Contexte ſiehet. Denn nach v. 31. ſoll ei- ner nach dem andern weiſſagen, und alſo einer ſeine Gabe ſo lange zuruͤck halten koͤnnen, bis es an ihn komme. Und nach v. 30. ſoll einer mit Schweigen dem andern Platz machen. Ja der gantze Context gehet darauf, daß man den Ge- brauch der Gaben, und inſonderheit der fremden Sprachen recht maͤßigen; ja auch, nachdem es die Umſtaͤnde erfodern, damit gar inne halten, oder davon abſtehen ſolle; und man ſie alſo in ſeiner Poteſtaͤt habe. 5. Es iſt alſo wohl zu mercken, daß die apo- ſtoliſchen Worte von der Unterthaͤnigkeit der Gei- ſter nach dem Contexte zugleich auch auf diejeni- gen Propheten gehen, welche von den Beſitzern der Gaben unterſchieden ſind, daß nemlich das- jenige, was einer nach ſeiner Prophetiſchen Ga- be vortraͤget, von andern, welche die Gabe der Pruͤfung haben, muͤſſe gepruͤfet werden, ob auch alles fein lauter und richtig ſey, und ſich nicht etwas menſchliches darunter miſche. Denn da- hin gehet die Erinnerung v. 29. Die Weiſſa- ger laſſet reden, und die andern laſſet rich- ten. Und die 1 Theſſ. 5, 20. Die Weiſſagung verachtet nicht. Pruͤfet aber alles, und das Gute behaltet. Siehe auch 1 Joh. 4, 1. 6. Man kan hiebey den Unterſcheid mer- cken unter der wahren Inſpiration, und unter der- jenigen falſchen, welche zu unſern Zeiten einige ſo genannte Inſpirirte, deren Urſprung aus Ceven- nes in Franckreich herruͤhret, gehabt haben. Die wahre Inſpiration laͤßt dem Menſchen den freyen Gebrauch ſeines Verſtandes und Willens; da- her er ſich bey derſelben auch nicht ungeberdig ſtellet. Die falſche aber, dergleichen ſich vor dem vieles unter den Heiden gefunden hat, auch wol noch findet, beraubet den vermeinten Propheten ſeines Verſtandes und freyen Willens, und fuͤh- ret Zwangs-weiſe eine ſo abſcheuliche und gres- liche Verſtellung der Geberden mit ſich, daß es recht entſetzlich iſt, und unmoͤglich fuͤr eine Eigen- ſchaft des guten Geiſtes gehalten werden kan. 7. Wenn die Geiſter, und alſo auch die Affecten der Propheten den Propheten unter- than ſind; ſo ſoll auch ein Prediger ſeine Gabe und ſeinen Affect im Predigen billig in ſeiner Macht haben, daß er nicht mit der gar zu groſſen Laͤnge und Uberhaͤufung des Vortrages die Er- bauung mehr verhindere, als befordere. Denn hat man gleich einen gar reichen Zufluß von Ma- terien und von Worten; ſo darf doch nicht alles zu einer Zeit geſaget werden, und beſtehet die Poteſtaͤt uͤber die Gabe eben darin, daß man rech- te Maſſe halte, und, mit Verleugnung ſeines Zu- fluſſes und ſeiner ſelbſt, in Conſideration der Zu- hoͤrer, hie und da abbreche, und alles zur Er- bauung richte. Ein anders iſt es, was einige mal auſſerordentlicher und gewiſſer Umſtaͤnde we- gen, auch was an gewiſſen Orten, z. E. in Schle- ſien geſchiehet, da man Zuhoͤrer hat, die guten Theils viele Meilen nach einer Evangeliſchen Predigt gereiſet ſind, und in langer Zeit nicht wiederkommen. 8. Endlich iſt bey dieſer gantzen Materie von dem Gebrauch der geiſtlichen Gaben in der oͤffentlichen Gemeine wohl zu mercken, daß das, was zu Corinthus geſchehen, da ihrer mehrere in der oͤffentlichen Verſammlung geredet haben, itzo, und vorlaͤngſt ſchon, nicht mehr angehe. Denn

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/342>, abgerufen am 15.08.2024.