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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 10, v. 1. 2.
[Spaltenumbruch]
Anmerckung.

Andern predigen und selbst verwerflich
werden: wie betrübt, wie gemein, und wie ge-
[Spaltenumbruch] recht ist es nicht, da man seinen eignen Worten
ungehorsam gewesen, auch an statt der anbe-
fohlnen Gewinnung so viele Seelen geärgert
und verwahrloset hat.

Das zehnte Capitel/
Darinnen der Apostel/ wie er am Ende des vorhergehen-
den Capitels aufs neue angefangen hatte/ fortfähret/ die Corinthier
nach dem Exempel und aus dem Schaden der alten Jsraeliten zum
rechtschaffenen Wesen im Christenthum zu ermahnen/ und wider die
Untreue und den Mißbrauch der Freyheit/ sonderlich in
Ansehung des Götzen-Opfers zu
warnen.
V. 1. 2.
[Spaltenumbruch]

JCh will euch aber, lieben Brü-
Brüder, nicht verhalten, daß
unsere Väter
(die alten Jsraeli-
ten, von welchen wir, die wir Ju-
den sind, und in deren Stamm ihr
aus den Heiden bekehrete, an statt der so vielen
abgebrochnen natürlichen Zweige, eingepfropfet
seyd. Rom. 11, 17. sqq.) sind alle unter der
Wolcken
(der grossen Wolcken- und Feuer-
Seule, welche sie in der Wüsten schützte und lei-
tete) gewesen, und sind (nach dem Ausgange
aus Egypten) alle durchs (rothe) Meer (dar-
innen Pharao mit seinem Heer umgekommen)
gegangen, und sind alle unter Mosen (eis
ton Mosen, auf Mosen, um ihme, als ihrem
Heer-Führer, und seiner Lehre so viel mehr zu
glauben und ihme sich gehorsam zu erweisen)
getauft, (auf eine solenne Art initiiret und an-
gewiesen) mit der Wolcken, und mit dem
Meer
(durch das Wunder der dargestelleten
Schutz- und Leitungs-Wolcke, und der Durch-
führung durch das Meer.)

Anmerckungen.
1. Pauli Zweck ist, zu zeigen, daß von
der Theilnehmung an der durch Christum gesche-
henen allgemeinen Wohlthat der Erlösung und
der Gnaden-Berufung kein Schluß gemachet
werden könne auf die Gewißheit der Seligkeit,
es sey denn, daß man sich bey solchem Heils-
Grunde auch in der Heils-Ordnung finden
lasse: wo nicht, so gehe man dabey nicht allein
verlohren, sondern man häufe auch über sich ein
so viel grösseres Gericht, so viel grösser die
Schuld der angebotenen, ja empfangenen,
aber nicht recht angewendeten, sondern gemiß-
brauchten Gnade sey. Und diese Vorstellung
thut er mit Darstellung des Exempels der alten
Jsraeliten; als welche zwar alle gleicher Wohl-
thaten von GOtt gewürdiget worden, derselben
aber durch ihren Undanck, Ungehorsam und
Mißbrauch sich selbst unwürdig, und zu ihrem
gerechten Gerichte verlustig gemacht hätten.
2. Um das, was Paulus von der Wolcke
saget, desto besser zu verstehen, so ist davon un-
[Spaltenumbruch] terschiedliches aus den Mosaischen Geschichten
wohl zu mercken:
3. Die Materie war theils Wolcke,
theils Feuer. Eine würckliche, aber doch gantz
sonderbare und ausserordentliche Wolcke, die
von GOtt in besonderer Figur und zum beson-
dern Zweck erschaffen worden, die auch ihre ei-
gentliche Gestalt auf mehrere Zeiten beständig
behalten hat. Es war auch ein wirckliches
aber doch gantz ausserordentliches Feuer, wel-
ches sich in der Wolcke praesentirte, und war
recht majestätisch anzusehen, daher es die Herr-
lichkeit des HErrn
genennet wird. Exod. 16,
7. 10. 24, 15. sqq. 40, 30. 35. Lev. 9, 23. 24.
Num. 14, 11. 16, 20. 35. 42. 20, 6. 1 Reg. 8,
11. 2 Chron. 5, 14. 7, 1. 2. 3. Siehe auch Ezech.
1, 27. sqq. 10, 34. 43, 2. Des Tages sahe
man vor dem Lichte der Sonnen das Feuer gar
selten, sondern nur die Wolcke allein, des
Nachts aber war es desto heller und glän-
tzender.
4. Die Benennung einer Wolcken- und
Feuer-Seule hatte dieses Phoenomenon daher,
weil es nicht wie andere gemeine Wolcken in
der Breite durch die Luft sich erstreckte, sondern
wie eine Seule in gerader Linie gegen den Him-
mel über sich aufgerichtet stunde.
5. Der Zweck und Nutze dieses Luft-
Cörpers war, daß es ein Zeichen der besondern
göttlichen Gegenwart darstellete, und dabey die
Jsraeliter zuvorderst durch die Wüsten leitete,
und ihnen bey Tage im Vorherziehen den Weg
zeigete, auch wider die Sonnen-Hitze einen
Schatten gab, des Nachts aber mit seinem hel-
len Lichte das gantze Lager erleuchtete. Siehe
Exod. 13, 21. 22. Der HErr zog vor ihnen
her, des Tages in einer Wolcken-Seule,
daß er sie den rechten Weg führete, und
des Nachts in einer Feuer-Seule, daß er
ihnen leuchtete zu reisen Tag und Nacht.
Die Wolcken-Seule wich nimmer von dem
Volcke des Tages, noch die Feuer-Seule
des Nachts.
Wenn man nun die Grösse des
Lagers der Jsraeliten erweget, so kan man leicht
erach-
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 10, v. 1. 2.
[Spaltenumbruch]
Anmerckung.

Andern predigen und ſelbſt verwerflich
werden: wie betruͤbt, wie gemein, und wie ge-
[Spaltenumbruch] recht iſt es nicht, da man ſeinen eignen Worten
ungehorſam geweſen, auch an ſtatt der anbe-
fohlnen Gewinnung ſo viele Seelen geaͤrgert
und verwahrloſet hat.

Das zehnte Capitel/
Darinnen der Apoſtel/ wie er am Ende des vorhergehen-
den Capitels aufs neue angefangen hatte/ fortfaͤhret/ die Corinthier
nach dem Exempel und aus dem Schaden der alten Jſraeliten zum
rechtſchaffenen Weſen im Chriſtenthum zu ermahnen/ und wider die
Untreue und den Mißbrauch der Freyheit/ ſonderlich in
Anſehung des Goͤtzen-Opfers zu
warnen.
V. 1. 2.
[Spaltenumbruch]

JCh will euch aber, lieben Bruͤ-
Bruͤder, nicht verhalten, daß
unſere Vaͤter
(die alten Jſraeli-
ten, von welchen wir, die wir Ju-
den ſind, und in deren Stamm ihr
aus den Heiden bekehrete, an ſtatt der ſo vielen
abgebrochnen natuͤrlichen Zweige, eingepfropfet
ſeyd. Rom. 11, 17. ſqq.) ſind alle unter der
Wolcken
(der groſſen Wolcken- und Feuer-
Seule, welche ſie in der Wuͤſten ſchuͤtzte und lei-
tete) geweſen, und ſind (nach dem Ausgange
aus Egypten) alle durchs (rothe) Meer (dar-
innen Pharao mit ſeinem Heer umgekommen)
gegangen, und ſind alle unter Moſen (εἰς
τὸν Μωσὴν, auf Moſen, um ihme, als ihrem
Heer-Fuͤhrer, und ſeiner Lehre ſo viel mehr zu
glauben und ihme ſich gehorſam zu erweiſen)
getauft, (auf eine ſolenne Art initiiret und an-
gewieſen) mit der Wolcken, und mit dem
Meer
(durch das Wunder der dargeſtelleten
Schutz- und Leitungs-Wolcke, und der Durch-
fuͤhrung durch das Meer.)

Anmerckungen.
1. Pauli Zweck iſt, zu zeigen, daß von
der Theilnehmung an der durch Chriſtum geſche-
henen allgemeinen Wohlthat der Erloͤſung und
der Gnaden-Berufung kein Schluß gemachet
werden koͤnne auf die Gewißheit der Seligkeit,
es ſey denn, daß man ſich bey ſolchem Heils-
Grunde auch in der Heils-Ordnung finden
laſſe: wo nicht, ſo gehe man dabey nicht allein
verlohren, ſondern man haͤufe auch uͤber ſich ein
ſo viel groͤſſeres Gericht, ſo viel groͤſſer die
Schuld der angebotenen, ja empfangenen,
aber nicht recht angewendeten, ſondern gemiß-
brauchten Gnade ſey. Und dieſe Vorſtellung
thut er mit Darſtellung des Exempels der alten
Jſraeliten; als welche zwar alle gleicher Wohl-
thaten von GOtt gewuͤrdiget worden, derſelben
aber durch ihren Undanck, Ungehorſam und
Mißbrauch ſich ſelbſt unwuͤrdig, und zu ihrem
gerechten Gerichte verluſtig gemacht haͤtten.
2. Um das, was Paulus von der Wolcke
ſaget, deſto beſſer zu verſtehen, ſo iſt davon un-
[Spaltenumbruch] terſchiedliches aus den Moſaiſchen Geſchichten
wohl zu mercken:
3. Die Materie war theils Wolcke,
theils Feuer. Eine wuͤrckliche, aber doch gantz
ſonderbare und auſſerordentliche Wolcke, die
von GOtt in beſonderer Figur und zum beſon-
dern Zweck erſchaffen worden, die auch ihre ei-
gentliche Geſtalt auf mehrere Zeiten beſtaͤndig
behalten hat. Es war auch ein wirckliches
aber doch gantz auſſerordentliches Feuer, wel-
ches ſich in der Wolcke præſentirte, und war
recht majeſtaͤtiſch anzuſehen, daher es die Herr-
lichkeit des HErrn
genennet wird. Exod. 16,
7. 10. 24, 15. ſqq. 40, 30. 35. Lev. 9, 23. 24.
Num. 14, 11. 16, 20. 35. 42. 20, 6. 1 Reg. 8,
11. 2 Chron. 5, 14. 7, 1. 2. 3. Siehe auch Ezech.
1, 27. ſqq. 10, 34. 43, 2. Des Tages ſahe
man vor dem Lichte der Sonnen das Feuer gar
ſelten, ſondern nur die Wolcke allein, des
Nachts aber war es deſto heller und glaͤn-
tzender.
4. Die Benennung einer Wolcken- und
Feuer-Seule hatte dieſes Phœnomenon daher,
weil es nicht wie andere gemeine Wolcken in
der Breite durch die Luft ſich erſtreckte, ſondern
wie eine Seule in gerader Linie gegen den Him-
mel uͤber ſich aufgerichtet ſtunde.
5. Der Zweck und Nutze dieſes Luft-
Coͤrpers war, daß es ein Zeichen der beſondern
goͤttlichen Gegenwart darſtellete, und dabey die
Jſraeliter zuvorderſt durch die Wuͤſten leitete,
und ihnen bey Tage im Vorherziehen den Weg
zeigete, auch wider die Sonnen-Hitze einen
Schatten gab, des Nachts aber mit ſeinem hel-
len Lichte das gantze Lager erleuchtete. Siehe
Exod. 13, 21. 22. Der HErr zog vor ihnen
her, des Tages in einer Wolcken-Seule,
daß er ſie den rechten Weg fuͤhrete, und
des Nachts in einer Feuer-Seule, daß er
ihnen leuchtete zu reiſen Tag und Nacht.
Die Wolcken-Seule wich nimmer von dem
Volcke des Tages, noch die Feuer-Seule
des Nachts.
Wenn man nun die Groͤſſe des
Lagers der Jſraeliten erweget, ſo kan man leicht
erach-
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[270/0298] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 10, v. 1. 2. Anmerckung. Andern predigen und ſelbſt verwerflich werden: wie betruͤbt, wie gemein, und wie ge- recht iſt es nicht, da man ſeinen eignen Worten ungehorſam geweſen, auch an ſtatt der anbe- fohlnen Gewinnung ſo viele Seelen geaͤrgert und verwahrloſet hat. Das zehnte Capitel/ Darinnen der Apoſtel/ wie er am Ende des vorhergehen- den Capitels aufs neue angefangen hatte/ fortfaͤhret/ die Corinthier nach dem Exempel und aus dem Schaden der alten Jſraeliten zum rechtſchaffenen Weſen im Chriſtenthum zu ermahnen/ und wider die Untreue und den Mißbrauch der Freyheit/ ſonderlich in Anſehung des Goͤtzen-Opfers zu warnen. V. 1. 2. JCh will euch aber, lieben Bruͤ- Bruͤder, nicht verhalten, daß unſere Vaͤter (die alten Jſraeli- ten, von welchen wir, die wir Ju- den ſind, und in deren Stamm ihr aus den Heiden bekehrete, an ſtatt der ſo vielen abgebrochnen natuͤrlichen Zweige, eingepfropfet ſeyd. Rom. 11, 17. ſqq.) ſind alle unter der Wolcken (der groſſen Wolcken- und Feuer- Seule, welche ſie in der Wuͤſten ſchuͤtzte und lei- tete) geweſen, und ſind (nach dem Ausgange aus Egypten) alle durchs (rothe) Meer (dar- innen Pharao mit ſeinem Heer umgekommen) gegangen, und ſind alle unter Moſen (εἰς τὸν Μωσὴν, auf Moſen, um ihme, als ihrem Heer-Fuͤhrer, und ſeiner Lehre ſo viel mehr zu glauben und ihme ſich gehorſam zu erweiſen) getauft, (auf eine ſolenne Art initiiret und an- gewieſen) mit der Wolcken, und mit dem Meer (durch das Wunder der dargeſtelleten Schutz- und Leitungs-Wolcke, und der Durch- fuͤhrung durch das Meer.) Anmerckungen. 1. Pauli Zweck iſt, zu zeigen, daß von der Theilnehmung an der durch Chriſtum geſche- henen allgemeinen Wohlthat der Erloͤſung und der Gnaden-Berufung kein Schluß gemachet werden koͤnne auf die Gewißheit der Seligkeit, es ſey denn, daß man ſich bey ſolchem Heils- Grunde auch in der Heils-Ordnung finden laſſe: wo nicht, ſo gehe man dabey nicht allein verlohren, ſondern man haͤufe auch uͤber ſich ein ſo viel groͤſſeres Gericht, ſo viel groͤſſer die Schuld der angebotenen, ja empfangenen, aber nicht recht angewendeten, ſondern gemiß- brauchten Gnade ſey. Und dieſe Vorſtellung thut er mit Darſtellung des Exempels der alten Jſraeliten; als welche zwar alle gleicher Wohl- thaten von GOtt gewuͤrdiget worden, derſelben aber durch ihren Undanck, Ungehorſam und Mißbrauch ſich ſelbſt unwuͤrdig, und zu ihrem gerechten Gerichte verluſtig gemacht haͤtten. 2. Um das, was Paulus von der Wolcke ſaget, deſto beſſer zu verſtehen, ſo iſt davon un- terſchiedliches aus den Moſaiſchen Geſchichten wohl zu mercken: 3. Die Materie war theils Wolcke, theils Feuer. Eine wuͤrckliche, aber doch gantz ſonderbare und auſſerordentliche Wolcke, die von GOtt in beſonderer Figur und zum beſon- dern Zweck erſchaffen worden, die auch ihre ei- gentliche Geſtalt auf mehrere Zeiten beſtaͤndig behalten hat. Es war auch ein wirckliches aber doch gantz auſſerordentliches Feuer, wel- ches ſich in der Wolcke præſentirte, und war recht majeſtaͤtiſch anzuſehen, daher es die Herr- lichkeit des HErrn genennet wird. Exod. 16, 7. 10. 24, 15. ſqq. 40, 30. 35. Lev. 9, 23. 24. Num. 14, 11. 16, 20. 35. 42. 20, 6. 1 Reg. 8, 11. 2 Chron. 5, 14. 7, 1. 2. 3. Siehe auch Ezech. 1, 27. ſqq. 10, 34. 43, 2. Des Tages ſahe man vor dem Lichte der Sonnen das Feuer gar ſelten, ſondern nur die Wolcke allein, des Nachts aber war es deſto heller und glaͤn- tzender. 4. Die Benennung einer Wolcken- und Feuer-Seule hatte dieſes Phœnomenon daher, weil es nicht wie andere gemeine Wolcken in der Breite durch die Luft ſich erſtreckte, ſondern wie eine Seule in gerader Linie gegen den Him- mel uͤber ſich aufgerichtet ſtunde. 5. Der Zweck und Nutze dieſes Luft- Coͤrpers war, daß es ein Zeichen der beſondern goͤttlichen Gegenwart darſtellete, und dabey die Jſraeliter zuvorderſt durch die Wuͤſten leitete, und ihnen bey Tage im Vorherziehen den Weg zeigete, auch wider die Sonnen-Hitze einen Schatten gab, des Nachts aber mit ſeinem hel- len Lichte das gantze Lager erleuchtete. Siehe Exod. 13, 21. 22. Der HErr zog vor ihnen her, des Tages in einer Wolcken-Seule, daß er ſie den rechten Weg fuͤhrete, und des Nachts in einer Feuer-Seule, daß er ihnen leuchtete zu reiſen Tag und Nacht. Die Wolcken-Seule wich nimmer von dem Volcke des Tages, noch die Feuer-Seule des Nachts. Wenn man nun die Groͤſſe des Lagers der Jſraeliten erweget, ſo kan man leicht erach-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/298>, abgerufen am 28.11.2024.