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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 9, v. 19-21.
[Spaltenumbruch] Begierde gegangen ist, an bekehrten Seelen in
meinem Amte recht reich zu werden.)

Anmerckungen.
1. Paulus war iedermans Knecht, in
dem Verstande, daß er mit Verleugnung seiner
selbst, zur Verherrlichung des Namens JEsu,
iederman mit dem Evangelio zu dienen suchte,
und sich dannenhero nach eines ieden seiner Fas-
sung richtete, in so fern es die göttliche Wahr-
heit und sein Gewissen zuließ. Hingegen war
er niemandes Knecht, daß er iemanden, um
seine Gunst zu erlangen und zu behalten, und
das, was an Ehre und Nutzen sein eigen wäre,
zu suchen, sich gefällig erwiesen hätte. Darum
er Gal. 1, 10. spricht: Predige ich ietzt Men-
schen, oder GOTT zu Dienste? oder ge-
dencke ich Menschen gefällig zu seyn?
Wenn ich den Menschen gefällig wäre, so
wäre ich CHristi Knecht nicht.
Siehe auch
Jac. 4, 4.
2. Man siehet demnach die richtige Mit-
tel-Strasse zwischen diesen beyden Abwegen: da
der eine ist in einem solchen Verfahren, dabey
man mit Hindansetzung der Liebe und Gelindig-
keit, auch aller Christlichen Klugheit und billi-
gen Condescendentz, welche diese und jene Umstän-
de erfodern, auf sein Recht, oder vielmehr auf
seinen Sinn, bestehet, und damit vielen, oh-
ne alle Noth, und zu ihrem geistlichen Nach-
theil, anstößig wird, und sich damit den hie und
da sonst geöffneten Eingang selbst verschliesset:
Der andere in einer Menschen-Gefälligkeit, da
man nicht das, was JESU CHristi ist, son-
dern nur sich selbst und das Seinige mit einem
Schalcks-Auge (Matth. 6, 23.) suchet, und
nach diesem Zwecke alle seine Handelungen ein-
richtet, und dadurch auch die eigentlichen Amts-
Geschäfte in der grösten Unlauterkeit führet.
Zwischen diesen beyden Abwegen ging Paulus
in der Mitte dergestalt einher, daß er eines
theils allenthalben ein gutes Gewissen bewah-
rete, und also der Wahrheit und dem recht-
schaffnen Wesen in CHristo nichts vergab; an-
dern theils aber auch die Christliche Liebe gegen
iederman liesse statt finden, und auf beyden
Seiten die wahre Christliche Klugheit bewiese:
als welche sich darinn am allermeisten hervor-
thut: da hingegen in der Menschen-Gefällig-
keit nichts als Arglistigkeit ist; das andere ex-
tremum
aber unter andern fürnemlich den
Mangel der wahren Weisheit zum Grunde
hat.
3. Jn dem richtigen Wege aber hatte Pau-
lus CHristum, die selbstständige Weisheit,
selbst zum Muster und Vorgänger; wie die
gantze Evangelische Historie von seinem Leben
bezeuget, Paulus auch sich darauf Rom. 15, 3.
beziehet, und auch sonst alle wege auf die Ge-
meinschaft des Sinnes CHristi gehet. Man
sehe 1 Cor. 2, 16. Phil. 2, 5.
V. 20.

Den Jüden bin ich worden, als ein
Jude, auf daß ich die Jüden gewinne.

(Jch habe, um mir mit dem Evangelio von Chri-
[Spaltenumbruch] sto theils bey den davon abgekehrten einen Ein-
gang zu machen, theils aber die dazu zuvor be-
kehreten, aber doch noch sehr Schwachgläubigen,
nicht zu ärgern, mich, so viel ohne Verletzung Chri-
sti und seines Evangelii geschehen können, un-
ter den Juden selbst als einen Juden bezeiget.)
Denen, die unter dem Gesetze sind, bin
ich worden, als unter dem Gesetze,
(ob
ich gleich nicht mehr darunter, sondern unter
dem Evangelio stunde Rom. 6, 14.) auf daß ich
die, so unter dem Gesetz sind, gewinne.

Anmerckungen.

1. Dieser Vers hat zweene Sätze, also
daß der letztere den ersten noch mehr erkläret,
und zugleich Pauli grossen Ernst, den er zur
Gewinnung der Jüden angewendet, anzeiget.
Und da er den Juden die Heiden wolte entgegen
setzen, und diese aber nicht wol füglicher be-
schreiben konte, als solche Leute, die ohne das
geschriebene Gesetz und Wort GOttes lebten;
so setzet er eine solche Benennung der Juden vor-
her, die er vom Gesetze nimmt, und die sich also
zum Gegensatze schickte.

2. Wie Paulus den Juden zu ihrer Ge-
winnung sich accommodiret hat, siehet man un-
ter andern daraus, daß er um ihrent willen Ti-
motheum, der doch eines Griechischen oder un-
beschnittenen Vaters Sohn war, beschneiden,
und sich selbst zu Jerusalem nebst noch einigen
andern im Tempel nach Levitischer Art reinigen
ließ. Ap. Gesch. 16, 3. 21, 23-26. Siehe auch
c. 18, 18. 20, 16.

V. 21.

Denen die ohne (das von GOTT ge-
gebene und geschriebene Gesetz, sonderlich ohne
das Ceremonial-Gesetz der Levitischen Satzun-
gen) sind, bin ich als ohn Gesetz worden,
(die habe ich auf dieses nicht geführet, mich auch
desselben unter ihnen enthalten; und dieses ver-
möge der Evangelischen Wahrheit, und des
deßfals gemachten Apostolischen Schlusses Act.
15, 28. 29. welchen Paulus auf seinen Reisen
hernach allenthalben bekannt gemacht, auch mit
Lehr und Leben bestätiget hat c. 15, 4. 5. 21, 25.)
so ich doch nicht ohn Gesetz bin vor GOtt,
sondern bin in dem Gesetz CHristi,
(in dem
Gesetze der Liebe, aus dero Vorschrift ich das
Evangelium verkündige, und mich dabey nach
der Schwachheit der Menschen richte,) auf
daß ich die, so ohne Gesetz sind, gewin-
ne.

Anmerckung.

Wenn Paulus saget, er sey ennomos to
khristo, im Gesetze CHristi, oder bey CHristo
im Gesetze, welches er c. 7, v. 22. nennet, ein
Knecht CHristi seyn;
so will er damit CHri-
stum keines weges zum neuen Gesetzgeber ma-
chen, sintemal unter der Oeconomie des Evan-
gelii keine neue Gesetzgebung nöthig war, da
das durch Mosen gegebene Gesetz seine rechte
Vollkommenheit hatte, ja von dem Sohne
GOttes selbst aus der Wolcken-Seule, in wel-
cher er die Kinder Jsrael durch die Wüste füh-

ret,

Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 9, v. 19-21.
[Spaltenumbruch] Begierde gegangen iſt, an bekehrten Seelen in
meinem Amte recht reich zu werden.)

Anmerckungen.
1. Paulus war iedermans Knecht, in
dem Verſtande, daß er mit Verleugnung ſeiner
ſelbſt, zur Verherrlichung des Namens JEſu,
iederman mit dem Evangelio zu dienen ſuchte,
und ſich dannenhero nach eines ieden ſeiner Faſ-
ſung richtete, in ſo fern es die goͤttliche Wahr-
heit und ſein Gewiſſen zuließ. Hingegen war
er niemandes Knecht, daß er iemanden, um
ſeine Gunſt zu erlangen und zu behalten, und
das, was an Ehre und Nutzen ſein eigen waͤre,
zu ſuchen, ſich gefaͤllig erwieſen haͤtte. Darum
er Gal. 1, 10. ſpricht: Predige ich ietzt Men-
ſchen, oder GOTT zu Dienſte? oder ge-
dencke ich Menſchen gefaͤllig zu ſeyn?
Wenn ich den Menſchen gefaͤllig waͤre, ſo
waͤre ich CHriſti Knecht nicht.
Siehe auch
Jac. 4, 4.
2. Man ſiehet demnach die richtige Mit-
tel-Straſſe zwiſchen dieſen beyden Abwegen: da
der eine iſt in einem ſolchen Verfahren, dabey
man mit Hindanſetzung der Liebe und Gelindig-
keit, auch aller Chriſtlichen Klugheit und billi-
gen Condeſcendentz, welche dieſe und jene Umſtaͤn-
de erfodern, auf ſein Recht, oder vielmehr auf
ſeinen Sinn, beſtehet, und damit vielen, oh-
ne alle Noth, und zu ihrem geiſtlichen Nach-
theil, anſtoͤßig wird, und ſich damit den hie und
da ſonſt geoͤffneten Eingang ſelbſt verſchlieſſet:
Der andere in einer Menſchen-Gefaͤlligkeit, da
man nicht das, was JESU CHriſti iſt, ſon-
dern nur ſich ſelbſt und das Seinige mit einem
Schalcks-Auge (Matth. 6, 23.) ſuchet, und
nach dieſem Zwecke alle ſeine Handelungen ein-
richtet, und dadurch auch die eigentlichen Amts-
Geſchaͤfte in der groͤſten Unlauterkeit fuͤhret.
Zwiſchen dieſen beyden Abwegen ging Paulus
in der Mitte dergeſtalt einher, daß er eines
theils allenthalben ein gutes Gewiſſen bewah-
rete, und alſo der Wahrheit und dem recht-
ſchaffnen Weſen in CHriſto nichts vergab; an-
dern theils aber auch die Chriſtliche Liebe gegen
iederman lieſſe ſtatt finden, und auf beyden
Seiten die wahre Chriſtliche Klugheit bewieſe:
als welche ſich darinn am allermeiſten hervor-
thut: da hingegen in der Menſchen-Gefaͤllig-
keit nichts als Argliſtigkeit iſt; das andere ex-
tremum
aber unter andern fuͤrnemlich den
Mangel der wahren Weisheit zum Grunde
hat.
3. Jn dem richtigen Wege aber hatte Pau-
lus CHriſtum, die ſelbſtſtaͤndige Weisheit,
ſelbſt zum Muſter und Vorgaͤnger; wie die
gantze Evangeliſche Hiſtorie von ſeinem Leben
bezeuget, Paulus auch ſich darauf Rom. 15, 3.
beziehet, und auch ſonſt alle wege auf die Ge-
meinſchaft des Sinnes CHriſti gehet. Man
ſehe 1 Cor. 2, 16. Phil. 2, 5.
V. 20.

Den Juͤden bin ich worden, als ein
Jude, auf daß ich die Juͤden gewinne.

(Jch habe, um mir mit dem Evangelio von Chri-
[Spaltenumbruch] ſto theils bey den davon abgekehrten einen Ein-
gang zu machen, theils aber die dazu zuvor be-
kehreten, aber doch noch ſehr Schwachglaͤubigen,
nicht zu aͤrgern, mich, ſo viel ohne Verletzung Chri-
ſti und ſeines Evangelii geſchehen koͤnnen, un-
ter den Juden ſelbſt als einen Juden bezeiget.)
Denen, die unter dem Geſetze ſind, bin
ich worden, als unter dem Geſetze,
(ob
ich gleich nicht mehr darunter, ſondern unter
dem Evangelio ſtunde Rom. 6, 14.) auf daß ich
die, ſo unter dem Geſetz ſind, gewinne.

Anmerckungen.

1. Dieſer Vers hat zweene Saͤtze, alſo
daß der letztere den erſten noch mehr erklaͤret,
und zugleich Pauli groſſen Ernſt, den er zur
Gewinnung der Juͤden angewendet, anzeiget.
Und da er den Juden die Heiden wolte entgegen
ſetzen, und dieſe aber nicht wol fuͤglicher be-
ſchreiben konte, als ſolche Leute, die ohne das
geſchriebene Geſetz und Wort GOttes lebten;
ſo ſetzet er eine ſolche Benennung der Juden vor-
her, die er vom Geſetze nimmt, und die ſich alſo
zum Gegenſatze ſchickte.

2. Wie Paulus den Juden zu ihrer Ge-
winnung ſich accommodiret hat, ſiehet man un-
ter andern daraus, daß er um ihrent willen Ti-
motheum, der doch eines Griechiſchen oder un-
beſchnittenen Vaters Sohn war, beſchneiden,
und ſich ſelbſt zu Jeruſalem nebſt noch einigen
andern im Tempel nach Levitiſcher Art reinigen
ließ. Ap. Geſch. 16, 3. 21, 23-26. Siehe auch
c. 18, 18. 20, 16.

V. 21.

Denen die ohne (das von GOTT ge-
gebene und geſchriebene Geſetz, ſonderlich ohne
das Ceremonial-Geſetz der Levitiſchen Satzun-
gen) ſind, bin ich als ohn Geſetz worden,
(die habe ich auf dieſes nicht gefuͤhret, mich auch
deſſelben unter ihnen enthalten; und dieſes ver-
moͤge der Evangeliſchen Wahrheit, und des
deßfals gemachten Apoſtoliſchen Schluſſes Act.
15, 28. 29. welchen Paulus auf ſeinen Reiſen
hernach allenthalben bekannt gemacht, auch mit
Lehr und Leben beſtaͤtiget hat c. 15, 4. 5. 21, 25.)
ſo ich doch nicht ohn Geſetz bin vor GOtt,
ſondern bin in dem Geſetz CHriſti,
(in dem
Geſetze der Liebe, aus dero Vorſchrift ich das
Evangelium verkuͤndige, und mich dabey nach
der Schwachheit der Menſchen richte,) auf
daß ich die, ſo ohne Geſetz ſind, gewin-
ne.

Anmerckung.

Wenn Paulus ſaget, er ſey ἔννομος τῷ
χριστῷ, im Geſetze CHriſti, oder bey CHriſto
im Geſetze, welches er c. 7, v. 22. nennet, ein
Knecht CHriſti ſeyn;
ſo will er damit CHri-
ſtum keines weges zum neuen Geſetzgeber ma-
chen, ſintemal unter der Oeconomie des Evan-
gelii keine neue Geſetzgebung noͤthig war, da
das durch Moſen gegebene Geſetz ſeine rechte
Vollkommenheit hatte, ja von dem Sohne
GOttes ſelbſt aus der Wolcken-Seule, in wel-
cher er die Kinder Jſrael durch die Wuͤſte fuͤh-

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[266/0294] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 9, v. 19-21. Begierde gegangen iſt, an bekehrten Seelen in meinem Amte recht reich zu werden.) Anmerckungen. 1. Paulus war iedermans Knecht, in dem Verſtande, daß er mit Verleugnung ſeiner ſelbſt, zur Verherrlichung des Namens JEſu, iederman mit dem Evangelio zu dienen ſuchte, und ſich dannenhero nach eines ieden ſeiner Faſ- ſung richtete, in ſo fern es die goͤttliche Wahr- heit und ſein Gewiſſen zuließ. Hingegen war er niemandes Knecht, daß er iemanden, um ſeine Gunſt zu erlangen und zu behalten, und das, was an Ehre und Nutzen ſein eigen waͤre, zu ſuchen, ſich gefaͤllig erwieſen haͤtte. Darum er Gal. 1, 10. ſpricht: Predige ich ietzt Men- ſchen, oder GOTT zu Dienſte? oder ge- dencke ich Menſchen gefaͤllig zu ſeyn? Wenn ich den Menſchen gefaͤllig waͤre, ſo waͤre ich CHriſti Knecht nicht. Siehe auch Jac. 4, 4. 2. Man ſiehet demnach die richtige Mit- tel-Straſſe zwiſchen dieſen beyden Abwegen: da der eine iſt in einem ſolchen Verfahren, dabey man mit Hindanſetzung der Liebe und Gelindig- keit, auch aller Chriſtlichen Klugheit und billi- gen Condeſcendentz, welche dieſe und jene Umſtaͤn- de erfodern, auf ſein Recht, oder vielmehr auf ſeinen Sinn, beſtehet, und damit vielen, oh- ne alle Noth, und zu ihrem geiſtlichen Nach- theil, anſtoͤßig wird, und ſich damit den hie und da ſonſt geoͤffneten Eingang ſelbſt verſchlieſſet: Der andere in einer Menſchen-Gefaͤlligkeit, da man nicht das, was JESU CHriſti iſt, ſon- dern nur ſich ſelbſt und das Seinige mit einem Schalcks-Auge (Matth. 6, 23.) ſuchet, und nach dieſem Zwecke alle ſeine Handelungen ein- richtet, und dadurch auch die eigentlichen Amts- Geſchaͤfte in der groͤſten Unlauterkeit fuͤhret. Zwiſchen dieſen beyden Abwegen ging Paulus in der Mitte dergeſtalt einher, daß er eines theils allenthalben ein gutes Gewiſſen bewah- rete, und alſo der Wahrheit und dem recht- ſchaffnen Weſen in CHriſto nichts vergab; an- dern theils aber auch die Chriſtliche Liebe gegen iederman lieſſe ſtatt finden, und auf beyden Seiten die wahre Chriſtliche Klugheit bewieſe: als welche ſich darinn am allermeiſten hervor- thut: da hingegen in der Menſchen-Gefaͤllig- keit nichts als Argliſtigkeit iſt; das andere ex- tremum aber unter andern fuͤrnemlich den Mangel der wahren Weisheit zum Grunde hat. 3. Jn dem richtigen Wege aber hatte Pau- lus CHriſtum, die ſelbſtſtaͤndige Weisheit, ſelbſt zum Muſter und Vorgaͤnger; wie die gantze Evangeliſche Hiſtorie von ſeinem Leben bezeuget, Paulus auch ſich darauf Rom. 15, 3. beziehet, und auch ſonſt alle wege auf die Ge- meinſchaft des Sinnes CHriſti gehet. Man ſehe 1 Cor. 2, 16. Phil. 2, 5. V. 20. Den Juͤden bin ich worden, als ein Jude, auf daß ich die Juͤden gewinne. (Jch habe, um mir mit dem Evangelio von Chri- ſto theils bey den davon abgekehrten einen Ein- gang zu machen, theils aber die dazu zuvor be- kehreten, aber doch noch ſehr Schwachglaͤubigen, nicht zu aͤrgern, mich, ſo viel ohne Verletzung Chri- ſti und ſeines Evangelii geſchehen koͤnnen, un- ter den Juden ſelbſt als einen Juden bezeiget.) Denen, die unter dem Geſetze ſind, bin ich worden, als unter dem Geſetze, (ob ich gleich nicht mehr darunter, ſondern unter dem Evangelio ſtunde Rom. 6, 14.) auf daß ich die, ſo unter dem Geſetz ſind, gewinne. Anmerckungen. 1. Dieſer Vers hat zweene Saͤtze, alſo daß der letztere den erſten noch mehr erklaͤret, und zugleich Pauli groſſen Ernſt, den er zur Gewinnung der Juͤden angewendet, anzeiget. Und da er den Juden die Heiden wolte entgegen ſetzen, und dieſe aber nicht wol fuͤglicher be- ſchreiben konte, als ſolche Leute, die ohne das geſchriebene Geſetz und Wort GOttes lebten; ſo ſetzet er eine ſolche Benennung der Juden vor- her, die er vom Geſetze nimmt, und die ſich alſo zum Gegenſatze ſchickte. 2. Wie Paulus den Juden zu ihrer Ge- winnung ſich accommodiret hat, ſiehet man un- ter andern daraus, daß er um ihrent willen Ti- motheum, der doch eines Griechiſchen oder un- beſchnittenen Vaters Sohn war, beſchneiden, und ſich ſelbſt zu Jeruſalem nebſt noch einigen andern im Tempel nach Levitiſcher Art reinigen ließ. Ap. Geſch. 16, 3. 21, 23-26. Siehe auch c. 18, 18. 20, 16. V. 21. Denen die ohne (das von GOTT ge- gebene und geſchriebene Geſetz, ſonderlich ohne das Ceremonial-Geſetz der Levitiſchen Satzun- gen) ſind, bin ich als ohn Geſetz worden, (die habe ich auf dieſes nicht gefuͤhret, mich auch deſſelben unter ihnen enthalten; und dieſes ver- moͤge der Evangeliſchen Wahrheit, und des deßfals gemachten Apoſtoliſchen Schluſſes Act. 15, 28. 29. welchen Paulus auf ſeinen Reiſen hernach allenthalben bekannt gemacht, auch mit Lehr und Leben beſtaͤtiget hat c. 15, 4. 5. 21, 25.) ſo ich doch nicht ohn Geſetz bin vor GOtt, ſondern bin in dem Geſetz CHriſti, (in dem Geſetze der Liebe, aus dero Vorſchrift ich das Evangelium verkuͤndige, und mich dabey nach der Schwachheit der Menſchen richte,) auf daß ich die, ſo ohne Geſetz ſind, gewin- ne. Anmerckung. Wenn Paulus ſaget, er ſey ἔννομος τῷ χριστῷ, im Geſetze CHriſti, oder bey CHriſto im Geſetze, welches er c. 7, v. 22. nennet, ein Knecht CHriſti ſeyn; ſo will er damit CHri- ſtum keines weges zum neuen Geſetzgeber ma- chen, ſintemal unter der Oeconomie des Evan- gelii keine neue Geſetzgebung noͤthig war, da das durch Moſen gegebene Geſetz ſeine rechte Vollkommenheit hatte, ja von dem Sohne GOttes ſelbſt aus der Wolcken-Seule, in wel- cher er die Kinder Jſrael durch die Wuͤſte fuͤh- ret,

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/294>, abgerufen am 28.11.2024.