Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung in das siebente Capitel
[Spaltenumbruch] von sattsam überzeuget seyn kan. Und dieses
bekräftiget der ausführliche locus parallelus bey
dem Marc. 10, 2. seqq. desgleichen bey dem
Matth. 5, 31. 32. da unser Heiland ohne vorherge-
gangene Frage in seinen vindiciis des alten und
wahren Mosaischen Gesetzes auf diese so wichti-
de und nöthige Materie kommt, und mit den al-
lerdeutlichsten Worten eben dasselbe bezeuget,
wenn er spricht: Es ist euch gesagt: Wer
sich von seinem Weibe scheidet, der soll
ihr geben einen Scheide-Brief. Jch aber
sage euch: Wer sich von seinem Weibe
scheidet, es sey denn um Ehebruch, der
macht, daß sie die Ehe bricht, und wer
eine abgescheidete freyet, der bricht die
Ehe.
Und eben dieses bezeuget aus den Wor-
ten CHristi auch Lucas c. 16, 18. und siehet man
aus der Collation dieser 3 Oerter, daß, ob sie
gleich nicht auf eine Handelung der Rede, und
auch nicht auf eine Zeit gehen, unser Heiland al-
lemal doch gleichförmig davon gezeuget hat.

§. XI. Nachdem nun der richtige Wort-
Verstand
von dem gantzen Orte Matth. 19
alhier zum Grunde lieget, so ziehen und erweisen
wir daraus mit allem Rechte zweene Schlüs-
se:
den ersten, wider die willkührlichen Ehe-
Scheidungen, für die Unzertrennlichkeit oder
Indissolubilität der Ehe: den andern wider die
Polygamie, für die Vnität eines ehelichen Paa-
res. Und da die erste Conclusion wider die Ehe-
Scheidungen für die Unzertrennlichkeit der Ehe,
schon mit gantz ausdrücklichen Worten im Texte
lieget, und aus der Einsetzung des Ehestandes von
CHristo selbst gemacht ist, so ist nur nöthig, die
der Digamie und Polygamie entgegen stehende
zweyte Conclusion mit ihrer ratione consequentiae,
oder wie sie aus diesem Texte fliesse, zu zeigen.
und diese ratio lieget nun erstlich in dem von
CHristo wiederholten facto und dicto GOttes
von der ersten Einsetzung des Ehestandes v. 4. 5.
und in Ansehung des dicti, oder des göttlichen
Ausspruchs, sonderlich in den declarirten Mo-
saischen Worten: und werden Mann und
Weib ein Fleisch seyn.
Da er spricht: und
werden
oi duo, die zwey ein Fleisch seyn, und
zwar dergestalt, daß, wofern ein Theil von ihnen,
es sey Mann, oder Weib, mit der dritten Person
ein Fleisch wird, damit ein Ehebruch begangen
wird. Dannenhero ists ja allerdings klar und
deutlich, daß hiemit alle Digamie und Poligamie,
als ein Ehebruch, verworfen sey. Und dieses be-
kräftiget auch der 6te Vers. Es bestehet dem-
nach die Ehe in einem Bande zwischen nicht mehr
als zween Personen, und ist dasselbe an sich selbst
von Rechts wegen allerdings unauflöslich, und
also kein solcher menschlicher Contract, welchen
man nach seinem Gefallen mit einer Person ma-
chen und auch wieder aufheben könne.

§. XII. Nun giebet man zwar vor, daß das
Wort porneia Matth. 19, 9. Hurerey, Ehe-
bruch,
nach dem damaligen unter den Juden
üblichen Gebrauch, so viel heisse, als quaecunque,
extantior tamen, foeditas,
oder indecentia, oder
etwas dem Weibe sehr unanständiges und dem
Manne sehr beschwerliches; und wären also auch
dahin zu rechnen ansteckende, oder unheilba-
[Spaltenumbruch] re Kranckheiten, grosse Feindschaft,
die Ver-
schwendung, üble Sitten
u. s. w. um wel-
cher Ursachen willen CHristus die Ehe-Schei-
dung selbst verstattet wissen wolte. Allein diß
ist ein gantz nichtiger Behelf, welcher bey Erwe-
gung des Textes nach den Regeln einer gesunden
Logic und Hermenevtic auch nicht einmal den
geringsten Schein des Rechten, oder der Wahr-
heit behält. Denn 1) wird das Wort porneia
nirgends im gantzen neuen Testament also ge-
nommen; wie es denn auch desselben notio gram-
matica
nicht leidet, und in den vocibus cognatis
pornos, porne, pornei~on, porneuo &c. davon
gleichfals keine Spur zu finden ist. 2) Stehet
solche Bedeutung dem gantzen Contexte und dem
Zwecke der Rede CHristi entgegen. Denn die
Frage war: Ob die Ehe-Scheidung nicht
könte geschehen
kata pasan aitian, um al-
lerhand Ursachen willen,
die doch, (weil ein
solenner Scheide-Brief muste geschrieben, und
darinnen die Ursachen benennet werden, und die
jüdischen Gerichte, oder, an statt dieser, gewisse
Zeugen, doch auch das ihrige dabey zu thun ge-
habt haben, als ohne welche keine Ehe-Scheidung
vollzogen worden) um eine allgemeine prostitu-
tion
zu verhüten, so gar geringe nicht können ge-
wesen seyn, wie einige Rabbinen ohne allen
Grund fabuliren. Und also ging die Frage eben
auf solche Dinge, welche einige unter die Ursachen
der Scheidung noch heute zu Tage zu rechnen
pflegen. Dieser Frage aber setzet der HERR
JESUS sein rundes und helles Nein ent-
gegen, und will nichts für eine Ursache einer
rechtmäßigen Scheidung gelten lassen, als allein
porneian: welches Wort überhaupt die Sünde
der Unzucht wider das sechste Gebot bedeutet,
und, wenn es von Ehe-Leuten gebrauchet wird,
so viel heisset als moikheia, der Ehebruch: daher
es auch Lutherus Matth. 5, 32. also vertiret hat.
Wenn nun das Wort porneia Matth. 19, 9. ei-
nen so weiten Verstand, wie einige vorgeben,
hätte, so müste man die gantze Rede CHristi
der größten absurdität beschuldigen; daß nem-
lich auf der Pharisäer Frage: Ob es recht sey,
sich von seinem Weibe um allerhand Ur-
sachen willen zu scheiden? geantwortet
habe: Nein. Denn wer sich von seinem
Weibe scheidet (es sey denn um allerhand
Ursachen willen) und freyet eine andere,
der bricht die Ehe
etc. Denn auf diese Art
hätte ja CHristus sich selbst aufs nachdrücklich-
ste contradiciret, und den Juden allen Muth-
willen zu den Ehe-Scheidungen eingeräumet.
Es kan dieser Verstand 3) auch keines weges mit
der Conclusion, welche die Jünger aus den Wor-
ten CHristi zogen, und welche der HERR her-
nach bekräftiget, bestehen: da sie sagen: Ste-
het die Sache eines Mannes mit seinem
Weibe also, so ists nicht gut ehelich wer-
den.
v. 10. Damit sie ja klar genug bezeugen,
daß der HErr die Ehe-Scheidung nicht in ihrer
laxität nach jüdischer Unart stehen gelassen, son-
dern sie so enge eingeschräncket habe, daß er von
keiner andern Ursache, als vom Ehebruch, wis-
sen wollen, wie er ja denn auch sonsten nicht hät-
te sagen dürfen: Was GOtt zusammen ge-

füget

Einleitung in das ſiebente Capitel
[Spaltenumbruch] von ſattſam uͤberzeuget ſeyn kan. Und dieſes
bekraͤftiget der ausfuͤhrliche locus parallelus bey
dem Marc. 10, 2. ſeqq. desgleichen bey dem
Matth. 5, 31. 32. da unſer Heiland ohne vorherge-
gangene Frage in ſeinen vindiciis des alten und
wahren Moſaiſchen Geſetzes auf dieſe ſo wichti-
de und noͤthige Materie kommt, und mit den al-
lerdeutlichſten Worten eben daſſelbe bezeuget,
wenn er ſpricht: Es iſt euch geſagt: Wer
ſich von ſeinem Weibe ſcheidet, der ſoll
ihr geben einen Scheide-Brief. Jch aber
ſage euch: Wer ſich von ſeinem Weibe
ſcheidet, es ſey denn um Ehebruch, der
macht, daß ſie die Ehe bricht, und wer
eine abgeſcheidete freyet, der bricht die
Ehe.
Und eben dieſes bezeuget aus den Wor-
ten CHriſti auch Lucas c. 16, 18. und ſiehet man
aus der Collation dieſer 3 Oerter, daß, ob ſie
gleich nicht auf eine Handelung der Rede, und
auch nicht auf eine Zeit gehen, unſer Heiland al-
lemal doch gleichfoͤrmig davon gezeuget hat.

§. XI. Nachdem nun der richtige Wort-
Verſtand
von dem gantzen Orte Matth. 19
alhier zum Grunde lieget, ſo ziehen und erweiſen
wir daraus mit allem Rechte zweene Schluͤſ-
ſe:
den erſten, wider die willkuͤhrlichen Ehe-
Scheidungen, fuͤr die Unzertrennlichkeit oder
Indiſſolubilitaͤt der Ehe: den andern wider die
Polygamie, fuͤr die Vnitaͤt eines ehelichen Paa-
res. Und da die erſte Concluſion wider die Ehe-
Scheidungen fuͤr die Unzertrennlichkeit der Ehe,
ſchon mit gantz ausdruͤcklichen Worten im Texte
lieget, und aus der Einſetzung des Eheſtandes von
CHriſto ſelbſt gemacht iſt, ſo iſt nur noͤthig, die
der Digamie und Polygamie entgegen ſtehende
zweyte Concluſion mit ihrer ratione conſequentiæ,
oder wie ſie aus dieſem Texte flieſſe, zu zeigen.
und dieſe ratio lieget nun erſtlich in dem von
CHriſto wiederholten facto und dicto GOttes
von der erſten Einſetzung des Eheſtandes v. 4. 5.
und in Anſehung des dicti, oder des goͤttlichen
Ausſpruchs, ſonderlich in den declarirten Mo-
ſaiſchen Worten: und werden Mann und
Weib ein Fleiſch ſeyn.
Da er ſpricht: und
werden
οἱ δύο, die zwey ein Fleiſch ſeyn, und
zwar dergeſtalt, daß, wofern ein Theil von ihnen,
es ſey Mann, oder Weib, mit der dritten Perſon
ein Fleiſch wird, damit ein Ehebruch begangen
wird. Dannenhero iſts ja allerdings klar und
deutlich, daß hiemit alle Digamie und Poligamie,
als ein Ehebruch, verworfen ſey. Und dieſes be-
kraͤftiget auch der 6te Vers. Es beſtehet dem-
nach die Ehe in einem Bande zwiſchen nicht mehr
als zween Perſonen, und iſt daſſelbe an ſich ſelbſt
von Rechts wegen allerdings unaufloͤslich, und
alſo kein ſolcher menſchlicher Contract, welchen
man nach ſeinem Gefallen mit einer Perſon ma-
chen und auch wieder aufheben koͤnne.

§. XII. Nun giebet man zwar vor, daß das
Wort πορνεία Matth. 19, 9. Hurerey, Ehe-
bruch,
nach dem damaligen unter den Juden
uͤblichen Gebrauch, ſo viel heiſſe, als quæcunque,
extantior tamen, fœditas,
oder indecentia, oder
etwas dem Weibe ſehr unanſtaͤndiges und dem
Manne ſehr beſchwerliches; und waͤren alſo auch
dahin zu rechnen anſteckende, oder unheilba-
[Spaltenumbruch] re Kranckheiten, groſſe Feindſchaft,
die Ver-
ſchwendung, uͤble Sitten
u. ſ. w. um wel-
cher Urſachen willen CHriſtus die Ehe-Schei-
dung ſelbſt verſtattet wiſſen wolte. Allein diß
iſt ein gantz nichtiger Behelf, welcher bey Erwe-
gung des Textes nach den Regeln einer geſunden
Logic und Hermenevtic auch nicht einmal den
geringſten Schein des Rechten, oder der Wahr-
heit behaͤlt. Denn 1) wird das Wort πορνείᾳ
nirgends im gantzen neuen Teſtament alſo ge-
nommen; wie es denn auch deſſelben notio gram-
matica
nicht leidet, und in den vocibus cognatis
πόρνος, πόρνη, πορνει῀ον, πορνεύω &c. davon
gleichfals keine Spur zu finden iſt. 2) Stehet
ſolche Bedeutung dem gantzen Contexte und dem
Zwecke der Rede CHriſti entgegen. Denn die
Frage war: Ob die Ehe-Scheidung nicht
koͤnte geſchehen
κατὰ πᾶσαν αἰτίαν, um al-
lerhand Urſachen willen,
die doch, (weil ein
ſolenner Scheide-Brief muſte geſchrieben, und
darinnen die Urſachen benennet werden, und die
juͤdiſchen Gerichte, oder, an ſtatt dieſer, gewiſſe
Zeugen, doch auch das ihrige dabey zu thun ge-
habt haben, als ohne welche keine Ehe-Scheidung
vollzogen worden) um eine allgemeine proſtitu-
tion
zu verhuͤten, ſo gar geringe nicht koͤnnen ge-
weſen ſeyn, wie einige Rabbinen ohne allen
Grund fabuliren. Und alſo ging die Frage eben
auf ſolche Dinge, welche einige unter die Urſachen
der Scheidung noch heute zu Tage zu rechnen
pflegen. Dieſer Frage aber ſetzet der HERR
JESUS ſein rundes und helles Nein ent-
gegen, und will nichts fuͤr eine Urſache einer
rechtmaͤßigen Scheidung gelten laſſen, als allein
πορνείαν: welches Wort uͤberhaupt die Suͤnde
der Unzucht wider das ſechſte Gebot bedeutet,
und, wenn es von Ehe-Leuten gebrauchet wird,
ſo viel heiſſet als μοιχεία, der Ehebruch: daher
es auch Lutherus Matth. 5, 32. alſo vertiret hat.
Wenn nun das Wort πορνεία Matth. 19, 9. ei-
nen ſo weiten Verſtand, wie einige vorgeben,
haͤtte, ſo muͤſte man die gantze Rede CHriſti
der groͤßten abſurditaͤt beſchuldigen; daß nem-
lich auf der Phariſaͤer Frage: Ob es recht ſey,
ſich von ſeinem Weibe um allerhand Ur-
ſachen willen zu ſcheiden? geantwortet
habe: Nein. Denn wer ſich von ſeinem
Weibe ſcheidet (es ſey denn um allerhand
Urſachen willen) und freyet eine andere,
der bricht die Ehe
ꝛc. Denn auf dieſe Art
haͤtte ja CHriſtus ſich ſelbſt aufs nachdruͤcklich-
ſte contradiciret, und den Juden allen Muth-
willen zu den Ehe-Scheidungen eingeraͤumet.
Es kan dieſer Verſtand 3) auch keines weges mit
der Concluſion, welche die Juͤnger aus den Wor-
ten CHriſti zogen, und welche der HERR her-
nach bekraͤftiget, beſtehen: da ſie ſagen: Ste-
het die Sache eines Mannes mit ſeinem
Weibe alſo, ſo iſts nicht gut ehelich wer-
den.
v. 10. Damit ſie ja klar genug bezeugen,
daß der HErr die Ehe-Scheidung nicht in ihrer
laxitaͤt nach juͤdiſcher Unart ſtehen gelaſſen, ſon-
dern ſie ſo enge eingeſchraͤncket habe, daß er von
keiner andern Urſache, als vom Ehebruch, wiſ-
ſen wollen, wie er ja denn auch ſonſten nicht haͤt-
te ſagen duͤrfen: Was GOtt zuſammen ge-

fuͤget
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0252" n="224"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Einleitung in das &#x017F;iebente Capitel</hi></fw><lb/><cb/>
von &#x017F;att&#x017F;am u&#x0364;berzeuget &#x017F;eyn kan. Und die&#x017F;es<lb/>
bekra&#x0364;ftiget der ausfu&#x0364;hrliche <hi rendition="#aq">locus parallelus</hi> bey<lb/>
dem Marc. 10, 2. <hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi> desgleichen bey dem<lb/>
Matth. 5, 31. 32. da un&#x017F;er Heiland ohne vorherge-<lb/>
gangene Frage in &#x017F;einen <hi rendition="#aq">vindiciis</hi> des alten und<lb/>
wahren Mo&#x017F;ai&#x017F;chen Ge&#x017F;etzes auf die&#x017F;e &#x017F;o wichti-<lb/>
de und no&#x0364;thige <hi rendition="#aq">Materi</hi>e kommt, und mit den al-<lb/>
lerdeutlich&#x017F;ten Worten eben da&#x017F;&#x017F;elbe bezeuget,<lb/>
wenn er &#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">Es i&#x017F;t euch ge&#x017F;agt: Wer<lb/>
&#x017F;ich von &#x017F;einem Weibe &#x017F;cheidet, der &#x017F;oll<lb/>
ihr geben einen Scheide-Brief. Jch aber<lb/>
&#x017F;age euch: Wer &#x017F;ich von &#x017F;einem Weibe<lb/>
&#x017F;cheidet, es &#x017F;ey denn um Ehebruch, der<lb/>
macht, daß &#x017F;ie die Ehe bricht, und wer<lb/>
eine abge&#x017F;cheidete freyet, der bricht die<lb/>
Ehe.</hi> Und eben die&#x017F;es bezeuget aus den Wor-<lb/>
ten CHri&#x017F;ti auch Lucas c. 16, 18. und &#x017F;iehet man<lb/>
aus der <hi rendition="#aq">Collation</hi> die&#x017F;er 3 Oerter, daß, ob &#x017F;ie<lb/>
gleich nicht auf eine Handelung der Rede, und<lb/>
auch nicht auf eine Zeit gehen, un&#x017F;er Heiland al-<lb/>
lemal doch gleichfo&#x0364;rmig davon gezeuget hat.</p><lb/>
            <p>§. <hi rendition="#aq">XI.</hi> Nachdem nun der richtige <hi rendition="#fr">Wort-<lb/>
Ver&#x017F;tand</hi> von dem gantzen Orte Matth. 19<lb/>
alhier zum Grunde lieget, &#x017F;o ziehen und erwei&#x017F;en<lb/>
wir daraus mit allem Rechte <hi rendition="#fr">zweene Schlu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e:</hi> den <hi rendition="#fr">er&#x017F;ten,</hi> wider die willku&#x0364;hrlichen Ehe-<lb/>
Scheidungen, fu&#x0364;r die Unzertrennlichkeit oder<lb/><hi rendition="#aq">Indi&#x017F;&#x017F;olubili</hi>ta&#x0364;t der Ehe: den <hi rendition="#fr">andern</hi> wider die<lb/><hi rendition="#aq">Polygami</hi>e, fu&#x0364;r die <hi rendition="#aq">Vnit</hi>a&#x0364;t eines ehelichen Paa-<lb/>
res. Und da die er&#x017F;te <hi rendition="#aq">Conclu&#x017F;ion</hi> wider die Ehe-<lb/>
Scheidungen fu&#x0364;r die Unzertrennlichkeit der Ehe,<lb/>
&#x017F;chon mit gantz ausdru&#x0364;cklichen Worten im Texte<lb/>
lieget, und aus der Ein&#x017F;etzung des Ehe&#x017F;tandes von<lb/>
CHri&#x017F;to &#x017F;elb&#x017F;t gemacht i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t nur no&#x0364;thig, die<lb/>
der <hi rendition="#aq">Digami</hi>e und <hi rendition="#aq">Polygami</hi>e entgegen &#x017F;tehende<lb/>
zweyte <hi rendition="#aq">Conclu&#x017F;ion</hi> mit ihrer <hi rendition="#aq">ratione con&#x017F;equentiæ,</hi><lb/>
oder wie &#x017F;ie aus die&#x017F;em Texte flie&#x017F;&#x017F;e, zu zeigen.<lb/>
und die&#x017F;e <hi rendition="#aq">ratio</hi> lieget nun <hi rendition="#fr">er&#x017F;tlich</hi> in dem von<lb/>
CHri&#x017F;to wiederholten <hi rendition="#aq">facto</hi> und <hi rendition="#aq">dicto</hi> GOttes<lb/>
von der er&#x017F;ten Ein&#x017F;etzung des Ehe&#x017F;tandes v. 4. 5.<lb/>
und in An&#x017F;ehung des <hi rendition="#aq">dicti,</hi> oder des go&#x0364;ttlichen<lb/>
Aus&#x017F;pruchs, &#x017F;onderlich in den <hi rendition="#aq">declarir</hi>ten Mo-<lb/>
&#x017F;ai&#x017F;chen Worten: <hi rendition="#fr">und werden Mann und<lb/>
Weib ein Flei&#x017F;ch &#x017F;eyn.</hi> Da er &#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">und<lb/>
werden</hi> &#x03BF;&#x1F31; &#x03B4;&#x03CD;&#x03BF;, <hi rendition="#fr">die zwey ein Flei&#x017F;ch &#x017F;eyn,</hi> und<lb/>
zwar derge&#x017F;talt, daß, wofern ein Theil von ihnen,<lb/>
es &#x017F;ey Mann, oder Weib, mit der dritten Per&#x017F;on<lb/>
ein Flei&#x017F;ch wird, damit ein Ehebruch begangen<lb/>
wird. Dannenhero i&#x017F;ts ja allerdings klar und<lb/>
deutlich, daß hiemit alle <hi rendition="#aq">Digami</hi>e und <hi rendition="#aq">Poligami</hi>e,<lb/>
als ein Ehebruch, verworfen &#x017F;ey. Und die&#x017F;es be-<lb/>
kra&#x0364;ftiget auch der 6te Vers. Es be&#x017F;tehet dem-<lb/>
nach die Ehe in einem Bande zwi&#x017F;chen nicht mehr<lb/>
als zween Per&#x017F;onen, und i&#x017F;t da&#x017F;&#x017F;elbe an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
von Rechts wegen allerdings unauflo&#x0364;slich, und<lb/>
al&#x017F;o kein &#x017F;olcher men&#x017F;chlicher <hi rendition="#aq">Contract,</hi> welchen<lb/>
man nach &#x017F;einem Gefallen mit einer Per&#x017F;on ma-<lb/>
chen und auch wieder aufheben ko&#x0364;nne.</p><lb/>
            <p>§. <hi rendition="#aq">XII.</hi> Nun giebet man zwar vor, daß das<lb/>
Wort &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1; Matth. 19, 9. <hi rendition="#fr">Hurerey, Ehe-<lb/>
bruch,</hi> nach dem damaligen unter den Juden<lb/>
u&#x0364;blichen Gebrauch, &#x017F;o viel hei&#x017F;&#x017F;e, als <hi rendition="#aq">quæcunque,<lb/>
extantior tamen, f&#x0153;ditas,</hi> oder <hi rendition="#aq">indecentia,</hi> oder<lb/>
etwas dem Weibe &#x017F;ehr unan&#x017F;ta&#x0364;ndiges und dem<lb/>
Manne &#x017F;ehr be&#x017F;chwerliches; und wa&#x0364;ren al&#x017F;o auch<lb/>
dahin zu rechnen <hi rendition="#fr">an&#x017F;teckende,</hi> oder <hi rendition="#fr">unheilba-<lb/><cb/>
re Kranckheiten, gro&#x017F;&#x017F;e Feind&#x017F;chaft,</hi> die <hi rendition="#fr">Ver-<lb/>
&#x017F;chwendung, u&#x0364;ble Sitten</hi> u. &#x017F;. w. um wel-<lb/>
cher Ur&#x017F;achen willen CHri&#x017F;tus die Ehe-Schei-<lb/>
dung &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;tattet wi&#x017F;&#x017F;en wolte. Allein diß<lb/>
i&#x017F;t ein gantz nichtiger Behelf, welcher bey Erwe-<lb/>
gung des Textes nach den Regeln einer ge&#x017F;unden<lb/><hi rendition="#aq">Logic</hi> und <hi rendition="#aq">Hermenevtic</hi> auch nicht einmal den<lb/>
gering&#x017F;ten Schein des Rechten, oder der Wahr-<lb/>
heit beha&#x0364;lt. Denn 1) wird das Wort &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x1FB3;<lb/>
nirgends im gantzen neuen Te&#x017F;tament al&#x017F;o ge-<lb/>
nommen; wie es denn auch de&#x017F;&#x017F;elben <hi rendition="#aq">notio gram-<lb/>
matica</hi> nicht leidet, und in den <hi rendition="#aq">vocibus cognatis</hi><lb/>
&#x03C0;&#x03CC;&#x03C1;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2;, &#x03C0;&#x03CC;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B7;, &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03B9;&#x1FC0;&#x03BF;&#x03BD;, &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03CD;&#x03C9; <hi rendition="#aq">&amp;c.</hi> davon<lb/>
gleichfals keine Spur zu finden i&#x017F;t. 2) Stehet<lb/>
&#x017F;olche Bedeutung dem gantzen <hi rendition="#aq">Context</hi>e und dem<lb/>
Zwecke der Rede CHri&#x017F;ti entgegen. Denn die<lb/>
Frage war: <hi rendition="#fr">Ob die Ehe-Scheidung nicht<lb/>
ko&#x0364;nte ge&#x017F;chehen</hi> &#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x1F70; &#x03C0;&#x1FB6;&#x03C3;&#x03B1;&#x03BD; &#x03B1;&#x1F30;&#x03C4;&#x03AF;&#x03B1;&#x03BD;, <hi rendition="#fr">um al-<lb/>
lerhand Ur&#x017F;achen willen,</hi> die doch, (weil ein<lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;olenn</hi>er Scheide-Brief mu&#x017F;te ge&#x017F;chrieben, und<lb/>
darinnen die Ur&#x017F;achen benennet werden, und die<lb/>
ju&#x0364;di&#x017F;chen Gerichte, oder, an &#x017F;tatt die&#x017F;er, gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Zeugen, doch auch das ihrige dabey zu thun ge-<lb/>
habt haben, als ohne welche keine Ehe-Scheidung<lb/>
vollzogen worden) um eine allgemeine <hi rendition="#aq">pro&#x017F;titu-<lb/>
tion</hi> zu verhu&#x0364;ten, &#x017F;o gar geringe nicht ko&#x0364;nnen ge-<lb/>
we&#x017F;en &#x017F;eyn, wie einige <hi rendition="#aq">Rabbin</hi>en ohne allen<lb/>
Grund <hi rendition="#aq">fabulir</hi>en. Und al&#x017F;o ging die Frage eben<lb/>
auf &#x017F;olche Dinge, welche einige unter die Ur&#x017F;achen<lb/>
der Scheidung noch heute zu Tage zu rechnen<lb/>
pflegen. Die&#x017F;er Frage aber &#x017F;etzet der HERR<lb/>
JESUS &#x017F;ein <hi rendition="#fr">rundes und helles Nein</hi> ent-<lb/>
gegen, und will nichts fu&#x0364;r eine Ur&#x017F;ache einer<lb/>
rechtma&#x0364;ßigen Scheidung gelten la&#x017F;&#x017F;en, als allein<lb/>
&#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;&#x03BD;: welches Wort u&#x0364;berhaupt die Su&#x0364;nde<lb/>
der Unzucht wider das &#x017F;ech&#x017F;te Gebot bedeutet,<lb/>
und, wenn es von Ehe-Leuten gebrauchet wird,<lb/>
&#x017F;o viel hei&#x017F;&#x017F;et als &#x03BC;&#x03BF;&#x03B9;&#x03C7;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;, der <hi rendition="#fr">Ehebruch:</hi> daher<lb/>
es auch <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> Matth. 5, 32. al&#x017F;o <hi rendition="#aq">vertir</hi>et hat.<lb/>
Wenn nun das Wort &#x03C0;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1; Matth. 19, 9. ei-<lb/>
nen &#x017F;o weiten Ver&#x017F;tand, wie einige vorgeben,<lb/>
ha&#x0364;tte, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te man die gantze Rede CHri&#x017F;ti<lb/>
der gro&#x0364;ßten <hi rendition="#aq">ab&#x017F;urdit</hi>a&#x0364;t be&#x017F;chuldigen; daß nem-<lb/>
lich auf der Phari&#x017F;a&#x0364;er Frage: <hi rendition="#fr">Ob es recht &#x017F;ey,<lb/>
&#x017F;ich von &#x017F;einem Weibe um allerhand Ur-<lb/>
&#x017F;achen willen zu &#x017F;cheiden? geantwortet<lb/>
habe: Nein. Denn wer &#x017F;ich von &#x017F;einem<lb/>
Weibe &#x017F;cheidet (es &#x017F;ey denn um allerhand<lb/>
Ur&#x017F;achen willen) und freyet eine andere,<lb/>
der bricht die Ehe</hi> &#xA75B;c. Denn auf die&#x017F;e Art<lb/>
ha&#x0364;tte ja CHri&#x017F;tus &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t aufs nachdru&#x0364;cklich-<lb/>
&#x017F;te <hi rendition="#aq">contradicir</hi>et, und den Juden allen Muth-<lb/>
willen zu den Ehe-Scheidungen eingera&#x0364;umet.<lb/>
Es kan die&#x017F;er Ver&#x017F;tand 3) auch keines weges mit<lb/>
der <hi rendition="#aq">Conclu&#x017F;ion,</hi> welche die Ju&#x0364;nger aus den Wor-<lb/>
ten CHri&#x017F;ti zogen, und welche der HERR her-<lb/>
nach bekra&#x0364;ftiget, be&#x017F;tehen: da &#x017F;ie &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">Ste-<lb/>
het die Sache eines Mannes mit &#x017F;einem<lb/>
Weibe al&#x017F;o, &#x017F;o i&#x017F;ts nicht gut ehelich wer-<lb/>
den.</hi> v. 10. Damit &#x017F;ie ja klar genug bezeugen,<lb/>
daß der HErr die Ehe-Scheidung nicht in ihrer<lb/><hi rendition="#aq">laxit</hi>a&#x0364;t nach ju&#x0364;di&#x017F;cher Unart &#x017F;tehen gela&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;ie &#x017F;o enge einge&#x017F;chra&#x0364;ncket habe, daß er von<lb/>
keiner andern Ur&#x017F;ache, als vom <hi rendition="#fr">Ehebruch,</hi> wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wollen, wie er ja denn auch &#x017F;on&#x017F;ten nicht ha&#x0364;t-<lb/>
te &#x017F;agen du&#x0364;rfen: <hi rendition="#fr">Was GOtt zu&#x017F;ammen ge-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">fu&#x0364;get</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0252] Einleitung in das ſiebente Capitel von ſattſam uͤberzeuget ſeyn kan. Und dieſes bekraͤftiget der ausfuͤhrliche locus parallelus bey dem Marc. 10, 2. ſeqq. desgleichen bey dem Matth. 5, 31. 32. da unſer Heiland ohne vorherge- gangene Frage in ſeinen vindiciis des alten und wahren Moſaiſchen Geſetzes auf dieſe ſo wichti- de und noͤthige Materie kommt, und mit den al- lerdeutlichſten Worten eben daſſelbe bezeuget, wenn er ſpricht: Es iſt euch geſagt: Wer ſich von ſeinem Weibe ſcheidet, der ſoll ihr geben einen Scheide-Brief. Jch aber ſage euch: Wer ſich von ſeinem Weibe ſcheidet, es ſey denn um Ehebruch, der macht, daß ſie die Ehe bricht, und wer eine abgeſcheidete freyet, der bricht die Ehe. Und eben dieſes bezeuget aus den Wor- ten CHriſti auch Lucas c. 16, 18. und ſiehet man aus der Collation dieſer 3 Oerter, daß, ob ſie gleich nicht auf eine Handelung der Rede, und auch nicht auf eine Zeit gehen, unſer Heiland al- lemal doch gleichfoͤrmig davon gezeuget hat. §. XI. Nachdem nun der richtige Wort- Verſtand von dem gantzen Orte Matth. 19 alhier zum Grunde lieget, ſo ziehen und erweiſen wir daraus mit allem Rechte zweene Schluͤſ- ſe: den erſten, wider die willkuͤhrlichen Ehe- Scheidungen, fuͤr die Unzertrennlichkeit oder Indiſſolubilitaͤt der Ehe: den andern wider die Polygamie, fuͤr die Vnitaͤt eines ehelichen Paa- res. Und da die erſte Concluſion wider die Ehe- Scheidungen fuͤr die Unzertrennlichkeit der Ehe, ſchon mit gantz ausdruͤcklichen Worten im Texte lieget, und aus der Einſetzung des Eheſtandes von CHriſto ſelbſt gemacht iſt, ſo iſt nur noͤthig, die der Digamie und Polygamie entgegen ſtehende zweyte Concluſion mit ihrer ratione conſequentiæ, oder wie ſie aus dieſem Texte flieſſe, zu zeigen. und dieſe ratio lieget nun erſtlich in dem von CHriſto wiederholten facto und dicto GOttes von der erſten Einſetzung des Eheſtandes v. 4. 5. und in Anſehung des dicti, oder des goͤttlichen Ausſpruchs, ſonderlich in den declarirten Mo- ſaiſchen Worten: und werden Mann und Weib ein Fleiſch ſeyn. Da er ſpricht: und werden οἱ δύο, die zwey ein Fleiſch ſeyn, und zwar dergeſtalt, daß, wofern ein Theil von ihnen, es ſey Mann, oder Weib, mit der dritten Perſon ein Fleiſch wird, damit ein Ehebruch begangen wird. Dannenhero iſts ja allerdings klar und deutlich, daß hiemit alle Digamie und Poligamie, als ein Ehebruch, verworfen ſey. Und dieſes be- kraͤftiget auch der 6te Vers. Es beſtehet dem- nach die Ehe in einem Bande zwiſchen nicht mehr als zween Perſonen, und iſt daſſelbe an ſich ſelbſt von Rechts wegen allerdings unaufloͤslich, und alſo kein ſolcher menſchlicher Contract, welchen man nach ſeinem Gefallen mit einer Perſon ma- chen und auch wieder aufheben koͤnne. §. XII. Nun giebet man zwar vor, daß das Wort πορνεία Matth. 19, 9. Hurerey, Ehe- bruch, nach dem damaligen unter den Juden uͤblichen Gebrauch, ſo viel heiſſe, als quæcunque, extantior tamen, fœditas, oder indecentia, oder etwas dem Weibe ſehr unanſtaͤndiges und dem Manne ſehr beſchwerliches; und waͤren alſo auch dahin zu rechnen anſteckende, oder unheilba- re Kranckheiten, groſſe Feindſchaft, die Ver- ſchwendung, uͤble Sitten u. ſ. w. um wel- cher Urſachen willen CHriſtus die Ehe-Schei- dung ſelbſt verſtattet wiſſen wolte. Allein diß iſt ein gantz nichtiger Behelf, welcher bey Erwe- gung des Textes nach den Regeln einer geſunden Logic und Hermenevtic auch nicht einmal den geringſten Schein des Rechten, oder der Wahr- heit behaͤlt. Denn 1) wird das Wort πορνείᾳ nirgends im gantzen neuen Teſtament alſo ge- nommen; wie es denn auch deſſelben notio gram- matica nicht leidet, und in den vocibus cognatis πόρνος, πόρνη, πορνει῀ον, πορνεύω &c. davon gleichfals keine Spur zu finden iſt. 2) Stehet ſolche Bedeutung dem gantzen Contexte und dem Zwecke der Rede CHriſti entgegen. Denn die Frage war: Ob die Ehe-Scheidung nicht koͤnte geſchehen κατὰ πᾶσαν αἰτίαν, um al- lerhand Urſachen willen, die doch, (weil ein ſolenner Scheide-Brief muſte geſchrieben, und darinnen die Urſachen benennet werden, und die juͤdiſchen Gerichte, oder, an ſtatt dieſer, gewiſſe Zeugen, doch auch das ihrige dabey zu thun ge- habt haben, als ohne welche keine Ehe-Scheidung vollzogen worden) um eine allgemeine proſtitu- tion zu verhuͤten, ſo gar geringe nicht koͤnnen ge- weſen ſeyn, wie einige Rabbinen ohne allen Grund fabuliren. Und alſo ging die Frage eben auf ſolche Dinge, welche einige unter die Urſachen der Scheidung noch heute zu Tage zu rechnen pflegen. Dieſer Frage aber ſetzet der HERR JESUS ſein rundes und helles Nein ent- gegen, und will nichts fuͤr eine Urſache einer rechtmaͤßigen Scheidung gelten laſſen, als allein πορνείαν: welches Wort uͤberhaupt die Suͤnde der Unzucht wider das ſechſte Gebot bedeutet, und, wenn es von Ehe-Leuten gebrauchet wird, ſo viel heiſſet als μοιχεία, der Ehebruch: daher es auch Lutherus Matth. 5, 32. alſo vertiret hat. Wenn nun das Wort πορνεία Matth. 19, 9. ei- nen ſo weiten Verſtand, wie einige vorgeben, haͤtte, ſo muͤſte man die gantze Rede CHriſti der groͤßten abſurditaͤt beſchuldigen; daß nem- lich auf der Phariſaͤer Frage: Ob es recht ſey, ſich von ſeinem Weibe um allerhand Ur- ſachen willen zu ſcheiden? geantwortet habe: Nein. Denn wer ſich von ſeinem Weibe ſcheidet (es ſey denn um allerhand Urſachen willen) und freyet eine andere, der bricht die Ehe ꝛc. Denn auf dieſe Art haͤtte ja CHriſtus ſich ſelbſt aufs nachdruͤcklich- ſte contradiciret, und den Juden allen Muth- willen zu den Ehe-Scheidungen eingeraͤumet. Es kan dieſer Verſtand 3) auch keines weges mit der Concluſion, welche die Juͤnger aus den Wor- ten CHriſti zogen, und welche der HERR her- nach bekraͤftiget, beſtehen: da ſie ſagen: Ste- het die Sache eines Mannes mit ſeinem Weibe alſo, ſo iſts nicht gut ehelich wer- den. v. 10. Damit ſie ja klar genug bezeugen, daß der HErr die Ehe-Scheidung nicht in ihrer laxitaͤt nach juͤdiſcher Unart ſtehen gelaſſen, ſon- dern ſie ſo enge eingeſchraͤncket habe, daß er von keiner andern Urſache, als vom Ehebruch, wiſ- ſen wollen, wie er ja denn auch ſonſten nicht haͤt- te ſagen duͤrfen: Was GOtt zuſammen ge- fuͤget

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/252
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/252>, abgerufen am 16.07.2024.