Dem GOtt liebenden Leser/ Viel Gnade, Licht und Kraft von GOtt, zur heilsamen und fruchtbaren Erkenntniß seines in seinem heiligen Worte geoffenbahrten Willens!
§. I.
[Spaltenumbruch]
JCch habe bald nach dem Anfange meines hiesigen academischen Amts in Lateinischer Sprache eine aus- führliche Exegesin, oder die bekannten Commentarios, über die Briefe der Apostel/ Petri und Johan- nis, ans Licht gegeben; und war vorhabens mit solcher Arbeit/ in gedachter Sprache und in glei- cher Methode, über alle übrige apostolische Briefe fortzufahren; zumal/ da ich dazu von vielen Le- sern/ und sonderlich Predigern/ welche sich dadurch erbauet zu seyn bezeugeten/ mündlich und schrift- lich bin ersuchet worden. Jch würde auch vermuthlich damit schon zu Stande gekommen seyn/ wenn ich dabey hätte bleiben können: wie mir denn auch dieselbe vor allen an- dern würde lieb gewesen seyn; als davon man selbst billig den ersten und grössesten Nutzen für seine eige- ne Seele hat. Jch bin aber wider meinen Vorsatz/ nach dem darunter erkannten Göttlichen Willen/ bey den unversäumten ordentlichen Amts-Verrichtungen/ zu gantz an- derer Arbeit gezogen worden. Denn da funde ich/ nach edirter Mittel- Strasse zwischen den Abwegen/ und der Prüfung des Geistes in den so [Spaltenumbruch]
genanntenTheosophischen Sendschrei- ben, auch Unterricht von unmittel- baren Offenbahrungen wider die also genannten Inspirirten/ zuvör- derst für dienlich/ dasjenige/ was ich vordem in der Kirchen-Historie des alten und neuen Testaments an- gefangen hatte/ also zu verfertigen/ daß darüber allhier könte gelesen werden. Und da es die Erfahrung schon von mehrern Jahren her ge- lehret hatte/ wie viele gute Seelen sich durch die sehr unrichtigen und schädlichen Lehr-Sätze derPoiretia- nischenOeconomiae operum Dei, wodurch auf eine sehr scheinbare Art der gan- tze Grund des Heils von der Erlö- sung Christi und der daher entste- henden Rechtfertigung verkehret wird/ einnehmen lassen; so zog ich dieselbe in die Prüfung/ und habe dagegen 26. Dissertationes zu den ge- wöhnlichen actibus disputationum e- dirt. Als auch von einem bekann- ten Theologo in Sachsen/ durch unterschiedliche Schriften/ sonder- lich durch einen also genanten Timo- theum Verinum, die Evangelische Kir- che aufs neue sehr beunruhiget/ und dabey insonderheit die hiesige Theo- logische Facultät mit harten und gantz unerweislichen Beschuldigun- gen sehr verunglimpfet worden war/ wurde es von unserm Collegio
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Dem GOtt liebenden Leſer/ Viel Gnade, Licht und Kraft von GOtt, zur heilſamen und fruchtbaren Erkenntniß ſeines in ſeinem heiligen Worte geoffenbahrten Willens!
§. I.
[Spaltenumbruch]
JCch habe bald nach dem Anfange meines hieſigen academiſchen Amts in Lateiniſcher Sprache eine aus- fuͤhrliche Exegeſin, oder die bekannten Commentarios, uͤber die Briefe der Apoſtel/ Petri und Johan- nis, ans Licht gegeben; und war vorhabens mit ſolcher Arbeit/ in gedachter Sprache und in glei- cher Methode, uͤber alle uͤbrige apoſtoliſche Briefe fortzufahren; zumal/ da ich dazu von vielen Le- ſern/ und ſonderlich Predigern/ welche ſich dadurch erbauet zu ſeyn bezeugeten/ muͤndlich und ſchrift- lich bin erſuchet worden. Jch wuͤrde auch vermuthlich damit ſchon zu Stande gekommen ſeyn/ wenn ich dabey haͤtte bleiben koͤnnen: wie mir denn auch dieſelbe vor allen an- dern wuͤrde lieb geweſen ſeyn; als davon man ſelbſt billig den erſten und groͤſſeſten Nutzen fuͤr ſeine eige- ne Seele hat. Jch bin aber wider meinen Vorſatz/ nach dem darunter erkannten Goͤttlichen Willen/ bey den unverſaͤumten ordentlichen Amts-Verrichtungen/ zu gantz an- derer Arbeit gezogen worden. Denn da funde ich/ nach edirter Mittel- Straſſe zwiſchen den Abwegen/ und der Pruͤfung des Geiſtes in den ſo [Spaltenumbruch]
genanntenTheoſophiſchen Sendſchrei- ben, auch Unterricht von unmittel- baren Offenbahrungen wider die alſo genannten Inſpirirten/ zuvoͤr- derſt fuͤr dienlich/ dasjenige/ was ich vordem in der Kirchen-Hiſtorie des alten und neuen Teſtaments an- gefangen hatte/ alſo zu verfertigen/ daß daruͤber allhier koͤnte geleſen werden. Und da es die Erfahrung ſchon von mehrern Jahren her ge- lehret hatte/ wie viele gute Seelen ſich durch die ſehr unrichtigen und ſchaͤdlichen Lehr-Saͤtze derPoiretia- niſchenOeconomiæ operum Dei, wodurch auf eine ſehr ſcheinbare Art der gan- tze Grund des Heils von der Erloͤ- ſung Chriſti und der daher entſte- henden Rechtfertigung verkehret wird/ einnehmen laſſen; ſo zog ich dieſelbe in die Pruͤfung/ und habe dagegen 26. Diſſertationes zu den ge- woͤhnlichen actibus diſputationum e- dirt. Als auch von einem bekann- ten Theologo in Sachſen/ durch unterſchiedliche Schriften/ ſonder- lich durch einen alſo genanten Timo- theum Verinum, die Evangeliſche Kir- che aufs neue ſehr beunruhiget/ und dabey inſonderheit die hieſige Theo- logiſche Facultaͤt mit harten und gantz unerweislichen Beſchuldigun- gen ſehr verunglimpfet worden war/ wurde es von unſerm Collegio
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[0013]
Dem GOtt liebenden Leſer/
Viel Gnade, Licht und Kraft von GOtt, zur heilſamen und fruchtbaren
Erkenntniß ſeines in ſeinem heiligen Worte geoffenbahrten Willens!
§. I.
JCch habe bald nach
dem Anfange meines
hieſigen academiſchen
Amts in Lateiniſcher
Sprache eine aus-
fuͤhrliche Exegeſin, oder
die bekannten Commentarios, uͤber die
Briefe der Apoſtel/ Petri und Johan-
nis, ans Licht gegeben; und war
vorhabens mit ſolcher Arbeit/
in gedachter Sprache und in glei-
cher Methode, uͤber alle uͤbrige
apoſtoliſche Briefe fortzufahren;
zumal/ da ich dazu von vielen Le-
ſern/ und ſonderlich Predigern/
welche ſich dadurch erbauet zu ſeyn
bezeugeten/ muͤndlich und ſchrift-
lich bin erſuchet worden. Jch
wuͤrde auch vermuthlich damit ſchon
zu Stande gekommen ſeyn/ wenn
ich dabey haͤtte bleiben koͤnnen: wie
mir denn auch dieſelbe vor allen an-
dern wuͤrde lieb geweſen ſeyn; als
davon man ſelbſt billig den erſten
und groͤſſeſten Nutzen fuͤr ſeine eige-
ne Seele hat. Jch bin aber wider
meinen Vorſatz/ nach dem darunter
erkannten Goͤttlichen Willen/ bey
den unverſaͤumten ordentlichen
Amts-Verrichtungen/ zu gantz an-
derer Arbeit gezogen worden. Denn
da funde ich/ nach edirter Mittel-
Straſſe zwiſchen den Abwegen/ und
der Pruͤfung des Geiſtes in den ſo
genannten Theoſophiſchen Sendſchrei-
ben, auch Unterricht von unmittel-
baren Offenbahrungen wider die
alſo genannten Inſpirirten/ zuvoͤr-
derſt fuͤr dienlich/ dasjenige/ was
ich vordem in der Kirchen-Hiſtorie
des alten und neuen Teſtaments an-
gefangen hatte/ alſo zu verfertigen/
daß daruͤber allhier koͤnte geleſen
werden. Und da es die Erfahrung
ſchon von mehrern Jahren her ge-
lehret hatte/ wie viele gute Seelen
ſich durch die ſehr unrichtigen und
ſchaͤdlichen Lehr-Saͤtze der Poiretia-
niſchen Oeconomiæ operum Dei, wodurch
auf eine ſehr ſcheinbare Art der gan-
tze Grund des Heils von der Erloͤ-
ſung Chriſti und der daher entſte-
henden Rechtfertigung verkehret
wird/ einnehmen laſſen; ſo zog ich
dieſelbe in die Pruͤfung/ und habe
dagegen 26. Diſſertationes zu den ge-
woͤhnlichen actibus diſputationum e-
dirt. Als auch von einem bekann-
ten Theologo in Sachſen/ durch
unterſchiedliche Schriften/ ſonder-
lich durch einen alſo genanten Timo-
theum Verinum, die Evangeliſche Kir-
che aufs neue ſehr beunruhiget/ und
dabey inſonderheit die hieſige Theo-
logiſche Facultaͤt mit harten und
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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/13>, abgerufen am 25.04.2024.
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