Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 7, v. 9-13. [Spaltenumbruch]
nicht allein fühlete, sondern auch für sündlichhielte.) V. 10. Jch starb aber, (funde bey solchem Ge- V. 11. Denn die Sünde nahm Ursache am V. 12. Das Gesetz (überhaupt) ist ja heilig, Anmerckungen. 1. Der Apostel machet mit diesem Verse aus dem vorhergehenden eine illation auf die Güte und Heiligkeit des Gesetzes, und solte, nach Anweisung der particulae illativae oste, die Ubersetzung also lauten: Dannenhero ist das Gesetz zwar heilig u. s. w. das ist: Es blei- bet wol dabey, was ich schon vorhin v. 7. gesa- get habe, daß es nemlich ferne sey, daß das Ge- setz Sünde seyn solte. 2. Da das Gesetz aus vielen Geboten be- stehet, so verstehet der Apostel alhier durch das Gebot das neunte und zehende im decalogo. 3. Daß das Gesetz GOttes so heilig, recht und gut ist, daran haben wir ein Kennzeichen von seinem göttlichen Ursprun- ge und von der Wahrheit der geoffenbarten Re- ligion. Man conferire hiebey, was 5. Buch Mos. c. 4, v. 6. 7. 8. stehet. V. 13. Jst denn, das da gut ist, mir ein Tod Anmerckungen. 1. Es entstehet alhier eine wichtige Frage, von welcherley Standes Menschen der Apostel in diesem Capitel handele? sonderlich von dem folgenden 14ten Vers an. Ob er rede von den Wiedergebohrnen, oder Unwiedergebohr- nen? 2. Die meisten verstehen diesen Context von den Wiedergebohrnen: und sind ihre Ur- sachen, welche sie zu dieser Auslegung bewegen, diese: a. Daß Paulus denen Personen, davon er redet, einen Haß gegen das Böse v. 15. und ein Wollen gegen das Gute v. 18 19. 20. 21. ja auch eine Lust am Gesetze GOttes nach dem inwendigen Menschen, v. 22. und ein der Sünde entgegen stehendes Gesetze ihres Gemüthes v. 23. ferner auch v. 24. 25. die Dancksagung für die Erlösung, und also so viel gutes zuschreibet, als von Unwiedergebohr- nen nicht könne gesaget werden. Dazu kömmt b. daß er die Personnen von der in ihnen woh- nenden Sünde v. 17. 20. oder sie selbst von ihrem Fleische v. 18. und v. 21. von dem bösen, so ihnen anhanget, auch das Gesetz ihres Gemüths von dem Gesetz der Sünden und ihrer Glieder v. 23. unterscheidet. 3. Die Socinianer erklären alle diese Stellen von dem ihm selbst gelassenen blossen natürlichen Menschen. Und das kömmt daher, weil sie den Sünden-Fall und das natürliche Verderben des Menschen sehr gering machen, und hingegen dem Menschen, wie er sich im Stande der blossen Natur befindet, viel gu- tes und viele Kräfte im geistlichen zuschreiben. Welche Auslegung freylich in so fern der Wahrheit und dem Sinne des Apostels nicht gemäß ist. 4. Daß
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 7, v. 9-13. [Spaltenumbruch]
nicht allein fuͤhlete, ſondern auch fuͤr ſuͤndlichhielte.) V. 10. Jch ſtarb aber, (funde bey ſolchem Ge- V. 11. Denn die Suͤnde nahm Urſache am V. 12. Das Geſetz (uͤberhaupt) iſt ja heilig, Anmerckungen. 1. Der Apoſtel machet mit dieſem Verſe aus dem vorhergehenden eine illation auf die Guͤte und Heiligkeit des Geſetzes, und ſolte, nach Anweiſung der particulæ illativæ ὥστε, die Uberſetzung alſo lauten: Dannenhero iſt das Geſetz zwar heilig u. ſ. w. das iſt: Es blei- bet wol dabey, was ich ſchon vorhin v. 7. geſa- get habe, daß es nemlich ferne ſey, daß das Ge- ſetz Suͤnde ſeyn ſolte. 2. Da das Geſetz aus vielen Geboten be- ſtehet, ſo verſtehet der Apoſtel alhier durch das Gebot das neunte und zehende im decalogo. 3. Daß das Geſetz GOttes ſo heilig, recht und gut iſt, daran haben wir ein Kennzeichen von ſeinem goͤttlichen Urſprun- ge und von der Wahrheit der geoffenbarten Re- ligion. Man conferire hiebey, was 5. Buch Moſ. c. 4, v. 6. 7. 8. ſtehet. V. 13. Jſt denn, das da gut iſt, mir ein Tod Anmerckungen. 1. Es entſtehet alhier eine wichtige Frage, von welcherley Standes Menſchen der Apoſtel in dieſem Capitel handele? ſonderlich von dem folgenden 14ten Vers an. Ob er rede von den Wiedergebohrnen, oder Unwiedergebohr- nen? 2. Die meiſten verſtehen dieſen Context von den Wiedergebohrnen: und ſind ihre Ur- ſachen, welche ſie zu dieſer Auslegung bewegen, dieſe: a. Daß Paulus denen Perſonen, davon er redet, einen Haß gegen das Boͤſe v. 15. und ein Wollen gegen das Gute v. 18 19. 20. 21. ja auch eine Luſt am Geſetze GOttes nach dem inwendigen Menſchen, v. 22. und ein der Suͤnde entgegen ſtehendes Geſetze ihres Gemuͤthes v. 23. ferner auch v. 24. 25. die Danckſagung fuͤr die Erloͤſung, und alſo ſo viel gutes zuſchreibet, als von Unwiedergebohr- nen nicht koͤnne geſaget werden. Dazu koͤmmt b. daß er die Perſonnen von der in ihnen woh- nenden Suͤnde v. 17. 20. oder ſie ſelbſt von ihrem Fleiſche v. 18. und v. 21. von dem boͤſen, ſo ihnen anhanget, auch das Geſetz ihres Gemuͤths von dem Geſetz der Suͤnden und ihrer Glieder v. 23. unterſcheidet. 3. Die Socinianer erklaͤren alle dieſe Stellen von dem ihm ſelbſt gelaſſenen bloſſen natuͤrlichen Menſchen. Und das koͤmmt daher, weil ſie den Suͤnden-Fall und das natuͤrliche Verderben des Menſchen ſehr gering machen, und hingegen dem Menſchen, wie er ſich im Stande der bloſſen Natur befindet, viel gu- tes und viele Kraͤfte im geiſtlichen zuſchreiben. Welche Auslegung freylich in ſo fern der Wahrheit und dem Sinne des Apoſtels nicht gemaͤß iſt. 4. Daß
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 7, v. 9-13.
nicht allein fuͤhlete, ſondern auch fuͤr ſuͤndlich
hielte.)
V. 10.
Jch ſtarb aber, (funde bey ſolchem Ge-
fuͤhle der herrſchenden Luſt, da ich mich ſelbſt
davon nicht los machen konte, meinen geiſtli-
chen Tod, der mir zugleich eine Anzeigung war
des bevorſtehenden ewigen Todes; ſintemal
geſchrieben ſtehet: Verfluchet ſey, wer nicht
alle Worte dieſes Geſetzes, und alſo dieſes
von der verbothenen Luſt, erfuͤllet, daß er
darnach thue. Deut. 27, 26. Siehe auch
Gal. 3, 10. Jer. 11, 3.) und es befand ſich,
daß das Gebot mir zum Tode gereichete,
das mir doch zum (ewigen) Leben gege-
ben war, (in der Ordnung der vollkommnen
Erfuͤllung: nach dem Ausſpruch: Welcher
Menſch meine Satzungen und Rechte haͤlt,
der wird dadurch leben. Levit. 18, 5. Ezech.
20, 11. Rom. 10, 5. Gal. 3, 12.)
V. 11.
Denn die Suͤnde nahm Urſache am
Gebote und betrog mich, (verfuͤhrte mich
mit ihren Reitzungen zur Einwilligung,) und
toͤdtete mich durch daſſelbige Gebot, (ent-
deckete mir damit meinen geiſtlichen Tod: wie
denn die verba actus nach Erforderung des ſen-
ſus zuweilen von der manifeſtatione, der Ent-
deckung, zu verſtehen ſind: wie es auch alſo
heißt: Der Buchſtabe toͤdtet. 2 Cor. 3, 6.
7.)
V. 12.
Das Geſetz (uͤberhaupt) iſt ja heilig,
und (darinnen inſonderheit) das Gebot (wi-
der die boͤſe Luſt) iſt heilig, recht und gut,
1 Tim. 1, 8. (ja ſo geiſtlich und vollkommen,
daß es den Menſchen gantz geiſtlich, heilig, rein
und ohne Suͤnde alſo haben will, wie er im
Stande der Unſchuld mit dem Ebenbilde GOt-
tes erſchaffen war, GOTT zu lieben ohne alle
Suͤnde von gantzem Hertzen, von gantzer See-
le, von gantzem Gemuͤthe und allen Kraͤften,
und ſeinen Naͤchſten, als ſich ſelbſt. Deut. 6,
5. 10, 12. 30, 6. Lev. 19, 18. Matth. 22, 37. ſeq.
Luc. 10, 27. ſeqq. Und daher ziehet das Geſetz
den Menſchen nach dem Fall nicht allein in ſei-
nen aͤuſſerlichen boͤſen Wercken, ſondern auch
in ſeinen innern boͤſen Gedancken, Luͤſten, Be-
gierden, Rathſchlaͤgen und Affecten, unter ſei-
ne Cenſur, und verfluchet, oder verdammet
ihn.)
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel machet mit dieſem Verſe
aus dem vorhergehenden eine illation auf die
Guͤte und Heiligkeit des Geſetzes, und ſolte,
nach Anweiſung der particulæ illativæ ὥστε, die
Uberſetzung alſo lauten: Dannenhero iſt das
Geſetz zwar heilig u. ſ. w. das iſt: Es blei-
bet wol dabey, was ich ſchon vorhin v. 7. geſa-
get habe, daß es nemlich ferne ſey, daß das Ge-
ſetz Suͤnde ſeyn ſolte.
2. Da das Geſetz aus vielen Geboten be-
ſtehet, ſo verſtehet der Apoſtel alhier durch das
Gebot das neunte und zehende im decalogo.
3. Daß das Geſetz GOttes ſo heilig,
recht und gut iſt, daran haben wir ein
Kennzeichen von ſeinem goͤttlichen Urſprun-
ge und von der Wahrheit der geoffenbarten Re-
ligion. Man conferire hiebey, was 5. Buch
Moſ. c. 4, v. 6. 7. 8. ſtehet.
V. 13.
Jſt denn, das da gut iſt, mir ein Tod
worden? Das ſey ferne. Aber die Suͤn-
de, auf daß ſie (in ihrer eigentlichen und rech-
ten, das iſt, ſehr argen Geſtalt) erſcheine,
wie ſie (kein Mittelding oder Kleinigkeit, ſon-
dern allerdings) Suͤnde iſt, hat ſie mir
durch das gute (Gebot) den Tod gewir-
cket, (mich zum Gefuͤhle des geiſtlichen Todes
gebracht,) auf daß die Suͤnde wuͤrde uͤber-
aus ſuͤndig durchs Gebot, (daher es denn
geſchehen, daß die Suͤnde in mir ſehr maͤchtig
worden, oder ſich maͤchtig gereget hat, und ich
geſehen habe, daß ich, wie ohne Gnade und
Gnaden-Kraft, unter dem Geſetze, alſo auch
noch unter der Herrſchaft der Suͤnde ſtehe. Sie-
he auch Rom. 5, 20.)
Anmerckungen.
1. Es entſtehet alhier eine wichtige Frage,
von welcherley Standes Menſchen der Apoſtel
in dieſem Capitel handele? ſonderlich von dem
folgenden 14ten Vers an. Ob er rede von den
Wiedergebohrnen, oder Unwiedergebohr-
nen?
2. Die meiſten verſtehen dieſen Context
von den Wiedergebohrnen: und ſind ihre Ur-
ſachen, welche ſie zu dieſer Auslegung bewegen,
dieſe: a. Daß Paulus denen Perſonen, davon
er redet, einen Haß gegen das Boͤſe v. 15. und
ein Wollen gegen das Gute v. 18 19. 20. 21.
ja auch eine Luſt am Geſetze GOttes nach
dem inwendigen Menſchen, v. 22. und ein
der Suͤnde entgegen ſtehendes Geſetze ihres
Gemuͤthes v. 23. ferner auch v. 24. 25. die
Danckſagung fuͤr die Erloͤſung, und alſo ſo
viel gutes zuſchreibet, als von Unwiedergebohr-
nen nicht koͤnne geſaget werden. Dazu koͤmmt
b. daß er die Perſonnen von der in ihnen woh-
nenden Suͤnde v. 17. 20. oder ſie ſelbſt von
ihrem Fleiſche v. 18. und v. 21. von dem boͤſen,
ſo ihnen anhanget, auch das Geſetz ihres
Gemuͤths von dem Geſetz der Suͤnden und
ihrer Glieder v. 23. unterſcheidet.
3. Die Socinianer erklaͤren alle dieſe
Stellen von dem ihm ſelbſt gelaſſenen bloſſen
natuͤrlichen Menſchen. Und das koͤmmt daher,
weil ſie den Suͤnden-Fall und das natuͤrliche
Verderben des Menſchen ſehr gering machen,
und hingegen dem Menſchen, wie er ſich im
Stande der bloſſen Natur befindet, viel gu-
tes und viele Kraͤfte im geiſtlichen zuſchreiben.
Welche Auslegung freylich in ſo fern der
Wahrheit und dem Sinne des Apoſtels nicht
gemaͤß iſt.
4. Daß
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