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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von den Zeitwörtern.
im Lateinischen auf die Endungen are, ere, ere, ire an.
Diese sollten bedeutend seyn, und vielleicht waren sie es
anfänglich, und so wären sie, wie die meisten Ableitungs-
theilchen der lateinischen Sprache, in Vergessenheit kom-
men. Man wird auch schwerlich etwas a posteriori
darüber bestimmen können. Da sich aber ein und eben
dasselbe Zeitwort nicht durch alle vier Conjugationen
durchführen läßt, so ist klar, daß diese Endungen keine
Modificationen einer und eben derselben Handlung ha-
ben bedeuten können. Sie müßten demnach nur ver-
schiedene Arten von Handlungen angezeigt haben, und
auch da läßt sich noch kein Grund finden, warum es
nur viererley gewesen sind.

§. 157. Wir merken dieses nur an, um zugleich mit
zu zeigen, daß die Sprachen charakteristischer seyn könn-
ten, als sie wirklich sind, und wie viele Umstände man
sich zu Nutze machen könne, wenn man eine wirklich
charakteristische Sprache erfinden wollte. Die vorhin
erwähnten Bestimmungen der Zeitwörter durch Hülfs-
wörter (§. 152.), durch Ableitungstheilchen (§. 155.), ihr
Unterschied in Absicht auf die Veränderung und Dauer
(§. 151.), die Bemerkung der Verhältniß der Verände-
rung zur Ursache und Wirkung (§. 150.), würden da-
bey mit in Betrachtung gezogen, und die Zeitwörter al-
so bezeichnet werden müssen, daß die Ableitungen dersel-
ben, welche die Sache selbst nicht litte, schon durch die
Structur des Wortes oder durch charakteristische Re-
geln ausgeschlossen würden. Denn es ist für sich klar,
daß, so weit dieses angienge, die Theorie der Zeichen
statt der Theorie der Sache würde können gebraucht
werden, wie es bey wissenschaftlichen Zeichen seyn solle
(§. 23.).

§. 158. Wir können noch anmerken, daß die vor-
hin (§. 152.) angeführten Hülfswörter nicht die einigen

mögli-

Von den Zeitwoͤrtern.
im Lateiniſchen auf die Endungen are, ere, ere, ire an.
Dieſe ſollten bedeutend ſeyn, und vielleicht waren ſie es
anfaͤnglich, und ſo waͤren ſie, wie die meiſten Ableitungs-
theilchen der lateiniſchen Sprache, in Vergeſſenheit kom-
men. Man wird auch ſchwerlich etwas a poſteriori
daruͤber beſtimmen koͤnnen. Da ſich aber ein und eben
daſſelbe Zeitwort nicht durch alle vier Conjugationen
durchfuͤhren laͤßt, ſo iſt klar, daß dieſe Endungen keine
Modificationen einer und eben derſelben Handlung ha-
ben bedeuten koͤnnen. Sie muͤßten demnach nur ver-
ſchiedene Arten von Handlungen angezeigt haben, und
auch da laͤßt ſich noch kein Grund finden, warum es
nur viererley geweſen ſind.

§. 157. Wir merken dieſes nur an, um zugleich mit
zu zeigen, daß die Sprachen charakteriſtiſcher ſeyn koͤnn-
ten, als ſie wirklich ſind, und wie viele Umſtaͤnde man
ſich zu Nutze machen koͤnne, wenn man eine wirklich
charakteriſtiſche Sprache erfinden wollte. Die vorhin
erwaͤhnten Beſtimmungen der Zeitwoͤrter durch Huͤlfs-
woͤrter (§. 152.), durch Ableitungstheilchen (§. 155.), ihr
Unterſchied in Abſicht auf die Veraͤnderung und Dauer
(§. 151.), die Bemerkung der Verhaͤltniß der Veraͤnde-
rung zur Urſache und Wirkung (§. 150.), wuͤrden da-
bey mit in Betrachtung gezogen, und die Zeitwoͤrter al-
ſo bezeichnet werden muͤſſen, daß die Ableitungen derſel-
ben, welche die Sache ſelbſt nicht litte, ſchon durch die
Structur des Wortes oder durch charakteriſtiſche Re-
geln ausgeſchloſſen wuͤrden. Denn es iſt fuͤr ſich klar,
daß, ſo weit dieſes angienge, die Theorie der Zeichen
ſtatt der Theorie der Sache wuͤrde koͤnnen gebraucht
werden, wie es bey wiſſenſchaftlichen Zeichen ſeyn ſolle
(§. 23.).

§. 158. Wir koͤnnen noch anmerken, daß die vor-
hin (§. 152.) angefuͤhrten Huͤlfswoͤrter nicht die einigen

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[91/0097] Von den Zeitwoͤrtern. im Lateiniſchen auf die Endungen are, ere, ere, ire an. Dieſe ſollten bedeutend ſeyn, und vielleicht waren ſie es anfaͤnglich, und ſo waͤren ſie, wie die meiſten Ableitungs- theilchen der lateiniſchen Sprache, in Vergeſſenheit kom- men. Man wird auch ſchwerlich etwas a poſteriori daruͤber beſtimmen koͤnnen. Da ſich aber ein und eben daſſelbe Zeitwort nicht durch alle vier Conjugationen durchfuͤhren laͤßt, ſo iſt klar, daß dieſe Endungen keine Modificationen einer und eben derſelben Handlung ha- ben bedeuten koͤnnen. Sie muͤßten demnach nur ver- ſchiedene Arten von Handlungen angezeigt haben, und auch da laͤßt ſich noch kein Grund finden, warum es nur viererley geweſen ſind. §. 157. Wir merken dieſes nur an, um zugleich mit zu zeigen, daß die Sprachen charakteriſtiſcher ſeyn koͤnn- ten, als ſie wirklich ſind, und wie viele Umſtaͤnde man ſich zu Nutze machen koͤnne, wenn man eine wirklich charakteriſtiſche Sprache erfinden wollte. Die vorhin erwaͤhnten Beſtimmungen der Zeitwoͤrter durch Huͤlfs- woͤrter (§. 152.), durch Ableitungstheilchen (§. 155.), ihr Unterſchied in Abſicht auf die Veraͤnderung und Dauer (§. 151.), die Bemerkung der Verhaͤltniß der Veraͤnde- rung zur Urſache und Wirkung (§. 150.), wuͤrden da- bey mit in Betrachtung gezogen, und die Zeitwoͤrter al- ſo bezeichnet werden muͤſſen, daß die Ableitungen derſel- ben, welche die Sache ſelbſt nicht litte, ſchon durch die Structur des Wortes oder durch charakteriſtiſche Re- geln ausgeſchloſſen wuͤrden. Denn es iſt fuͤr ſich klar, daß, ſo weit dieſes angienge, die Theorie der Zeichen ſtatt der Theorie der Sache wuͤrde koͤnnen gebraucht werden, wie es bey wiſſenſchaftlichen Zeichen ſeyn ſolle (§. 23.). §. 158. Wir koͤnnen noch anmerken, daß die vor- hin (§. 152.) angefuͤhrten Huͤlfswoͤrter nicht die einigen moͤgli-

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/97>, abgerufen am 23.11.2024.