Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.III. Hauptstück. tern zugleich gegeben ist, so bald man annehmen kann,daß der Gebrauch zu reden die Bedeutung der bereits eingeführten abgeleiteten Wörter nicht verändert habe. Jndessen da es vieldeutige Wörter giebt, so ist es auch an sich möglich, die eigentliche und so zu reden buchstäb- liche Bedeutung eines Wortes wieder aufzuleben. Es kömmt darauf an, daß das Wort in solchen Redensar- ten wiederum gebraucht werde, in welchen es seine wahre Stelle und Nachdruck hat, und wo man klar sieht, daß kein anderes so gut dient. Die Zeit, einer Sprache diesen Schwung zu geben, und sie auf ihre einfachsten Regeln zu bringen, ist vornehmlich diejenige, wo sie an- fängt, zur gelehrten Sprache zu werden, und die Classi- schen Schriftsteller sowohl in Lehrbüchern als in Ge- dichten sind in jeden Sprachen im Besitz des Rechts und des Ansehens, welches hiezu erfordert wird. §. 131. Ungeacht ferner in jeden Sprachen die Syl- Spra-
III. Hauptſtuͤck. tern zugleich gegeben iſt, ſo bald man annehmen kann,daß der Gebrauch zu reden die Bedeutung der bereits eingefuͤhrten abgeleiteten Woͤrter nicht veraͤndert habe. Jndeſſen da es vieldeutige Woͤrter giebt, ſo iſt es auch an ſich moͤglich, die eigentliche und ſo zu reden buchſtaͤb- liche Bedeutung eines Wortes wieder aufzuleben. Es koͤmmt darauf an, daß das Wort in ſolchen Redensar- ten wiederum gebraucht werde, in welchen es ſeine wahre Stelle und Nachdruck hat, und wo man klar ſieht, daß kein anderes ſo gut dient. Die Zeit, einer Sprache dieſen Schwung zu geben, und ſie auf ihre einfachſten Regeln zu bringen, iſt vornehmlich diejenige, wo ſie an- faͤngt, zur gelehrten Sprache zu werden, und die Claſſi- ſchen Schriftſteller ſowohl in Lehrbuͤchern als in Ge- dichten ſind in jeden Sprachen im Beſitz des Rechts und des Anſehens, welches hiezu erfordert wird. §. 131. Ungeacht ferner in jeden Sprachen die Syl- Spra-
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III. Hauptſtuͤck.
tern zugleich gegeben iſt, ſo bald man annehmen kann,
daß der Gebrauch zu reden die Bedeutung der bereits
eingefuͤhrten abgeleiteten Woͤrter nicht veraͤndert habe.
Jndeſſen da es vieldeutige Woͤrter giebt, ſo iſt es auch
an ſich moͤglich, die eigentliche und ſo zu reden buchſtaͤb-
liche Bedeutung eines Wortes wieder aufzuleben. Es
koͤmmt darauf an, daß das Wort in ſolchen Redensar-
ten wiederum gebraucht werde, in welchen es ſeine wahre
Stelle und Nachdruck hat, und wo man klar ſieht, daß
kein anderes ſo gut dient. Die Zeit, einer Sprache
dieſen Schwung zu geben, und ſie auf ihre einfachſten
Regeln zu bringen, iſt vornehmlich diejenige, wo ſie an-
faͤngt, zur gelehrten Sprache zu werden, und die Claſſi-
ſchen Schriftſteller ſowohl in Lehrbuͤchern als in Ge-
dichten ſind in jeden Sprachen im Beſitz des Rechts und
des Anſehens, welches hiezu erfordert wird.
§. 131. Ungeacht ferner in jeden Sprachen die Syl-
ben, die man zur Ableitung der Woͤrter gebraucht, eine
gute Menge metaphyſiſcher Verhaͤltniſſe und Beſtim-
mungen angeben (§. 129.), ſo iſt doch nicht zu vermu-
then, daß in der erſtrn Bildung der Sprachen alle ge-
troffen worden, beſonders da bald jede Sprache von
den uͤbrigen hierinn abgeht. Die Griechen haben einige
Participia, die im Deutſchen mangeln, und durch Um-
ſchreibungen muͤſſen gegeben werden. Wodurch immer
die Zeichnung der Gedanken verlaͤngert, und oͤfters der
Nachdruck geſchwaͤcht wird. So ſind auch viele grie-
chiſche und lateiniſche Endungen, denen im Deutſchen
nicht durchaus gleichbedeutende entſprechen. Wenn
man demnach eine wiſſenſchaftliche Sprache erfinden
wollte, ſo muͤßte man dieſe Luͤcken ausfuͤllen, und jede
Bedeutung, die ein Wort durch die Ableitung und Zu-
ſammenſetzung erlangen kann, in Claſſen bringen, und
ſelbſt dieſe Claſſen vollſtaͤndig abzaͤhlen. Uebrigens iſt
nicht zu zweifeln, daß nicht auch in den wirklichen
Spra-
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