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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von der Sprache als Zeichen betrachtet.

§. 127. Jn allem diesem findet sich ungemein viel
Charakteristisches, doch so, daß der Gebrauch zu reden,
und die sehr gelegentliche Entstehung und Veränderung
der wirklichen Sprachen eine gute Menge von Anoma-
lien mit einmischt, und das Natürliche mit dem Will-
kührlichen verwechselt. Diese Anomalien würden sich
nun leicht bestimmen lassen, wenn wir nebst den wirkli-
chen Sprachen noch eine durchaus nach erwiesenen Re-
geln eingerichtete Sprache hätten. Denn so käme es
schlechthin auf eine durchgängige Vergleichung an. Jn
Ermanglung einer solchen Sprache aber werden wir
uns an die Gründe zu halten suchen, und die Verglei-
chung der wirklichen Sprachen unter einander mit zu
Hülfe nehmen, weil ihre Unterschiede sehr viel Will-
kührliches, und etwan auch das Bessere und Schlechtere
angeben helfen.

§. 128. Die oben (§. 23.) für wissenschaftliche Zei-
chen gegebene Grundregel, daß nämlich die Theorie
der Sache mit der Theorie der Zeichen solle
können verwechselt werden,
mag uns auch hier
dienen. Wir merken nur an, daß wir sie bey den
Sprachen nicht so synthetisch gebrauchen können, weil
in den Sprachen die einfachsten Zeichen, oder die
Wurzelwörter, Primitiua, Radices, zusammengesetzte
Ganze vorstellen. Da aber diese Ganze ihre Modifi-
cationen, Veränderungen und Verhältnisse haben, so
werden wir leicht sehen, daß ein Wort diesen Ab-
änderungen, so viel es seine Structur zuläßt,
entsprechen solle.
Auf diese Art läßt sich in der
Sprache, von erstangeführter Regel die Hälfte erfüllen.
Denn die Theorie der Wörter solle nach der Theorie der
Sache ziemlicher maßen eingerichtet werden können.
Damit reichen wir aber noch nicht bis an die recipro-
cirliche Verwechslung beyder Theorien, daß wir näm-
lich jede nach den Regeln der Sprache mögliche Ver-

bindung
Von der Sprache als Zeichen betrachtet.

§. 127. Jn allem dieſem findet ſich ungemein viel
Charakteriſtiſches, doch ſo, daß der Gebrauch zu reden,
und die ſehr gelegentliche Entſtehung und Veraͤnderung
der wirklichen Sprachen eine gute Menge von Anoma-
lien mit einmiſcht, und das Natuͤrliche mit dem Will-
kuͤhrlichen verwechſelt. Dieſe Anomalien wuͤrden ſich
nun leicht beſtimmen laſſen, wenn wir nebſt den wirkli-
chen Sprachen noch eine durchaus nach erwieſenen Re-
geln eingerichtete Sprache haͤtten. Denn ſo kaͤme es
ſchlechthin auf eine durchgaͤngige Vergleichung an. Jn
Ermanglung einer ſolchen Sprache aber werden wir
uns an die Gruͤnde zu halten ſuchen, und die Verglei-
chung der wirklichen Sprachen unter einander mit zu
Huͤlfe nehmen, weil ihre Unterſchiede ſehr viel Will-
kuͤhrliches, und etwan auch das Beſſere und Schlechtere
angeben helfen.

§. 128. Die oben (§. 23.) fuͤr wiſſenſchaftliche Zei-
chen gegebene Grundregel, daß naͤmlich die Theorie
der Sache mit der Theorie der Zeichen ſolle
koͤnnen verwechſelt werden,
mag uns auch hier
dienen. Wir merken nur an, daß wir ſie bey den
Sprachen nicht ſo ſynthetiſch gebrauchen koͤnnen, weil
in den Sprachen die einfachſten Zeichen, oder die
Wurzelwoͤrter, Primitiua, Radices, zuſammengeſetzte
Ganze vorſtellen. Da aber dieſe Ganze ihre Modifi-
cationen, Veraͤnderungen und Verhaͤltniſſe haben, ſo
werden wir leicht ſehen, daß ein Wort dieſen Ab-
aͤnderungen, ſo viel es ſeine Structur zulaͤßt,
entſprechen ſolle.
Auf dieſe Art laͤßt ſich in der
Sprache, von erſtangefuͤhrter Regel die Haͤlfte erfuͤllen.
Denn die Theorie der Woͤrter ſolle nach der Theorie der
Sache ziemlicher maßen eingerichtet werden koͤnnen.
Damit reichen wir aber noch nicht bis an die recipro-
cirliche Verwechslung beyder Theorien, daß wir naͤm-
lich jede nach den Regeln der Sprache moͤgliche Ver-

bindung
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[75/0081] Von der Sprache als Zeichen betrachtet. §. 127. Jn allem dieſem findet ſich ungemein viel Charakteriſtiſches, doch ſo, daß der Gebrauch zu reden, und die ſehr gelegentliche Entſtehung und Veraͤnderung der wirklichen Sprachen eine gute Menge von Anoma- lien mit einmiſcht, und das Natuͤrliche mit dem Will- kuͤhrlichen verwechſelt. Dieſe Anomalien wuͤrden ſich nun leicht beſtimmen laſſen, wenn wir nebſt den wirkli- chen Sprachen noch eine durchaus nach erwieſenen Re- geln eingerichtete Sprache haͤtten. Denn ſo kaͤme es ſchlechthin auf eine durchgaͤngige Vergleichung an. Jn Ermanglung einer ſolchen Sprache aber werden wir uns an die Gruͤnde zu halten ſuchen, und die Verglei- chung der wirklichen Sprachen unter einander mit zu Huͤlfe nehmen, weil ihre Unterſchiede ſehr viel Will- kuͤhrliches, und etwan auch das Beſſere und Schlechtere angeben helfen. §. 128. Die oben (§. 23.) fuͤr wiſſenſchaftliche Zei- chen gegebene Grundregel, daß naͤmlich die Theorie der Sache mit der Theorie der Zeichen ſolle koͤnnen verwechſelt werden, mag uns auch hier dienen. Wir merken nur an, daß wir ſie bey den Sprachen nicht ſo ſynthetiſch gebrauchen koͤnnen, weil in den Sprachen die einfachſten Zeichen, oder die Wurzelwoͤrter, Primitiua, Radices, zuſammengeſetzte Ganze vorſtellen. Da aber dieſe Ganze ihre Modifi- cationen, Veraͤnderungen und Verhaͤltniſſe haben, ſo werden wir leicht ſehen, daß ein Wort dieſen Ab- aͤnderungen, ſo viel es ſeine Structur zulaͤßt, entſprechen ſolle. Auf dieſe Art laͤßt ſich in der Sprache, von erſtangefuͤhrter Regel die Haͤlfte erfuͤllen. Denn die Theorie der Woͤrter ſolle nach der Theorie der Sache ziemlicher maßen eingerichtet werden koͤnnen. Damit reichen wir aber noch nicht bis an die recipro- cirliche Verwechslung beyder Theorien, daß wir naͤm- lich jede nach den Regeln der Sprache moͤgliche Ver- bindung

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/81>, abgerufen am 23.11.2024.