heit dieses Vermuthens abgeht, wird zu dem Unbe- stimmten gerechnet.
§. 228. Will man Sätze von der Art
3/4 A 1/2 ist 4/5 B
durch Multiplicirung der Brüche in
alle A sind B
verwandeln, und dadurch das Gewisse mit dem Unbe- stimmten vermengen, so breitet sich die Wahrscheinlich- keit dieses letzten Satzes nicht gleichförmig über den ganzen Satz aus (§. 198.). Und man sieht leicht, daß Vordersätze von dieser Art ebenfalls eine vermischte Wahrscheinlichkeit in den Schlußsatz bringen, und die einzeln Quellen, woraus diese Wahrscheinlichkeit fließt, darüber verlohren gehen. Man wird ebenfalls leicht finden, daß die meisten Sätze, die uns ohne deutliches Bewußtseyn der Gründe, wahrscheinlich vorkommen, eine solche vermischte oder verwirrte Wahrscheinlichkeit haben, und daß man die einzeln Quellen, daraus sie zu- sammenfleußt, hervorsuchen müsse, wenn man die Lük- ken und das Unvollständige in den Gründen deutlich einsehen und sie vollständig machen will.
§. 229. Was wir bisher über die Argumente und ihre Wahrscheinlichkeit gesagt haben, geht noch immer auf den Verstand. Die Argumente für den Wil- len haben damit, in so fern ihre Wahrheit und Wahr- scheinlichkeit beurtheilt werden muß, sehr vieles gemein. Hingegen machen sie, so fern sie auf den Willen gehen, eine besondere Classe aus. Der Wille geht auf das wahre oder scheinbare Gute, oder da das Gute keine bestimmte Einheit hat, wie das Wahre, so kann man richtiger und genauer sagen, daß der Wille auf das Wahre oder scheinbare Bessere gehe. Hiebey haben wir nun den Unterschied zwischen dem Wahren und Scheinbaren bereits in vorhergehendem Hauptstücke be-
trachtet.
V. Hauptſtuͤck.
heit dieſes Vermuthens abgeht, wird zu dem Unbe- ſtimmten gerechnet.
§. 228. Will man Saͤtze von der Art
¾ A ½ iſt ⅘ B
durch Multiplicirung der Bruͤche in
alle A ſind B
verwandeln, und dadurch das Gewiſſe mit dem Unbe- ſtimmten vermengen, ſo breitet ſich die Wahrſcheinlich- keit dieſes letzten Satzes nicht gleichfoͤrmig uͤber den ganzen Satz aus (§. 198.). Und man ſieht leicht, daß Vorderſaͤtze von dieſer Art ebenfalls eine vermiſchte Wahrſcheinlichkeit in den Schlußſatz bringen, und die einzeln Quellen, woraus dieſe Wahrſcheinlichkeit fließt, daruͤber verlohren gehen. Man wird ebenfalls leicht finden, daß die meiſten Saͤtze, die uns ohne deutliches Bewußtſeyn der Gruͤnde, wahrſcheinlich vorkommen, eine ſolche vermiſchte oder verwirrte Wahrſcheinlichkeit haben, und daß man die einzeln Quellen, daraus ſie zu- ſammenfleußt, hervorſuchen muͤſſe, wenn man die Luͤk- ken und das Unvollſtaͤndige in den Gruͤnden deutlich einſehen und ſie vollſtaͤndig machen will.
§. 229. Was wir bisher uͤber die Argumente und ihre Wahrſcheinlichkeit geſagt haben, geht noch immer auf den Verſtand. Die Argumente fuͤr den Wil- len haben damit, in ſo fern ihre Wahrheit und Wahr- ſcheinlichkeit beurtheilt werden muß, ſehr vieles gemein. Hingegen machen ſie, ſo fern ſie auf den Willen gehen, eine beſondere Claſſe aus. Der Wille geht auf das wahre oder ſcheinbare Gute, oder da das Gute keine beſtimmte Einheit hat, wie das Wahre, ſo kann man richtiger und genauer ſagen, daß der Wille auf das Wahre oder ſcheinbare Beſſere gehe. Hiebey haben wir nun den Unterſchied zwiſchen dem Wahren und Scheinbaren bereits in vorhergehendem Hauptſtuͤcke be-
trachtet.
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V. Hauptſtuͤck.
heit dieſes Vermuthens abgeht, wird zu dem Unbe-
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ganzen Satz aus (§. 198.). Und man ſieht leicht, daß
Vorderſaͤtze von dieſer Art ebenfalls eine vermiſchte
Wahrſcheinlichkeit in den Schlußſatz bringen, und die
einzeln Quellen, woraus dieſe Wahrſcheinlichkeit fließt,
daruͤber verlohren gehen. Man wird ebenfalls leicht
finden, daß die meiſten Saͤtze, die uns ohne deutliches
Bewußtſeyn der Gruͤnde, wahrſcheinlich vorkommen,
eine ſolche vermiſchte oder verwirrte Wahrſcheinlichkeit
haben, und daß man die einzeln Quellen, daraus ſie zu-
ſammenfleußt, hervorſuchen muͤſſe, wenn man die Luͤk-
ken und das Unvollſtaͤndige in den Gruͤnden deutlich
einſehen und ſie vollſtaͤndig machen will.
§. 229. Was wir bisher uͤber die Argumente und
ihre Wahrſcheinlichkeit geſagt haben, geht noch immer
auf den Verſtand. Die Argumente fuͤr den Wil-
len haben damit, in ſo fern ihre Wahrheit und Wahr-
ſcheinlichkeit beurtheilt werden muß, ſehr vieles gemein.
Hingegen machen ſie, ſo fern ſie auf den Willen gehen,
eine beſondere Claſſe aus. Der Wille geht auf das
wahre oder ſcheinbare Gute, oder da das Gute keine
beſtimmte Einheit hat, wie das Wahre, ſo kann man
richtiger und genauer ſagen, daß der Wille auf das
Wahre oder ſcheinbare Beſſere gehe. Hiebey haben
wir nun den Unterſchied zwiſchen dem Wahren und
Scheinbaren bereits in vorhergehendem Hauptſtuͤcke be-
trachtet.
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/394>, abgerufen am 23.11.2024.
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