wiß, sondern es geht ihm 1/4 an der Gewißheit ab, das will sagen, seine Wahrscheinlichkeit ist 3/4. Dieses drücken wir nun folgendermaßen aus:
C ist 3/4 B.
Um aber bey dieser Art, wahrscheinliche Sätze vorzu- stellen, eine Zweydeutigkeit zu vermeiden, so merken wir an, daß der zwischen das Bindwörtgen ist und das Prädicat B gesetzte Bruch, nicht das Prädicat, sandern das Bindwörtgen angehe. Denn würde man densel- ben als dem Prädicat beygefügt ansehen, so würde er einen Theil seiner Merkmale desselben anzeigen, so wie er in dem Oberfatze
3/4 A sind B
einen Theil von den Indiuiduis, die A sind, anzeigt. Soll aber ein solcher Bruch den Grad der Wahr- scheinlichkeit des Satzes ausdrücken, so muß er dem Bindwörtgen beygefügt werden, es sey, daß man ihn vorsetze oder anhänge. Und auf diese Art stellte er nicht nur den Grad, sondern auch den Be- griff der Wahrscheinlichkeit vor, weil die Be- griffe seyn und nicht seyn, keine Gradus intensitatis haben. Nämlich, entweder CistB, oder ist nichtB. Dabey giebt es kein Mittel. Wenn wir demnach sagen:
C 3/4 ist B
C 1/4 ist nicht B.
So zeigen die Brüche 3/4, 1/4, im eigentlichsten Verstan- de die Wahrscheinlichkeit der Sätze an. Wir geben dadurch dem ist 3/4, dem ist nicht aber 1/4, wie wenn wir beydes gegen einander abzuwägen hätten.
§. 190. Der hier gemachte Schluß
3/4 A sind B
C ist A
folglich C 3/4 ist B.
giebt
Z 4
Von dem Wahrſcheinlichen.
wiß, ſondern es geht ihm ¼ an der Gewißheit ab, das will ſagen, ſeine Wahrſcheinlichkeit iſt ¾. Dieſes druͤcken wir nun folgendermaßen aus:
C iſt ¾ B.
Um aber bey dieſer Art, wahrſcheinliche Saͤtze vorzu- ſtellen, eine Zweydeutigkeit zu vermeiden, ſo merken wir an, daß der zwiſchen das Bindwoͤrtgen iſt und das Praͤdicat B geſetzte Bruch, nicht das Praͤdicat, ſandern das Bindwoͤrtgen angehe. Denn wuͤrde man denſel- ben als dem Praͤdicat beygefuͤgt anſehen, ſo wuͤrde er einen Theil ſeiner Merkmale deſſelben anzeigen, ſo wie er in dem Oberfatze
¾ A ſind B
einen Theil von den Indiuiduis, die A ſind, anzeigt. Soll aber ein ſolcher Bruch den Grad der Wahr- ſcheinlichkeit des Satzes ausdruͤcken, ſo muß er dem Bindwoͤrtgen beygefuͤgt werden, es ſey, daß man ihn vorſetze oder anhaͤnge. Und auf dieſe Art ſtellte er nicht nur den Grad, ſondern auch den Be- griff der Wahrſcheinlichkeit vor, weil die Be- griffe ſeyn und nicht ſeyn, keine Gradus intenſitatis haben. Naͤmlich, entweder CiſtB, oder iſt nichtB. Dabey giebt es kein Mittel. Wenn wir demnach ſagen:
C ¾ iſt B
C ¼ iſt nicht B.
So zeigen die Bruͤche ¾, ¼, im eigentlichſten Verſtan- de die Wahrſcheinlichkeit der Saͤtze an. Wir geben dadurch dem iſt ¾, dem iſt nicht aber ¼, wie wenn wir beydes gegen einander abzuwaͤgen haͤtten.
§. 190. Der hier gemachte Schluß
¾ A ſind B
C iſt A
folglich C ¾ iſt B.
giebt
Z 4
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Von dem Wahrſcheinlichen.
wiß, ſondern es geht ihm ¼ an der Gewißheit ab, das
will ſagen, ſeine Wahrſcheinlichkeit iſt ¾. Dieſes
druͤcken wir nun folgendermaßen aus:
C iſt ¾ B.
Um aber bey dieſer Art, wahrſcheinliche Saͤtze vorzu-
ſtellen, eine Zweydeutigkeit zu vermeiden, ſo merken
wir an, daß der zwiſchen das Bindwoͤrtgen iſt und das
Praͤdicat B geſetzte Bruch, nicht das Praͤdicat, ſandern
das Bindwoͤrtgen angehe. Denn wuͤrde man denſel-
ben als dem Praͤdicat beygefuͤgt anſehen, ſo wuͤrde er
einen Theil ſeiner Merkmale deſſelben anzeigen, ſo wie
er in dem Oberfatze
¾ A ſind B
einen Theil von den Indiuiduis, die A ſind, anzeigt.
Soll aber ein ſolcher Bruch den Grad der Wahr-
ſcheinlichkeit des Satzes ausdruͤcken, ſo muß er dem
Bindwoͤrtgen beygefuͤgt werden, es ſey, daß man ihn
vorſetze oder anhaͤnge. Und auf dieſe Art ſtellte er
nicht nur den Grad, ſondern auch den Be-
griff der Wahrſcheinlichkeit vor, weil die Be-
griffe ſeyn und nicht ſeyn, keine Gradus intenſitatis
haben. Naͤmlich, entweder C iſt B, oder iſt nicht B.
Dabey giebt es kein Mittel. Wenn wir demnach
ſagen:
C ¾ iſt B
C ¼ iſt nicht B.
So zeigen die Bruͤche ¾, ¼, im eigentlichſten Verſtan-
de die Wahrſcheinlichkeit der Saͤtze an. Wir geben
dadurch dem iſt ¾, dem iſt nicht aber ¼, wie wenn wir
beydes gegen einander abzuwaͤgen haͤtten.
§. 190. Der hier gemachte Schluß
¾ A ſind B
C iſt A
folglich C ¾ iſt B.
giebt
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/365>, abgerufen am 16.07.2024.
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