Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.IV. Hauptstück. gleichsam umnebelt, daß das Bewußtseyn davonschwächer oder ganz verdunkelt ist. Dieses Umnebeln ist in solchen Fällen eine längst eingeführte Metapher. Bey starken Getränken scheint es dem buchstäblichen Verstande nach vorzukommen, und es ist kaum zu zwei- feln, daß es bey stärkern sinnlichen Leidenschaften nicht auch sey, weil sie ihre Wirkung auf die Gebärden, Ge- sichtszüge und den ganzen Leib erstrecken. §. 134. Die von dem Willen abhängenden Bewe- §. 135. Alles dieses ist bey verschiedenen Menschen und
IV. Hauptſtuͤck. gleichſam umnebelt, daß das Bewußtſeyn davonſchwaͤcher oder ganz verdunkelt iſt. Dieſes Umnebeln iſt in ſolchen Faͤllen eine laͤngſt eingefuͤhrte Metapher. Bey ſtarken Getraͤnken ſcheint es dem buchſtaͤblichen Verſtande nach vorzukommen, und es iſt kaum zu zwei- feln, daß es bey ſtaͤrkern ſinnlichen Leidenſchaften nicht auch ſey, weil ſie ihre Wirkung auf die Gebaͤrden, Ge- ſichtszuͤge und den ganzen Leib erſtrecken. §. 134. Die von dem Willen abhaͤngenden Bewe- §. 135. Alles dieſes iſt bey verſchiedenen Menſchen und
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IV. Hauptſtuͤck.
gleichſam umnebelt, daß das Bewußtſeyn davon
ſchwaͤcher oder ganz verdunkelt iſt. Dieſes Umnebeln
iſt in ſolchen Faͤllen eine laͤngſt eingefuͤhrte Metapher.
Bey ſtarken Getraͤnken ſcheint es dem buchſtaͤblichen
Verſtande nach vorzukommen, und es iſt kaum zu zwei-
feln, daß es bey ſtaͤrkern ſinnlichen Leidenſchaften nicht
auch ſey, weil ſie ihre Wirkung auf die Gebaͤrden, Ge-
ſichtszuͤge und den ganzen Leib erſtrecken.
§. 134. Die von dem Willen abhaͤngenden Bewe-
gungen des Leibes und jeder Theile ruͤhren urſpruͤnglich
ebenfalls aus dem Gehirne her, und ſind daſelbſt mit den
Bewegungen, die das Bewußtſeyn der Empfindungen
verurſachen, ebenfalls in Verbindung. Die Leichtigkeit
derſelben, ihre Grade, die allmaͤhlich bis zum Schmer-
zen gehende Ermuͤdung, die dadurch veranlaßte Begier-
de nach der Ruhe, und ſelbſt das Erquickende des Aus-
ruhens, ſind Proben davon. Da man auch des zu
lange anhaltenden Nachdenkens muͤde werden kann,
und Ruhe und Zerſtreuung der Gedanken ſuchen
muß, ſo ſcheint, daß auch der Gebrauch der Erkenntniß-
kraͤfte darinn dem Gebrauche der Leibeskraͤfte aͤhnlich
ſey, daß ſie ſich ermuͤden, und bey beyden die ſtaͤrkere
Ermuͤdung durch den Schlaf muß erſetzt werden.
§. 135. Alles dieſes iſt bey verſchiedenen Menſchen
verſchieden, und die individualen Beſtimmungen, ſo ſich
bey denſelben finden, machen von Kindheit auf die erſte
Anlage zu den Charaktern einzelner Menſchen aus. Die
Nahrung, die Lebensart und die Erziehung helfen dieſe
erſte Anlage vollends ausbilden, und ſie in vielerley Ab-
ſichten und einzelnen Theilen beſſer oder ſchlechter ma-
chen. Einige ſind feinerer Empfindungen faͤhig, an-
dere zu dem Gebrauche der untern, andere zu dem Ge-
brauche der obern Erkenntnißkraͤfte mehr aufgelegt. Bey
einigen ſcheint ein beſtaͤndiger Nebel im Gehirne die
feinern Empfindungen zu hemmen, und den Verſtand
und
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