Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.IV. Hauptstück. nun auf verschiedene Arten Lücken und Fehler vor-kommen. 1. Wenn die Sache die vorgegebene Be- schaffenheit gar nicht, oder nur zum Theil hat. 2. Wenn nebst dem, so wir davon wissen, noch andere Eigenschaf- ten dabey sind, die das daran bemerkte Gute wieder verderben, fruchtlos machen, oder überwiegen. 3. Wenn Umstände mit unterlaufen, die das Gute unbrauchbar machen, oder schlimmeres mit einmengen. 4. Wenn es ganz oder zum Theil falsch ist, daß die vorgegebene Beschaffenheit der Sache, für sich betrachtet, gut sey. 5. Wenn das Gute daran nur in den nächsten Folgen gut, in den entferntern schlecht ist. 6. Wenn das Gute nicht erheblich genug ist, und statt dessen besseres gesucht und erlangt werden kann. Jn welcher von diesen Absich- ten wir uns nun in jedem Fall irren, so wird das Gute, so wir dabey zu seyn glauben, ein Scheingut genennt, es sey, daß es in der That schlecht ist, oder vom schlechten überwogen wird, oder ein größeres Gut verhindert, und zwar wiederum entweder für sich betrachtet, oder in vor- gegebenen Umständen, und so auch entweder in Absicht auf jede Folgen, oder nur in Absicht auf einige. §. 130. Sodann können wir anmerken, daß das bestimmt
IV. Hauptſtuͤck. nun auf verſchiedene Arten Luͤcken und Fehler vor-kommen. 1. Wenn die Sache die vorgegebene Be- ſchaffenheit gar nicht, oder nur zum Theil hat. 2. Wenn nebſt dem, ſo wir davon wiſſen, noch andere Eigenſchaf- ten dabey ſind, die das daran bemerkte Gute wieder verderben, fruchtlos machen, oder uͤberwiegen. 3. Wenn Umſtaͤnde mit unterlaufen, die das Gute unbrauchbar machen, oder ſchlimmeres mit einmengen. 4. Wenn es ganz oder zum Theil falſch iſt, daß die vorgegebene Beſchaffenheit der Sache, fuͤr ſich betrachtet, gut ſey. 5. Wenn das Gute daran nur in den naͤchſten Folgen gut, in den entferntern ſchlecht iſt. 6. Wenn das Gute nicht erheblich genug iſt, und ſtatt deſſen beſſeres geſucht und erlangt werden kann. Jn welcher von dieſen Abſich- ten wir uns nun in jedem Fall irren, ſo wird das Gute, ſo wir dabey zu ſeyn glauben, ein Scheingut genennt, es ſey, daß es in der That ſchlecht iſt, oder vom ſchlechten uͤberwogen wird, oder ein groͤßeres Gut verhindert, und zwar wiederum entweder fuͤr ſich betrachtet, oder in vor- gegebenen Umſtaͤnden, und ſo auch entweder in Abſicht auf jede Folgen, oder nur in Abſicht auf einige. §. 130. Sodann koͤnnen wir anmerken, daß das beſtimmt
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IV. Hauptſtuͤck.
nun auf verſchiedene Arten Luͤcken und Fehler vor-
kommen. 1. Wenn die Sache die vorgegebene Be-
ſchaffenheit gar nicht, oder nur zum Theil hat. 2. Wenn
nebſt dem, ſo wir davon wiſſen, noch andere Eigenſchaf-
ten dabey ſind, die das daran bemerkte Gute wieder
verderben, fruchtlos machen, oder uͤberwiegen. 3. Wenn
Umſtaͤnde mit unterlaufen, die das Gute unbrauchbar
machen, oder ſchlimmeres mit einmengen. 4. Wenn
es ganz oder zum Theil falſch iſt, daß die vorgegebene
Beſchaffenheit der Sache, fuͤr ſich betrachtet, gut ſey.
5. Wenn das Gute daran nur in den naͤchſten Folgen
gut, in den entferntern ſchlecht iſt. 6. Wenn das Gute
nicht erheblich genug iſt, und ſtatt deſſen beſſeres geſucht
und erlangt werden kann. Jn welcher von dieſen Abſich-
ten wir uns nun in jedem Fall irren, ſo wird das Gute, ſo
wir dabey zu ſeyn glauben, ein Scheingut genennt, es
ſey, daß es in der That ſchlecht iſt, oder vom ſchlechten
uͤberwogen wird, oder ein groͤßeres Gut verhindert, und
zwar wiederum entweder fuͤr ſich betrachtet, oder in vor-
gegebenen Umſtaͤnden, und ſo auch entweder in Abſicht
auf jede Folgen, oder nur in Abſicht auf einige.
§. 130. Sodann koͤnnen wir anmerken, daß das
Gute in jeden einzelnen Faͤllen theils individuale Be-
ſtimmungen erhaͤlt, auf die man mit zu ſehen hat, theils
mit individualen Umſtaͤnden in den Zuſammenhang der
Welt verflochten wird, theils auch verhaͤltnißweiſe be-
trachtet, und mit der Summe des Guten, das ein
Menſch in ſeinen Lebensumſtaͤnden erlangen und wirken
kann, verglichen werden muß. Wir haben bereits in
dem zweyten Hauptſtuͤcke der Alethiologie (§. 105. ſeqq.)
die erſten Gruͤnde der Agathologie kurz angezeigt, und
dabey beſonders angemerkt, daß das Gute keine be-
ſtmmte Einheit hat, ſondern nach mehrern Dimenſionen
von 0 bis ins Unendliche geht. Und da die Anzahl
und Vielfaͤltigkeit ſeiner Folgen in jeden Abſichten muß
beſtimmt
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