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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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X. Hauptstück.
thut aber auch in solchen Fällen besser, auf die Aehn-
lichkeit des Eindruckes zu sehen, und statt ganz neuer
Wörter, abgeleitete, zusammengesetzte oder metaphori-
sche zu nehmen. Wir merken nur an, daß solche Wör-
ter schon anfangen, künstlicher zu werden, als daß wir
sie noch zur zweyten Classe rechnen könnten. Sie ma-
chen auch die Grundlage der abstractern Wissenschaften
aus, und wir könnten sie mit dem bereits üblichen Na-
men von Kunstwörtern, Terminis technicis, benen-
nen, daferne nicht dadurch überhaupt alle nur in einzel-
nen Künsten und Wissenschaften vorkommende Wörter
verstanden würden.

§. 342. Ueberhaupt können bey allen bisher in die-
ser Absicht betrachteten Classen von Wörtern Wortstreite
vorkommen. Es findet sich aber ein merklicher Unter-
schied dabey. Denn bey der ersten Classe (§. 338.)
können die Wortstreite unmittelbar durch Vorzeigung
der Sache gehoben werden, und dieses Mittel ist in der
Naturlehre, besonders aber und leichter noch in der
Meßkunst, durchaus möglich. Da dadurch die Wörter
mit der Sache selbst verbunden werden, so hat man sich
öfters zu verwundern, wenn man theils Philologen fin-
det, welche die Begriffe der Mathematiker nach der
Etymologie bestimmen; theils auch bloße Metaphysi-
ker antrift, die eben deswegen von mathematischen Din-
gen sehr unrichtig denken, weil sie die Begriffe nicht
von der Sache, sondern aus andern ganz abstracten und
viel unbestimmtern Begriffen herleiten wollen.

§. 343. Bey der zweyten Classe sind die Wortstreite
schon ungleich häufiger und leichter. Sie begreift die-
jenigen Wörter, welche von sinnlichen Dingen herge-
nommen sind, in figürlichem Verstande aber, wegen
Aehnlichkeit des Eindruckes, abstracte und zur Jntelle-
ctualwelt gehörende Dinge vorstellen. Es liegt dabey
immer eine Vergleichung zum Grunde, welche einen

abstra-

X. Hauptſtuͤck.
thut aber auch in ſolchen Faͤllen beſſer, auf die Aehn-
lichkeit des Eindruckes zu ſehen, und ſtatt ganz neuer
Woͤrter, abgeleitete, zuſammengeſetzte oder metaphori-
ſche zu nehmen. Wir merken nur an, daß ſolche Woͤr-
ter ſchon anfangen, kuͤnſtlicher zu werden, als daß wir
ſie noch zur zweyten Claſſe rechnen koͤnnten. Sie ma-
chen auch die Grundlage der abſtractern Wiſſenſchaften
aus, und wir koͤnnten ſie mit dem bereits uͤblichen Na-
men von Kunſtwoͤrtern, Terminis technicis, benen-
nen, daferne nicht dadurch uͤberhaupt alle nur in einzel-
nen Kuͤnſten und Wiſſenſchaften vorkommende Woͤrter
verſtanden wuͤrden.

§. 342. Ueberhaupt koͤnnen bey allen bisher in die-
ſer Abſicht betrachteten Claſſen von Woͤrtern Wortſtreite
vorkommen. Es findet ſich aber ein merklicher Unter-
ſchied dabey. Denn bey der erſten Claſſe (§. 338.)
koͤnnen die Wortſtreite unmittelbar durch Vorzeigung
der Sache gehoben werden, und dieſes Mittel iſt in der
Naturlehre, beſonders aber und leichter noch in der
Meßkunſt, durchaus moͤglich. Da dadurch die Woͤrter
mit der Sache ſelbſt verbunden werden, ſo hat man ſich
oͤfters zu verwundern, wenn man theils Philologen fin-
det, welche die Begriffe der Mathematiker nach der
Etymologie beſtimmen; theils auch bloße Metaphyſi-
ker antrift, die eben deswegen von mathematiſchen Din-
gen ſehr unrichtig denken, weil ſie die Begriffe nicht
von der Sache, ſondern aus andern ganz abſtracten und
viel unbeſtimmtern Begriffen herleiten wollen.

§. 343. Bey der zweyten Claſſe ſind die Wortſtreite
ſchon ungleich haͤufiger und leichter. Sie begreift die-
jenigen Woͤrter, welche von ſinnlichen Dingen herge-
nommen ſind, in figuͤrlichem Verſtande aber, wegen
Aehnlichkeit des Eindruckes, abſtracte und zur Jntelle-
ctualwelt gehoͤrende Dinge vorſtellen. Es liegt dabey
immer eine Vergleichung zum Grunde, welche einen

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[208/0214] X. Hauptſtuͤck. thut aber auch in ſolchen Faͤllen beſſer, auf die Aehn- lichkeit des Eindruckes zu ſehen, und ſtatt ganz neuer Woͤrter, abgeleitete, zuſammengeſetzte oder metaphori- ſche zu nehmen. Wir merken nur an, daß ſolche Woͤr- ter ſchon anfangen, kuͤnſtlicher zu werden, als daß wir ſie noch zur zweyten Claſſe rechnen koͤnnten. Sie ma- chen auch die Grundlage der abſtractern Wiſſenſchaften aus, und wir koͤnnten ſie mit dem bereits uͤblichen Na- men von Kunſtwoͤrtern, Terminis technicis, benen- nen, daferne nicht dadurch uͤberhaupt alle nur in einzel- nen Kuͤnſten und Wiſſenſchaften vorkommende Woͤrter verſtanden wuͤrden. §. 342. Ueberhaupt koͤnnen bey allen bisher in die- ſer Abſicht betrachteten Claſſen von Woͤrtern Wortſtreite vorkommen. Es findet ſich aber ein merklicher Unter- ſchied dabey. Denn bey der erſten Claſſe (§. 338.) koͤnnen die Wortſtreite unmittelbar durch Vorzeigung der Sache gehoben werden, und dieſes Mittel iſt in der Naturlehre, beſonders aber und leichter noch in der Meßkunſt, durchaus moͤglich. Da dadurch die Woͤrter mit der Sache ſelbſt verbunden werden, ſo hat man ſich oͤfters zu verwundern, wenn man theils Philologen fin- det, welche die Begriffe der Mathematiker nach der Etymologie beſtimmen; theils auch bloße Metaphyſi- ker antrift, die eben deswegen von mathematiſchen Din- gen ſehr unrichtig denken, weil ſie die Begriffe nicht von der Sache, ſondern aus andern ganz abſtracten und viel unbeſtimmtern Begriffen herleiten wollen. §. 343. Bey der zweyten Claſſe ſind die Wortſtreite ſchon ungleich haͤufiger und leichter. Sie begreift die- jenigen Woͤrter, welche von ſinnlichen Dingen herge- nommen ſind, in figuͤrlichem Verſtande aber, wegen Aehnlichkeit des Eindruckes, abſtracte und zur Jntelle- ctualwelt gehoͤrende Dinge vorſtellen. Es liegt dabey immer eine Vergleichung zum Grunde, welche einen abſtra-

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/214>, abgerufen am 23.11.2024.