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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von der Art einer Sprache.
zelwörter, oder Metaphern sind. Die Art, die Ablei-
tungstheilchen anzuhängen, vorzusetzen oder einzuschie-
ben, und die Ordnung, Wörter zusammenzusetzen, hat
ebenfalls in jeder Sprache etwas besonders, welches
dem Charakteristischen in derselben eine eigene Gestalt
giebt (§. 135. 159.).

§. 324. Der Schwung, den eine Sprache hierinn
nimmt, macht einen Theil ihrer Art oder ihres Genius
aus, und äußert sich in allgemeinern Aehnlichkeiten,
nach denen man sich in Ableitung und Zusammenset-
zung neuer Wörter richtet. Was dieser Aehnlichkeit
zu einer gewissen Zeit zuwider ist, oder was selbst noch
kein Beyspiel vor sich hat, das sieht man als dem Ge-
nio
der Sprache zuwider an. Da indessen in lebenden
Sprachen neue Wortfügungen entstehen, so bleibt auch
hiebey zu untersuchen, warum einige in Aufnahm kom-
men, andere aber nicht.

§. 325. Um bey einem Beyspiele anzufangen, so
ist es im Deutschen nicht ungewöhnlich, ein Hauptwort
und ein Beywort zusammenzusetzen, wovon ersteres
zur Bestimmung des andern dient. So sind die Wör-
ter: kugelrund, himmelweit, steinhart, meilen-
lang
etc. längst schon in die Sprache aufgenommen.
Und man sieht leicht, daß das Hauptwort vorgesetzt
wird, weil es zur Vergleichung dient, und das ange-
hängte Beywort eine Eigenschaft davon anzeigt, und
durch alle Fallendungen abgewandelt wird. Diese Zu-
sammensetzung ist eine bequeme Abkürzung, da man
sonst an statt kugelrund, müßte sagen: rund, wie
eine Kugel.
Ein Hauptwort kann auch nicht wohl
anders als Vergleichungsweise zur nähern Bestimmung
eines Beywortes dienen, und die bloße Zusammenset-
zung zeigt auch an sich keine andere Bedeutung an, als
daß ein Wort das andere näher bestimme, und unge-
fähr das sey, was in der Algeber die Coefficienten sind.

Dem-
N 3

Von der Art einer Sprache.
zelwoͤrter, oder Metaphern ſind. Die Art, die Ablei-
tungstheilchen anzuhaͤngen, vorzuſetzen oder einzuſchie-
ben, und die Ordnung, Woͤrter zuſammenzuſetzen, hat
ebenfalls in jeder Sprache etwas beſonders, welches
dem Charakteriſtiſchen in derſelben eine eigene Geſtalt
giebt (§. 135. 159.).

§. 324. Der Schwung, den eine Sprache hierinn
nimmt, macht einen Theil ihrer Art oder ihres Genius
aus, und aͤußert ſich in allgemeinern Aehnlichkeiten,
nach denen man ſich in Ableitung und Zuſammenſet-
zung neuer Woͤrter richtet. Was dieſer Aehnlichkeit
zu einer gewiſſen Zeit zuwider iſt, oder was ſelbſt noch
kein Beyſpiel vor ſich hat, das ſieht man als dem Ge-
nio
der Sprache zuwider an. Da indeſſen in lebenden
Sprachen neue Wortfuͤgungen entſtehen, ſo bleibt auch
hiebey zu unterſuchen, warum einige in Aufnahm kom-
men, andere aber nicht.

§. 325. Um bey einem Beyſpiele anzufangen, ſo
iſt es im Deutſchen nicht ungewoͤhnlich, ein Hauptwort
und ein Beywort zuſammenzuſetzen, wovon erſteres
zur Beſtimmung des andern dient. So ſind die Woͤr-
ter: kugelrund, himmelweit, ſteinhart, meilen-
lang
ꝛc. laͤngſt ſchon in die Sprache aufgenommen.
Und man ſieht leicht, daß das Hauptwort vorgeſetzt
wird, weil es zur Vergleichung dient, und das ange-
haͤngte Beywort eine Eigenſchaft davon anzeigt, und
durch alle Fallendungen abgewandelt wird. Dieſe Zu-
ſammenſetzung iſt eine bequeme Abkuͤrzung, da man
ſonſt an ſtatt kugelrund, muͤßte ſagen: rund, wie
eine Kugel.
Ein Hauptwort kann auch nicht wohl
anders als Vergleichungsweiſe zur naͤhern Beſtimmung
eines Beywortes dienen, und die bloße Zuſammenſet-
zung zeigt auch an ſich keine andere Bedeutung an, als
daß ein Wort das andere naͤher beſtimme, und unge-
faͤhr das ſey, was in der Algeber die Coefficienten ſind.

Dem-
N 3
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[197/0203] Von der Art einer Sprache. zelwoͤrter, oder Metaphern ſind. Die Art, die Ablei- tungstheilchen anzuhaͤngen, vorzuſetzen oder einzuſchie- ben, und die Ordnung, Woͤrter zuſammenzuſetzen, hat ebenfalls in jeder Sprache etwas beſonders, welches dem Charakteriſtiſchen in derſelben eine eigene Geſtalt giebt (§. 135. 159.). §. 324. Der Schwung, den eine Sprache hierinn nimmt, macht einen Theil ihrer Art oder ihres Genius aus, und aͤußert ſich in allgemeinern Aehnlichkeiten, nach denen man ſich in Ableitung und Zuſammenſet- zung neuer Woͤrter richtet. Was dieſer Aehnlichkeit zu einer gewiſſen Zeit zuwider iſt, oder was ſelbſt noch kein Beyſpiel vor ſich hat, das ſieht man als dem Ge- nio der Sprache zuwider an. Da indeſſen in lebenden Sprachen neue Wortfuͤgungen entſtehen, ſo bleibt auch hiebey zu unterſuchen, warum einige in Aufnahm kom- men, andere aber nicht. §. 325. Um bey einem Beyſpiele anzufangen, ſo iſt es im Deutſchen nicht ungewoͤhnlich, ein Hauptwort und ein Beywort zuſammenzuſetzen, wovon erſteres zur Beſtimmung des andern dient. So ſind die Woͤr- ter: kugelrund, himmelweit, ſteinhart, meilen- lang ꝛc. laͤngſt ſchon in die Sprache aufgenommen. Und man ſieht leicht, daß das Hauptwort vorgeſetzt wird, weil es zur Vergleichung dient, und das ange- haͤngte Beywort eine Eigenſchaft davon anzeigt, und durch alle Fallendungen abgewandelt wird. Dieſe Zu- ſammenſetzung iſt eine bequeme Abkuͤrzung, da man ſonſt an ſtatt kugelrund, muͤßte ſagen: rund, wie eine Kugel. Ein Hauptwort kann auch nicht wohl anders als Vergleichungsweiſe zur naͤhern Beſtimmung eines Beywortes dienen, und die bloße Zuſammenſet- zung zeigt auch an ſich keine andere Bedeutung an, als daß ein Wort das andere naͤher beſtimme, und unge- faͤhr das ſey, was in der Algeber die Coefficienten ſind. Dem- N 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/203>, abgerufen am 23.11.2024.