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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von der Wortfügung.

§. 291. Die übrigen Fallendungen haben nicht so
viel Metaphysisches. Jhre Verhältniß zu den Zeit-
wörtern ist nicht genau bestimmt, und selbst die Form
der Zeitwörter beut wenig Charakteristisches an, woraus
die behörige Fallendung könnte erkannt werden. Man
hat z. E. in den Sprachlehren die Verba immanentia,
transitiua, intransitiua, reciproca,
etc. mehr der Bedeu-
tung als der Form nach unterschieden, und angemerkt,
wie sie sich in Absicht auf die Nennwörter und ihre Fall-
endungen verhalten, die sie erfordern. Denn ungeacht
die meisten Actiua, welche in der That Passiua haben,
transitiv sind, so machen sie doch keine besondere Conju-
gation aus, durch die sie von den Neutris oder Intran-
sitiuis
(§. 151.) unterschieden werden. Eben so bleiben
auch die Zeitwörter ununterschieden, die eine Handlung
vorstellen, welche nicht die Sache, sondern nur ihre Ver-
hältnisse ändert, und wobey folglich nebst den Namen
des Thuenden und der Sache, noch andere Namen von
Personen oder Sachen vorkommen, oder wenigstens
vorkommen können, dergleichen die meisten Zeitwörter
sind, die einen doppelten Accusatiuum, oder Datiuum,
oder einen Accusatiuum mit einem Datiuo, oder über-
haupt mehrere Casus obliquos zugleich zu sich nehmen.
Man wird aber aus den vorhin schon angezogenen
§. 178. und §. 209. sehen, daß überhaupt hierinn viel
Unvollständiges und Willkührliches in den Sprachen ist,
und daß sie eben daher auch mehr und leichter aus dem
Gebrauche als aus Regeln erlernt werden.

§. 292. Sofern die Beywörter den Hauptwörtern
als Bestimmungen zugesetzt werden, fordert allerdings
die Natur der Sache und die Deutlichkeit, daß sie mit
denselben in gleichen Fallendungen stehen, und in so
ferne ist es besser, daß die Beywörter nicht wie die Zu-
wörter unveränderlich geblieben sind, sondern eben so
wie die Hauptwörter declinirt werden. Dieses ist be-

sonders
Von der Wortfuͤgung.

§. 291. Die uͤbrigen Fallendungen haben nicht ſo
viel Metaphyſiſches. Jhre Verhaͤltniß zu den Zeit-
woͤrtern iſt nicht genau beſtimmt, und ſelbſt die Form
der Zeitwoͤrter beut wenig Charakteriſtiſches an, woraus
die behoͤrige Fallendung koͤnnte erkannt werden. Man
hat z. E. in den Sprachlehren die Verba immanentia,
tranſitiua, intranſitiua, reciproca,
ꝛc. mehr der Bedeu-
tung als der Form nach unterſchieden, und angemerkt,
wie ſie ſich in Abſicht auf die Nennwoͤrter und ihre Fall-
endungen verhalten, die ſie erfordern. Denn ungeacht
die meiſten Actiua, welche in der That Paſſiua haben,
tranſitiv ſind, ſo machen ſie doch keine beſondere Conju-
gation aus, durch die ſie von den Neutris oder Intran-
ſitiuis
(§. 151.) unterſchieden werden. Eben ſo bleiben
auch die Zeitwoͤrter ununterſchieden, die eine Handlung
vorſtellen, welche nicht die Sache, ſondern nur ihre Ver-
haͤltniſſe aͤndert, und wobey folglich nebſt den Namen
des Thuenden und der Sache, noch andere Namen von
Perſonen oder Sachen vorkommen, oder wenigſtens
vorkommen koͤnnen, dergleichen die meiſten Zeitwoͤrter
ſind, die einen doppelten Accuſatiuum, oder Datiuum,
oder einen Accuſatiuum mit einem Datiuo, oder uͤber-
haupt mehrere Caſus obliquos zugleich zu ſich nehmen.
Man wird aber aus den vorhin ſchon angezogenen
§. 178. und §. 209. ſehen, daß uͤberhaupt hierinn viel
Unvollſtaͤndiges und Willkuͤhrliches in den Sprachen iſt,
und daß ſie eben daher auch mehr und leichter aus dem
Gebrauche als aus Regeln erlernt werden.

§. 292. Sofern die Beywoͤrter den Hauptwoͤrtern
als Beſtimmungen zugeſetzt werden, fordert allerdings
die Natur der Sache und die Deutlichkeit, daß ſie mit
denſelben in gleichen Fallendungen ſtehen, und in ſo
ferne iſt es beſſer, daß die Beywoͤrter nicht wie die Zu-
woͤrter unveraͤnderlich geblieben ſind, ſondern eben ſo
wie die Hauptwoͤrter declinirt werden. Dieſes iſt be-

ſonders
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[173/0179] Von der Wortfuͤgung. §. 291. Die uͤbrigen Fallendungen haben nicht ſo viel Metaphyſiſches. Jhre Verhaͤltniß zu den Zeit- woͤrtern iſt nicht genau beſtimmt, und ſelbſt die Form der Zeitwoͤrter beut wenig Charakteriſtiſches an, woraus die behoͤrige Fallendung koͤnnte erkannt werden. Man hat z. E. in den Sprachlehren die Verba immanentia, tranſitiua, intranſitiua, reciproca, ꝛc. mehr der Bedeu- tung als der Form nach unterſchieden, und angemerkt, wie ſie ſich in Abſicht auf die Nennwoͤrter und ihre Fall- endungen verhalten, die ſie erfordern. Denn ungeacht die meiſten Actiua, welche in der That Paſſiua haben, tranſitiv ſind, ſo machen ſie doch keine beſondere Conju- gation aus, durch die ſie von den Neutris oder Intran- ſitiuis (§. 151.) unterſchieden werden. Eben ſo bleiben auch die Zeitwoͤrter ununterſchieden, die eine Handlung vorſtellen, welche nicht die Sache, ſondern nur ihre Ver- haͤltniſſe aͤndert, und wobey folglich nebſt den Namen des Thuenden und der Sache, noch andere Namen von Perſonen oder Sachen vorkommen, oder wenigſtens vorkommen koͤnnen, dergleichen die meiſten Zeitwoͤrter ſind, die einen doppelten Accuſatiuum, oder Datiuum, oder einen Accuſatiuum mit einem Datiuo, oder uͤber- haupt mehrere Caſus obliquos zugleich zu ſich nehmen. Man wird aber aus den vorhin ſchon angezogenen §. 178. und §. 209. ſehen, daß uͤberhaupt hierinn viel Unvollſtaͤndiges und Willkuͤhrliches in den Sprachen iſt, und daß ſie eben daher auch mehr und leichter aus dem Gebrauche als aus Regeln erlernt werden. §. 292. Sofern die Beywoͤrter den Hauptwoͤrtern als Beſtimmungen zugeſetzt werden, fordert allerdings die Natur der Sache und die Deutlichkeit, daß ſie mit denſelben in gleichen Fallendungen ſtehen, und in ſo ferne iſt es beſſer, daß die Beywoͤrter nicht wie die Zu- woͤrter unveraͤnderlich geblieben ſind, ſondern eben ſo wie die Hauptwoͤrter declinirt werden. Dieſes iſt be- ſonders

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/179>, abgerufen am 23.11.2024.