Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den unveränderlichen Redetheilen.
wirkliche Ausschweifungen genennt, besonders wo
der Leitfaden darüber ganz verloren geht.

§. 243. Da sich die Conjunctionen nicht auf einzelne
Begriffe von Dingen, Handlungen, Eigenschaften, etc.
sondern auf die Verbindung derselben und den Zusam-
menhang der Rede erstrecken, und daher logische und
metaphysische Verhältnißbegriffe vorstellen, so wird ihre
Bedeutung und Umfang auch schwerer und später er-
lernt, und man muß sich den Zusammenhang der Ge-
danken in allen Absichten und nach allen Modificatio-
nen wohl bekannt gemacht haben, wenn man sie richtig
gebrauchen und die Misbräuche bestimmen und aus-
bessern will. Sie sind an sich schon ein Werk der
Vernunst, und vor dem Gebrauche oder Reifigkeit die-
ses Erkenntnißvermögens werden sie höchstens nur auf
eine abgelernte Art gebraucht, und es ist gut, wenn es
aus Büchern geschieht, worinn sie richtig und in ihrem
wahren Nachdrucke vorkommen. Die strengste Me-
thode der Mathematiker bindet sich an das Unbestimmte
in den Conjunctionen nicht, sondern hat außer den vor-
hin (§. 237.) schon erwähnten Namen, noch andere
Redensarten, wodurch das Beziehende der Conjun-
ctionen, ohne Gefahr zu irren, richtiger erhalten wird.
Das Citiren der §. §. und Sätze, die in den Beweisen
gebraucht werden, leitet den Leser auf die bestimmteste
Art dahin, wo er diese Sätze bewiesen, erklärt, oder in
ihrer wahren Gestalt vorgestellt findet. Die Ausdrücke:
Vermög der Bedingung, vermög der Constru-
ction, vermög des Erwiesenen, welches der
Bedingung zuwider,
etc. zeigen dem Leser ebenfalls,
woher die Gewißheit des Beweises kömmt. Und die
Schlußformeln: Welches zu erweisen war, wel-
ches zu thun war, welches zu finden war, etc.

zeigen, daß der Beweis oder die Auflösung nunmehr zu
Ende sey. Dadurch werden viele Conjunctionen über-

flüßig,
Lamb. Organon II B. K

Von den unveraͤnderlichen Redetheilen.
wirkliche Ausſchweifungen genennt, beſonders wo
der Leitfaden daruͤber ganz verloren geht.

§. 243. Da ſich die Conjunctionen nicht auf einzelne
Begriffe von Dingen, Handlungen, Eigenſchaften, ꝛc.
ſondern auf die Verbindung derſelben und den Zuſam-
menhang der Rede erſtrecken, und daher logiſche und
metaphyſiſche Verhaͤltnißbegriffe vorſtellen, ſo wird ihre
Bedeutung und Umfang auch ſchwerer und ſpaͤter er-
lernt, und man muß ſich den Zuſammenhang der Ge-
danken in allen Abſichten und nach allen Modificatio-
nen wohl bekannt gemacht haben, wenn man ſie richtig
gebrauchen und die Misbraͤuche beſtimmen und aus-
beſſern will. Sie ſind an ſich ſchon ein Werk der
Vernunſt, und vor dem Gebrauche oder Reifigkeit die-
ſes Erkenntnißvermoͤgens werden ſie hoͤchſtens nur auf
eine abgelernte Art gebraucht, und es iſt gut, wenn es
aus Buͤchern geſchieht, worinn ſie richtig und in ihrem
wahren Nachdrucke vorkommen. Die ſtrengſte Me-
thode der Mathematiker bindet ſich an das Unbeſtimmte
in den Conjunctionen nicht, ſondern hat außer den vor-
hin (§. 237.) ſchon erwaͤhnten Namen, noch andere
Redensarten, wodurch das Beziehende der Conjun-
ctionen, ohne Gefahr zu irren, richtiger erhalten wird.
Das Citiren der §. §. und Saͤtze, die in den Beweiſen
gebraucht werden, leitet den Leſer auf die beſtimmteſte
Art dahin, wo er dieſe Saͤtze bewieſen, erklaͤrt, oder in
ihrer wahren Geſtalt vorgeſtellt findet. Die Ausdruͤcke:
Vermoͤg der Bedingung, vermoͤg der Conſtru-
ction, vermoͤg des Erwieſenen, welches der
Bedingung zuwider,
ꝛc. zeigen dem Leſer ebenfalls,
woher die Gewißheit des Beweiſes koͤmmt. Und die
Schlußformeln: Welches zu erweiſen war, wel-
ches zu thun war, welches zu finden war, ꝛc.

zeigen, daß der Beweis oder die Aufloͤſung nunmehr zu
Ende ſey. Dadurch werden viele Conjunctionen uͤber-

fluͤßig,
Lamb. Organon II B. K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0151" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den unvera&#x0364;nderlichen Redetheilen.</hi></fw><lb/>
wirkliche <hi rendition="#fr">Aus&#x017F;chweifungen</hi> genennt, be&#x017F;onders wo<lb/>
der <hi rendition="#fr">Leitfaden</hi> daru&#x0364;ber ganz verloren geht.</p><lb/>
          <p>§. 243. Da &#x017F;ich die Conjunctionen nicht auf einzelne<lb/>
Begriffe von Dingen, Handlungen, Eigen&#x017F;chaften, &#xA75B;c.<lb/>
&#x017F;ondern auf die Verbindung der&#x017F;elben und den Zu&#x017F;am-<lb/>
menhang der Rede er&#x017F;trecken, und daher logi&#x017F;che und<lb/>
metaphy&#x017F;i&#x017F;che Verha&#x0364;ltnißbegriffe vor&#x017F;tellen, &#x017F;o wird ihre<lb/>
Bedeutung und Umfang auch &#x017F;chwerer und &#x017F;pa&#x0364;ter er-<lb/>
lernt, und man muß &#x017F;ich den Zu&#x017F;ammenhang der Ge-<lb/>
danken in allen Ab&#x017F;ichten und nach allen Modificatio-<lb/>
nen wohl bekannt gemacht haben, wenn man &#x017F;ie richtig<lb/>
gebrauchen und die Misbra&#x0364;uche be&#x017F;timmen und aus-<lb/>
be&#x017F;&#x017F;ern will. Sie &#x017F;ind an &#x017F;ich &#x017F;chon ein Werk der<lb/>
Vernun&#x017F;t, und vor dem Gebrauche oder Reifigkeit die-<lb/>
&#x017F;es Erkenntnißvermo&#x0364;gens werden &#x017F;ie ho&#x0364;ch&#x017F;tens nur auf<lb/>
eine abgelernte Art gebraucht, und es i&#x017F;t gut, wenn es<lb/>
aus Bu&#x0364;chern ge&#x017F;chieht, worinn &#x017F;ie richtig und in ihrem<lb/>
wahren Nachdrucke vorkommen. Die &#x017F;treng&#x017F;te Me-<lb/>
thode der Mathematiker bindet &#x017F;ich an das Unbe&#x017F;timmte<lb/>
in den Conjunctionen nicht, &#x017F;ondern hat außer den vor-<lb/>
hin (§. 237.) &#x017F;chon erwa&#x0364;hnten Namen, noch andere<lb/>
Redensarten, wodurch das <hi rendition="#fr">Beziehende</hi> der Conjun-<lb/>
ctionen, ohne Gefahr zu irren, richtiger erhalten wird.<lb/>
Das Citiren der §. §. und Sa&#x0364;tze, die in den Bewei&#x017F;en<lb/>
gebraucht werden, leitet den Le&#x017F;er auf die be&#x017F;timmte&#x017F;te<lb/>
Art dahin, wo er die&#x017F;e Sa&#x0364;tze bewie&#x017F;en, erkla&#x0364;rt, oder in<lb/>
ihrer wahren Ge&#x017F;talt vorge&#x017F;tellt findet. Die Ausdru&#x0364;cke:<lb/><hi rendition="#fr">Vermo&#x0364;g der Bedingung, vermo&#x0364;g der Con&#x017F;tru-<lb/>
ction, vermo&#x0364;g des Erwie&#x017F;enen, welches der<lb/>
Bedingung zuwider,</hi> &#xA75B;c. zeigen dem Le&#x017F;er ebenfalls,<lb/>
woher die Gewißheit des Bewei&#x017F;es ko&#x0364;mmt. Und die<lb/>
Schlußformeln: <hi rendition="#fr">Welches zu erwei&#x017F;en war, wel-<lb/>
ches zu thun war, welches zu finden war, &#xA75B;c.</hi><lb/>
zeigen, daß der Beweis oder die Auflo&#x0364;&#x017F;ung nunmehr zu<lb/>
Ende &#x017F;ey. Dadurch werden viele Conjunctionen u&#x0364;ber-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Lamb. Organon <hi rendition="#aq">II</hi> B. K</fw><fw place="bottom" type="catch">flu&#x0364;ßig,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0151] Von den unveraͤnderlichen Redetheilen. wirkliche Ausſchweifungen genennt, beſonders wo der Leitfaden daruͤber ganz verloren geht. §. 243. Da ſich die Conjunctionen nicht auf einzelne Begriffe von Dingen, Handlungen, Eigenſchaften, ꝛc. ſondern auf die Verbindung derſelben und den Zuſam- menhang der Rede erſtrecken, und daher logiſche und metaphyſiſche Verhaͤltnißbegriffe vorſtellen, ſo wird ihre Bedeutung und Umfang auch ſchwerer und ſpaͤter er- lernt, und man muß ſich den Zuſammenhang der Ge- danken in allen Abſichten und nach allen Modificatio- nen wohl bekannt gemacht haben, wenn man ſie richtig gebrauchen und die Misbraͤuche beſtimmen und aus- beſſern will. Sie ſind an ſich ſchon ein Werk der Vernunſt, und vor dem Gebrauche oder Reifigkeit die- ſes Erkenntnißvermoͤgens werden ſie hoͤchſtens nur auf eine abgelernte Art gebraucht, und es iſt gut, wenn es aus Buͤchern geſchieht, worinn ſie richtig und in ihrem wahren Nachdrucke vorkommen. Die ſtrengſte Me- thode der Mathematiker bindet ſich an das Unbeſtimmte in den Conjunctionen nicht, ſondern hat außer den vor- hin (§. 237.) ſchon erwaͤhnten Namen, noch andere Redensarten, wodurch das Beziehende der Conjun- ctionen, ohne Gefahr zu irren, richtiger erhalten wird. Das Citiren der §. §. und Saͤtze, die in den Beweiſen gebraucht werden, leitet den Leſer auf die beſtimmteſte Art dahin, wo er dieſe Saͤtze bewieſen, erklaͤrt, oder in ihrer wahren Geſtalt vorgeſtellt findet. Die Ausdruͤcke: Vermoͤg der Bedingung, vermoͤg der Conſtru- ction, vermoͤg des Erwieſenen, welches der Bedingung zuwider, ꝛc. zeigen dem Leſer ebenfalls, woher die Gewißheit des Beweiſes koͤmmt. Und die Schlußformeln: Welches zu erweiſen war, wel- ches zu thun war, welches zu finden war, ꝛc. zeigen, daß der Beweis oder die Aufloͤſung nunmehr zu Ende ſey. Dadurch werden viele Conjunctionen uͤber- fluͤßig, Lamb. Organon II B. K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/151
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/151>, abgerufen am 25.11.2024.