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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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VI. Hauptstück.
aber setzt das Gegründete voraus, und fängt eine neue
Periode an. Die Bindwörter: daß, auf daß, da-
mit, wenn nur,
ziehen fast immer einen Coniuncti-
uum
des Zeitwortes nach sich, auf welches sie sich be-
ziehen, und diese Abwandlungsart der Zeitwörter scheint
den Conjunctionen zugefallen in den Sprachen zu seyn,
welche nicht eine ausdrückliche Anzeige angeben, son-
dern sich aufs ungewisse, unbestimmte, bedingte, etc. be-
ziehen. Der Unterschied der Ausdrücke: wenn die-
ses ist, wenn dieses wäre,
ingleichem: ich weiß,
daß es geschieht; ich will, wünsche, hoffe, etc.
daß es geschehe,
und mehrer anderer, zeigt das Ge-
wissere des Indicatiui, und das Ungewissere des Con-
iunctiui,
einigermaßen an. Man sehe auch (§. 148.).
Uebrigens da überhaupt die Bindwörter die schwerste
Classe der Redetheile sind (§. 230.), und überdieß in
den Sprachen die Modi der Zeitwörter nicht immer so
genau genommen werden, so ist sich nicht zu verwun-
dern, wenn in den wirklichen Sprachen Anomalien vor-
kommen, die das Charakteristische, so bey den Conjun-
ctionen seyn könnte, mehr oder minder verwirren.

§. 239. Die mögliche Anzahl der Bindwörter sollte
sich durch eine genaue Eintheilung und Abzählung der
Verhältnißbegriffe des Zusammenhangs der Rede be-
stimmen lassen. Von diesen Verhältnißbegriffen ha-
ben wir bereits (§. 237.) eine gute Menge angeführt,
die sich durch Abstracta ausdrücken lassen. Es giebt
aber deren mehrere, zu welchen die Sprachen noch keine
solche abstracte Hauptwörter haben, und die folglich
durch Redensarten müssen definirt werden. Z. E. das
Bindwort übrigens scheint von dieser Art zu seyn. Es
zeigt theils etwas, das man noch nachholet, theils et-
was, so gleichsam zum Ueberflusse noch beygefügt wird,
theils ein Zusammennehmen, theils ein Abstrahiren von
ausgelassenen oder auch angeführten Betrachtungen an,

und

VI. Hauptſtuͤck.
aber ſetzt das Gegruͤndete voraus, und faͤngt eine neue
Periode an. Die Bindwoͤrter: daß, auf daß, da-
mit, wenn nur,
ziehen faſt immer einen Coniuncti-
uum
des Zeitwortes nach ſich, auf welches ſie ſich be-
ziehen, und dieſe Abwandlungsart der Zeitwoͤrter ſcheint
den Conjunctionen zugefallen in den Sprachen zu ſeyn,
welche nicht eine ausdruͤckliche Anzeige angeben, ſon-
dern ſich aufs ungewiſſe, unbeſtimmte, bedingte, ꝛc. be-
ziehen. Der Unterſchied der Ausdruͤcke: wenn die-
ſes iſt, wenn dieſes waͤre,
ingleichem: ich weiß,
daß es geſchieht; ich will, wuͤnſche, hoffe, ꝛc.
daß es geſchehe,
und mehrer anderer, zeigt das Ge-
wiſſere des Indicatiui, und das Ungewiſſere des Con-
iunctiui,
einigermaßen an. Man ſehe auch (§. 148.).
Uebrigens da uͤberhaupt die Bindwoͤrter die ſchwerſte
Claſſe der Redetheile ſind (§. 230.), und uͤberdieß in
den Sprachen die Modi der Zeitwoͤrter nicht immer ſo
genau genommen werden, ſo iſt ſich nicht zu verwun-
dern, wenn in den wirklichen Sprachen Anomalien vor-
kommen, die das Charakteriſtiſche, ſo bey den Conjun-
ctionen ſeyn koͤnnte, mehr oder minder verwirren.

§. 239. Die moͤgliche Anzahl der Bindwoͤrter ſollte
ſich durch eine genaue Eintheilung und Abzaͤhlung der
Verhaͤltnißbegriffe des Zuſammenhangs der Rede be-
ſtimmen laſſen. Von dieſen Verhaͤltnißbegriffen ha-
ben wir bereits (§. 237.) eine gute Menge angefuͤhrt,
die ſich durch Abſtracta ausdruͤcken laſſen. Es giebt
aber deren mehrere, zu welchen die Sprachen noch keine
ſolche abſtracte Hauptwoͤrter haben, und die folglich
durch Redensarten muͤſſen definirt werden. Z. E. das
Bindwort uͤbrigens ſcheint von dieſer Art zu ſeyn. Es
zeigt theils etwas, das man noch nachholet, theils et-
was, ſo gleichſam zum Ueberfluſſe noch beygefuͤgt wird,
theils ein Zuſammennehmen, theils ein Abſtrahiren von
ausgelaſſenen oder auch angefuͤhrten Betrachtungen an,

und
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[142/0148] VI. Hauptſtuͤck. aber ſetzt das Gegruͤndete voraus, und faͤngt eine neue Periode an. Die Bindwoͤrter: daß, auf daß, da- mit, wenn nur, ziehen faſt immer einen Coniuncti- uum des Zeitwortes nach ſich, auf welches ſie ſich be- ziehen, und dieſe Abwandlungsart der Zeitwoͤrter ſcheint den Conjunctionen zugefallen in den Sprachen zu ſeyn, welche nicht eine ausdruͤckliche Anzeige angeben, ſon- dern ſich aufs ungewiſſe, unbeſtimmte, bedingte, ꝛc. be- ziehen. Der Unterſchied der Ausdruͤcke: wenn die- ſes iſt, wenn dieſes waͤre, ingleichem: ich weiß, daß es geſchieht; ich will, wuͤnſche, hoffe, ꝛc. daß es geſchehe, und mehrer anderer, zeigt das Ge- wiſſere des Indicatiui, und das Ungewiſſere des Con- iunctiui, einigermaßen an. Man ſehe auch (§. 148.). Uebrigens da uͤberhaupt die Bindwoͤrter die ſchwerſte Claſſe der Redetheile ſind (§. 230.), und uͤberdieß in den Sprachen die Modi der Zeitwoͤrter nicht immer ſo genau genommen werden, ſo iſt ſich nicht zu verwun- dern, wenn in den wirklichen Sprachen Anomalien vor- kommen, die das Charakteriſtiſche, ſo bey den Conjun- ctionen ſeyn koͤnnte, mehr oder minder verwirren. §. 239. Die moͤgliche Anzahl der Bindwoͤrter ſollte ſich durch eine genaue Eintheilung und Abzaͤhlung der Verhaͤltnißbegriffe des Zuſammenhangs der Rede be- ſtimmen laſſen. Von dieſen Verhaͤltnißbegriffen ha- ben wir bereits (§. 237.) eine gute Menge angefuͤhrt, die ſich durch Abſtracta ausdruͤcken laſſen. Es giebt aber deren mehrere, zu welchen die Sprachen noch keine ſolche abſtracte Hauptwoͤrter haben, und die folglich durch Redensarten muͤſſen definirt werden. Z. E. das Bindwort uͤbrigens ſcheint von dieſer Art zu ſeyn. Es zeigt theils etwas, das man noch nachholet, theils et- was, ſo gleichſam zum Ueberfluſſe noch beygefuͤgt wird, theils ein Zuſammennehmen, theils ein Abſtrahiren von ausgelaſſenen oder auch angefuͤhrten Betrachtungen an, und

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/148>, abgerufen am 24.11.2024.