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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von den Zeitwörtern.
werden könne? Mit den Zeitwörtern haben sie weiter
nichts gemein, als daß sie davon abgeleitet werden, und
etwan noch die Bestimmung der Zeit behalten, wie
z. E. amans, amatus, amaturus, amandus. Sodann
sollen sie wie andere Beywörter (Adiectiua) gebraucht
werden können, und daher nicht Redensarten, sondern
einzelne Wörter seyn. Nach diesen Gründen hat man
im Deutschen nur zwo Arten von Mittelwörtern zuge-
lassen, dergleichen lobend, gelobt, sind. Die erste Art
zeigt ein Thun an, die andere ein Leiden. Wiefern
aber eine Bestimmung der Zeit dabey vorkomme, scheint
nicht so leicht zu erörtern zu seyn. Denn die erste Art
stellt zuweilen auch nur eine bloße Möglichkeit, Ge-
wohnheit, Fertigkeit, Fähigkeit etc. vor. Z. E. ein to-
bendes Wasser, ein blendendes Licht, etc. und damit las-
sen sich jede Zeiten verbinden. Die andere Art bindet
sich auch nicht an die Zeit, wiewohl sie etwas anzeigt,
das zu der Zeit, wovon die Rede ist, schon angefangen
hat, und fortdauert, oder auch schon aufgehört hat.
Z. E. die abgelesenen Worte, der angebothene Dienst,
ein geschätzter Freund, etc.

§. 168. Jndessen giebt es im Deutschen noch Spu-
ren von andern Arten von Mittelwörtern. Jn den Ti-
tulaturen gebrauchen wir z. E. das: Hochzuehren-
der Herr!
und nach Aehnlichkeit auch: die beyzu-
legende Sache, die anzustellende Reise
etc. Die-
ses sind allerdings Mittelwörter, die den lateinischen
Participiis in dus ähnlich sind. Von zusammengesetz-
tern Ausdrücken, die als Mittelwörter angesehen wer-
den können, finden sich einige von folgenden Formeln:
anzutreten habend, anzufangen gehabte, ge-
liebt habend, geschrieben seyn sollend,
etc. Ob
aber Mittelwörter von dieser Art, zur Bereicherung der
Sprache, allgemeiner gemacht, und in Aufnahme ge-
bracht werden sollen, ist eine andere Frage. Es kömmt

darauf
Lamb. Organon II B. G

Von den Zeitwoͤrtern.
werden koͤnne? Mit den Zeitwoͤrtern haben ſie weiter
nichts gemein, als daß ſie davon abgeleitet werden, und
etwan noch die Beſtimmung der Zeit behalten, wie
z. E. amans, amatus, amaturus, amandus. Sodann
ſollen ſie wie andere Beywoͤrter (Adiectiua) gebraucht
werden koͤnnen, und daher nicht Redensarten, ſondern
einzelne Woͤrter ſeyn. Nach dieſen Gruͤnden hat man
im Deutſchen nur zwo Arten von Mittelwoͤrtern zuge-
laſſen, dergleichen lobend, gelobt, ſind. Die erſte Art
zeigt ein Thun an, die andere ein Leiden. Wiefern
aber eine Beſtimmung der Zeit dabey vorkomme, ſcheint
nicht ſo leicht zu eroͤrtern zu ſeyn. Denn die erſte Art
ſtellt zuweilen auch nur eine bloße Moͤglichkeit, Ge-
wohnheit, Fertigkeit, Faͤhigkeit ꝛc. vor. Z. E. ein to-
bendes Waſſer, ein blendendes Licht, ꝛc. und damit laſ-
ſen ſich jede Zeiten verbinden. Die andere Art bindet
ſich auch nicht an die Zeit, wiewohl ſie etwas anzeigt,
das zu der Zeit, wovon die Rede iſt, ſchon angefangen
hat, und fortdauert, oder auch ſchon aufgehoͤrt hat.
Z. E. die abgeleſenen Worte, der angebothene Dienſt,
ein geſchaͤtzter Freund, ꝛc.

§. 168. Jndeſſen giebt es im Deutſchen noch Spu-
ren von andern Arten von Mittelwoͤrtern. Jn den Ti-
tulaturen gebrauchen wir z. E. das: Hochzuehren-
der Herr!
und nach Aehnlichkeit auch: die beyzu-
legende Sache, die anzuſtellende Reiſe
ꝛc. Die-
ſes ſind allerdings Mittelwoͤrter, die den lateiniſchen
Participiis in dus aͤhnlich ſind. Von zuſammengeſetz-
tern Ausdruͤcken, die als Mittelwoͤrter angeſehen wer-
den koͤnnen, finden ſich einige von folgenden Formeln:
anzutreten habend, anzufangen gehabte, ge-
liebt habend, geſchrieben ſeyn ſollend,
ꝛc. Ob
aber Mittelwoͤrter von dieſer Art, zur Bereicherung der
Sprache, allgemeiner gemacht, und in Aufnahme ge-
bracht werden ſollen, iſt eine andere Frage. Es koͤmmt

darauf
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[97/0103] Von den Zeitwoͤrtern. werden koͤnne? Mit den Zeitwoͤrtern haben ſie weiter nichts gemein, als daß ſie davon abgeleitet werden, und etwan noch die Beſtimmung der Zeit behalten, wie z. E. amans, amatus, amaturus, amandus. Sodann ſollen ſie wie andere Beywoͤrter (Adiectiua) gebraucht werden koͤnnen, und daher nicht Redensarten, ſondern einzelne Woͤrter ſeyn. Nach dieſen Gruͤnden hat man im Deutſchen nur zwo Arten von Mittelwoͤrtern zuge- laſſen, dergleichen lobend, gelobt, ſind. Die erſte Art zeigt ein Thun an, die andere ein Leiden. Wiefern aber eine Beſtimmung der Zeit dabey vorkomme, ſcheint nicht ſo leicht zu eroͤrtern zu ſeyn. Denn die erſte Art ſtellt zuweilen auch nur eine bloße Moͤglichkeit, Ge- wohnheit, Fertigkeit, Faͤhigkeit ꝛc. vor. Z. E. ein to- bendes Waſſer, ein blendendes Licht, ꝛc. und damit laſ- ſen ſich jede Zeiten verbinden. Die andere Art bindet ſich auch nicht an die Zeit, wiewohl ſie etwas anzeigt, das zu der Zeit, wovon die Rede iſt, ſchon angefangen hat, und fortdauert, oder auch ſchon aufgehoͤrt hat. Z. E. die abgeleſenen Worte, der angebothene Dienſt, ein geſchaͤtzter Freund, ꝛc. §. 168. Jndeſſen giebt es im Deutſchen noch Spu- ren von andern Arten von Mittelwoͤrtern. Jn den Ti- tulaturen gebrauchen wir z. E. das: Hochzuehren- der Herr! und nach Aehnlichkeit auch: die beyzu- legende Sache, die anzuſtellende Reiſe ꝛc. Die- ſes ſind allerdings Mittelwoͤrter, die den lateiniſchen Participiis in dus aͤhnlich ſind. Von zuſammengeſetz- tern Ausdruͤcken, die als Mittelwoͤrter angeſehen wer- den koͤnnen, finden ſich einige von folgenden Formeln: anzutreten habend, anzufangen gehabte, ge- liebt habend, geſchrieben ſeyn ſollend, ꝛc. Ob aber Mittelwoͤrter von dieſer Art, zur Bereicherung der Sprache, allgemeiner gemacht, und in Aufnahme ge- bracht werden ſollen, iſt eine andere Frage. Es koͤmmt darauf Lamb. Organon II B. G

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/103>, abgerufen am 23.11.2024.