ist eben so viel, als wenn man den Begriff aus die- sen Merkmaalen abstrahirt hätte. Der Unterschied besteht nur darinn, daß man hier den Begriff vor der Erfahrung gehabt, und diese erst nachher zur Be- kräftigung seiner Möglichkeit aufgesucht hat. Auf diese Art ist es auch hinwiederum sehr gewöhnlich, daß man Merkmaale, die man in der Erfahrung findet, so zusammensetzt, als wenn man von der Erfahrung nichts wüßte, um sich dadurch das Ansehen eines Er- finders zu geben, oder um den Begriff von der Er- fahrung unabhängig zu machen, wenn man nämlich seine Möglichkeit sonst beweist, oder als eines Be- weises unbedürftig voraussetzt. So z. E. lassen sich die Regierungsformen in die Staatslehre bestimmen, wenn man die Anzahl der regierenden Personen auf eine, oder etliche, oder alle, und den Umfang ihrer Macht über die Unterthanen auf Bestimmungen setzt, ungeachtet lange vor dieser Theorie Regierungsformen gewesen sind.
§. 66.
Jst aber die Erfahrung erst noch anzustellen, so ist klar, daß man diejenigen Sachen, welche die zusammengesetzten Merkmaale angeben, auf eben die Art in der That zusammen zu setzen suchen müsse, um zu sehen, ob es angeht oder nicht. Geht es an, so ist der Begriff der Sache unstreitig möglich. Wi- drigenfalls ist es immer ein Anlaß, durch behörige Veränderungen einen neuen zusammengesetzten Be- griff herauszubringen. Jn der Chymie, Mechanik, und bey den meisten Künstlern kommen derglei- chen Proben häufig vor. Die Alchymisten suchen noch immer durch solche willkührlichen Zusammense- tzungen der Begriffe, den Begriff des Goldes und
seiner
von den Begriffen und Erklaͤrungen.
iſt eben ſo viel, als wenn man den Begriff aus die- ſen Merkmaalen abſtrahirt haͤtte. Der Unterſchied beſteht nur darinn, daß man hier den Begriff vor der Erfahrung gehabt, und dieſe erſt nachher zur Be- kraͤftigung ſeiner Moͤglichkeit aufgeſucht hat. Auf dieſe Art iſt es auch hinwiederum ſehr gewoͤhnlich, daß man Merkmaale, die man in der Erfahrung findet, ſo zuſammenſetzt, als wenn man von der Erfahrung nichts wuͤßte, um ſich dadurch das Anſehen eines Er- finders zu geben, oder um den Begriff von der Er- fahrung unabhaͤngig zu machen, wenn man naͤmlich ſeine Moͤglichkeit ſonſt beweiſt, oder als eines Be- weiſes unbeduͤrftig vorausſetzt. So z. E. laſſen ſich die Regierungsformen in die Staatslehre beſtimmen, wenn man die Anzahl der regierenden Perſonen auf eine, oder etliche, oder alle, und den Umfang ihrer Macht uͤber die Unterthanen auf Beſtimmungen ſetzt, ungeachtet lange vor dieſer Theorie Regierungsformen geweſen ſind.
§. 66.
Jſt aber die Erfahrung erſt noch anzuſtellen, ſo iſt klar, daß man diejenigen Sachen, welche die zuſammengeſetzten Merkmaale angeben, auf eben die Art in der That zuſammen zu ſetzen ſuchen muͤſſe, um zu ſehen, ob es angeht oder nicht. Geht es an, ſo iſt der Begriff der Sache unſtreitig moͤglich. Wi- drigenfalls iſt es immer ein Anlaß, durch behoͤrige Veraͤnderungen einen neuen zuſammengeſetzten Be- griff herauszubringen. Jn der Chymie, Mechanik, und bey den meiſten Kuͤnſtlern kommen derglei- chen Proben haͤufig vor. Die Alchymiſten ſuchen noch immer durch ſolche willkuͤhrlichen Zuſammenſe- tzungen der Begriffe, den Begriff des Goldes und
ſeiner
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0065"n="43"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von den Begriffen und Erklaͤrungen.</hi></fw><lb/>
iſt eben ſo viel, als wenn man den Begriff aus die-<lb/>ſen Merkmaalen abſtrahirt haͤtte. Der Unterſchied<lb/>
beſteht nur darinn, daß man hier den Begriff vor<lb/>
der Erfahrung gehabt, und dieſe erſt nachher zur Be-<lb/>
kraͤftigung ſeiner Moͤglichkeit aufgeſucht hat. Auf<lb/>
dieſe Art iſt es auch hinwiederum ſehr gewoͤhnlich, daß<lb/>
man Merkmaale, die man in der Erfahrung findet,<lb/>ſo zuſammenſetzt, als wenn man von der Erfahrung<lb/>
nichts wuͤßte, um ſich dadurch das Anſehen eines Er-<lb/>
finders zu geben, oder um den Begriff von der Er-<lb/>
fahrung unabhaͤngig zu machen, wenn man naͤmlich<lb/>ſeine Moͤglichkeit ſonſt beweiſt, oder als eines Be-<lb/>
weiſes unbeduͤrftig vorausſetzt. So z. E. laſſen ſich<lb/>
die Regierungsformen in die Staatslehre beſtimmen,<lb/>
wenn man die Anzahl der regierenden Perſonen auf<lb/>
eine, oder etliche, oder alle, und den Umfang ihrer<lb/>
Macht uͤber die Unterthanen auf Beſtimmungen ſetzt,<lb/>
ungeachtet lange vor dieſer Theorie Regierungsformen<lb/>
geweſen ſind.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 66.</head><lb/><p>Jſt aber die Erfahrung erſt noch anzuſtellen, ſo<lb/>
iſt klar, daß man diejenigen Sachen, welche die<lb/>
zuſammengeſetzten Merkmaale angeben, auf eben die<lb/>
Art in der That zuſammen zu ſetzen ſuchen muͤſſe,<lb/>
um zu ſehen, ob es angeht oder nicht. Geht es an,<lb/>ſo iſt der Begriff der Sache unſtreitig moͤglich. Wi-<lb/>
drigenfalls iſt es immer ein Anlaß, durch behoͤrige<lb/>
Veraͤnderungen einen neuen zuſammengeſetzten Be-<lb/>
griff herauszubringen. Jn der Chymie, Mechanik,<lb/>
und bey den meiſten Kuͤnſtlern kommen derglei-<lb/>
chen Proben haͤufig vor. Die Alchymiſten ſuchen<lb/>
noch immer durch ſolche willkuͤhrlichen Zuſammenſe-<lb/>
tzungen der Begriffe, den Begriff des Goldes und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſeiner</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[43/0065]
von den Begriffen und Erklaͤrungen.
iſt eben ſo viel, als wenn man den Begriff aus die-
ſen Merkmaalen abſtrahirt haͤtte. Der Unterſchied
beſteht nur darinn, daß man hier den Begriff vor
der Erfahrung gehabt, und dieſe erſt nachher zur Be-
kraͤftigung ſeiner Moͤglichkeit aufgeſucht hat. Auf
dieſe Art iſt es auch hinwiederum ſehr gewoͤhnlich, daß
man Merkmaale, die man in der Erfahrung findet,
ſo zuſammenſetzt, als wenn man von der Erfahrung
nichts wuͤßte, um ſich dadurch das Anſehen eines Er-
finders zu geben, oder um den Begriff von der Er-
fahrung unabhaͤngig zu machen, wenn man naͤmlich
ſeine Moͤglichkeit ſonſt beweiſt, oder als eines Be-
weiſes unbeduͤrftig vorausſetzt. So z. E. laſſen ſich
die Regierungsformen in die Staatslehre beſtimmen,
wenn man die Anzahl der regierenden Perſonen auf
eine, oder etliche, oder alle, und den Umfang ihrer
Macht uͤber die Unterthanen auf Beſtimmungen ſetzt,
ungeachtet lange vor dieſer Theorie Regierungsformen
geweſen ſind.
§. 66.
Jſt aber die Erfahrung erſt noch anzuſtellen, ſo
iſt klar, daß man diejenigen Sachen, welche die
zuſammengeſetzten Merkmaale angeben, auf eben die
Art in der That zuſammen zu ſetzen ſuchen muͤſſe,
um zu ſehen, ob es angeht oder nicht. Geht es an,
ſo iſt der Begriff der Sache unſtreitig moͤglich. Wi-
drigenfalls iſt es immer ein Anlaß, durch behoͤrige
Veraͤnderungen einen neuen zuſammengeſetzten Be-
griff herauszubringen. Jn der Chymie, Mechanik,
und bey den meiſten Kuͤnſtlern kommen derglei-
chen Proben haͤufig vor. Die Alchymiſten ſuchen
noch immer durch ſolche willkuͤhrlichen Zuſammenſe-
tzungen der Begriffe, den Begriff des Goldes und
ſeiner
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/65>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.