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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von den Begriffen und Erklärungen.
ausgedehnt, und endlich in dem Begriff desselben nur
noch den Begriff der Verbindlichkeit (Obligatio) bey-
behalten, und da diese mit gewissen unveränderli-
chen Verhältnissen
eine Aehnlichkeit hatte, so
würde der Begriff eines Gesetzes auch auf diese und
endlich auf jede realen Verhältnisse ausgedehnt, und
das Gesetz durch eine Regel erklärt, nach welcher sich
eine Sache richtet. So z. E. sind die Gesetze des
Denkens, der Embildungskraft, der Bewegung, der
natürlichen Veränderung, und bald alles dessen, wozu
man sich freywillig bequemt etc. Man sieht aber leicht,
daß es unnöthig wäre, wenn man in den Anfangs-
gründen des römischen Rechtes, den Begriff, Gesetz,
(Lex,) so weit herholen wollte, weil daselbst nur von
den römischen Gesetzen die Rede ist. Eben so wür-
de man in der Mechanik, wo von den Gesetzen
der Bewegung die Rede ist, ohne Noth der römischen
oder jeder civil- und politischen Gesetze Erwähnung
thun, weil sie viel zu viel von einander verschieden
sind. Hingegen schickt sich der allgemeinste Begriff
eines Gesetzes in die Metaphysik, weil diese Wissen-
schaft das Allgemeine von jeden anderen Wissenschaf-
ten zum Gegenstande hat. Ueberhaupt ist es auch
bey so vielfachen Bedeutungen eines Wortes gut und
öfters nothwendig, zu bestimmen, worinn sie alle
übereinkommen, weil man sonst gar zu leicht die eine
mit der andern verwechselt, und zu dem allgemeinen
Begriffe solche Merkmaale nimmt, die nur in der
einen oder andern Art vorkommen.

§. 51.

Wird ein Begriff auf die vorgeschriebene Art
deutlich gemacht, so weis man seine Merkmaale, welche
zusammen genommen den Umfang desselben be-
stimmen.
Dieser Ausdruck scheint dem lateinischen

definire
Lamb. Org. I. Band. C

von den Begriffen und Erklaͤrungen.
ausgedehnt, und endlich in dem Begriff deſſelben nur
noch den Begriff der Verbindlichkeit (Obligatio) bey-
behalten, und da dieſe mit gewiſſen unveraͤnderli-
chen Verhaͤltniſſen
eine Aehnlichkeit hatte, ſo
wuͤrde der Begriff eines Geſetzes auch auf dieſe und
endlich auf jede realen Verhaͤltniſſe ausgedehnt, und
das Geſetz durch eine Regel erklaͤrt, nach welcher ſich
eine Sache richtet. So z. E. ſind die Geſetze des
Denkens, der Embildungskraft, der Bewegung, der
natuͤrlichen Veraͤnderung, und bald alles deſſen, wozu
man ſich freywillig bequemt ꝛc. Man ſieht aber leicht,
daß es unnoͤthig waͤre, wenn man in den Anfangs-
gruͤnden des roͤmiſchen Rechtes, den Begriff, Geſetz,
(Lex,) ſo weit herholen wollte, weil daſelbſt nur von
den roͤmiſchen Geſetzen die Rede iſt. Eben ſo wuͤr-
de man in der Mechanik, wo von den Geſetzen
der Bewegung die Rede iſt, ohne Noth der roͤmiſchen
oder jeder civil- und politiſchen Geſetze Erwaͤhnung
thun, weil ſie viel zu viel von einander verſchieden
ſind. Hingegen ſchickt ſich der allgemeinſte Begriff
eines Geſetzes in die Metaphyſik, weil dieſe Wiſſen-
ſchaft das Allgemeine von jeden anderen Wiſſenſchaf-
ten zum Gegenſtande hat. Ueberhaupt iſt es auch
bey ſo vielfachen Bedeutungen eines Wortes gut und
oͤfters nothwendig, zu beſtimmen, worinn ſie alle
uͤbereinkommen, weil man ſonſt gar zu leicht die eine
mit der andern verwechſelt, und zu dem allgemeinen
Begriffe ſolche Merkmaale nimmt, die nur in der
einen oder andern Art vorkommen.

§. 51.

Wird ein Begriff auf die vorgeſchriebene Art
deutlich gemacht, ſo weis man ſeine Merkmaale, welche
zuſammen genommen den Umfang deſſelben be-
ſtimmen.
Dieſer Ausdruck ſcheint dem lateiniſchen

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Lamb. Org. I. Band. C
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[33/0055] von den Begriffen und Erklaͤrungen. ausgedehnt, und endlich in dem Begriff deſſelben nur noch den Begriff der Verbindlichkeit (Obligatio) bey- behalten, und da dieſe mit gewiſſen unveraͤnderli- chen Verhaͤltniſſen eine Aehnlichkeit hatte, ſo wuͤrde der Begriff eines Geſetzes auch auf dieſe und endlich auf jede realen Verhaͤltniſſe ausgedehnt, und das Geſetz durch eine Regel erklaͤrt, nach welcher ſich eine Sache richtet. So z. E. ſind die Geſetze des Denkens, der Embildungskraft, der Bewegung, der natuͤrlichen Veraͤnderung, und bald alles deſſen, wozu man ſich freywillig bequemt ꝛc. Man ſieht aber leicht, daß es unnoͤthig waͤre, wenn man in den Anfangs- gruͤnden des roͤmiſchen Rechtes, den Begriff, Geſetz, (Lex,) ſo weit herholen wollte, weil daſelbſt nur von den roͤmiſchen Geſetzen die Rede iſt. Eben ſo wuͤr- de man in der Mechanik, wo von den Geſetzen der Bewegung die Rede iſt, ohne Noth der roͤmiſchen oder jeder civil- und politiſchen Geſetze Erwaͤhnung thun, weil ſie viel zu viel von einander verſchieden ſind. Hingegen ſchickt ſich der allgemeinſte Begriff eines Geſetzes in die Metaphyſik, weil dieſe Wiſſen- ſchaft das Allgemeine von jeden anderen Wiſſenſchaf- ten zum Gegenſtande hat. Ueberhaupt iſt es auch bey ſo vielfachen Bedeutungen eines Wortes gut und oͤfters nothwendig, zu beſtimmen, worinn ſie alle uͤbereinkommen, weil man ſonſt gar zu leicht die eine mit der andern verwechſelt, und zu dem allgemeinen Begriffe ſolche Merkmaale nimmt, die nur in der einen oder andern Art vorkommen. §. 51. Wird ein Begriff auf die vorgeſchriebene Art deutlich gemacht, ſo weis man ſeine Merkmaale, welche zuſammen genommen den Umfang deſſelben be- ſtimmen. Dieſer Ausdruck ſcheint dem lateiniſchen definire Lamb. Org. I. Band. C

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/55>, abgerufen am 19.04.2024.