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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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IX. Hauptstück,
können hiebey anmerken, daß man sich leicht einbilden
könnte eine Sache durchaus erschöpft zu haben, da
man doch bey genauerer Untersuchung findet, daß
man sie nur in einer gewissen Absicht, und unter sol-
chen Bestimmungen betrachtet hatte, die entweder
ganz wegbleiben, oder mit andern eben so gültigen
verwechselt werden können. Man kann im ersten
Hauptstücke, (§. 59-64.) ein Beyspiel hievon fin-
den. Es ist öfters vortheilhaft, bey einem beson-
dern Fall anzufangen, aber man muß wissen, und es
anmerken, daß es nur ein besondrer Fall ist, und da-
her noch mehrere zurückbleiben. Wir haben in dem
zweyten Hauptstücke angezeigt, wiefern sich eine voll-
ständige Abzählung und Eintheilung der Gattungen
in Arten, und der Klassen in besondre Fälle vorneh-
men lasse, und was für Umstände und Schwürigkeiten
sich dabey finden. Wir merken hier nur an, daß die
Bestimmungen, die man öfters weglassen kann, nicht
immer sogleich in die Augen fallen, und daß sie zuwei-
len auch da vorkommen, wo man anstehen könnte, ob
es nicht die einigen möglichen sind. Auf diese Art
finden sich öfters ganze Theile von Wissenschaften,
daran bis dahin noch niemand gedacht hatte. Z. E.
Die Vernunftlehre des Wahrscheinlichen, oder
wenigstens der Begriff davon, wurde dadurch heraus-
gebracht, daß man bemerkte, es seyn bis dahin nur die
Gründe des wahren und gewissen in der Ver-
nunftlehre abgehandelt worden, und die Bemerkung,
daß unsre Wörter nur willkührliche Zeichen der
Gedanken sind, hat den Begriff veranlaßt, es möchten
vielleicht statt derselben schicklichere, wesentlichere und
zum Erfinden dienlichere gefunden werden können, die
unsrer ganzen Erkenntniß eine andre Gestalt geben
würden.

§. 625.

IX. Hauptſtuͤck,
koͤnnen hiebey anmerken, daß man ſich leicht einbilden
koͤnnte eine Sache durchaus erſchoͤpft zu haben, da
man doch bey genauerer Unterſuchung findet, daß
man ſie nur in einer gewiſſen Abſicht, und unter ſol-
chen Beſtimmungen betrachtet hatte, die entweder
ganz wegbleiben, oder mit andern eben ſo guͤltigen
verwechſelt werden koͤnnen. Man kann im erſten
Hauptſtuͤcke, (§. 59-64.) ein Beyſpiel hievon fin-
den. Es iſt oͤfters vortheilhaft, bey einem beſon-
dern Fall anzufangen, aber man muß wiſſen, und es
anmerken, daß es nur ein beſondrer Fall iſt, und da-
her noch mehrere zuruͤckbleiben. Wir haben in dem
zweyten Hauptſtuͤcke angezeigt, wiefern ſich eine voll-
ſtaͤndige Abzaͤhlung und Eintheilung der Gattungen
in Arten, und der Klaſſen in beſondre Faͤlle vorneh-
men laſſe, und was fuͤr Umſtaͤnde und Schwuͤrigkeiten
ſich dabey finden. Wir merken hier nur an, daß die
Beſtimmungen, die man oͤfters weglaſſen kann, nicht
immer ſogleich in die Augen fallen, und daß ſie zuwei-
len auch da vorkommen, wo man anſtehen koͤnnte, ob
es nicht die einigen moͤglichen ſind. Auf dieſe Art
finden ſich oͤfters ganze Theile von Wiſſenſchaften,
daran bis dahin noch niemand gedacht hatte. Z. E.
Die Vernunftlehre des Wahrſcheinlichen, oder
wenigſtens der Begriff davon, wurde dadurch heraus-
gebracht, daß man bemerkte, es ſeyn bis dahin nur die
Gruͤnde des wahren und gewiſſen in der Ver-
nunftlehre abgehandelt worden, und die Bemerkung,
daß unſre Woͤrter nur willkuͤhrliche Zeichen der
Gedanken ſind, hat den Begriff veranlaßt, es moͤchten
vielleicht ſtatt derſelben ſchicklichere, weſentlichere und
zum Erfinden dienlichere gefunden werden koͤnnen, die
unſrer ganzen Erkenntniß eine andre Geſtalt geben
wuͤrden.

§. 625.
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[404/0426] IX. Hauptſtuͤck, koͤnnen hiebey anmerken, daß man ſich leicht einbilden koͤnnte eine Sache durchaus erſchoͤpft zu haben, da man doch bey genauerer Unterſuchung findet, daß man ſie nur in einer gewiſſen Abſicht, und unter ſol- chen Beſtimmungen betrachtet hatte, die entweder ganz wegbleiben, oder mit andern eben ſo guͤltigen verwechſelt werden koͤnnen. Man kann im erſten Hauptſtuͤcke, (§. 59-64.) ein Beyſpiel hievon fin- den. Es iſt oͤfters vortheilhaft, bey einem beſon- dern Fall anzufangen, aber man muß wiſſen, und es anmerken, daß es nur ein beſondrer Fall iſt, und da- her noch mehrere zuruͤckbleiben. Wir haben in dem zweyten Hauptſtuͤcke angezeigt, wiefern ſich eine voll- ſtaͤndige Abzaͤhlung und Eintheilung der Gattungen in Arten, und der Klaſſen in beſondre Faͤlle vorneh- men laſſe, und was fuͤr Umſtaͤnde und Schwuͤrigkeiten ſich dabey finden. Wir merken hier nur an, daß die Beſtimmungen, die man oͤfters weglaſſen kann, nicht immer ſogleich in die Augen fallen, und daß ſie zuwei- len auch da vorkommen, wo man anſtehen koͤnnte, ob es nicht die einigen moͤglichen ſind. Auf dieſe Art finden ſich oͤfters ganze Theile von Wiſſenſchaften, daran bis dahin noch niemand gedacht hatte. Z. E. Die Vernunftlehre des Wahrſcheinlichen, oder wenigſtens der Begriff davon, wurde dadurch heraus- gebracht, daß man bemerkte, es ſeyn bis dahin nur die Gruͤnde des wahren und gewiſſen in der Ver- nunftlehre abgehandelt worden, und die Bemerkung, daß unſre Woͤrter nur willkuͤhrliche Zeichen der Gedanken ſind, hat den Begriff veranlaßt, es moͤchten vielleicht ſtatt derſelben ſchicklichere, weſentlichere und zum Erfinden dienlichere gefunden werden koͤnnen, die unſrer ganzen Erkenntniß eine andre Geſtalt geben wuͤrden. §. 625.

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/426>, abgerufen am 27.11.2024.