Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Schärfe geprüft zu werden verdient, weil die Teleo-
logie
uns in der Naturlehre nicht nur die Allgemein-
heit der Gesetze der Natur beweisen muß, sondern
auch fürnehmlich zu Erfindung derselben dienen sollte.

Diesen letztern Nutzen hat der Herr von Leib-
niz
schon angemerkt, und in dem Beweise von dem
Gesetze der Stralenbrechung ein Beyspiel davon zu
geben gesucht. Der Herr von Maupertius bemühte
sich ebenfalls alle Gesetze der Bewegung aus der Te-
leologie
zu beweisen. Ueberhaupt ist es unstreitig,
daß es in der Welt mehr als ein maximum und mini-
mum
geben muß. Es ist nur zu bedauren, daß die
Untersuchung derselben noch ehender eine blose Glau-
benssache
ist, dabey jeder sich das Recht vorbehält,
seinen Beyfall nach seiner Willkühr einzurichten, und
daß die Besorgnis der Ausnahmen der Allgemeinheit
der Teleologischen Sätzen in so ferne Abbruch thut,
daß man sie lieber durch die Erfahrung bestätigt wis-
sen, und vor dem Sehen nicht getrost glauben will.
Diese Schwürigkeit drückt die meisten Beweise, de-
ren ich mich in diesen Briefen bediene, daß sie nicht
wie die Geometrischen, den Beyfall abnöthigen, son-
dern es dem Leser überlassen, ob er sie des Beyfalls
würdig finden werde. Viele Vordersätze, deren ich
mich in den Beweisen bedient, sind von den Absich-

ten

Vorrede.
Schaͤrfe gepruͤft zu werden verdient, weil die Teleo-
logie
uns in der Naturlehre nicht nur die Allgemein-
heit der Geſetze der Natur beweiſen muß, ſondern
auch fuͤrnehmlich zu Erfindung derſelben dienen ſollte.

Dieſen letztern Nutzen hat der Herr von Leib-
niz
ſchon angemerkt, und in dem Beweiſe von dem
Geſetze der Stralenbrechung ein Beyſpiel davon zu
geben geſucht. Der Herr von Maupertius bemuͤhte
ſich ebenfalls alle Geſetze der Bewegung aus der Te-
leologie
zu beweiſen. Ueberhaupt iſt es unſtreitig,
daß es in der Welt mehr als ein maximum und mini-
mum
geben muß. Es iſt nur zu bedauren, daß die
Unterſuchung derſelben noch ehender eine bloſe Glau-
bensſache
iſt, dabey jeder ſich das Recht vorbehaͤlt,
ſeinen Beyfall nach ſeiner Willkuͤhr einzurichten, und
daß die Beſorgnis der Ausnahmen der Allgemeinheit
der Teleologiſchen Saͤtzen in ſo ferne Abbruch thut,
daß man ſie lieber durch die Erfahrung beſtaͤtigt wiſ-
ſen, und vor dem Sehen nicht getroſt glauben will.
Dieſe Schwuͤrigkeit druͤckt die meiſten Beweiſe, de-
ren ich mich in dieſen Briefen bediene, daß ſie nicht
wie die Geometriſchen, den Beyfall abnoͤthigen, ſon-
dern es dem Leſer uͤberlaſſen, ob er ſie des Beyfalls
wuͤrdig finden werde. Viele Vorderſaͤtze, deren ich
mich in den Beweiſen bedient, ſind von den Abſich-

ten
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface" n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="VIII"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
Scha&#x0364;rfe gepru&#x0364;ft zu werden verdient, weil die <hi rendition="#aq">Teleo-<lb/>
logie</hi> uns in der Naturlehre nicht nur die Allgemein-<lb/>
heit der Ge&#x017F;etze der Natur bewei&#x017F;en muß, &#x017F;ondern<lb/>
auch fu&#x0364;rnehmlich zu Erfindung der&#x017F;elben dienen &#x017F;ollte.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;en letztern Nutzen hat der Herr von <hi rendition="#fr">Leib-<lb/>
niz</hi> &#x017F;chon angemerkt, und in dem Bewei&#x017F;e von dem<lb/>
Ge&#x017F;etze der Stralenbrechung ein Bey&#x017F;piel davon zu<lb/>
geben ge&#x017F;ucht. Der Herr von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Maupertius</hi></hi> bemu&#x0364;hte<lb/>
&#x017F;ich ebenfalls alle Ge&#x017F;etze der Bewegung aus der <hi rendition="#aq">Te-<lb/>
leologie</hi> zu bewei&#x017F;en. Ueberhaupt i&#x017F;t es un&#x017F;treitig,<lb/>
daß es in der Welt mehr als ein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">maximum</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">mini-<lb/>
mum</hi></hi> geben muß. Es i&#x017F;t nur zu bedauren, daß die<lb/>
Unter&#x017F;uchung der&#x017F;elben noch ehender eine blo&#x017F;e <hi rendition="#fr">Glau-<lb/>
bens&#x017F;ache</hi> i&#x017F;t, dabey jeder &#x017F;ich das Recht vorbeha&#x0364;lt,<lb/>
&#x017F;einen Beyfall nach &#x017F;einer Willku&#x0364;hr einzurichten, und<lb/>
daß die Be&#x017F;orgnis der Ausnahmen der Allgemeinheit<lb/>
der Teleologi&#x017F;chen Sa&#x0364;tzen in &#x017F;o ferne Abbruch thut,<lb/>
daß man &#x017F;ie lieber durch die Erfahrung be&#x017F;ta&#x0364;tigt wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und vor dem Sehen nicht getro&#x017F;t glauben will.<lb/>
Die&#x017F;e Schwu&#x0364;rigkeit dru&#x0364;ckt die mei&#x017F;ten Bewei&#x017F;e, de-<lb/>
ren ich mich in die&#x017F;en Briefen bediene, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
wie die Geometri&#x017F;chen, den Beyfall abno&#x0364;thigen, &#x017F;on-<lb/>
dern es dem Le&#x017F;er u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, ob er &#x017F;ie des Beyfalls<lb/>
wu&#x0364;rdig finden werde. Viele Vorder&#x017F;a&#x0364;tze, deren ich<lb/>
mich in den Bewei&#x017F;en bedient, &#x017F;ind von den Ab&#x017F;ich-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[VIII/0013] Vorrede. Schaͤrfe gepruͤft zu werden verdient, weil die Teleo- logie uns in der Naturlehre nicht nur die Allgemein- heit der Geſetze der Natur beweiſen muß, ſondern auch fuͤrnehmlich zu Erfindung derſelben dienen ſollte. Dieſen letztern Nutzen hat der Herr von Leib- niz ſchon angemerkt, und in dem Beweiſe von dem Geſetze der Stralenbrechung ein Beyſpiel davon zu geben geſucht. Der Herr von Maupertius bemuͤhte ſich ebenfalls alle Geſetze der Bewegung aus der Te- leologie zu beweiſen. Ueberhaupt iſt es unſtreitig, daß es in der Welt mehr als ein maximum und mini- mum geben muß. Es iſt nur zu bedauren, daß die Unterſuchung derſelben noch ehender eine bloſe Glau- bensſache iſt, dabey jeder ſich das Recht vorbehaͤlt, ſeinen Beyfall nach ſeiner Willkuͤhr einzurichten, und daß die Beſorgnis der Ausnahmen der Allgemeinheit der Teleologiſchen Saͤtzen in ſo ferne Abbruch thut, daß man ſie lieber durch die Erfahrung beſtaͤtigt wiſ- ſen, und vor dem Sehen nicht getroſt glauben will. Dieſe Schwuͤrigkeit druͤckt die meiſten Beweiſe, de- ren ich mich in dieſen Briefen bediene, daß ſie nicht wie die Geometriſchen, den Beyfall abnoͤthigen, ſon- dern es dem Leſer uͤberlaſſen, ob er ſie des Beyfalls wuͤrdig finden werde. Viele Vorderſaͤtze, deren ich mich in den Beweiſen bedient, ſind von den Abſich- ten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/13
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/13>, abgerufen am 18.12.2024.