Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

XXX. Hauptstück.
mit zu beschäfftigen, die Anomalien nachzuholen. Auf
diese Art werden z. E. die astronomischen Tafeln noch
täglich weitläuftiger, und wenn man darinn anfängt,
den Ort eines Planeten nach seiner mittlern Bewe-
gung zu berechnen, so bleiben noch eine Menge ein-
zeler Gleichungen, dadurch man diesen mittlern Ort,
welcher öfters um mehrere Grade von dem wahren
abweicht, stuffenweise zu verbessern hat, um die Ab-
weichung von dem wahren unmerklicher zu machen,
und da bleibt man noch so zurücke, daß man auch, wo
man es am weitesten gebracht hat, für eine Minute
eines Grades nicht gut stehen kann. Wir führen
dieses Beyspiel vorzüglich an, weil die Anomalien
in dem Laufe der Planeten eben nicht so gar unordent-
lich und ohne Perioden sind, wie die von der Witte-
rung und dem Laufe der Dinge auf der Erdfläche, den
einigen Fall ausgenommen, wo etwann von den Co-
meten einige Anomalien herrühren können, wiewohl
man bisher noch keine bemerkbare gefunden, die sich
hätte erweisen und berechnen lassen. Die übrigen
haben sämtlich etwas periodisches, und von vielen
läßt sich die Größe aus dem newtonschen Gesetze der
Schwere erweisen, und auf analytische Formeln brin-
gen. Es ist aber dabey nur zu bedauern, daß man
öfters die Coefficienten nicht anders bestimmen kann,
als daß man sie anfangs, wie bey der Regel falsi,
willkührlich annimmt, und so lange daran bessert,
bis sie mit einigen Erfahrungen oder Beobachtungen
übereinkommen, bey welchen aber gar leicht noch Ano-
malien zurücke bleiben, die von andern Ursachen her-
rühren, und eben dadurch, daß sie in der Formel
nicht vorkommen, die Coefficienten derselben unrich-
tig machen würden, auch wenn man diese auf eine
nicht so willkührliche Art bestimmte. Dieses alles

macht

XXX. Hauptſtuͤck.
mit zu beſchaͤfftigen, die Anomalien nachzuholen. Auf
dieſe Art werden z. E. die aſtronomiſchen Tafeln noch
taͤglich weitlaͤuftiger, und wenn man darinn anfaͤngt,
den Ort eines Planeten nach ſeiner mittlern Bewe-
gung zu berechnen, ſo bleiben noch eine Menge ein-
zeler Gleichungen, dadurch man dieſen mittlern Ort,
welcher oͤfters um mehrere Grade von dem wahren
abweicht, ſtuffenweiſe zu verbeſſern hat, um die Ab-
weichung von dem wahren unmerklicher zu machen,
und da bleibt man noch ſo zuruͤcke, daß man auch, wo
man es am weiteſten gebracht hat, fuͤr eine Minute
eines Grades nicht gut ſtehen kann. Wir fuͤhren
dieſes Beyſpiel vorzuͤglich an, weil die Anomalien
in dem Laufe der Planeten eben nicht ſo gar unordent-
lich und ohne Perioden ſind, wie die von der Witte-
rung und dem Laufe der Dinge auf der Erdflaͤche, den
einigen Fall ausgenommen, wo etwann von den Co-
meten einige Anomalien herruͤhren koͤnnen, wiewohl
man bisher noch keine bemerkbare gefunden, die ſich
haͤtte erweiſen und berechnen laſſen. Die uͤbrigen
haben ſaͤmtlich etwas periodiſches, und von vielen
laͤßt ſich die Groͤße aus dem newtonſchen Geſetze der
Schwere erweiſen, und auf analytiſche Formeln brin-
gen. Es iſt aber dabey nur zu bedauern, daß man
oͤfters die Coefficienten nicht anders beſtimmen kann,
als daß man ſie anfangs, wie bey der Regel falſi,
willkuͤhrlich annimmt, und ſo lange daran beſſert,
bis ſie mit einigen Erfahrungen oder Beobachtungen
uͤbereinkommen, bey welchen aber gar leicht noch Ano-
malien zuruͤcke bleiben, die von andern Urſachen her-
ruͤhren, und eben dadurch, daß ſie in der Formel
nicht vorkommen, die Coefficienten derſelben unrich-
tig machen wuͤrden, auch wenn man dieſe auf eine
nicht ſo willkuͤhrliche Art beſtimmte. Dieſes alles

macht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0486" n="478"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXX.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
mit zu be&#x017F;cha&#x0364;fftigen, die Anomalien nachzuholen. Auf<lb/>
die&#x017F;e Art werden z. E. die a&#x017F;tronomi&#x017F;chen Tafeln noch<lb/>
ta&#x0364;glich weitla&#x0364;uftiger, und wenn man darinn anfa&#x0364;ngt,<lb/>
den Ort eines Planeten nach &#x017F;einer mittlern Bewe-<lb/>
gung zu berechnen, &#x017F;o bleiben noch eine Menge ein-<lb/>
zeler Gleichungen, dadurch man die&#x017F;en mittlern Ort,<lb/>
welcher o&#x0364;fters um mehrere Grade von dem wahren<lb/>
abweicht, &#x017F;tuffenwei&#x017F;e zu verbe&#x017F;&#x017F;ern hat, um die Ab-<lb/>
weichung von dem wahren unmerklicher zu machen,<lb/>
und da bleibt man noch &#x017F;o zuru&#x0364;cke, daß man auch, wo<lb/>
man es am weite&#x017F;ten gebracht hat, fu&#x0364;r eine<formula notation="TeX">\frac {1} {2}</formula> Minute<lb/>
eines Grades nicht gut &#x017F;tehen kann. Wir fu&#x0364;hren<lb/>
die&#x017F;es Bey&#x017F;piel vorzu&#x0364;glich an, weil die Anomalien<lb/>
in dem Laufe der Planeten eben nicht &#x017F;o gar unordent-<lb/>
lich und ohne Perioden &#x017F;ind, wie die von der Witte-<lb/>
rung und dem Laufe der Dinge auf der Erdfla&#x0364;che, den<lb/>
einigen Fall ausgenommen, wo etwann von den Co-<lb/>
meten einige Anomalien herru&#x0364;hren ko&#x0364;nnen, wiewohl<lb/>
man bisher noch keine bemerkbare gefunden, die &#x017F;ich<lb/>
ha&#x0364;tte erwei&#x017F;en und berechnen la&#x017F;&#x017F;en. Die u&#x0364;brigen<lb/>
haben &#x017F;a&#x0364;mtlich etwas periodi&#x017F;ches, und von vielen<lb/>
la&#x0364;ßt &#x017F;ich die Gro&#x0364;ße aus dem newton&#x017F;chen Ge&#x017F;etze der<lb/>
Schwere erwei&#x017F;en, und auf analyti&#x017F;che Formeln brin-<lb/>
gen. Es i&#x017F;t aber dabey nur zu bedauern, daß man<lb/>
o&#x0364;fters die Coefficienten nicht anders be&#x017F;timmen kann,<lb/>
als daß man &#x017F;ie anfangs, wie bey der Regel <hi rendition="#aq">fal&#x017F;i,</hi><lb/>
willku&#x0364;hrlich annimmt, und &#x017F;o lange daran be&#x017F;&#x017F;ert,<lb/>
bis &#x017F;ie mit einigen Erfahrungen oder Beobachtungen<lb/>
u&#x0364;bereinkommen, bey welchen aber gar leicht noch Ano-<lb/>
malien zuru&#x0364;cke bleiben, die von andern Ur&#x017F;achen her-<lb/>
ru&#x0364;hren, und eben dadurch, daß &#x017F;ie in der Formel<lb/>
nicht vorkommen, die Coefficienten der&#x017F;elben unrich-<lb/>
tig machen wu&#x0364;rden, auch wenn man die&#x017F;e auf eine<lb/>
nicht &#x017F;o willku&#x0364;hrliche Art be&#x017F;timmte. Die&#x017F;es alles<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">macht</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[478/0486] XXX. Hauptſtuͤck. mit zu beſchaͤfftigen, die Anomalien nachzuholen. Auf dieſe Art werden z. E. die aſtronomiſchen Tafeln noch taͤglich weitlaͤuftiger, und wenn man darinn anfaͤngt, den Ort eines Planeten nach ſeiner mittlern Bewe- gung zu berechnen, ſo bleiben noch eine Menge ein- zeler Gleichungen, dadurch man dieſen mittlern Ort, welcher oͤfters um mehrere Grade von dem wahren abweicht, ſtuffenweiſe zu verbeſſern hat, um die Ab- weichung von dem wahren unmerklicher zu machen, und da bleibt man noch ſo zuruͤcke, daß man auch, wo man es am weiteſten gebracht hat, fuͤr eine[FORMEL] Minute eines Grades nicht gut ſtehen kann. Wir fuͤhren dieſes Beyſpiel vorzuͤglich an, weil die Anomalien in dem Laufe der Planeten eben nicht ſo gar unordent- lich und ohne Perioden ſind, wie die von der Witte- rung und dem Laufe der Dinge auf der Erdflaͤche, den einigen Fall ausgenommen, wo etwann von den Co- meten einige Anomalien herruͤhren koͤnnen, wiewohl man bisher noch keine bemerkbare gefunden, die ſich haͤtte erweiſen und berechnen laſſen. Die uͤbrigen haben ſaͤmtlich etwas periodiſches, und von vielen laͤßt ſich die Groͤße aus dem newtonſchen Geſetze der Schwere erweiſen, und auf analytiſche Formeln brin- gen. Es iſt aber dabey nur zu bedauern, daß man oͤfters die Coefficienten nicht anders beſtimmen kann, als daß man ſie anfangs, wie bey der Regel falſi, willkuͤhrlich annimmt, und ſo lange daran beſſert, bis ſie mit einigen Erfahrungen oder Beobachtungen uͤbereinkommen, bey welchen aber gar leicht noch Ano- malien zuruͤcke bleiben, die von andern Urſachen her- ruͤhren, und eben dadurch, daß ſie in der Formel nicht vorkommen, die Coefficienten derſelben unrich- tig machen wuͤrden, auch wenn man dieſe auf eine nicht ſo willkuͤhrliche Art beſtimmte. Dieſes alles macht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/486
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/486>, abgerufen am 03.12.2024.