Die Definitionen, die man auf vorgedachte Art herausbringt, erklären die Sache selbst, und so fern man sie aus den Grundbegriffen herausbringt, kann man sie Sacherklärungen nennen, die im strengsten Verstande a priori sind. Hingegen sind sie a poste- riori, wenn man sie auf Erfahrungssätze gründet, oder diese mit zu Hülfe nimmt. Beyde Arten hat Wolf unter dem Worte Sacherklärung zusammen- genommen, und sie den Worterklärungen entgegen- gesetzet. Jhr Beweis zeiget die Entstehensart der Sache, wo nämlich bey dem Begriffe wirklich eine Sache zum Grunde liegt. Hingegen bey bloßen Ver- hältnissen, welche man gewissermaßen den Sachen selbst entgegensetzen und davon unterscheiden muß, zei- get der Beweis die Entstehensart des Begriffes.
§. 25.
So weit man mit den Sacherklärungen ausreicht, könnten die Worterklärungen ganz wegbleiben, wenn man nicht die Sprache nehmen müßte, wie sie ist, um andern verständlich zu bleiben. Denn da man einfache Begriffe zusammensetzet, um andere daraus zu bilden, so verfällt man auf die Definition der zusammengesetzten Begriffe, ehe man an die Benen- nung derselben denkt. Die Benennung ist an sich willkührlich. Da man aber andern verständlich blei- ben soll, so muß man sich allerdings umsehen, ob nicht der Begriff bereits unter irgend einem Namen vorkomme. Und dieses macht die Worterklärungen mehr oder minder nothwendig, besonders wo man die Sache, die der Begriff vorstellet, nicht im gan- zen vorlegen, und das mit der Sache selbst bereits und unmittelbar verbundene Wort gebrauchen kann.
§. 26.
B 3
einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre.
§. 24.
Die Definitionen, die man auf vorgedachte Art herausbringt, erklaͤren die Sache ſelbſt, und ſo fern man ſie aus den Grundbegriffen herausbringt, kann man ſie Sacherklaͤrungen nennen, die im ſtrengſten Verſtande a priori ſind. Hingegen ſind ſie a poſte- riori, wenn man ſie auf Erfahrungsſaͤtze gruͤndet, oder dieſe mit zu Huͤlfe nimmt. Beyde Arten hat Wolf unter dem Worte Sacherklaͤrung zuſammen- genommen, und ſie den Worterklaͤrungen entgegen- geſetzet. Jhr Beweis zeiget die Entſtehensart der Sache, wo naͤmlich bey dem Begriffe wirklich eine Sache zum Grunde liegt. Hingegen bey bloßen Ver- haͤltniſſen, welche man gewiſſermaßen den Sachen ſelbſt entgegenſetzen und davon unterſcheiden muß, zei- get der Beweis die Entſtehensart des Begriffes.
§. 25.
So weit man mit den Sacherklaͤrungen ausreicht, koͤnnten die Worterklaͤrungen ganz wegbleiben, wenn man nicht die Sprache nehmen muͤßte, wie ſie iſt, um andern verſtaͤndlich zu bleiben. Denn da man einfache Begriffe zuſammenſetzet, um andere daraus zu bilden, ſo verfaͤllt man auf die Definition der zuſammengeſetzten Begriffe, ehe man an die Benen- nung derſelben denkt. Die Benennung iſt an ſich willkuͤhrlich. Da man aber andern verſtaͤndlich blei- ben ſoll, ſo muß man ſich allerdings umſehen, ob nicht der Begriff bereits unter irgend einem Namen vorkomme. Und dieſes macht die Worterklaͤrungen mehr oder minder nothwendig, beſonders wo man die Sache, die der Begriff vorſtellet, nicht im gan- zen vorlegen, und das mit der Sache ſelbſt bereits und unmittelbar verbundene Wort gebrauchen kann.
§. 26.
B 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0057"n="21"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 24.</head><lb/><p>Die Definitionen, die man auf vorgedachte Art<lb/>
herausbringt, erklaͤren die Sache ſelbſt, und ſo fern<lb/>
man ſie aus den Grundbegriffen herausbringt, kann<lb/>
man ſie Sacherklaͤrungen nennen, die im ſtrengſten<lb/>
Verſtande <hirendition="#aq">a priori</hi>ſind. Hingegen ſind ſie <hirendition="#aq">a poſte-<lb/>
riori,</hi> wenn man ſie auf Erfahrungsſaͤtze gruͤndet,<lb/>
oder dieſe mit zu Huͤlfe nimmt. Beyde Arten hat<lb/><hirendition="#fr">Wolf</hi> unter dem Worte Sacherklaͤrung zuſammen-<lb/>
genommen, und ſie den Worterklaͤrungen entgegen-<lb/>
geſetzet. Jhr Beweis zeiget die <hirendition="#fr">Entſtehensart der<lb/>
Sache,</hi> wo naͤmlich bey dem Begriffe wirklich eine<lb/>
Sache zum Grunde liegt. Hingegen bey bloßen <hirendition="#fr">Ver-<lb/>
haͤltniſſen,</hi> welche man gewiſſermaßen den <hirendition="#fr">Sachen</hi><lb/>ſelbſt entgegenſetzen und davon unterſcheiden muß, zei-<lb/>
get der Beweis die <hirendition="#fr">Entſtehensart des Begriffes.</hi></p></div><lb/><divn="3"><head>§. 25.</head><lb/><p>So weit man mit den Sacherklaͤrungen ausreicht,<lb/>
koͤnnten die Worterklaͤrungen ganz wegbleiben, wenn<lb/>
man nicht die Sprache nehmen muͤßte, wie ſie iſt,<lb/>
um andern verſtaͤndlich zu bleiben. Denn da man<lb/>
einfache Begriffe zuſammenſetzet, um andere daraus<lb/>
zu bilden, ſo verfaͤllt man auf die Definition der<lb/>
zuſammengeſetzten Begriffe, ehe man an die Benen-<lb/>
nung derſelben denkt. Die Benennung iſt an ſich<lb/>
willkuͤhrlich. Da man aber andern verſtaͤndlich blei-<lb/>
ben ſoll, ſo muß man ſich allerdings umſehen, ob<lb/>
nicht der Begriff bereits unter irgend einem Namen<lb/>
vorkomme. Und dieſes macht die Worterklaͤrungen<lb/>
mehr oder minder nothwendig, beſonders wo man<lb/>
die Sache, die der Begriff vorſtellet, nicht im gan-<lb/>
zen vorlegen, und das mit der Sache ſelbſt bereits<lb/>
und unmittelbar verbundene Wort gebrauchen kann.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">§. 26.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[21/0057]
einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre.
§. 24.
Die Definitionen, die man auf vorgedachte Art
herausbringt, erklaͤren die Sache ſelbſt, und ſo fern
man ſie aus den Grundbegriffen herausbringt, kann
man ſie Sacherklaͤrungen nennen, die im ſtrengſten
Verſtande a priori ſind. Hingegen ſind ſie a poſte-
riori, wenn man ſie auf Erfahrungsſaͤtze gruͤndet,
oder dieſe mit zu Huͤlfe nimmt. Beyde Arten hat
Wolf unter dem Worte Sacherklaͤrung zuſammen-
genommen, und ſie den Worterklaͤrungen entgegen-
geſetzet. Jhr Beweis zeiget die Entſtehensart der
Sache, wo naͤmlich bey dem Begriffe wirklich eine
Sache zum Grunde liegt. Hingegen bey bloßen Ver-
haͤltniſſen, welche man gewiſſermaßen den Sachen
ſelbſt entgegenſetzen und davon unterſcheiden muß, zei-
get der Beweis die Entſtehensart des Begriffes.
§. 25.
So weit man mit den Sacherklaͤrungen ausreicht,
koͤnnten die Worterklaͤrungen ganz wegbleiben, wenn
man nicht die Sprache nehmen muͤßte, wie ſie iſt,
um andern verſtaͤndlich zu bleiben. Denn da man
einfache Begriffe zuſammenſetzet, um andere daraus
zu bilden, ſo verfaͤllt man auf die Definition der
zuſammengeſetzten Begriffe, ehe man an die Benen-
nung derſelben denkt. Die Benennung iſt an ſich
willkuͤhrlich. Da man aber andern verſtaͤndlich blei-
ben ſoll, ſo muß man ſich allerdings umſehen, ob
nicht der Begriff bereits unter irgend einem Namen
vorkomme. Und dieſes macht die Worterklaͤrungen
mehr oder minder nothwendig, beſonders wo man
die Sache, die der Begriff vorſtellet, nicht im gan-
zen vorlegen, und das mit der Sache ſelbſt bereits
und unmittelbar verbundene Wort gebrauchen kann.
§. 26.
B 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/57>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.