Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
wissermaßen die Sachen vorbilden oder Bilder
der Dinge sind, weil sie widrigen Falls ganz
willkührlich seyn würden, und dann keine andere
Anspielung auf die Sache hätten, als die, so sie
durch ihre Verbindung und durch die die Form
vorstellende Zeichen erhalten würden. Die Form
bestimmt ohnehin keine Materie, dafern sie nicht
einer besondern Materie eigen ist. Sie kann
also meistens in abstracto betrachtet werden, und
um so mehr ist sie allgemeiner Zeichen und einer
allgemeinen Theorie dieser Zeichen fähig.

Die Frage ist also, was zur Form der Er-
kenntniß
gerechnet wird. Hieher muß nun be-
sonders die logische Form derselben gerechnet
werden, so fern diese, wie es in den neuern Ver-
nunftlehren geschieht, schlechthin nur von den
Operationen des Verstandes hergenommen
wird. Es giebt ferner sowohl die Sprache als
der Schein der Dinge unserer Erkenntniß eine
bestimmte Form, die aber der Erfindung der
allgemeinen Zeichenkunst vielmehr hinderlich,
und daher von Seiten dieser Hindernisse zu be-
trachten ist. Endlich glaube ich mit gutem Grun-
de, die ganze Topik, wenigstens den größten
Theil davon, theils zur Form der Erkenntniß,
theils zur Form der Dinge rechnen zu können.
Jch habe daher in Ansehung der topischen Ta-
belle, so ich in den Actis eruditorum, Ian. 1768
so viel möglich vollständig gegeben, angemerket,

daß
b 4

Vorrede.
wiſſermaßen die Sachen vorbilden oder Bilder
der Dinge ſind, weil ſie widrigen Falls ganz
willkuͤhrlich ſeyn wuͤrden, und dann keine andere
Anſpielung auf die Sache haͤtten, als die, ſo ſie
durch ihre Verbindung und durch die die Form
vorſtellende Zeichen erhalten wuͤrden. Die Form
beſtimmt ohnehin keine Materie, dafern ſie nicht
einer beſondern Materie eigen iſt. Sie kann
alſo meiſtens in abſtracto betrachtet werden, und
um ſo mehr iſt ſie allgemeiner Zeichen und einer
allgemeinen Theorie dieſer Zeichen faͤhig.

Die Frage iſt alſo, was zur Form der Er-
kenntniß
gerechnet wird. Hieher muß nun be-
ſonders die logiſche Form derſelben gerechnet
werden, ſo fern dieſe, wie es in den neuern Ver-
nunftlehren geſchieht, ſchlechthin nur von den
Operationen des Verſtandes hergenommen
wird. Es giebt ferner ſowohl die Sprache als
der Schein der Dinge unſerer Erkenntniß eine
beſtimmte Form, die aber der Erfindung der
allgemeinen Zeichenkunſt vielmehr hinderlich,
und daher von Seiten dieſer Hinderniſſe zu be-
trachten iſt. Endlich glaube ich mit gutem Grun-
de, die ganze Topik, wenigſtens den groͤßten
Theil davon, theils zur Form der Erkenntniß,
theils zur Form der Dinge rechnen zu koͤnnen.
Jch habe daher in Anſehung der topiſchen Ta-
belle, ſo ich in den Actis eruditorum, Ian. 1768
ſo viel moͤglich vollſtaͤndig gegeben, angemerket,

daß
b 4
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027" n="XXIII"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
wi&#x017F;&#x017F;ermaßen die Sachen vorbilden oder Bilder<lb/>
der Dinge &#x017F;ind, weil &#x017F;ie widrigen Falls ganz<lb/>
willku&#x0364;hrlich &#x017F;eyn wu&#x0364;rden, und dann keine andere<lb/>
An&#x017F;pielung auf die Sache ha&#x0364;tten, als die, &#x017F;o &#x017F;ie<lb/>
durch ihre Verbindung und durch die die Form<lb/>
vor&#x017F;tellende Zeichen erhalten wu&#x0364;rden. Die Form<lb/>
be&#x017F;timmt ohnehin keine Materie, dafern &#x017F;ie nicht<lb/>
einer be&#x017F;ondern Materie eigen i&#x017F;t. Sie kann<lb/>
al&#x017F;o mei&#x017F;tens <hi rendition="#aq">in ab&#x017F;tracto</hi> betrachtet werden, und<lb/>
um &#x017F;o mehr i&#x017F;t &#x017F;ie allgemeiner Zeichen und einer<lb/>
allgemeinen Theorie die&#x017F;er Zeichen fa&#x0364;hig.</p><lb/>
        <p>Die Frage i&#x017F;t al&#x017F;o, was zur <hi rendition="#fr">Form der Er-<lb/>
kenntniß</hi> gerechnet wird. Hieher muß nun be-<lb/>
&#x017F;onders die <hi rendition="#fr">logi&#x017F;che Form</hi> der&#x017F;elben gerechnet<lb/>
werden, &#x017F;o fern die&#x017F;e, wie es in den neuern Ver-<lb/>
nunftlehren ge&#x017F;chieht, &#x017F;chlechthin nur von den<lb/><hi rendition="#fr">Operationen des Ver&#x017F;tandes</hi> hergenommen<lb/>
wird. Es giebt ferner &#x017F;owohl die <hi rendition="#fr">Sprache</hi> als<lb/>
der <hi rendition="#fr">Schein der Dinge</hi> un&#x017F;erer Erkenntniß eine<lb/>
be&#x017F;timmte Form, die aber der Erfindung der<lb/>
allgemeinen Zeichenkun&#x017F;t vielmehr hinderlich,<lb/>
und daher von Seiten die&#x017F;er Hinderni&#x017F;&#x017F;e zu be-<lb/>
trachten i&#x017F;t. Endlich glaube ich mit gutem Grun-<lb/>
de, die ganze <hi rendition="#fr">Topik,</hi> wenig&#x017F;tens den gro&#x0364;ßten<lb/>
Theil davon, theils zur <hi rendition="#fr">Form der Erkenntniß,</hi><lb/>
theils zur <hi rendition="#fr">Form der Dinge</hi> rechnen zu ko&#x0364;nnen.<lb/>
Jch habe daher in An&#x017F;ehung der topi&#x017F;chen Ta-<lb/>
belle, &#x017F;o ich in den <hi rendition="#aq">Actis eruditorum, Ian.</hi> 1768<lb/>
&#x017F;o viel mo&#x0364;glich voll&#x017F;ta&#x0364;ndig gegeben, angemerket,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">b 4</fw><fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XXIII/0027] Vorrede. wiſſermaßen die Sachen vorbilden oder Bilder der Dinge ſind, weil ſie widrigen Falls ganz willkuͤhrlich ſeyn wuͤrden, und dann keine andere Anſpielung auf die Sache haͤtten, als die, ſo ſie durch ihre Verbindung und durch die die Form vorſtellende Zeichen erhalten wuͤrden. Die Form beſtimmt ohnehin keine Materie, dafern ſie nicht einer beſondern Materie eigen iſt. Sie kann alſo meiſtens in abſtracto betrachtet werden, und um ſo mehr iſt ſie allgemeiner Zeichen und einer allgemeinen Theorie dieſer Zeichen faͤhig. Die Frage iſt alſo, was zur Form der Er- kenntniß gerechnet wird. Hieher muß nun be- ſonders die logiſche Form derſelben gerechnet werden, ſo fern dieſe, wie es in den neuern Ver- nunftlehren geſchieht, ſchlechthin nur von den Operationen des Verſtandes hergenommen wird. Es giebt ferner ſowohl die Sprache als der Schein der Dinge unſerer Erkenntniß eine beſtimmte Form, die aber der Erfindung der allgemeinen Zeichenkunſt vielmehr hinderlich, und daher von Seiten dieſer Hinderniſſe zu be- trachten iſt. Endlich glaube ich mit gutem Grun- de, die ganze Topik, wenigſtens den groͤßten Theil davon, theils zur Form der Erkenntniß, theils zur Form der Dinge rechnen zu koͤnnen. Jch habe daher in Anſehung der topiſchen Ta- belle, ſo ich in den Actis eruditorum, Ian. 1768 ſo viel moͤglich vollſtaͤndig gegeben, angemerket, daß b 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/27
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. XXIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/27>, abgerufen am 22.11.2024.