Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.III. Hauptstück. Erste Grundsätze nicht vorkommen sollte. So ist die sogenannte Prio-ritas temporis mit der prioritate rationis vermenget, wenn wir die Ordnung der göttlichen Decreten be- trachten. Bey der Frage von der unendlichen Theil- barkeit der Materie, menget sich der Begriff der Zeit leicht ein, wo er wegbleiben sollte. Und das Argu- mentum achilleum des Zeno wider die Bewegung fehlet ebenfalls darinn, daß er die Zeit nach der Suc- ceßion und Dauer seiner Schlüsse maß, anstatt daß er sie bey jedem Schlusse wie den Raum hätte ver- kürzen sollen, den Achilles noch zu durchlaufen hatte. §. 85. Es wird aber die Zeit noch auf eine andere Art 1°. Die Bewegung ist Linear. 2°. Jede Bewegung hat eine Dauer. 3°. Bey jeder Bewegung wird eine Linie durch- laufen. 4°. Je länger diese Linie bey gleicher Dauer ist, oder je kürzer die Dauer bey Durchlaufung einer gleich langen Linie ist, desto geschwinder ist die Bewegung. 5°. Die Geschwindigkeit hat keine determinirte Einheit. Die Postulata aber sind: 1°. Von jedem Puncte zu jedem Puncte läßt sich eine Bewegung von jeder beliebiger Geschwin- digkeit gedenken. 2°. Jede
III. Hauptſtuͤck. Erſte Grundſaͤtze nicht vorkommen ſollte. So iſt die ſogenannte Prio-ritas temporis mit der prioritate rationis vermenget, wenn wir die Ordnung der goͤttlichen Decreten be- trachten. Bey der Frage von der unendlichen Theil- barkeit der Materie, menget ſich der Begriff der Zeit leicht ein, wo er wegbleiben ſollte. Und das Argu- mentum achilleum des Zeno wider die Bewegung fehlet ebenfalls darinn, daß er die Zeit nach der Suc- ceßion und Dauer ſeiner Schluͤſſe maß, anſtatt daß er ſie bey jedem Schluſſe wie den Raum haͤtte ver- kuͤrzen ſollen, den Achilles noch zu durchlaufen hatte. §. 85. Es wird aber die Zeit noch auf eine andere Art 1°. Die Bewegung iſt Linear. 2°. Jede Bewegung hat eine Dauer. 3°. Bey jeder Bewegung wird eine Linie durch- laufen. 4°. Je laͤnger dieſe Linie bey gleicher Dauer iſt, oder je kuͤrzer die Dauer bey Durchlaufung einer gleich langen Linie iſt, deſto geſchwinder iſt die Bewegung. 5°. Die Geſchwindigkeit hat keine determinirte Einheit. Die Poſtulata aber ſind: 1°. Von jedem Puncte zu jedem Puncte laͤßt ſich eine Bewegung von jeder beliebiger Geſchwin- digkeit gedenken. 2°. Jede
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III. Hauptſtuͤck. Erſte Grundſaͤtze
nicht vorkommen ſollte. So iſt die ſogenannte Prio-
ritas temporis mit der prioritate rationis vermenget,
wenn wir die Ordnung der goͤttlichen Decreten be-
trachten. Bey der Frage von der unendlichen Theil-
barkeit der Materie, menget ſich der Begriff der Zeit
leicht ein, wo er wegbleiben ſollte. Und das Argu-
mentum achilleum des Zeno wider die Bewegung
fehlet ebenfalls darinn, daß er die Zeit nach der Suc-
ceßion und Dauer ſeiner Schluͤſſe maß, anſtatt daß
er ſie bey jedem Schluſſe wie den Raum haͤtte ver-
kuͤrzen ſollen, den Achilles noch zu durchlaufen hatte.
§. 85.
Es wird aber die Zeit noch auf eine andere Art
mit dem Raume verglichen, und dieß geſchieht ver-
mittelſt der Bewegung. So fern dieſe nur an ſich
betrachtet wird, koͤmmt ihre Theorie in der Phoro-
nomie vor (§. 68.) die Grundſaͤtze ſind:
1°. Die Bewegung iſt Linear.
2°. Jede Bewegung hat eine Dauer.
3°. Bey jeder Bewegung wird eine Linie durch-
laufen.
4°. Je laͤnger dieſe Linie bey gleicher Dauer iſt,
oder je kuͤrzer die Dauer bey Durchlaufung einer
gleich langen Linie iſt, deſto geſchwinder iſt die
Bewegung.
5°. Die Geſchwindigkeit hat keine determinirte
Einheit.
Die Poſtulata aber ſind:
1°. Von jedem Puncte zu jedem Puncte laͤßt ſich
eine Bewegung von jeder beliebiger Geſchwin-
digkeit gedenken.
2°. Jede
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