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Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816.

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liefert worden. Weiter bitten die Fremden in der Nacht
vergebens um Frieden; Kriemhild wehrt den Hünen, die
die Gäste zum Kampf aus dem Saal lassen wollen; end-
lich, wie man ihr Hagen als Geisel verweigert, läßt sie
das Haus an vier Ecken anzünden; es wird uns erzählt,
wie sie sich vor dem Feuer zu schützen suchen, und die
Durstigen endlich auf Hagens Rath das Blut der Gefalle-
nen trinken. Am Morgen leben noch sechshundert; gegen
die wagen es noch einmahl zwölfhundert Mann, die Kriem-
hildens Gut verdienen und thun wollen, was ihnen der
König gebot 39); und auch diese müssen sämmtlich von
der Burgunden Hand sterben.

Es befremdet schon, von dem allen in unserem Ge-
dichte weiter nichts wiederzufinden: aber den Dichter der
Klage müßten wir gar nicht kennen, wenn wir nicht glau-
ben sollten, daß er fast auf jeden Punkt dieser Erzählung
mehr als einmahl hätte zurückkommen müssen. Es ist frei-
lich wahr, er erwähnt das Verbrennen des Saales ein-
mahl (Z. 641):
Daz hus was verbrunnen gar
Ob der vil herlichen schar,
Die durch strit kom darin.

Aber eben daraus, daß er es nur einmahl im Vorbeigehen
berührt, wird gewiß, daß er die Beziehung darauf in dem
Liede, das er vor sich hatte, nicht verstand.

20.

Dagegen las er gewiß das Lied von Rüdiger und sei-
nem Tode (Nibel. 8641 ff.), so wie alle die folgenden.

liefert worden. Weiter bitten die Fremden in der Nacht
vergebens um Frieden; Kriemhild wehrt den Hünen, die
die Gäſte zum Kampf aus dem Saal laſſen wollen; end-
lich, wie man ihr Hagen als Geiſel verweigert, läßt ſie
das Haus an vier Ecken anzünden; es wird uns erzählt,
wie ſie ſich vor dem Feuer zu ſchützen ſuchen, und die
Durſtigen endlich auf Hagens Rath das Blut der Gefalle-
nen trinken. Am Morgen leben noch ſechshundert; gegen
die wagen es noch einmahl zwölfhundert Mann, die Kriem-
hildens Gut verdienen und thun wollen, was ihnen der
König gebot 39); und auch dieſe müſſen ſämmtlich von
der Burgunden Hand ſterben.

Es befremdet ſchon, von dem allen in unſerem Ge-
dichte weiter nichts wiederzufinden: aber den Dichter der
Klage müßten wir gar nicht kennen, wenn wir nicht glau-
ben ſollten, daß er faſt auf jeden Punkt dieſer Erzählung
mehr als einmahl hätte zurückkommen müſſen. Es iſt frei-
lich wahr, er erwähnt das Verbrennen des Saales ein-
mahl (Z. 641):
Daz hus was verbrunnen gar
Ob der vil herlichen ſchar,
Die durch ſtrit kom darin.

Aber eben daraus, daß er es nur einmahl im Vorbeigehen
berührt, wird gewiß, daß er die Beziehung darauf in dem
Liede, das er vor ſich hatte, nicht verſtand.

20.

Dagegen las er gewiß das Lied von Rüdiger und ſei-
nem Tode (Nibel. 8641 ff.), ſo wie alle die folgenden.

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[50/0058] liefert worden. Weiter bitten die Fremden in der Nacht vergebens um Frieden; Kriemhild wehrt den Hünen, die die Gäſte zum Kampf aus dem Saal laſſen wollen; end- lich, wie man ihr Hagen als Geiſel verweigert, läßt ſie das Haus an vier Ecken anzünden; es wird uns erzählt, wie ſie ſich vor dem Feuer zu ſchützen ſuchen, und die Durſtigen endlich auf Hagens Rath das Blut der Gefalle- nen trinken. Am Morgen leben noch ſechshundert; gegen die wagen es noch einmahl zwölfhundert Mann, die Kriem- hildens Gut verdienen und thun wollen, was ihnen der König gebot ³⁹⁾ ; und auch dieſe müſſen ſämmtlich von der Burgunden Hand ſterben. Es befremdet ſchon, von dem allen in unſerem Ge- dichte weiter nichts wiederzufinden: aber den Dichter der Klage müßten wir gar nicht kennen, wenn wir nicht glau- ben ſollten, daß er faſt auf jeden Punkt dieſer Erzählung mehr als einmahl hätte zurückkommen müſſen. Es iſt frei- lich wahr, er erwähnt das Verbrennen des Saales ein- mahl (Z. 641): Daz hus was verbrunnen gar Ob der vil herlichen ſchar, Die durch ſtrit kom darin. Aber eben daraus, daß er es nur einmahl im Vorbeigehen berührt, wird gewiß, daß er die Beziehung darauf in dem Liede, das er vor ſich hatte, nicht verſtand. 20. Dagegen las er gewiß das Lied von Rüdiger und ſei- nem Tode (Nibel. 8641 ff.), ſo wie alle die folgenden.

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Zitationshilfe: Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/58>, abgerufen am 24.11.2024.