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Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816.

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47) Dem Kloster Lorch. Bodmer erzählt in der Vor-
rede zu Chriemhilden Rache S. vii aus dem ungedruckten
Theile der ersten Hohenemser Handschrift, Kriemhild habe
nach Siegfrieds Tode bei ihrer Mutter im Kloster gelebt.
In derselben Handschrift ist nach J. Grimm, in den alt-
deutschen Wäldern ii. S. 180, eine Nachricht von Sieg-
frieds Beisetzung im Lorser Münster enthalten.
48) Dies wird in den Nibelungen, außer Z. 7299 in
der ersten Hohenemser Handschrift, nicht von Etzel, son-
dern in einer oben angeführten Stelle nur von Kriemhil-
den erzählt.
49) Eigentlich war es ein Mantel. Denn dies bezeich-
net das Wort Kappe nicht nur noch jetzt in mehreren
Germanischen Sprachen, sondern die Bedeutung ist auch
in früheren und unserem Gedichte gleichzeitigen Schriften
nachzuweisen. Nur so lassen sich die Zeilen 1740 und 1942
erklären. Am wenigsten darf man an eine Ähnlichkeit mit
Fortunatus Hütlein denken; und es ist kaum zu glauben,
daß man im Ernst aus der Tarnhut, wie sie öfters heißt,
einen Hut gemacht, da es doch leicht genug war, darin
den Gebrauch des Wortes Haut zu erkennen, welchen das
Dänische Skind, das ehemahls für Kaabe gebraucht
wurde, bestätigt.
50) Wenn wir auf Göttlings Untersuchungen (Nibe-
lungen und Gibelinen S. 66) weiter bauen dürfen, so
folgt nur daraus, daß der Verfasser des Mähres von der
Klage ein Welfe war; und mich dünkt, in dem ganzen
Werke läßt sich wirklich der Mönch gar nicht verkennen.
Hingegen war der Dichter der Aventüre von der Klage in
der anderen Sammlung wohl ein Gibellin, weil er auf die
47) Dem Kloſter Lorch. Bodmer erzählt in der Vor-
rede zu Chriemhilden Rache S. vii aus dem ungedruckten
Theile der erſten Hohenemſer Handſchrift, Kriemhild habe
nach Siegfrieds Tode bei ihrer Mutter im Kloſter gelebt.
In derſelben Handſchrift iſt nach J. Grimm, in den alt-
deutſchen Wäldern ii. S. 180, eine Nachricht von Sieg-
frieds Beiſetzung im Lorſer Münſter enthalten.
48) Dies wird in den Nibelungen, außer Z. 7299 in
der erſten Hohenemſer Handſchrift, nicht von Etzel, ſon-
dern in einer oben angeführten Stelle nur von Kriemhil-
den erzählt.
49) Eigentlich war es ein Mantel. Denn dies bezeich-
net das Wort Kappe nicht nur noch jetzt in mehreren
Germaniſchen Sprachen, ſondern die Bedeutung iſt auch
in früheren und unſerem Gedichte gleichzeitigen Schriften
nachzuweiſen. Nur ſo laſſen ſich die Zeilen 1740 und 1942
erklären. Am wenigſten darf man an eine Ähnlichkeit mit
Fortunatus Hütlein denken; und es iſt kaum zu glauben,
daß man im Ernſt aus der Tarnhut, wie ſie öfters heißt,
einen Hut gemacht, da es doch leicht genug war, darin
den Gebrauch des Wortes Haut zu erkennen, welchen das
Däniſche Skind, das ehemahls für Kaabe gebraucht
wurde, beſtätigt.
50) Wenn wir auf Göttlings Unterſuchungen (Nibe-
lungen und Gibelinen S. 66) weiter bauen dürfen, ſo
folgt nur daraus, daß der Verfaſſer des Mähres von der
Klage ein Welfe war; und mich dünkt, in dem ganzen
Werke läßt ſich wirklich der Mönch gar nicht verkennen.
Hingegen war der Dichter der Aventüre von der Klage in
der anderen Sammlung wohl ein Gibellin, weil er auf die
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[103/0111] ⁴⁷⁾ Dem Kloſter Lorch. Bodmer erzählt in der Vor- rede zu Chriemhilden Rache S. vii aus dem ungedruckten Theile der erſten Hohenemſer Handſchrift, Kriemhild habe nach Siegfrieds Tode bei ihrer Mutter im Kloſter gelebt. In derſelben Handſchrift iſt nach J. Grimm, in den alt- deutſchen Wäldern ii. S. 180, eine Nachricht von Sieg- frieds Beiſetzung im Lorſer Münſter enthalten. ⁴⁸⁾ Dies wird in den Nibelungen, außer Z. 7299 in der erſten Hohenemſer Handſchrift, nicht von Etzel, ſon- dern in einer oben angeführten Stelle nur von Kriemhil- den erzählt. ⁴⁹⁾ Eigentlich war es ein Mantel. Denn dies bezeich- net das Wort Kappe nicht nur noch jetzt in mehreren Germaniſchen Sprachen, ſondern die Bedeutung iſt auch in früheren und unſerem Gedichte gleichzeitigen Schriften nachzuweiſen. Nur ſo laſſen ſich die Zeilen 1740 und 1942 erklären. Am wenigſten darf man an eine Ähnlichkeit mit Fortunatus Hütlein denken; und es iſt kaum zu glauben, daß man im Ernſt aus der Tarnhut, wie ſie öfters heißt, einen Hut gemacht, da es doch leicht genug war, darin den Gebrauch des Wortes Haut zu erkennen, welchen das Däniſche Skind, das ehemahls für Kaabe gebraucht wurde, beſtätigt. ⁵⁰⁾ Wenn wir auf Göttlings Unterſuchungen (Nibe- lungen und Gibelinen S. 66) weiter bauen dürfen, ſo folgt nur daraus, daß der Verfaſſer des Mähres von der Klage ein Welfe war; und mich dünkt, in dem ganzen Werke läßt ſich wirklich der Mönch gar nicht verkennen. Hingegen war der Dichter der Aventüre von der Klage in der anderen Sammlung wohl ein Gibellin, weil er auf die

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Zitationshilfe: Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/111>, abgerufen am 05.05.2024.