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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 100. Die Verpflichtung zur Rechtshülfe.
Vornahme der Amtshandlung Seitens des ersuchenden Gerichts
ertheilt und wenn Gefahr im Verzuge ist; in dem letzteren Falle
ist nur dem Amtsgericht des Ortes Anzeige zu machen 1). Ob das
Amtsgericht des Orts, welches um Ertheilung der Zustimmung
ersucht worden ist, dieselbe ertheilen oder versagen will, ist ganz
und gar in sein amtliches Ermessen gestellt; eine Beschwerde we-
gen verweigerter Zustimmung findet nicht statt 2): andererseits hat
das Prozeßgericht allein darüber zu befinden, ob Gefahr im Ver-
zuge ist, ohne sich in Verhandlungen darüber mit dem Amtsgericht
des Ortes einlassen zu müssen.

Auf der Berücksichtigung der Gefahr im Verzuge beruht fer-
ner die im Anschluß an die Bestimmung des Rechtshülfegesetzes
§. 30 getroffene Anordnung des §. 168 des G.V.G.'s, daß die
Sicherheitsbeamten eines Bundesstaates ermächtigt sind, die
Verfolgung eines Flüchtigen auf das Gebiet eines anderen Bundes-
staates fortzusetzen und den Flüchtigen daselbst zu ergreifen. Der
Ergriffene ist aber unverzüglich an das nächste Gericht oder die
nächste Polizeibehörde des Bundesstaates, in welchem er ergriffen
wurde, abzuführen.

2. Das Ersuchen um Rechtshülfe ist immer an das Amts-
gericht zu richten, in dessen Bezirke die Amtshandlung vorgenommen
werden soll, ohne Unterschied, welcher Ordnung das ersuchende
Gericht ist 3). Nur wenn in einem andern Gerichtsbezirke eine
Freiheitsstrafe vollstreckt oder ein Verurtheilter zum Zweck der
Strafverbüßung ergriffen und abgeliefert werden soll, ist das Er-
suchen an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgerichte des
Bezirks zu richten 4).

3. Das ersuchte Amtsgericht darf das Ersuchen nicht ab-
lehnen, außer wenn ihm selbst die örtliche Zuständigkeit mangelt,
das Ersuchen also an ein unrichtiges Amtsgericht gerichtet ist 5),
oder wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Rechte des er-

1) Gerichtsverf.Ges. §. 167.
2) Keller a. a. O. S. 208.
3) Gerichtsverf.Ges. §. 158.
4) ebendas. §. 164.
5) In diesem Falle kann die Ablehnung auch in der Weise erfolgen, daß
das irrthümlich requirirte Gericht das Ersuchen an das ortszuständige Amts-
gericht abgiebt.

§. 100. Die Verpflichtung zur Rechtshülfe.
Vornahme der Amtshandlung Seitens des erſuchenden Gerichts
ertheilt und wenn Gefahr im Verzuge iſt; in dem letzteren Falle
iſt nur dem Amtsgericht des Ortes Anzeige zu machen 1). Ob das
Amtsgericht des Orts, welches um Ertheilung der Zuſtimmung
erſucht worden iſt, dieſelbe ertheilen oder verſagen will, iſt ganz
und gar in ſein amtliches Ermeſſen geſtellt; eine Beſchwerde we-
gen verweigerter Zuſtimmung findet nicht ſtatt 2): andererſeits hat
das Prozeßgericht allein darüber zu befinden, ob Gefahr im Ver-
zuge iſt, ohne ſich in Verhandlungen darüber mit dem Amtsgericht
des Ortes einlaſſen zu müſſen.

Auf der Berückſichtigung der Gefahr im Verzuge beruht fer-
ner die im Anſchluß an die Beſtimmung des Rechtshülfegeſetzes
§. 30 getroffene Anordnung des §. 168 des G.V.G.’s, daß die
Sicherheitsbeamten eines Bundesſtaates ermächtigt ſind, die
Verfolgung eines Flüchtigen auf das Gebiet eines anderen Bundes-
ſtaates fortzuſetzen und den Flüchtigen daſelbſt zu ergreifen. Der
Ergriffene iſt aber unverzüglich an das nächſte Gericht oder die
nächſte Polizeibehörde des Bundesſtaates, in welchem er ergriffen
wurde, abzuführen.

2. Das Erſuchen um Rechtshülfe iſt immer an das Amts-
gericht zu richten, in deſſen Bezirke die Amtshandlung vorgenommen
werden ſoll, ohne Unterſchied, welcher Ordnung das erſuchende
Gericht iſt 3). Nur wenn in einem andern Gerichtsbezirke eine
Freiheitsſtrafe vollſtreckt oder ein Verurtheilter zum Zweck der
Strafverbüßung ergriffen und abgeliefert werden ſoll, iſt das Er-
ſuchen an die Staatsanwaltſchaft bei dem Landgerichte des
Bezirks zu richten 4).

3. Das erſuchte Amtsgericht darf das Erſuchen nicht ab-
lehnen, außer wenn ihm ſelbſt die örtliche Zuſtändigkeit mangelt,
das Erſuchen alſo an ein unrichtiges Amtsgericht gerichtet iſt 5),
oder wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Rechte des er-

1) Gerichtsverf.Geſ. §. 167.
2) Keller a. a. O. S. 208.
3) Gerichtsverf.Geſ. §. 158.
4) ebendaſ. §. 164.
5) In dieſem Falle kann die Ablehnung auch in der Weiſe erfolgen, daß
das irrthümlich requirirte Gericht das Erſuchen an das ortszuſtändige Amts-
gericht abgiebt.
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[69/0079] §. 100. Die Verpflichtung zur Rechtshülfe. Vornahme der Amtshandlung Seitens des erſuchenden Gerichts ertheilt und wenn Gefahr im Verzuge iſt; in dem letzteren Falle iſt nur dem Amtsgericht des Ortes Anzeige zu machen 1). Ob das Amtsgericht des Orts, welches um Ertheilung der Zuſtimmung erſucht worden iſt, dieſelbe ertheilen oder verſagen will, iſt ganz und gar in ſein amtliches Ermeſſen geſtellt; eine Beſchwerde we- gen verweigerter Zuſtimmung findet nicht ſtatt 2): andererſeits hat das Prozeßgericht allein darüber zu befinden, ob Gefahr im Ver- zuge iſt, ohne ſich in Verhandlungen darüber mit dem Amtsgericht des Ortes einlaſſen zu müſſen. Auf der Berückſichtigung der Gefahr im Verzuge beruht fer- ner die im Anſchluß an die Beſtimmung des Rechtshülfegeſetzes §. 30 getroffene Anordnung des §. 168 des G.V.G.’s, daß die Sicherheitsbeamten eines Bundesſtaates ermächtigt ſind, die Verfolgung eines Flüchtigen auf das Gebiet eines anderen Bundes- ſtaates fortzuſetzen und den Flüchtigen daſelbſt zu ergreifen. Der Ergriffene iſt aber unverzüglich an das nächſte Gericht oder die nächſte Polizeibehörde des Bundesſtaates, in welchem er ergriffen wurde, abzuführen. 2. Das Erſuchen um Rechtshülfe iſt immer an das Amts- gericht zu richten, in deſſen Bezirke die Amtshandlung vorgenommen werden ſoll, ohne Unterſchied, welcher Ordnung das erſuchende Gericht iſt 3). Nur wenn in einem andern Gerichtsbezirke eine Freiheitsſtrafe vollſtreckt oder ein Verurtheilter zum Zweck der Strafverbüßung ergriffen und abgeliefert werden ſoll, iſt das Er- ſuchen an die Staatsanwaltſchaft bei dem Landgerichte des Bezirks zu richten 4). 3. Das erſuchte Amtsgericht darf das Erſuchen nicht ab- lehnen, außer wenn ihm ſelbſt die örtliche Zuſtändigkeit mangelt, das Erſuchen alſo an ein unrichtiges Amtsgericht gerichtet iſt 5), oder wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Rechte des er- 1) Gerichtsverf.Geſ. §. 167. 2) Keller a. a. O. S. 208. 3) Gerichtsverf.Geſ. §. 158. 4) ebendaſ. §. 164. 5) In dieſem Falle kann die Ablehnung auch in der Weiſe erfolgen, daß das irrthümlich requirirte Gericht das Erſuchen an das ortszuſtändige Amts- gericht abgiebt.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/79>, abgerufen am 25.11.2024.