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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 126. Die Rechnungskontrole und Entlastung der Verwaltung.

Es fehlt daher noch gegenwärtig für das Deutsche Reich an
einer definitiven Festsetzung der Rechtsgrundsätze für die Rechnungs-
kontrole und ebenso an einer definitiven Organisirung der damit
betrauten Behörde und, falls in einem Jahre aus irgend welchem
Grunde die gesetzliche Prolongation der bisherigen Einrichtung nicht
erfolgen sollte, so würde eine wirkliche Gesetzgebungslücke entstehen;
es gäbe keine Gesetzesvorschriften darüber, in welcher Art die durch
Art. 72 der R.V. begründete Pflicht des Reichskanzlers zur Rech-
nungslegung erfüllt werden sollte. Die hier folgende Darstellung
muß sich natürlich darauf beschränken, den Rechtszustand, wie er
seit dem Jahre 1875 von Jahr zu Jahr fortgeführt worden ist
und thatsächlich besteht, zu erörtern.

II. Der "Rechnungshof des Deutschen Reiches" ist eine mit
der Preußischen Ober-Rechnungskammer vereinigte, aber lediglich
für die Zwecke der Reichsverwaltung bestimmte und auf Reichs-
kosten unterhaltene Behörde, welche ihre Sitzungen getrennt von
denjenigen der Preußischen Ober-Rechnungskammer hält und an
deren Spitze ein besonderer Direktor steht, der dienstlich dem Präsi-
denten der Ober-Rechnungskammer unterstellt ist 1). Die Organi-
sation, der staatsrechtliche Charakter und der Wirkungskreis dieser
Behörde sind bereits oben Bd. I. S. 355 ff. dargestellt worden.

III. Was den Umfang der dem Rechnungshofe obliegenden
Kontrole anbelangt, so erstreckt sich die letztere

1. auf die Revision aller derjenigen Rechnungen, durch welche
die Ausführung des festgestellten Reichshaushalts-Etats und der
sämmtlichen Etats und sonstigen Unterlagen, auf welchen derselbe
beruht, dargethan wird, ingleichen der Rechnungen derjenigen An-
stalten, Stiftungen und Fonds, welche aus Reichsmitteln unter-
halten oder mit Zuschüssen bedacht werden und deren Verwaltung
durch Reichsbeamte geführt wird 2). Es reicht also die Kontrole
des Rechnungshofes so weit wie die eigene Finanzwirthschaft des

1) Ueber das amtliche Verhältniß des Directors zum Präsidenten und zu
den Mitgliedern, sowie über seine amtl. Befugnisse und Obliegenheiten vgl.
die Instr. v. 5. März 1875 §. 6 und §§. 23 ff.
2) Durch besondere reichsgesetzliche Anordnung ist auch die Revision der
Rechnungen hinsichtlich der Verwaltung und Verwendung der französ. Kriegs-
kosten-Entschädigung, der Verwaltung des Invalidenfonds, des Kriegsschatzes
und der Reichsbank dem Rechnungshofe übertragen worden. Vgl. Bd. I. S. 359.
§. 126. Die Rechnungskontrole und Entlaſtung der Verwaltung.

Es fehlt daher noch gegenwärtig für das Deutſche Reich an
einer definitiven Feſtſetzung der Rechtsgrundſätze für die Rechnungs-
kontrole und ebenſo an einer definitiven Organiſirung der damit
betrauten Behörde und, falls in einem Jahre aus irgend welchem
Grunde die geſetzliche Prolongation der bisherigen Einrichtung nicht
erfolgen ſollte, ſo würde eine wirkliche Geſetzgebungslücke entſtehen;
es gäbe keine Geſetzesvorſchriften darüber, in welcher Art die durch
Art. 72 der R.V. begründete Pflicht des Reichskanzlers zur Rech-
nungslegung erfüllt werden ſollte. Die hier folgende Darſtellung
muß ſich natürlich darauf beſchränken, den Rechtszuſtand, wie er
ſeit dem Jahre 1875 von Jahr zu Jahr fortgeführt worden iſt
und thatſächlich beſteht, zu erörtern.

II. Der „Rechnungshof des Deutſchen Reiches“ iſt eine mit
der Preußiſchen Ober-Rechnungskammer vereinigte, aber lediglich
für die Zwecke der Reichsverwaltung beſtimmte und auf Reichs-
koſten unterhaltene Behörde, welche ihre Sitzungen getrennt von
denjenigen der Preußiſchen Ober-Rechnungskammer hält und an
deren Spitze ein beſonderer Direktor ſteht, der dienſtlich dem Präſi-
denten der Ober-Rechnungskammer unterſtellt iſt 1). Die Organi-
ſation, der ſtaatsrechtliche Charakter und der Wirkungskreis dieſer
Behörde ſind bereits oben Bd. I. S. 355 ff. dargeſtellt worden.

III. Was den Umfang der dem Rechnungshofe obliegenden
Kontrole anbelangt, ſo erſtreckt ſich die letztere

1. auf die Reviſion aller derjenigen Rechnungen, durch welche
die Ausführung des feſtgeſtellten Reichshaushalts-Etats und der
ſämmtlichen Etats und ſonſtigen Unterlagen, auf welchen derſelbe
beruht, dargethan wird, ingleichen der Rechnungen derjenigen An-
ſtalten, Stiftungen und Fonds, welche aus Reichsmitteln unter-
halten oder mit Zuſchüſſen bedacht werden und deren Verwaltung
durch Reichsbeamte geführt wird 2). Es reicht alſo die Kontrole
des Rechnungshofes ſo weit wie die eigene Finanzwirthſchaft des

1) Ueber das amtliche Verhältniß des Directors zum Präſidenten und zu
den Mitgliedern, ſowie über ſeine amtl. Befugniſſe und Obliegenheiten vgl.
die Inſtr. v. 5. März 1875 §. 6 und §§. 23 ff.
2) Durch beſondere reichsgeſetzliche Anordnung iſt auch die Reviſion der
Rechnungen hinſichtlich der Verwaltung und Verwendung der franzöſ. Kriegs-
koſten-Entſchädigung, der Verwaltung des Invalidenfonds, des Kriegsſchatzes
und der Reichsbank dem Rechnungshofe übertragen worden. Vgl. Bd. I. S. 359.
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[380/0390] §. 126. Die Rechnungskontrole und Entlaſtung der Verwaltung. Es fehlt daher noch gegenwärtig für das Deutſche Reich an einer definitiven Feſtſetzung der Rechtsgrundſätze für die Rechnungs- kontrole und ebenſo an einer definitiven Organiſirung der damit betrauten Behörde und, falls in einem Jahre aus irgend welchem Grunde die geſetzliche Prolongation der bisherigen Einrichtung nicht erfolgen ſollte, ſo würde eine wirkliche Geſetzgebungslücke entſtehen; es gäbe keine Geſetzesvorſchriften darüber, in welcher Art die durch Art. 72 der R.V. begründete Pflicht des Reichskanzlers zur Rech- nungslegung erfüllt werden ſollte. Die hier folgende Darſtellung muß ſich natürlich darauf beſchränken, den Rechtszuſtand, wie er ſeit dem Jahre 1875 von Jahr zu Jahr fortgeführt worden iſt und thatſächlich beſteht, zu erörtern. II. Der „Rechnungshof des Deutſchen Reiches“ iſt eine mit der Preußiſchen Ober-Rechnungskammer vereinigte, aber lediglich für die Zwecke der Reichsverwaltung beſtimmte und auf Reichs- koſten unterhaltene Behörde, welche ihre Sitzungen getrennt von denjenigen der Preußiſchen Ober-Rechnungskammer hält und an deren Spitze ein beſonderer Direktor ſteht, der dienſtlich dem Präſi- denten der Ober-Rechnungskammer unterſtellt iſt 1). Die Organi- ſation, der ſtaatsrechtliche Charakter und der Wirkungskreis dieſer Behörde ſind bereits oben Bd. I. S. 355 ff. dargeſtellt worden. III. Was den Umfang der dem Rechnungshofe obliegenden Kontrole anbelangt, ſo erſtreckt ſich die letztere 1. auf die Reviſion aller derjenigen Rechnungen, durch welche die Ausführung des feſtgeſtellten Reichshaushalts-Etats und der ſämmtlichen Etats und ſonſtigen Unterlagen, auf welchen derſelbe beruht, dargethan wird, ingleichen der Rechnungen derjenigen An- ſtalten, Stiftungen und Fonds, welche aus Reichsmitteln unter- halten oder mit Zuſchüſſen bedacht werden und deren Verwaltung durch Reichsbeamte geführt wird 2). Es reicht alſo die Kontrole des Rechnungshofes ſo weit wie die eigene Finanzwirthſchaft des 1) Ueber das amtliche Verhältniß des Directors zum Präſidenten und zu den Mitgliedern, ſowie über ſeine amtl. Befugniſſe und Obliegenheiten vgl. die Inſtr. v. 5. März 1875 §. 6 und §§. 23 ff. 2) Durch beſondere reichsgeſetzliche Anordnung iſt auch die Reviſion der Rechnungen hinſichtlich der Verwaltung und Verwendung der franzöſ. Kriegs- koſten-Entſchädigung, der Verwaltung des Invalidenfonds, des Kriegsſchatzes und der Reichsbank dem Rechnungshofe übertragen worden. Vgl. Bd. I. S. 359.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/390>, abgerufen am 22.11.2024.