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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 124. Die Wirkungen des Etatsgesetzes.
mora accipiendi des berechtigten Gläubigers. An und für sich
ist die Restverwaltung erlaubt und ganz unvermeidlich; das Etats-
gesetz steht derselben nicht entgegen, da dasselbe nicht die Kassen-
verwaltung, sondern die Finanzwirthschaft betrifft und demgemäß
der Regierung die erforderlichen Kassen-Manipulationen behufs
Durchführung des Finanzplanes anheim stellt. Von Wichtigkeit
ist es nur, die Grenze zwischen Restverwaltung und Aus-
gabe-Ersparnissen
zu ziehen. Hierbei ist zunächst das
Princip maßgebend, daß nicht die Zahlung, sondern die Entstehung
der Obligation entscheidet. Soweit der Fiscus zur Zahlung bereits
obligirt ist, fällt die Annahme von Ersparnissen weg, wenngleich
die Zahlung selbst erst nachträglich (während des neuen Etatsjahres)
erfolgt. Aber auch darüber hinaus kann es vorkommen, daß selbst
die Obligirung der Staatskasse erst nachträglich erfolgt, aber das
Bedürfniß der Staatsverwaltung, welches dadurch gedeckt wird,
noch dem abgelaufenen Jahre angehört; auch in diesem Falle ist
keine Ausgaben-Ersparung vorhanden. Es läßt sich daher die
Restverwaltung negativ dahin bestimmen, daß auf ihr Conto keine
Ausgaben der laufenden Verwaltung genommen werden dürfen.
Die nicht verbrauchten Fonds können überdies nicht in das Unend-
liche asservirt werden wegen der Möglichkeit, daß noch nachträgliche
Zahlungen a Conto früherer Jahres-Etats erforderlich werden
könnten; sondern sie sind gemäß der Instruktion für die Preußische
Ober-Rechnungs-Kammer vom 18. Dezbr. 1824, § 24, die provi-
sorisch auch für den Rechnungshof des Deutschen Reichs bindende
Kraft hat, am Ende des zweiten Jahres als erspart zu berechnen.
Eine Abweichung von dieser engen Begrenzung der Restverwaltung
tritt nur dann ein, wenn der Etat selbst die in ihm bewilligten
Ausgabenpositionen für übertragbar von einem Jahre auf das
andere erklärt 1).


1) Nach einer am 27. April 1871 beschlossenen Resolution des Reichs-
tags soll bei Aufstellung des Etats hinsichtlich der übertragbaren Titel der-
selben jedesmal erkennbar gemacht werden, wie viel von den übertragbaren
Fonds in dem Vorjahre wirklich verwandt und wie viel daher von demselben
für das laufende Jahr noch disponibel ist (Stenogr. Berichte S. 419--424).
Die Reichsregierung hat ihre Zustimmung dazu erklärt und dem entsprechend
diese Nachweisungen für die aus dem Jahre 1870 disponibel gebliebenen Be-
stände der Morine- und Telegraphenverwaltung pro 1871 schon am 2. Nov.
1871 gegeben (Drucks. II. Sess. 1871 Nr. 36).

§. 124. Die Wirkungen des Etatsgeſetzes.
mora accipiendi des berechtigten Gläubigers. An und für ſich
iſt die Reſtverwaltung erlaubt und ganz unvermeidlich; das Etats-
geſetz ſteht derſelben nicht entgegen, da dasſelbe nicht die Kaſſen-
verwaltung, ſondern die Finanzwirthſchaft betrifft und demgemäß
der Regierung die erforderlichen Kaſſen-Manipulationen behufs
Durchführung des Finanzplanes anheim ſtellt. Von Wichtigkeit
iſt es nur, die Grenze zwiſchen Reſtverwaltung und Aus-
gabe-Erſparniſſen
zu ziehen. Hierbei iſt zunächſt das
Princip maßgebend, daß nicht die Zahlung, ſondern die Entſtehung
der Obligation entſcheidet. Soweit der Fiscus zur Zahlung bereits
obligirt iſt, fällt die Annahme von Erſparniſſen weg, wenngleich
die Zahlung ſelbſt erſt nachträglich (während des neuen Etatsjahres)
erfolgt. Aber auch darüber hinaus kann es vorkommen, daß ſelbſt
die Obligirung der Staatskaſſe erſt nachträglich erfolgt, aber das
Bedürfniß der Staatsverwaltung, welches dadurch gedeckt wird,
noch dem abgelaufenen Jahre angehört; auch in dieſem Falle iſt
keine Ausgaben-Erſparung vorhanden. Es läßt ſich daher die
Reſtverwaltung negativ dahin beſtimmen, daß auf ihr Conto keine
Ausgaben der laufenden Verwaltung genommen werden dürfen.
Die nicht verbrauchten Fonds können überdies nicht in das Unend-
liche aſſervirt werden wegen der Möglichkeit, daß noch nachträgliche
Zahlungen à Conto früherer Jahres-Etats erforderlich werden
könnten; ſondern ſie ſind gemäß der Inſtruktion für die Preußiſche
Ober-Rechnungs-Kammer vom 18. Dezbr. 1824, § 24, die provi-
ſoriſch auch für den Rechnungshof des Deutſchen Reichs bindende
Kraft hat, am Ende des zweiten Jahres als erſpart zu berechnen.
Eine Abweichung von dieſer engen Begrenzung der Reſtverwaltung
tritt nur dann ein, wenn der Etat ſelbſt die in ihm bewilligten
Ausgabenpoſitionen für übertragbar von einem Jahre auf das
andere erklärt 1).


1) Nach einer am 27. April 1871 beſchloſſenen Reſolution des Reichs-
tags ſoll bei Aufſtellung des Etats hinſichtlich der übertragbaren Titel der-
ſelben jedesmal erkennbar gemacht werden, wie viel von den übertragbaren
Fonds in dem Vorjahre wirklich verwandt und wie viel daher von demſelben
für das laufende Jahr noch disponibel iſt (Stenogr. Berichte S. 419—424).
Die Reichsregierung hat ihre Zuſtimmung dazu erklärt und dem entſprechend
dieſe Nachweiſungen für die aus dem Jahre 1870 disponibel gebliebenen Be-
ſtände der Morine- und Telegraphenverwaltung pro 1871 ſchon am 2. Nov.
1871 gegeben (Druckſ. II. Seſſ. 1871 Nr. 36).
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[363/0373] §. 124. Die Wirkungen des Etatsgeſetzes. mora accipiendi des berechtigten Gläubigers. An und für ſich iſt die Reſtverwaltung erlaubt und ganz unvermeidlich; das Etats- geſetz ſteht derſelben nicht entgegen, da dasſelbe nicht die Kaſſen- verwaltung, ſondern die Finanzwirthſchaft betrifft und demgemäß der Regierung die erforderlichen Kaſſen-Manipulationen behufs Durchführung des Finanzplanes anheim ſtellt. Von Wichtigkeit iſt es nur, die Grenze zwiſchen Reſtverwaltung und Aus- gabe-Erſparniſſen zu ziehen. Hierbei iſt zunächſt das Princip maßgebend, daß nicht die Zahlung, ſondern die Entſtehung der Obligation entſcheidet. Soweit der Fiscus zur Zahlung bereits obligirt iſt, fällt die Annahme von Erſparniſſen weg, wenngleich die Zahlung ſelbſt erſt nachträglich (während des neuen Etatsjahres) erfolgt. Aber auch darüber hinaus kann es vorkommen, daß ſelbſt die Obligirung der Staatskaſſe erſt nachträglich erfolgt, aber das Bedürfniß der Staatsverwaltung, welches dadurch gedeckt wird, noch dem abgelaufenen Jahre angehört; auch in dieſem Falle iſt keine Ausgaben-Erſparung vorhanden. Es läßt ſich daher die Reſtverwaltung negativ dahin beſtimmen, daß auf ihr Conto keine Ausgaben der laufenden Verwaltung genommen werden dürfen. Die nicht verbrauchten Fonds können überdies nicht in das Unend- liche aſſervirt werden wegen der Möglichkeit, daß noch nachträgliche Zahlungen à Conto früherer Jahres-Etats erforderlich werden könnten; ſondern ſie ſind gemäß der Inſtruktion für die Preußiſche Ober-Rechnungs-Kammer vom 18. Dezbr. 1824, § 24, die provi- ſoriſch auch für den Rechnungshof des Deutſchen Reichs bindende Kraft hat, am Ende des zweiten Jahres als erſpart zu berechnen. Eine Abweichung von dieſer engen Begrenzung der Reſtverwaltung tritt nur dann ein, wenn der Etat ſelbſt die in ihm bewilligten Ausgabenpoſitionen für übertragbar von einem Jahre auf das andere erklärt 1). 1) Nach einer am 27. April 1871 beſchloſſenen Reſolution des Reichs- tags ſoll bei Aufſtellung des Etats hinſichtlich der übertragbaren Titel der- ſelben jedesmal erkennbar gemacht werden, wie viel von den übertragbaren Fonds in dem Vorjahre wirklich verwandt und wie viel daher von demſelben für das laufende Jahr noch disponibel iſt (Stenogr. Berichte S. 419—424). Die Reichsregierung hat ihre Zuſtimmung dazu erklärt und dem entſprechend dieſe Nachweiſungen für die aus dem Jahre 1870 disponibel gebliebenen Be- ſtände der Morine- und Telegraphenverwaltung pro 1871 ſchon am 2. Nov. 1871 gegeben (Druckſ. II. Seſſ. 1871 Nr. 36).

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/373>, abgerufen am 22.11.2024.