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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 114. Die Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern.
und Bevollmächtigten werden aus der Reichskasse bestritten. Bis
jetzt werden diese Reichsämter jedoch nur kommissarisch verwaltet,
so daß die Beamten, welche sie bekleiden, aus dem dienstlichen
Verhältniß in denjenigen Staaten, denen sie angehören, nicht voll-
ständig ausscheiden 1).

Die von den Reichsbevollmächtigten über Mängel bei der
Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung gemachten Anzeigen
sind dem Bundesrathe zur Beschlußnahme vorzulegen 2). Ueber
die rechtliche Natur und Bedeutung dieser Beschlüsse und über das
Verhältniß derselben zu der dem Kaiser verfassungsmäßig zustehen-
den Ueberwachung der Einzelstaaten vgl. die Erörterungen Bd. I.
S. 255 ff.

IV. Da die Besteuerung des inländischen Branntweins und
Bieres in Bayern, Württemberg und Baden der Landesgesetz-
gebung vorbehalten ist und der Ertrag dieser Abgaben in die
Landeskasse fließt, so fällt selbstverständlich auch die Verwaltungs-
kompetenz des Reiches hinsichtlich der Erhebung der Branntwein-
und Brausteuer in diesen drei süddeutschen Staaten gänzlich fort.
Hinsichtlich der Brausteuer gilt dasselbe von Elsaß-Lothringen.
Es steht demnach weder den Reichsbevollmächtigten und Reichs-
kontroleuren in den Süddeutschen Staaten irgend eine Wirksamkeit
in Bezug auf die Verwaltung der Getränkesteuern zu (in Elsaß-
Lothringen mit Ausnahme der Branntweinsteuer), noch hat der
Kaiser oder der Bundesrath ein Aufsichts- oder Verordnungsrecht.
Entsprechend dieser Sonderstellung der drei Süddeutschen Staaten
ist denselben andrerseits durch Art. 7 Abs. 4 der R.V. das Stimm-
recht bei allen Bundesrathsbeschlüssen, welche die Branntwein-
und Bierbesteuerung betreffen, entzogen, da diese Angelegenheiten
unzweifelhaft zu denjenigen gehören, welche den Süddeutschen
Staaten weder mit dem übrigen Reiche noch untereinander "gemein-
schaftlich" sind. Es ist für diesen Zweig der Finanzverwaltung

1) Daß auch andere als preußische Beamte bei der Kontrole der
Zölle und Abgaben verwendet werden, ist im Schlußprotok. zum Zollvereins-
Vertr. v. 8. Juli 1867 Nro. 15 Ziff. 1 zugesichert worden. Diese Bestimmung
ist in Geltung geblieben in der Gestalt, daß der Kaiser auch nichtpreußische
Beamte zu Reichsbevollmächtigten und Stationskontroleuren unter Berücksich-
tigung der Wünsche der betreffenden Regierungen ernennt.
2) R.V. Art. 36 Abs. 3.
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§. 114. Die Verwaltung der Zölle und Verbrauchsſteuern.
und Bevollmächtigten werden aus der Reichskaſſe beſtritten. Bis
jetzt werden dieſe Reichsämter jedoch nur kommiſſariſch verwaltet,
ſo daß die Beamten, welche ſie bekleiden, aus dem dienſtlichen
Verhältniß in denjenigen Staaten, denen ſie angehören, nicht voll-
ſtändig ausſcheiden 1).

Die von den Reichsbevollmächtigten über Mängel bei der
Ausführung der gemeinſchaftlichen Geſetzgebung gemachten Anzeigen
ſind dem Bundesrathe zur Beſchlußnahme vorzulegen 2). Ueber
die rechtliche Natur und Bedeutung dieſer Beſchlüſſe und über das
Verhältniß derſelben zu der dem Kaiſer verfaſſungsmäßig zuſtehen-
den Ueberwachung der Einzelſtaaten vgl. die Erörterungen Bd. I.
S. 255 ff.

IV. Da die Beſteuerung des inländiſchen Branntweins und
Bieres in Bayern, Württemberg und Baden der Landesgeſetz-
gebung vorbehalten iſt und der Ertrag dieſer Abgaben in die
Landeskaſſe fließt, ſo fällt ſelbſtverſtändlich auch die Verwaltungs-
kompetenz des Reiches hinſichtlich der Erhebung der Branntwein-
und Brauſteuer in dieſen drei ſüddeutſchen Staaten gänzlich fort.
Hinſichtlich der Brauſteuer gilt daſſelbe von Elſaß-Lothringen.
Es ſteht demnach weder den Reichsbevollmächtigten und Reichs-
kontroleuren in den Süddeutſchen Staaten irgend eine Wirkſamkeit
in Bezug auf die Verwaltung der Getränkeſteuern zu (in Elſaß-
Lothringen mit Ausnahme der Branntweinſteuer), noch hat der
Kaiſer oder der Bundesrath ein Aufſichts- oder Verordnungsrecht.
Entſprechend dieſer Sonderſtellung der drei Süddeutſchen Staaten
iſt denſelben andrerſeits durch Art. 7 Abſ. 4 der R.V. das Stimm-
recht bei allen Bundesrathsbeſchlüſſen, welche die Branntwein-
und Bierbeſteuerung betreffen, entzogen, da dieſe Angelegenheiten
unzweifelhaft zu denjenigen gehören, welche den Süddeutſchen
Staaten weder mit dem übrigen Reiche noch untereinander „gemein-
ſchaftlich“ ſind. Es iſt für dieſen Zweig der Finanzverwaltung

1) Daß auch andere als preußiſche Beamte bei der Kontrole der
Zölle und Abgaben verwendet werden, iſt im Schlußprotok. zum Zollvereins-
Vertr. v. 8. Juli 1867 Nro. 15 Ziff. 1 zugeſichert worden. Dieſe Beſtimmung
iſt in Geltung geblieben in der Geſtalt, daß der Kaiſer auch nichtpreußiſche
Beamte zu Reichsbevollmächtigten und Stationskontroleuren unter Berückſich-
tigung der Wünſche der betreffenden Regierungen ernennt.
2) R.V. Art. 36 Abſ. 3.
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[291/0301] §. 114. Die Verwaltung der Zölle und Verbrauchsſteuern. und Bevollmächtigten werden aus der Reichskaſſe beſtritten. Bis jetzt werden dieſe Reichsämter jedoch nur kommiſſariſch verwaltet, ſo daß die Beamten, welche ſie bekleiden, aus dem dienſtlichen Verhältniß in denjenigen Staaten, denen ſie angehören, nicht voll- ſtändig ausſcheiden 1). Die von den Reichsbevollmächtigten über Mängel bei der Ausführung der gemeinſchaftlichen Geſetzgebung gemachten Anzeigen ſind dem Bundesrathe zur Beſchlußnahme vorzulegen 2). Ueber die rechtliche Natur und Bedeutung dieſer Beſchlüſſe und über das Verhältniß derſelben zu der dem Kaiſer verfaſſungsmäßig zuſtehen- den Ueberwachung der Einzelſtaaten vgl. die Erörterungen Bd. I. S. 255 ff. IV. Da die Beſteuerung des inländiſchen Branntweins und Bieres in Bayern, Württemberg und Baden der Landesgeſetz- gebung vorbehalten iſt und der Ertrag dieſer Abgaben in die Landeskaſſe fließt, ſo fällt ſelbſtverſtändlich auch die Verwaltungs- kompetenz des Reiches hinſichtlich der Erhebung der Branntwein- und Brauſteuer in dieſen drei ſüddeutſchen Staaten gänzlich fort. Hinſichtlich der Brauſteuer gilt daſſelbe von Elſaß-Lothringen. Es ſteht demnach weder den Reichsbevollmächtigten und Reichs- kontroleuren in den Süddeutſchen Staaten irgend eine Wirkſamkeit in Bezug auf die Verwaltung der Getränkeſteuern zu (in Elſaß- Lothringen mit Ausnahme der Branntweinſteuer), noch hat der Kaiſer oder der Bundesrath ein Aufſichts- oder Verordnungsrecht. Entſprechend dieſer Sonderſtellung der drei Süddeutſchen Staaten iſt denſelben andrerſeits durch Art. 7 Abſ. 4 der R.V. das Stimm- recht bei allen Bundesrathsbeſchlüſſen, welche die Branntwein- und Bierbeſteuerung betreffen, entzogen, da dieſe Angelegenheiten unzweifelhaft zu denjenigen gehören, welche den Süddeutſchen Staaten weder mit dem übrigen Reiche noch untereinander „gemein- ſchaftlich“ ſind. Es iſt für dieſen Zweig der Finanzverwaltung 1) Daß auch andere als preußiſche Beamte bei der Kontrole der Zölle und Abgaben verwendet werden, iſt im Schlußprotok. zum Zollvereins- Vertr. v. 8. Juli 1867 Nro. 15 Ziff. 1 zugeſichert worden. Dieſe Beſtimmung iſt in Geltung geblieben in der Geſtalt, daß der Kaiſer auch nichtpreußiſche Beamte zu Reichsbevollmächtigten und Stationskontroleuren unter Berückſich- tigung der Wünſche der betreffenden Regierungen ernennt. 2) R.V. Art. 36 Abſ. 3. 19*

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/301>, abgerufen am 22.05.2024.