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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
im Eingang der Verfassung des Nordd. Bundes als in mehreren
Reichsgesetzen und Staatsverträgen die Staaten Lübeck, Bremen
und Hamburg als "Hansestädte" bezeichnet 1). Allein der
Art. 34 bestimmt nicht, daß das ganze Staatsgebiet von Bremen
und Hamburg außerhalb der Zolllinie gelassen werde, sondern nur:
"mit einem dem Zweck entsprechenden Bezirke ihres oder des um-
liegenden 2) Gebietes". Der "Zweck", der hier als maßgebend
hingestellt wird, ist die Erhaltung der Freihäfen. Insofern daher
Theile des Hamburgischen oder Bremischen Staatsgebietes aus
irgend einem andern Grunde als aus der Rücksicht auf den Ver-
kehr in und mit dem Freihafen außerhalb der Zollgränze geblieben
sind, findet das im Art. 34 der R.V. begründete Sonderrecht auf
sie keine Anwendung. Die Verfassung kennt aber überhaupt nur
zwei Motive für die Zulassung von Exclaven, entweder die zur
Zollbewachung ungeeignete Lage (Art. 33) oder das Freihafen-
Interesse (Art. 34). Die Abgränzung beider Arten
von Exclaven steht nach Art. 7 Ziff. 2 der R.V.
dem Bundesrath zu
, da auch hinsichtlich der Freihafen-
Exclaven es sich hierbei lediglich um eine Maßregel zur Ausfüh-
rung der Bundesverfassung handelt.

Endlich ist es bestritten, ob der Bundesrath, nachdem er ein-
mal Gebiete von Bremen und Hamburg, die ihrer Lage nach zum
Einschluß in die Zollgränze geeignet sind, außerhalb der letzteren
gelassen und dadurch anerkannt hat, daß ihr Ausschluß mit Rück-
sicht auf die Freihafenstellung erfolgt ist, später ohne die Zustim-
mung der Bremer und resp. Hamburger Landesregierung die ge-
troffenen Festsetzungen verändern könne 3). Diese Frage ist vom
Standpunkt des Staatsrechts aus m. E. zu bejahen. Durch

1) In dem von der Preuß. Regierung im Jahre 1866 vorgelegten ur-
sprünglichen Verfassungsentwurf stand das Wort "Städte"; in dem dem ver-
fassungberathenden Reichstage vorgelegten Entwurf war es durch das Wort
"Hansestädte" ersetzt.
2) Diese Worte wurden vorzüglich mit Rücksicht auf Altona, das gemein-
schaftlich mit Hamburg außerhalb der Zollgränze gelassen werden sollte, hin-
zugefügt.
3) Diese Frage bildete den eigentlichen Kernpunkt des Streites über den
Preuß. Antrag v. 19. April 1880. Vgl. die Excerpte bei Tuch S. 155. 163.
165; insbesondere Preuß. Jahrb. Bd. 46 S. 502 und Staatsminister
Hofmann Stenogr. Berichte des Reichstags 1880 S. 1295.

§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
im Eingang der Verfaſſung des Nordd. Bundes als in mehreren
Reichsgeſetzen und Staatsverträgen die Staaten Lübeck, Bremen
und Hamburg als „Hanſeſtädte“ bezeichnet 1). Allein der
Art. 34 beſtimmt nicht, daß das ganze Staatsgebiet von Bremen
und Hamburg außerhalb der Zolllinie gelaſſen werde, ſondern nur:
„mit einem dem Zweck entſprechenden Bezirke ihres oder des um-
liegenden 2) Gebietes“. Der „Zweck“, der hier als maßgebend
hingeſtellt wird, iſt die Erhaltung der Freihäfen. Inſofern daher
Theile des Hamburgiſchen oder Bremiſchen Staatsgebietes aus
irgend einem andern Grunde als aus der Rückſicht auf den Ver-
kehr in und mit dem Freihafen außerhalb der Zollgränze geblieben
ſind, findet das im Art. 34 der R.V. begründete Sonderrecht auf
ſie keine Anwendung. Die Verfaſſung kennt aber überhaupt nur
zwei Motive für die Zulaſſung von Exclaven, entweder die zur
Zollbewachung ungeeignete Lage (Art. 33) oder das Freihafen-
Intereſſe (Art. 34). Die Abgränzung beider Arten
von Exclaven ſteht nach Art. 7 Ziff. 2 der R.V.
dem Bundesrath zu
, da auch hinſichtlich der Freihafen-
Exclaven es ſich hierbei lediglich um eine Maßregel zur Ausfüh-
rung der Bundesverfaſſung handelt.

Endlich iſt es beſtritten, ob der Bundesrath, nachdem er ein-
mal Gebiete von Bremen und Hamburg, die ihrer Lage nach zum
Einſchluß in die Zollgränze geeignet ſind, außerhalb der letzteren
gelaſſen und dadurch anerkannt hat, daß ihr Ausſchluß mit Rück-
ſicht auf die Freihafenſtellung erfolgt iſt, ſpäter ohne die Zuſtim-
mung der Bremer und reſp. Hamburger Landesregierung die ge-
troffenen Feſtſetzungen verändern könne 3). Dieſe Frage iſt vom
Standpunkt des Staatsrechts aus m. E. zu bejahen. Durch

1) In dem von der Preuß. Regierung im Jahre 1866 vorgelegten ur-
ſprünglichen Verfaſſungsentwurf ſtand das Wort „Städte“; in dem dem ver-
faſſungberathenden Reichstage vorgelegten Entwurf war es durch das Wort
„Hanſeſtädte“ erſetzt.
2) Dieſe Worte wurden vorzüglich mit Rückſicht auf Altona, das gemein-
ſchaftlich mit Hamburg außerhalb der Zollgränze gelaſſen werden ſollte, hin-
zugefügt.
3) Dieſe Frage bildete den eigentlichen Kernpunkt des Streites über den
Preuß. Antrag v. 19. April 1880. Vgl. die Excerpte bei Tuch S. 155. 163.
165; insbeſondere Preuß. Jahrb. Bd. 46 S. 502 und Staatsminiſter
Hofmann Stenogr. Berichte des Reichstags 1880 S. 1295.
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[260/0270] §. 112. Die Einheit des Zollgebietes. im Eingang der Verfaſſung des Nordd. Bundes als in mehreren Reichsgeſetzen und Staatsverträgen die Staaten Lübeck, Bremen und Hamburg als „Hanſeſtädte“ bezeichnet 1). Allein der Art. 34 beſtimmt nicht, daß das ganze Staatsgebiet von Bremen und Hamburg außerhalb der Zolllinie gelaſſen werde, ſondern nur: „mit einem dem Zweck entſprechenden Bezirke ihres oder des um- liegenden 2) Gebietes“. Der „Zweck“, der hier als maßgebend hingeſtellt wird, iſt die Erhaltung der Freihäfen. Inſofern daher Theile des Hamburgiſchen oder Bremiſchen Staatsgebietes aus irgend einem andern Grunde als aus der Rückſicht auf den Ver- kehr in und mit dem Freihafen außerhalb der Zollgränze geblieben ſind, findet das im Art. 34 der R.V. begründete Sonderrecht auf ſie keine Anwendung. Die Verfaſſung kennt aber überhaupt nur zwei Motive für die Zulaſſung von Exclaven, entweder die zur Zollbewachung ungeeignete Lage (Art. 33) oder das Freihafen- Intereſſe (Art. 34). Die Abgränzung beider Arten von Exclaven ſteht nach Art. 7 Ziff. 2 der R.V. dem Bundesrath zu, da auch hinſichtlich der Freihafen- Exclaven es ſich hierbei lediglich um eine Maßregel zur Ausfüh- rung der Bundesverfaſſung handelt. Endlich iſt es beſtritten, ob der Bundesrath, nachdem er ein- mal Gebiete von Bremen und Hamburg, die ihrer Lage nach zum Einſchluß in die Zollgränze geeignet ſind, außerhalb der letzteren gelaſſen und dadurch anerkannt hat, daß ihr Ausſchluß mit Rück- ſicht auf die Freihafenſtellung erfolgt iſt, ſpäter ohne die Zuſtim- mung der Bremer und reſp. Hamburger Landesregierung die ge- troffenen Feſtſetzungen verändern könne 3). Dieſe Frage iſt vom Standpunkt des Staatsrechts aus m. E. zu bejahen. Durch 1) In dem von der Preuß. Regierung im Jahre 1866 vorgelegten ur- ſprünglichen Verfaſſungsentwurf ſtand das Wort „Städte“; in dem dem ver- faſſungberathenden Reichstage vorgelegten Entwurf war es durch das Wort „Hanſeſtädte“ erſetzt. 2) Dieſe Worte wurden vorzüglich mit Rückſicht auf Altona, das gemein- ſchaftlich mit Hamburg außerhalb der Zollgränze gelaſſen werden ſollte, hin- zugefügt. 3) Dieſe Frage bildete den eigentlichen Kernpunkt des Streites über den Preuß. Antrag v. 19. April 1880. Vgl. die Excerpte bei Tuch S. 155. 163. 165; insbeſondere Preuß. Jahrb. Bd. 46 S. 502 und Staatsminiſter Hofmann Stenogr. Berichte des Reichstags 1880 S. 1295.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/270>, abgerufen am 25.11.2024.