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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 111. Allgemeine Rechtsgrundlagen des Zollwesens.
Die wichtige praktische Consequenz hiervon ist in dem Art. 40 selbst
gezogen, daß nämlich diese Bestimmungen in Kraft bleiben, "so-
weit sie nicht durch die Vorschriften dieser Verfassung abgeändert
sind und so lange sie nicht auf dem im Art. 7, beziehungsweise 78
bezeichneten Wege abgeändert werden". Auch daß die Ausdeh-
nung dieser Bestimmungen auf Elsaß-Lothringen im Wege der Ge-
setzgebung erfolgt ist, bestätigt, daß hier Reichsrecht, nicht Ver-
tragsrecht, in Rede steht. Hierdurch wird aber nicht ausgeschlossen,
daß gewisse in dem Zollvereinigungsvertrage enthaltene Bestimmun-
gen für einzelne Staaten Sonderrechte begründen, deren Abände-
rung nur mit Zustimmung des berechtigten Staates (Art. 78 Abs. 2
der R.V.) erfolgen darf 1).

Die Verweisung des Art. 40 der Reichsverfassung auf den
Zollvereinigungsvertrag vom 8. Juli 1867 schließt aber zugleich
die Fortgeltung noch anderer Anordnungen in sich. Denn Art. 1
des erwähnten Vertrages enthält die Bestimmung, daß "die Zoll-
vereinigungs-Verträge vom 22. und 30. März und 11. Mai 1833,
vom 12. Mai und 10. Dezember 1835, vom 2. Januar 1836,
vom 8. Mai, 19. Oktober und 13. November 1841, vom 4. April
1853 und vom 16. Mai 1865 nebst den zu ihnen gehörenden
Separatartikeln zwischen den vertragenden Theilen ferner in Kraft
bleiben, soweit sie bisher noch in Kraft waren und nicht durch die
folgenden Artikel abgeändert sind"; und in dem hierzu gehörenden
Schlußprotokoll wird festgesetzt: "Die Verabredung, welche im
Art. 1 des Vertrages über die Wirksamkeit der daselbst genannten
Verträge getroffen ist, soll auch auf diejenigen näheren Bestim-
mungen und Abreden, welche in den zu jedem dieser Verträge ge-
hörigen Protokollen enthalten sind, sowie überhaupt auf alle in
Folge der Zollvereinigungs-Verträge zum Vollzuge derselben und
zur weiteren inneren Ausbildung des Vereins getroffenen Verein-

dung des Reiches nicht umredigirt worden sind, so stehen sie noch jetzt in
dieser Formulirung
in Kraft. Aus dieser rein äußerlichen Fassungsform
kann aber natürlich nicht geschlossen werden, daß das Vereinsverhältniß
materiell noch fortbesteht.
1) Vgl. Bd. I. S. 113 ff. Es gereicht mir zur besonderen Befriedigung,
daß meine, von mehreren Seiten angefochtene Auffassung der Sonderrechte,
die Zustimmung einer so gewichtigen Autorität wie Delbrück a. a. O.
S. 1 ff. gefunden hat.

§. 111. Allgemeine Rechtsgrundlagen des Zollweſens.
Die wichtige praktiſche Conſequenz hiervon iſt in dem Art. 40 ſelbſt
gezogen, daß nämlich dieſe Beſtimmungen in Kraft bleiben, „ſo-
weit ſie nicht durch die Vorſchriften dieſer Verfaſſung abgeändert
ſind und ſo lange ſie nicht auf dem im Art. 7, beziehungsweiſe 78
bezeichneten Wege abgeändert werden“. Auch daß die Ausdeh-
nung dieſer Beſtimmungen auf Elſaß-Lothringen im Wege der Ge-
ſetzgebung erfolgt iſt, beſtätigt, daß hier Reichsrecht, nicht Ver-
tragsrecht, in Rede ſteht. Hierdurch wird aber nicht ausgeſchloſſen,
daß gewiſſe in dem Zollvereinigungsvertrage enthaltene Beſtimmun-
gen für einzelne Staaten Sonderrechte begründen, deren Abände-
rung nur mit Zuſtimmung des berechtigten Staates (Art. 78 Abſ. 2
der R.V.) erfolgen darf 1).

Die Verweiſung des Art. 40 der Reichsverfaſſung auf den
Zollvereinigungsvertrag vom 8. Juli 1867 ſchließt aber zugleich
die Fortgeltung noch anderer Anordnungen in ſich. Denn Art. 1
des erwähnten Vertrages enthält die Beſtimmung, daß „die Zoll-
vereinigungs-Verträge vom 22. und 30. März und 11. Mai 1833,
vom 12. Mai und 10. Dezember 1835, vom 2. Januar 1836,
vom 8. Mai, 19. Oktober und 13. November 1841, vom 4. April
1853 und vom 16. Mai 1865 nebſt den zu ihnen gehörenden
Separatartikeln zwiſchen den vertragenden Theilen ferner in Kraft
bleiben, ſoweit ſie bisher noch in Kraft waren und nicht durch die
folgenden Artikel abgeändert ſind“; und in dem hierzu gehörenden
Schlußprotokoll wird feſtgeſetzt: „Die Verabredung, welche im
Art. 1 des Vertrages über die Wirkſamkeit der daſelbſt genannten
Verträge getroffen iſt, ſoll auch auf diejenigen näheren Beſtim-
mungen und Abreden, welche in den zu jedem dieſer Verträge ge-
hörigen Protokollen enthalten ſind, ſowie überhaupt auf alle in
Folge der Zollvereinigungs-Verträge zum Vollzuge derſelben und
zur weiteren inneren Ausbildung des Vereins getroffenen Verein-

dung des Reiches nicht umredigirt worden ſind, ſo ſtehen ſie noch jetzt in
dieſer Formulirung
in Kraft. Aus dieſer rein äußerlichen Faſſungsform
kann aber natürlich nicht geſchloſſen werden, daß das Vereinsverhältniß
materiell noch fortbeſteht.
1) Vgl. Bd. I. S. 113 ff. Es gereicht mir zur beſonderen Befriedigung,
daß meine, von mehreren Seiten angefochtene Auffaſſung der Sonderrechte,
die Zuſtimmung einer ſo gewichtigen Autorität wie Delbrück a. a. O.
S. 1 ff. gefunden hat.
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[245/0255] §. 111. Allgemeine Rechtsgrundlagen des Zollweſens. Die wichtige praktiſche Conſequenz hiervon iſt in dem Art. 40 ſelbſt gezogen, daß nämlich dieſe Beſtimmungen in Kraft bleiben, „ſo- weit ſie nicht durch die Vorſchriften dieſer Verfaſſung abgeändert ſind und ſo lange ſie nicht auf dem im Art. 7, beziehungsweiſe 78 bezeichneten Wege abgeändert werden“. Auch daß die Ausdeh- nung dieſer Beſtimmungen auf Elſaß-Lothringen im Wege der Ge- ſetzgebung erfolgt iſt, beſtätigt, daß hier Reichsrecht, nicht Ver- tragsrecht, in Rede ſteht. Hierdurch wird aber nicht ausgeſchloſſen, daß gewiſſe in dem Zollvereinigungsvertrage enthaltene Beſtimmun- gen für einzelne Staaten Sonderrechte begründen, deren Abände- rung nur mit Zuſtimmung des berechtigten Staates (Art. 78 Abſ. 2 der R.V.) erfolgen darf 1). Die Verweiſung des Art. 40 der Reichsverfaſſung auf den Zollvereinigungsvertrag vom 8. Juli 1867 ſchließt aber zugleich die Fortgeltung noch anderer Anordnungen in ſich. Denn Art. 1 des erwähnten Vertrages enthält die Beſtimmung, daß „die Zoll- vereinigungs-Verträge vom 22. und 30. März und 11. Mai 1833, vom 12. Mai und 10. Dezember 1835, vom 2. Januar 1836, vom 8. Mai, 19. Oktober und 13. November 1841, vom 4. April 1853 und vom 16. Mai 1865 nebſt den zu ihnen gehörenden Separatartikeln zwiſchen den vertragenden Theilen ferner in Kraft bleiben, ſoweit ſie bisher noch in Kraft waren und nicht durch die folgenden Artikel abgeändert ſind“; und in dem hierzu gehörenden Schlußprotokoll wird feſtgeſetzt: „Die Verabredung, welche im Art. 1 des Vertrages über die Wirkſamkeit der daſelbſt genannten Verträge getroffen iſt, ſoll auch auf diejenigen näheren Beſtim- mungen und Abreden, welche in den zu jedem dieſer Verträge ge- hörigen Protokollen enthalten ſind, ſowie überhaupt auf alle in Folge der Zollvereinigungs-Verträge zum Vollzuge derſelben und zur weiteren inneren Ausbildung des Vereins getroffenen Verein- 4) 1) Vgl. Bd. I. S. 113 ff. Es gereicht mir zur beſonderen Befriedigung, daß meine, von mehreren Seiten angefochtene Auffaſſung der Sonderrechte, die Zuſtimmung einer ſo gewichtigen Autorität wie Delbrück a. a. O. S. 1 ff. gefunden hat. 4) dung des Reiches nicht umredigirt worden ſind, ſo ſtehen ſie noch jetzt in dieſer Formulirung in Kraft. Aus dieſer rein äußerlichen Faſſungsform kann aber natürlich nicht geſchloſſen werden, daß das Vereinsverhältniß materiell noch fortbeſteht.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/255>, abgerufen am 17.05.2024.